vorheriges Dokument
nächstes Dokument

D. Wirtschafts- und stabilitätspolitische Maßnahmen während der Finanzkrise

Fuchs/Marhold/Friedrich6. AuflJuli 2020

Die globale Finanzkrise, die 2008 einsetzte, hat auf EU-Ebene eine nie dagewesene, ja geradezu als hektisch zu bezeichnende Aktivität heraufbeschworen. Mitgliedstaaten, die am Rande des Staatsbankrotts waren, drohten auch andere Mitgliedstaaten in den Abgrund zu ziehen. Die Organe der EU, einschließlich der Europäischen Zentralbank, im Verbund mit den Mitgliedstaaten

Seite 53

waren aufgefordert, die drohenden Gefahren für die wirtschaftliche und finanzielle Stabilität der Mitgliedstaaten abzuwehren. Da die Krise ganz wesentlich auch von den Banken verursacht worden war, galt verständlicherweise das Hauptaugenmerk dem Finanzsektor. Im Zuge der zu ergreifenden Maßnahmen mussten indes alle Bereiche von Politik und Wirtschaft einbezogen werden, die einen Einfluss auf das Krisengeschehen, aber auch auf die Konsolidierung von Wirtschaft und Finanzen hatten und haben. Folglich standen auch die Arbeitsmärkte und damit indirekt auch das Arbeitsrecht im Visier der politischen und gesetzgeberischen Maßnahmen. Die Literatur zum europäischen Arbeitsrecht hat diese Zusammenhänge genau verfolgt.210210S etwa Barnard, ILJ 2012, 98; Sciarra, L’Europa e il lavoro, 2013, 9 ff; Seifert, SR 2014, 14 ff. Die EU-Maßnahmen haben die Arbeits- und Sozialrechtspolitik der Mitgliedstaaten in den Krisenzeiten erheblich beeinflusst und zu zT weit reichenden Einschnitten in die bestehenden Arbeitsrechtsordnungen geführt.211211 Clauwaert/Schömann, ELLJ 2012, 54 ff; Seifert, SR 2014, 14 ff, zeigt sehr anschaulich (19 ff), wie in einzelnen Ländern auf Grund von Maßnahmen auf EU-Ebene Änderungen der Mindestlohngesetzgebung, des Kündigungsschutzrechts und des Systems der Kollektivverhandlungen vorgenommen wurden. Ein besonders markantes Beispiel ist die Einflussnahme der Europäischen Zentralbank (EZB) auf die Gestaltung des italienischen Arbeitsrechts. In einem Schreiben vom 4.8.2011 forderte die EZB-Führung die italienische Regierung auf, das Kollektivvertragssystem im Sinne einer Verlagerung der Vertragsabschlüsse auf die betriebliche Ebene zu ändern. Außerdem sollte das Kündigungsrecht geändert werden. Beiden Forderungen kam der italienische Gesetzgeber nach, vgl dazu Nogler, ArbuR 2014, 58 ff. Aus der Vielzahl der ergriffenen Rechtsakte seien hier nur folgende herausgegriffen:

Sie möchten den gesamten Inhalt lesen?

Melden Sie sich bei Lexis 360® an.
Anmelden

Sie haben noch keinen Zugang?
Testen Sie Lexis 360® zwei Wochen kostenlos!
Jetzt testen!

Stichworte