1. Durchgriffshaftung wegen materieller Unterkapitalisierung
Die Frage nach der Haftung eines Gesellschafters für Verbindlichkeiten der Gesellschaft ist, wenn sie in dieser Form gestellt wird, eine genuin gesellschaftsrechtliche Frage, zumal es Rechtsformen gibt, für die eine solche Haftung charakteristisches Merkmal ist, etwa die Offene Gesellschaft, die Kommanditgesellschaft hinsichtlich der Haftung des Komplementärs, oder die englische unlimited company. Der OGH hat in diesem Sinne zu Recht die Durchgriffshaftung dem Gesellschaftsstatut unterstellt.191 Konsequenterweise muss dann auch eine Haftung für Verbindlichkeiten der Gesellschaft als Sanktion für eine materielle Unterkapitalisierung dem Gesellschaftsstatut unterstellt sein, wenn man den Grund für eine solche Haftung in der teleologischen Reduktion der rechtsformspezifischen Haftungsbeschränkung sieht.192 Nun kennt aber das englische Recht einen derartigen gesellschaftsrechtlich konzipierten Grundsatz nicht.193 Auch diese Wertung ist mE Teil jener Gründerphilosophie, der das englische Recht folgt und der vom EuGH über die Niederlassungsfreiheit Anerkennung in allen Mitgliedstaaten verschafft worden ist (A.1. und C.).

