Bundesgesetz, mit dem das EStG 1988, das KStG 1988, die BAO, das GebG 1957, das Privathochschulgesetz, das Fachhochschulgesetz und das IST-Austria-Gesetz geändert werden (Gemeinnützigkeitsreformgesetz 2023 – GemRefG 2023); BGBl I 2023/188, ausgegeben am 31. 12. 2023
(NR 14. 12. 2023, 867/BNR 27. GP ; AB 5. 12. 2023, 2380 BlgNR 27. GP ; RV 24. 11. 2023, 2319 BlgNR 27. GP ; ME 12. 10. 2023, 299/ME 27. GP )
1. Änderung des EStG
1.1. Steuerfreies Freiwilligenpauschale
Um die Arbeit von ehrenamtlich Tätigen steuerlich zu unterstützen, soll ab 2024 eine ausdrückliche gesetzliche Regelung für Zahlungen von gemeinnützigen Organisationen an ihre Freiwilligen geschaffen werden („Freiwilligenpauschale“). Von der Steuerbefreiung erfasst sein sollen Zahlungen von Körperschaften, die „der Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke nach Maßgabe der §§ 34 bis 47 BAO dienen.“
Es sollen nur Zahlungen als Freiwilligenpauschale steuerfrei sein, die von der Körperschaft freiwillig geleistet werden, die also insbesondere nicht auf Grund eines Dienstverhältnisses, einer kollektivvertraglichen oder sonstigen arbeitsrechtlichen Regelung zustehen.
Beim kleinen Freiwilligenpauschale sollen Einnahmen aus einer ehrenamtlichen Tätigkeit bis zu € 30,- pro Kalendertag, höchstens aber € 1.000,- im Kalenderjahr steuerfrei sein. Im Sportbereich soll das Freiwilligenpauschale von der gleichen Körperschaft oder einer mit ihr verbundenen Körperschaft allerdings nur alternativ zu pauschalen Reiseaufwandsentschädigungen für Sportler, Schiedsrichter und Sportbetreuer gemäß § 3 Abs 1 Z 16c EStG gewährt werden können.
Beispiele
1. Ein Musikverein zahlt allen Musikern, die beim großen Sommerkonzert gespielt haben, € 50,- aus. € 30,- davon sind steuerfrei.
2. Ein Verein zahlt seiner Obfrau und dem Kassier für ihre Tätigkeiten für den Verein jeweils € 200,- pro Jahr. Der Betrag kann steuerfrei belassen werden, wenn mindestens 7 Einsatztage vorliegen.
3. Ein Verein zahlt seinen Mitgliedern, die beim Vereinsfest mithelfen, € 50,-. Auch bei einem entbehrlichen Hilfsbetrieb oder einem begünstigungsschädlichen Geschäftsbetrieb kann die Steuerbefreiung dem Grunde nach in Anspruch genommen werden.
Das Freiwilligenpauschale soll in einer höheren Gesamtsumme von € 50,- pro Kalendertag bzw € 3.000,- pro Kalenderjahr steuerfrei belassen werden können (großes Freiwilligenpauschale), wenn folgende Tätigkeiten ausgeübt werden:
- für Sozialdienste, das sind Körperschaften, die mildtätigen Zwecken, der Gesundheitspflege, Kinder-, Jugend-, Familien-, Kranken-, Behinderten-, Blinden- oder Altenfürsorge, oder
- der Hilfestellung in Katastrophenfällen (insbesondere Hochwasser-, Erdrutsch-, Vermurungs- und Lawinenschäden) dienen,
- sowie für Funktionen als Ausbildner oder Übungsleiter (zB Tätigkeiten als Chorleiter, Kapellmeister, Wissensvermittler im kulturellen und künstlerischen Bereich), durch die die Entwicklung geistiger und körperlicher Fähigkeiten anderer Menschen durch Ausbildung vorhandener Anlagen oder Anleitung zur Entwicklung und Erprobung von Fähigkeiten gefördert werden.
Um das Vorliegen der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung zu belegen, sollen Aufzeichnungen zu führen sein (insb Zahl der Einsatztage, Tätigkeit gemäß § 3 Abs 1 Z 42 lit a oder lit b EStG sowie zugewendetes Freiwilligenpauschale).
(§ 3 Abs 1 Z 42, § 124b Z 442 EStG; anzuwenden für freiwillige Leistungen, die nach dem 31. 12. 2023 erbracht werden)
1.2. Spendenbegünstigung
Das bestehende System der Spendensammelvereine und Mittelbeschaffungskörperschaften soll vereinfacht und diese beiden Formen von Spendeneinrichtungen zu einer einzigen Form zusammengeführt werden. Die zentrale Bestimmung des § 4a EStG soll gestrafft und neu strukturiert werden.
