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1. Ehegattenunterhalt - Unterhaltsbegriff

Bruzek1. AuflMai 2007

1.1. Was ist „Unterhalt“?

Für den Begriff des Ehegattenunterhalts gibt es im Gesetz keine Legaldefinition. Die Pflicht, Unterhalt zu leisten, erfließt aus der ehelichen Beistandspflicht (normiert in § 44 Satz 2 und 90 Abs 1 ABGB, welcher bestimmt, dass die Ehegatten einander zur umfassenden ehelichen Lebensgemeinschaft, besonders zum gemeinsamen Wohnen, sowie zur Treue, zur anständigen Begegnung und zum Beistand verpflichtet sind).44 Im Folgenden ist bei §§ ohne Angabe das ABGB gemeint; Migsch, Persönliche Ehewirkungen, gesetzlicher Güterstand und Ehegattenerbrecht, in Floretta (Hrsg), Das neue Ehe- und Kindschaftsrecht (1979) 17 (25); Kerschner, Bürgerliches Recht V - Familienrecht² (2002) Rz 2/30; Deixler-Hübner, Scheidung, Ehe und Lebensgemeinschaft - rechtliche Folgen der Ehe, Scheidung und Lebensgemeinschaft8 (2004) Rz 9; Hinteregger, Familienrecht³ (2004) 57; Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht3 (2004) 123; Hopf/Kathrein, Eherecht - Kurzkommentar² (2005) § 90 Anm 1 ff; Schwimann/Ferrari in Schwimann/Verschraegen (Hrsg), Praxiskommentar zum Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch I3 (2005) § 90 Rz 1 ff. Diese Beistandspflicht kann in eine immaterielle und eine materielle unterteilt werden.55 Vgl Gitschthaler, Unterhaltsrecht - Die gesamte OGH-Rechtsprechung der letzten 25 Jahren samt Anmerkungen (2001) Rz 571 Anm 2 mwN; Koziol/Welser, Grundriss des bürgerlichen Rechts I - Allgemeiner Teil, Sachenrecht, Familienrecht13 (2006) 465 mwN; Kerschner, Familienrecht² Rz 2/51; Deixler-Hübner, Scheidung8 Rz 13; ausführlich zur Beistandspflicht: Stefula, Zu den allgemeinen familiären Beistandspflichten ÖJZ 2005, 609 ff, der diese Unterteilung für bedenklich hält. Zur immateriellen Beistandspflicht gehört der seelische Beistand der Ehegatten im Verhältnis zueinander66 Ent/Hopf, Neuordnung 29: Koziol/Welser, Grundriss I13, 465 f. (beispielsweise das Bedürfnis nach Höflichkeit, Zuwendung, Freundlichkeit, Wahrheit, erotischen Kontakten),77 Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht³, 121; Schwimann/Ferrari in Schwimann/Verschraegen, ABGB I³ § 94 Rz 1. zur materiellen die Mitwirkung im Erwerb des anderen, die Haushaltsführung und letztendlich auch die Unterhaltsleistungspflicht.88 Koziol/Welser, Grundriss I13, 465. Jene Bedürfnisse, die in den Bereich der immateriellen Beistandspflicht der Gatten zueinander fallen, lassen sich nicht in Geld bewerten und werden dem zu Folge auch nicht vom Unterhaltsbegriff erfasst.99 Vgl Gamerith, Zum Unterhaltsanspruch von Ehegatten und volljährigen Kindern, ÖA 1988, 63 (63 mwN); Gitschthaler, Unterhaltsrecht Rz 571 Anm 2 mwN; Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht³, 121; Schwimann/Ferrari in Schwimann/Verschraegen, ABGB I³ § 94 Rz 1; Stefula, Beistandspflichten, ÖJZ 2005, 610. Die immateriellen Bedürfnisse sind als solche nicht unmittelbar erzwingbar; jedoch kann ihre Verletzung zum Entstehen eines Unterhaltsanspruchs führen und im Rahmen eines Scheidungsverfahren als Eheverfehlung geltend gemacht werden.1010 Gamerith, Unterhaltsanspruch, ÖA 1988, 63 mwN; Gitschthaler, Unterhaltsrecht Rz 571 Anm 2 mwN; vgl Stefula, Beistandspflichten, ÖJZ 2005, 621 ff mwN - Auswirkungen im Unterhaltsrecht können auch sein: die richterliche Abänderung einer (unter der Herrschaft der Umstandsklausel stehenden) Unterhaltsvereinbarung, die Herabsetzung des Unterhalts unter das gesetzliche Normalmaß sowie die Verwirkung des Unterhaltsanspruchs wegen Rechtsmissbrauch [siehe Kapitel 4.6 Anspruchsverlust wegen Rechtsmissbrauch („Verwirkung“)]; überdies sind Auswirkungen im Erb-, Obsorge-, Ehescheidungs-, Schadenersatz- und Strafrecht denkbar.

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