VwGH Ro 2022/15/0013

VwGHRo 2022/15/00138.9.2022

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn sowie die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter sowie die Hofrätinnen Dr.in Lachmayer und Dr.in Wiesinger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision des Landes X, vertreten durch die Edthaler Leitner-Bommer Schmieder & Partner Rechtsanwälte GmbH in 4040 Linz, Ottensheimer Straße 36, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 17. Dezember 2021, RV/5100901/2016, betreffend Festsetzung von Kapitalertragsteuer 2008 bis 2013 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt für Großbetriebe), zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §27 Abs2 Z2
EStG 1988 §27 Abs3
EStG 1988 §94 Z6 litc
KStG 1988 §21 Abs2 Z3

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2022:RO2022150013.J00

 

Spruch:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Die revisionswerbende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 553,20 € zu ersetzen.

Begründung

1 Die revisionswerbende Gebietskörperschaft erzielte ‑ nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts (BFG) ‑ im Jahr 2008 aus der Veräußerung von Aktien Einnahmen in Höhe von 667,4 Mio €. Daraus resultierte eine entsprechende Erhöhung der Geldbestände, welche nach den Zielvorgaben der Revisionswerberin (Orientierung an dem zu erwartenden Mittelverbrauch) kurz- bis mittelfristig veranlagt werden sollten. Im Voranschlag für das Jahr 2008 wurde die Zuführung dieser Einnahmen zu einer Haushaltsrücklage geplant.

2 Im Zuge einer Außenprüfung gelangte der Prüfer im Jahr 2015 zu der Auffassung, dass das aus der Veräußerung von Aktien und der Rückzahlung von Wohnbaudarlehen resultierende Kapital der revisionswerbenden Gebietskörperschaft nicht einer Versorgungs- oder Unterstützungseinrichtung zugewiesen worden sei und daher die gemäß § 21 Abs. 2 Z 3 vierter Teilstrich KStG 1988 iVm § 94 Z 6 lit. c vierter Teilstrich EStG 1988 geltend gemachte Kapitalertragsteuerbefreiung zu versagen sei. Das Finanzamt folgte dieser Rechtsansicht und setzte mit Bescheiden vom 30. November 2015 Kapitalertragsteuer für die Jahre 2008 bis 2013 fest.

3 Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung keine Folge, woraufhin die Revisionswerberin deren Vorlage an das BFG beantragte.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das BFG die Beschwerde ab. Begründend führte es aus, zu einer begünstigten Versorgungs- oder Unterstützungseinrichtung iSd § 21 Abs. 2 Z 3 vierter Teilstrich KStG 1988 zählten Sozialversicherungsträger und andere selbständige oder unselbständige Fonds, die Leistungen aus dem Titel der Altersversorgung sowie aus dem Titel der Unterstützung bei Krankheit, Unfall oder persönlicher Hilfs- und Fürsorgebedürftigkeit der Leistungsempfänger erbrächten (Hinweis auf VwGH 30.9.2015, Ra 2014/15/0005). Eine eigene Rechtspersönlichkeit werde nicht vorausgesetzt. Die Befreiung komme daher nicht nur für Einrichtungen in Betracht, die als juristische Personen des öffentlichen Rechts organisiert seien, sondern auch für unselbständige Einrichtungen einer Körperschaft öffentlichen Rechts. Der Nachweis des Vorliegens einer Versorgungs- oder Unterstützungseinrichtung habe anhand ihrer Rechtsgrundlage (zB Satzung, interne Richtlinien, etc) zu erfolgen. In dieser müssten der Kreis der Anspruchsberechtigten, die Anspruchsvoraussetzungen und die erfolgten Leistungszusagen klar ersichtlich sein (Hinweis auf Prillinger, in Lang/Rust/Schuch/Staringer, KStG2 § 21, Rz 123). Gegenständlich liege eine unselbständige Versorgungs- und Unterstützungseinrichtung für Zwecke der Altersversorgung vor. Das Oberösterreichische Landesbeamten Pensionsgesetz, mit welchem der Kreis der Anspruchsberechtigten, die Anspruchsvoraussetzungen und Leistungszusagen festgelegt würden, bilde die dafür erforderliche Rechtsgrundlage. Unter dem Ansatz 080 „Pensionen Landesbedienstete ohne Lehrer/innen“ würden sämtliche auf Rechtsgrundlage des Oberösterreichischen Landesbeamten Pensionsgesetzes geleisteten Pensionen als Aufwand sowie die damit in Zusammenhang stehenden Einnahmen erfasst.

