Teuerungs-Entlastungspaket

GesetzgebungPersonalrechtBleyer/LindmayrJuli 2022

Teuerungsabsetzbetrag für Geringverdiener; (steuer- und abgabenfreie) Teuerungsprämie bis zu € 3.000,-; vorgezogene Erhöhung des Familienbonus Plus; Sonder-Familienbeihilfe; Absenkung des UV-Beitrages; Verschiebung der CO2-Bepreisung

Inkrafttreten

1.1.2022

Stand des Gesetzgebungsverfahrens

Gesetz

Letzte Änderung

1.7.2022

Betroffene Normen

AlVG, ASVG, EStG, FLAG, KommStG

Betroffene Rechtsgebiete

Einkommensteuer, Lohnabgaben

Quelle

BGBl I 2022/93

Bundesgesetz, mit dem das EStG 1988, das FLAG 1967, das KommStG 1993, das ASVG, das GSVG, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Nationale Emissionszertifikatehandelsgesetz 2022, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das COVID-19-Gesetz-Armut, das Pensionsgesetz 1965 und das Bundesbahn-Pensionsgesetz geändert werden sowie das Bundesgesetz über einen Ausgleich inflationsbedingt hoher Lebenshaltungs- und Wohnkosten (Lebenshaltungs- und Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetz – LWA-G) und das Bundesgesetz über den Teuerungsausgleich für Bezieherinnen und Bezieher von Förderungen nach dem Studienförderungsgesetz erlassen werden (Teuerungs-Entlastungspaket); BGBl I 2022/93 vom 30. 6. 2022 (
AA-251 BlgNR 27. GP ; AB 1563 BlgNR 27. GP ; IA 2662/A BlgNR 27. GP )

1. Überblick

Mit einem umfangreichen Maßnahmenpaket wollen die Regierungsparteien erneut gegen die Teuerungswelle ankämpfen. Zahlreiche kurzfristig wirksame Maßnahmen sollen die Bevölkerung und Unternehmen entlasten, spezieller Fokus wird dabei auf Familien und vulnerable Gruppen sowie Geringverdiener gelegt. Neben den anschließend aufgelisteten Maßnahmen wird auch der Wohnschirm zur Unterstützung bei steigenden Wohnkosten und zur Verhinderung von Delogierungen bis Ende 2026 verlängert.

Hinweis
Die Erhöhung des Klimabonus auf € 250,- sowie die Auszahlung eines Anti-Teuerungsbonus für das Jahr 2022 sind nicht Teil dieses Gesetzespakets, sondern Gegenstand einer Änderung des Klimabonusgesetzes, BGBl I 2022/90. Auch weitere von der Regierung angekündigte Maßnahmen wie die Abschaffung der kalten Progression, die regelmäßige Valorisierung bestimmter Sozialleistungen wie der Familienbeihilfe und die Senkung der Dienstgeberbeiträge zum FLAF sind noch nicht Teil des Teuerungs-Entlastungspaketes.

2. Steuerfreie Teuerungsprämie

Zulagen und Bonuszahlungen, die der Arbeitgeber in den Kalenderjahren 2022 und 2023 aufgrund der gestiegenen Preise zusätzlich gewährt (Teuerungsprämie), sind bis zu insgesamt € 3.000,- steuerfrei (§ 124b Z 408 EStG). Es muss sich dabei um zusätzliche Zahlungen handeln, die üblicherweise bisher nicht gewährt wurden. Belohnungen, die aufgrund von Leistungsvereinbarungen gezahlt werden, fallen daher nicht unter diese Befreiung.

Die Steuerbefreiung bis € 2.000,- setzt nur eine zusätzliche Zahlung in den Jahren 2022 und 2023 voraus, ist aber sonst an keine weiteren Voraussetzungen geknüpft. Das volle Ausmaß der Befreiung von € 3.000,- kann hingegen nur dann ausgeschöpft werden, wenn die € 2.000,- übersteigende Zahlung aufgrund einer lohngestaltenden Vorschrift gemäß § 68 Abs 5 Z 1 bis Z 7 EStG geleistet wird.

Die Zahlungen erhöhen nicht das Jahressechstel gemäß § 67 Abs 2 EStG und werden nicht auf das Jahressechstel angerechnet.

