1. Die Wirkung der Irrtumsanfechtung im allgemeinen Zivilrecht
Als Rechtsfolge der Irrtumsanfechtung ordnet § 871 ABGB an, dass für den Irrenden „keine Verbindlichkeit“ entsteht. Daraus wird abgeleitet, dass die Vertragsaufhebung bzw -anpassung auf den Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses zurückwirkt.463 Die rückwirkende Vertragsaufhebung führt dazu, dass der Vertrag als niemals bestehend betrachtet wird.464 Bereits ausgetauschte Leistungen sind – da diese durch den nachträglichen Wegfall des Vertrags rechtsgrundlos erfolgt sind – zurückzustellen.465 Die Geltendmachung erfolgt mittels Leistungskondiktion (vgl § 877 ABGB – condictio sine causa).466 Die Anfechtung wirkt jedoch nicht nur schuldrechtlich, sondern auch sachenrechtlich ex tunc: Das bedeutet, dass auch eine etwaige Eigentumsübertragung auf der Grundlage des aufgehobenen Vertrags niemals stattgefunden hat („Prinzip der kausalen Tradition“).467 Dem Eigentumsübertragenden steht daher neben § 877 ABGB regelmäßig auch die rei vindicatio (§ 366 ABGB) zur (Wieder-)Erlangung der Sachgewalt über die übergebene Sache zur Verfügung.468