5 Strittig sei im Revisionsfall jedoch, ob die veranlagten Vermögenswerte (der Kapitalstamm) auch tatsächlich dem Bereich „Versorgungs- und Unterstützungseinrichtung“ zugeordnet gewesen seien. Durch § 21 Abs. 2 Z 3 vierter Teilstrich KStG 1988 werde eine Körperschaft öffentlichen Rechts nicht an sich begünstigt, sondern ausschließlich ihre Versorgungs- oder Unterstützungseinrichtung. Somit stehe nicht die Körperschaft öffentlichen Rechts im Vordergrund, sondern der Begriff der Versorgungs- oder Unterstützungseinrichtung, welcher innerhalb der (beschränkten) Besteuerung einen Bereich an befreiten Kapitaleinkünften kreiere. Daraus erhelle, dass das für begünstigte Zwecke bestimmte Kapital ausschließlich dem Bereich dieser „Einrichtung“ zugeordnet und damit eine Vermengung des Vermögens der Versorgungs- und Unterstützungseinrichtung mit jenem der Körperschaft öffentlichen Rechts ausgeschlossen werde. Um als begünstigungsfähige (unselbständige) „Einrichtung“ zu gelten, bedürfe es sohin eines gesonderten Rechnungskreises in einer Art unselbständiger (Verwaltungs-) Fonds, aus dem eine klare Abgrenzung des dem begünstigten Zweck zugeordneten Vermögens vom anderen Vermögen ersichtlich sei. Der Bereich der allgemeinen Vermögensverwaltung einer Körperschaft öffentlichen Rechts verbleibe somit Teil der beschränkten Steuerpflicht.

6 Diese Auslegung der gesetzlichen Begünstigungsbestimmung für Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen von Körperschaften öffentlichen Rechts stehe auch im Einklang mit dem damit verfolgten Ziel, nämlich eine Schmälerung der Mittel für soziale Zwecke hintan zu halten. Das für diese Zwecke gewidmete Vermögen sollte veranlagt werden können, ohne dass dessen Wachstum in Form von Kapitaleinkünften durch den Steuerzugriff geschmälert werde. Die von der revisionswerbenden Gebietskörperschaft vertretene Rechtsansicht, dass nach dem Wortlaut des § 21 Abs. 2 Z 3 vierter Teilstrich KStG 1988 lediglich eine nachweisliche Zuordnung der Kapitalerträge zur Versorgungs- oder Unterstützungseinrichtung, nicht aber des Kapitals gefordert werde bzw. sich das Vorliegen eines Rechnungskreises nicht aus dem Gesetz ergebe, stehe nicht im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (Hinweis auf VwGH 27.3.2019, Ro 2016/13/0006), wonach das Tatbestandsmerkmal der „nachweislichen Zurechnung“ voraussetze, dass (1) das die Kapitalerträge abwerfende Vermögen (von vornherein) dem begünstigten Versorgungs- oder Unterstützungszweck gewidmet sei, (2) das Kapital eindeutig der Versorgungs- und Unterstützungseinrichtung zugeordnet werde und (3) diese Zuordnung aus einer entsprechenden Dokumentation, wie etwa in der Form eines gesonderten Rechnungskreises, hervorgehe. Der Verwaltungsgerichtshof habe weiters festgehalten, dass eine im Nachhinein erfolgte Aufteilung von Kapitalertragsteuerbeträgen durch „rechnerische Rückrechnung“ dem Kriterium der „nachweislichen Zurechnung“ nicht gerecht werde. Dies ergebe sich auch aus der korrespondierenden Regelung des § 94 Z 6 lit. c vierter Teilstrich EStG 1988, wonach ein Kapitalertragsteuerabzug für näher angeführte Kapitalerträge durch den Abzugsverpflichteten (von vornherein) zu unterbleiben habe, wenn sie einer Versorgungs- oder Unterstützungseinrichtung nachweislich zuzurechnen seien.

