Die Anknüpfungspunkte im Personen-, Familien- und Erbrecht sind im österr Recht, in der EU und international regelmäßig entweder das Personalstatut („Staatsbürgerschaft“) oder der „gewöhnliche Aufenthalt“. In privatrechtlichen Sachverhalten mit Auslandsbezug sind die Parteien häufig Personen, die nicht die Staatsangehörigkeit des Staats besitzen, in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt (Wohnsitz) haben. Sachlich und politisch macht es einen Unterschied, ob man solche Personen dem Familien- und Erbrecht des Landes unterwirft, in dem sie leben oder dem Recht jenes Staats, dessen (ausländische) Staatsangehörigkeit sie besitzen.30 Klassische Immigrationsländer wie zB die USA aber auch andere Staaten orientieren sich am Wohnsitz („domicile“), weil sie annehmen, dass sich die Immigranten dem Staat, in dem sie dauerhaft leben, stärker verbunden fühlen werden, als dem Staat, aus dem sie auswanderten. Es würde der Idee eines „melting pot“ (USA) widersprechen, die zugewanderten Personen auf Dauer nach dem Recht ihres Geburts- oder Ursprungslands zu beurteilen. Die romanischen Staaten sowie Deutschland und Österreich besitzen im Personen-, Familien- und Erbrecht traditionell den primären Anknüpfungspunkt der Staatsbürgerschaft. Nur aushilfsweise oder subsidiär wird auch auf das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts zurückgegriffen. Das führt zu einer Beachtung der Multikulturalität der Bevölkerung in persönlichen Rechtsfragen, wie Familie und Vererbung von Vermögen, trägt aber nicht dem Gedanken der Integration in den Wohnsitzstaat Rechnung. Je schwieriger die inländische Staatsbürgerschaft von Immigrant/innen oder vielleicht sogar schon in Österreich geborenen „Ausländer/innen“ trotz fast vollständiger Integration erlangt werden kann, desto problematischer wird auch die Anknüpfung an deren ausländische Staatsbürgerschaft.31
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