Werden in den Kalenderjahren 2022 und 2023 sowohl eine Gewinnbeteiligung gemäß § 3 Abs 1 Z 35 EStG als auch eine Teuerungsprämie ausbezahlt, sind diese nur insoweit steuerfrei, als sie insgesamt den Betrag von € 3.000,- pro Jahr nicht übersteigen. Nach Gewährung einer steuerfreien Teuerungsprämie kann eine Mitarbeitergewinnbeteiligung nur mehr im verbleibenden Ausmaß bis € 3.000,- steuerfrei ausbezahlt werden; umgekehrt kann nach Gewährung einer steuerfreien Gewinnbeteiligung eine Teuerungsprämie ebenfalls nur mehr im verbleibenden Ausmaß bis € 3.000,- steuerfrei pro Jahr ausbezahlt werden. Es ist aber möglich, dass der Arbeitgeber eine im Kalenderjahr 2022 gewährte Gewinnbeteiligung im Jahr 2022 nachträglich zu einer Teuerungsprämie umqualifiziert.

Sind die Voraussetzungen für die Einkommensteuerbefreiung erfüllt, dann ist die Teuerungsprämie in den Kalenderjahren 2022 und 2023 auch vom Dienstgeberbeitrag und der Kommunalsteuer befreit. Im Falle der Umwandlung einer gewährten (beitragspflichtigen) Mitarbeitergewinnbeteiligung gemäß § 3 Abs 1 Z 35 EStG im Jahr 2022 in eine Teuerungsprämie entfällt rückwirkend die Beitragspflicht. (§ 41 Abs 4 lit h FLAG, § 16 Abs 15 KommStG; tritt mit 1. 7. 2022 in Kraft)

Die steuerfreie Teuerungsprämie nach § 124b Z 408 EStG 1988 ist auch von der Beitragspflicht nach dem ASVG befreit und gilt daher nicht als Entgelt nach § 49 ASVG. (§ 49 Abs 3 Z 30 ASVG)

3. Senkung des Unfallversicherungsbeitrages

Zur Senkung der Lohnnebenkosten wird der Unfallversicherungsbeitrag im Bereich des ASVG mit 1. 1. 2023 von 1,2 % auf 1,1 % abgesenkt. (§ 51 Abs 1 Z 2, § 53a Abs 1 ASVG)

4. Entlastungen für Familien

4.1. „Sonder-Familienbeihilfe“

Die Familienbeihilfe erhöht sich für den August 2022 um eine Einmalzahlung von € 180,- für jedes Kind. (§ 8 Abs 10 FLAG)

4.2. Einmalige Erhöhung des Kindermehrbetrages

Statt der im Ökosoziales Steuerreformgesetz 2022 vorgesehenen gestaffelten Erhöhung des Kindermehrbetrages (ab 2022: € 350,-, ab 2023: € 450,-) kommt es nun zu einer einmaligen Erhöhung. Der Kindermehrbetrag wird rückwirkend bereits bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2022 auf € 550,- pro Kind erhöht.

Die Erweiterung des Kreises der Bezieher des Kindermehrbetrags, die mit dem Ökosozialen Steuerreformgesetz 2022 eingeführt wurde, gilt wie bereits vorgesehen für Veranlagungen des Kalenderjahres 2022. (§ 33 Abs 7 EStG; anwendbar ab 2022)

4.3. Vorgezogene Erhöhung des Familienbonus Plus

Die mit dem Ökosozialen Steuerreformgesetz 2022 beschlossene Erhöhung des Familienbonus Plus (auf € 2.000,16 bzw auf € 650,16 pro Jahr) für alle Kinder, für die ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, tritt statt mit 1. 7. 2022 bereits rückwirkend mit 1. 1. 2022 in Kraft.

Der Arbeitgeber hat für seine Arbeitnehmer eine Aufrollung gemäß § 77 Abs 3 EStG so bald wie möglich, jedoch spätestens bis 30. 9. 2022 durchzuführen, sofern die technischen und organisatorischen Möglichkeiten dazu vorliegen. (§ 124b Z 392 EStG)

5. Teuerungsabsetzbetrag für Geringverdiener

Für Steuerpflichtige, denen der Verkehrsabsetzbetrag nach § 33 Abs 5 EStG oder ein Pensionistenabsetzbetrag nach § 33 Abs 6 EStG zusteht und die keine außerordentliche Einmalzahlung zur Teuerungsabgeltung (gemäß § 772a ASVG und den Parallelgesetzen) erhalten, wird einmalig für das Kalenderjahr 2022 ein Teuerungsabsetzbetrag in Höhe von € 500,- eingeführt.

Bei Anspruch auf den Verkehrsabsetzbetrag steht der Teuerungsabsetzbetrag bis zu einem Einkommen von € 18.200,- im Kalenderjahr zu und vermindert sich zwischen Einkommen von € 18.200,- und € 24.500,- gleichmäßig einschleifend auf Null. Ergibt sich beim Steuerpflichtigen unter Inanspruchnahme des Teuerungsabsetzbetrages eine Einkommensteuer unter Null, sollen 70 % der Sozialversicherungsbeiträge, höchstens aber € 1.550,- jährlich, rückerstattet werden (SV-Rückerstattung).