Hinsichtlich der spendenbegünstigten Empfänger sollen zwei Gruppen zu unterscheiden sein:
- Empfänger, die einen begünstigten Zweck verfolgen und beim zuständigen Finanzamt Österreich einen Antrag auf Erteilung der Spendenbegünstigung stellen müssen, sowie
- Empfänger, die bereits auf Grund des Gesetzes begünstigt sind.
Die Spendenabsetzbarkeit soll auf weitere gemeinnützige Organisationen ausgeweitet werden. Spendenbegünstigte Zwecke sollen demnach zukünftig alle Zwecke sein, die als gemeinnützig oder mildtätig iSd §§ 35 oder 37 BAO anzusehen sind. Dadurch sollen insb Bildung und Sport begünstigt werden. Die bestehende Begünstigung insb im Wissenschaftsbereich soll aktualisiert werden.
In verfahrensrechtlicher Hinsicht soll der Zugang zur Spendenbegünstigung bereits nach einjährigem Bestand ermöglicht werden und statt der erforderlichen Wirtschaftsprüferbestätigung soll für kleinere Einrichtungen künftig ein vereinfachtes Verfahren gelten.
Droht eine Aberkennung der Spendenbegünstigung wegen Wegfalls der entsprechenden Voraussetzungen, soll einer dagegen gerichteten Beschwerde auf Antrag aufschiebende Wirkung zukommen. Somit bleibt die Spendenbegünstigung während des Rechtsmittelverfahrens aufrecht und die Einrichtung wird weiterhin auf der Liste der spendenbegünstigten Einrichtungen ausgewiesen. (§ 4a, § 18 Abs 1 Z 7, § 124b Z 441 EStG; erstmalig für freigebige Zuwendungen anzuwenden, die nach dem 31. 12. 2023 erfolgen)
1.3. Zuwendungen zur Vermögensausstattung
Die bisher befristete Abzugsfähigkeit von Zuwendungen zur Vermögensausstattung gemeinnütziger Stiftungen, die spendenbegünstigte Zwecke verfolgen, soll ins Dauerrecht überführt werden. Um die Errichtung solcher Stiftungen attraktiver zu machen, soll die doppelte Deckelung der steuerwirksamen Berücksichtigung der Vermögensstockzuwendungen beseitigt werden. Die Deckelung der Abzugsfähigkeit von Vermögensstockzuwendungen soll zukünftig nur mehr an eine Relation zum Gewinn bzw zum Gesamtbetrag der Einkünfte anknüpfen. Zudem soll die Mittelverwendung flexibler gestaltet werden. (§ 4b, § 18 Abs 1 Z 8, § 124b Z 274 und Z 443 EStG; erstmalig für freigebige Zuwendungen anzuwenden, die nach dem 31. 12. 2023 erfolgen)
2. Änderung des KStG
Zur Verwaltungsvereinfachung für gemeinnützige Bauvereinigungen (GBV) und die Finanzbehörde soll bei nicht nach § 7 Abs 1 bis 3 WGG begünstigten Geschäften eine rückwirkende Antragstellung zur Beschränkung der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht möglich sein. (§ 6a Abs 2, § 26c Z 91 KStG; tritt mit 1. 1. 2024 in Kraft)
3. Änderung der BAO
Die Regelungen, die die Voraussetzungen für abgabenrechtliche Begünstigungen für Körperschaften, die nach ihrer Rechtsgrundlage und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke fördern, festlegen, sollen modernisiert werden und mehr Rechtssicherheit bringen. Die Möglichkeit einer rückwirkenden Satzungssanierung und einer rückwirkenden Ausnahmegenehmigung für ansonsten begünstigungsschädliche Tätigkeiten soll eingeführt werden. Das in der Praxis immer wichtigere Thema der Kooperationen soll geregelt werden. Ebenso sollen Ausgliederungen, Dachverbände und Holdings neu geregelt werden. (§ 39, § 40 Abs 2 und 3, § 40a Z 1, § 40b, § 41 Abs 1, 2, 4 und 5, § 42, § 43, § 44 Abs 2, § 45a, § 126 Abs 4 und § 323 Abs 80 BAO; treten mit 1. 1. 2024 in Kraft)
4. Änderung des GebG
Die Gebührenbefreiung für Strafregisterbescheinigungen soll auf freiwilliges Engagement bei spendenbegünstigten Einrichtungen iSd § 4a EStG 1988 und gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften sowie deren Einrichtungen ausgeweitet werden. (§ 14 TP 6 Abs 5 Z 28, TP 14 Abs 3 und § 37 Abs 48 GebG; auf Ansuchen anzuwenden, die nach dem 31. 12. 2023 gestellt werden)