Vorweg ist festzuhalten, dass die dogmatische Einordnung der Schiedsvereinbarung keineswegs geeignet ist, sämtliche die Schiedsvereinbarung umkreisende Zweifelsfragen durch begriffsjuristische Deduktionen zu lösen – dies zeigt sich bereits im Zusammenhang mit ihrer kollisionsrechtlichen Beurteilung.13 In der österreichischen Lehre14 und Rsp15 hat sich die Qualifikation der Schiedsvereinbarung als Prozessvertrag durchgesetzt. Diese Zuordnung stützt sich auf den Inhalt und die Rechtswirkungen der Schiedsvereinbarung, die nicht das streitige Rechtsverhältnis selbst regelt, sondern die Entscheidungsbefugnis des Schiedsgerichts bewirkt und somit ein Prozesshindernis für das Verfahren vor den staatlichen Gerichten begründet. Es ist bezeichnend für die Rechtsnatur der Schiedsgerichtsbarkeit insgesamt – und daher für die der Schiedsvereinbarung –, dass der Schiedsspruch gem § 607 ZPO zwischen den Parteien die Wirkungen eines rechtskräftigen Urteils hat; maW ist dieser kein bloßer Gestaltungsakt, sondern vielmehr Rechtsprechungsakt.16 Aus der prozessualen Rechtsnatur der Schiedsvereinbarung folgt jedoch mitnichten die Unanwendbarkeit sämtlicher materiellrechtlicher Bestimmungen. Die im bürgerlichen Recht positiv-rechtlich verankerten (allgemeinen) Prinzipien des Vertragsrechts gelten – vorbehaltlich anders lautender Sonderbestimmungen – für sämtliche Rechtsgebiete, in denen Verträge vorkommen.17 In Ermangelung prozessrechtlicher Regelungen sind daher die im ABGB positivierten Prinzipien des Vertragsrechts – etwa die Grundsätze über das Zustandekommen und die Auslegung von Verträgen – auf Schiedsvereinbarungen (zumindest analog) anzuwenden.18
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