Hinweis
Um den administrativen Aufwand für die Arbeitgeber möglichst gering zu halten und eine weitere zusätzliche Komplexität in der Lohnverrechnung zu vermeiden, erhalten aktive Arbeitnehmer, die Anspruch auf den Verkehrsabsetzbetrag haben, den Teuerungsabsetzbetrag im Rahmen der Veranlagung.

Bei Anspruch auf einen Pensionistenabsetzbetrag steht der Teuerungsabsetzbetrag bis zu laufenden Pensionseinkünften von € 20.500,- im Kalenderjahr in voller Höhe zu und vermindert sich zwischen laufenden Pensionseinkünften von € 20.500,- und € 25.500,- gleichmäßig einschleifend auf Null. Ergibt sich beim Steuerpflichtigen unter Inanspruchnahme des Teuerungsabsetzbetrages eine Einkommensteuer unter Null, sollen 100 % der Sozialversicherungsbeiträge, höchstens aber € 1.050,- jährlich, rückerstattet werden (SV-Rückerstattung). Jene Pensionsbezieher, die über eine außerordentliche Einmalzahlung bereits eine Teuerungsabgeltung erhalten haben, sind jedoch vom Teuerungsabsetzbetrag ausgeschlossen.

Hinweis
Bei Pensionsbeziehern ist der Teuerungsabsetzbetrag von der pensionsauszahlenden Stelle bei der Berechnung der Lohnsteuer zu berücksichtigen, wobei für die bereits vergangenen Monate des Jahres 2022 bis Ende September eine Aufrollung durchzuführen ist.

(§ 124b Z 407 EStG)

6. Einschleifung des erhöhten Pensionistenabsetzbetrages

Um sicherzustellen, dass Steuerpflichtige, die Anspruch auf den erhöhten Pensionistenabsetzbetrag haben, bei jeder Höhe der Einkünfte zumindest im gleichen Umfang entlastet sind wie Steuerpflichtige, die den (nicht erhöhten) Pensionistenabsetzbetrag beziehen, wird die obere Grenze der Einschleifung des erhöhten Pensionistenabsetzbetrages an jene des (nicht erhöhten) Pensionistenabsetzbetrages angeglichen. Der erhöhte Pensionistenabsetzbetrag vermindert sich demgemäß gleichmäßig einschleifend zwischen zu versteuernden laufenden Pensionseinkünften von € 19.930,- und € 25.500,- (bislang: € 25.250,-) auf Null. Dies gilt ab dem Jahr 2023. (§ 33 Abs 6 Z 2 und § 124b Z 406 EStG; anwendbar ab 2023)

7. Teuerungsausgleich durch Einmalzahlung für Geringverdiener

Beziehern von Sozialhilfe, Leistungen bei Arbeitslosigkeit, Ausgleichszulage, Studienbeihilfe, Übergangsgeld sowie Rehabilitations-, Kranken- und Wiedereingliederungsgeld bzw Beziehern einer Unterstützungsleistung nach § 104a GSVG wird eine unpfändbare Einmalzahlung in Höhe von € 300,- gewährt. Auch Bezieher von Krankengeld nach dem AlVG sind leistungsberechtigt. Die Auszahlung soll ab September erfolgen.

Bezieher kleiner und mittlerer Pensionen erhalten ebenfalls eine Einmalzahlung: Bei einer Gesamtpension zwischen € 1.200,- und € 1.800,- wird demnach im September ein zusätzlicher Betrag in der Höhe von € 500,- zur Auszahlung gelangen. Darunter und darüber greift eine komplizierte Einschleifregelung.

8. Verschiebung der CO2-Bepreisung und Anti-Teuerungsbonus

Im Rahmen der Beschlussfassung der ökosozialen Steuerreform war ein Start der CO2-Bepreisung des NEHG 2022 mit 1. 7. 2022 vorgesehen. Parallel dazu sollten auch die zahlreichen Ausgleichsmaßnahmen der ökosozialen Steuerreform in zeitlicher Nähe wirksam werden. Allerdings war zu diesem Zeitpunkt das Ausmaß des Anstieges der Energiepreise, wie er derzeit zu beobachten ist, noch nicht in vollem Umfang absehbar. Ein Festhalten an den Grundsätzen der ökosozialen Steuerreform ist unumgänglich, um die Reduktion von energiespezifischen Treibhausgasemissionen sicherzustellen, allerdings müssen dabei auch sozial- und standortpolitische Herausforderungen, die sich durch die Energiepreissituation ergeben, berücksichtigt werden.

Aus diesem Grund wird die Bepreisung von CO2-Emissionen für ein Quartal ausgesetzt und anstatt mit 1. 7. 2022 erst mit 1. 10. 2022 beginnen.



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