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6.2 Rechtsnatur der Statuten

Höhne/Jöchl6. AuflOktober 2019

Die Statuten eines Vereins sind ein Vertrag, den einerseits die Gründer miteinander schließen, und dem andererseits die weiteren Mitglieder beitreten. Die Gründer haben zwecks Errichtung des Vereins gem § 2 Abs 1 Statuten zu vereinbaren. In der Regel gehören aber einem Verein

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mehr als die geforderten zwei Personen (§ 1 Abs 1) an, weswegen die Statuten zu Recht als multilateraler Vertrag336336Krejci/S. Bydlinski/Rauscher/Weber-Schallauer, VerG 2002 § 3 Rz 2. bezeichnet werden. Die später dem Verein beitretenden Mitglieder werden durch ihren Beitritt Vertragspartner dieses multilateralen Vertrags.337337Krejci/S. Bydlinski/Rauscher/Weber-Schallauer, VerG 2002 § 3 Rz 4. Durch die Statuten geregelt werden die privatrechtlichen Beziehungen der Vereinsmitglieder untereinander und die Beziehungen der Vereinsmitglieder zum Verein.338338Fessler/Keller, VerG2 (2009) 71, welche allerdings zu Unrecht dem OGH unter Berufung auf dessen Entscheidung vom 10. 6. 1999, 2 Ob 127/99m, eine andere Ansicht unterstellen; in der genannten Entscheidung verneint der OGH unter anderem lediglich einen Kondiktionsanspruch nach § 1042 ABGB bei Ausscheiden aus einem Verein, weil das Verhältnis zwischen dem Verein und seinen Mitgliedern kein gegenseitiger Vertrag, welcher auf Leistungsaustausch gerichtet wäre, ist. Dies hat aber mit der Frage der Rechtsnatur der Vereinsstatuten nichts zu tun! Verschiedentlich wird vertreten, es handle sich bei Vereinsstatuten (sowie auch sonstigen Gesellschaftsverträgen) um Normen eigener Art (sogenannte „Normentheorie“).339339Krejci/S. Bydlinski/Rauscher/Weber-Schallauer, VerG 2002 § 3 Rz 7 mwF. Da es in Lehre und Judikatur aber weitgehend anerkannt ist, dass die Gestalt von Vereinsstatuten, der Beitritt zu Vereinen und die Beziehungen der einzelnen Vereinsmitglieder zum Verein der Privatautonomie unterliegen, ist die Postulierung eigener „Verbandsnormen“ entbehrlich und dient nur der Begriffsbildung, weil hinsichtlich der Lösung konkreter Rechtsprobleme auf das Instrumentarium des allgemeinen Privatrechts zurückgegriffen wird (mag auch konzediert werden, dass etwa hinsichtlich der Auslegung – s Kapitel 6.6 „Die Auslegung von Vereinsstatuten“ – der Denkansatz, es handle sich bei Statuten nicht nur um privatrechtliche Verträge ohne vereinsrechtliche Spezifika, Eingang gefunden hat, also in einem Teilbereich die „Normentheorie“ doch verwirklicht ist). Die Vereinsstatuten beruhen also auf dem Prinzip der Privatautonomie, welche als die grundsätzliche Freiheit der Person definiert ist, ihre rechtlichen Beziehungen zu anderen (im Rahmen des zwingenden Rechts und der guten Sitten) durch Rechtsgeschäfte zu regeln. Das Prinzip der Privatautonomie genießt nach herrschender Ansicht Verfassungsrang.340340S umfassend zur Privatautonomie Rummel in Rummel/Lukas, ABGB4 § 859 Rz 22 ff. Sofern man nicht zum Kreis der Gründer gehört, wird in der Regel bei einem Vereinsbeitritt die bestehende Vereinssatzung nur hingenommen werden können – die Privatautonomie umfasst aber auch die Freiheit, „sich dem Willen anderer zu unterwerfen“.341341Zur Frage des Missbrauchs der Privatautonomie s Rummel, aaO Rz 25; s auch Krejci/S. Bydlinski/Rauscher/Weber-Schallauer, VerG 2002 § 3 Rz 8. Ähnlich wie bei allgemeinen Geschäftsbedingungen kommt es bei einem Vereinsbeitritt auch nicht darauf an, ob der Beitrittswerber im Zeitpunkt des Beitritts den Inhalt der Statuten kennt oder nicht; während aber bei allgemeinen Geschäftsbedingungen gefordert wird, dass der Verwender von AGB deutlich darauf hinweist, nur zu (seinen) AGB abzuschließen, wird dies für den Vereinsbeitritt nicht gelten: Da das VerG die Vereinbarung von Statuten bereits für die Gründung des Vereins erfordert, ist jedem Beitrittswerber zu unterstellen, dass ihm die Existenz einer Vereinsverfassung (Satzung), der er sich mit dem Beitritt unterwirft, bekannt ist. Anzufügen ist, dass nach allgemeinen zivilrechtlichen Regeln auch die Kenntnis des Inhalts eines Vertrages bzw von allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht erforderlich ist, um sie wirksam akzeptieren zu können.342342Rummel in Rummel/Lukas, ABGB4 § 864a Rz  8; Apathy/Riedler in Schwimann, ABGB3 IV § 864a Rz 2 uva. Es genügt der Hinweis etwa darauf, dass ein Vertragspartner nur zu seinen AGB abschließt und der andere Teil wenigstens die Möglichkeit hat, den Inhalt der AGB zur Kenntnis zu nehmen. Aus

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drücklich gesetzlich geregelt ist aber, dass das Leitungsorgan eines Vereins verpflichtet ist, jedem Vereinsmitglied auf Verlangen die Statuten auszufolgen (§ 3 Abs 3). Dies entspricht auch der Judikatur zu Vertragsformblättern und allgemeinen Geschäftsbedingungen.343343Stellvertretend für viele: Apathy/Riedler, aaO.

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