7 Zur grundsätzlichen Frage, ob die Versorgungs- und Unterstützungseinrichtung ihren Zweck ausschließlich aus den Erträgen erfüllen müsse oder aber auch Substanzzuweisungen denkbar seien, vertrete die Lehre die Meinung, dass ‑ dem Fondsgedanken folgend ‑ der Zweck auch unter Inanspruchnahme der Veranlagungssubstanz erfüllt werden könne. Eine ausschließliche Dotierung der Zweckzahlungen aus Erträgen sei nicht geboten.

8 Eine unselbständige Versorgungs- und Unterstützungseinrichtung könne sohin als ein ‑ innerhalb der Körperschaft öffentlichen Rechts bestehendes ‑ Gebilde eigener Art (und damit vergleichbar mit einer selbständigen Einrichtung) verstanden werden, dem Vermögen für ausschließlich begünstigte Zwecke zugewiesen und damit der Disposition für allgemeine Haushaltszwecke entzogen werde. Für Zwecke einer eindeutigen Abgrenzung zum Vermögen der dahinterstehenden Körperschaft öffentlichen Rechts bedürfe es einer Dokumentation, in der Art einer in sich geschlossenen Teilrechnung, aus der die sachliche und rechnerische Behandlung des begünstigten Vermögens eindeutig nachvollziehbar sei. Für die Tatbestandsmäßigkeit der Ausnahmebestimmung seien somit sowohl die Übertragung des Vermögens an die Versorgungs- und Unterstützungseinrichtung als auch die Zweckbindung des Kapitals Voraussetzung.

9 Habe diese Vermögensübertragung tatsächlich stattgefunden und würden begünstigte Zwecke nachweislich unmittelbar verfolgt, könne auch nur für diese Einrichtung die Steuerfreiheit für die daraus erzielten Kapitalerträge lukriert werden. Daraus folge in einem Umkehrschluss, dass die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung dann nicht gegeben seien, wenn das den Erträgnissen zugrundeliegende Kapital nicht der Einrichtung, sondern ‑ wie im Revisionsfall ‑ dem Vermögen der Körperschaft öffentlichen Rechts zugerechnet werde. Es sei daher dem Finanzamt zuzustimmen, dass es der gesetzlichen Festlegung auf eine „Einrichtung“ und einer Zuordnung des Kapitals als Voraussetzung für die Befreiung nicht bedurft hätte, wenn ohnedies sämtliche Kapitalerträge einer Körperschaft öffentlichen Rechts, die für Pensionszahlungen verwendet würden, per se einer Befreiung unterliegen sollten. Auch ein Vergleich mit selbständigen Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen spreche für diese Auslegung. In diesen Fällen seien die begünstigte Einrichtung und die Körperschaft öffentlichen Rechts deckungsgleich, und das Vermögen befinde sich zweifelsfrei in deren Eigentum. Das Kapital und die daraus erzielten Erträge würden unmittelbar ausschließlich begünstigten Zwecken zugeführt. Nichts Anderes dürfe aber für unselbständige Einrichtungen gelten.

10 Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin werde daher der Anwendungsbereich der Befreiungsbestimmung auf Fälle eingeschränkt, bei denen eine zweifelsfreie Zuordnung des Kapitals zur begünstigten Einrichtung vorliege, was auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift entspreche. Vermögen, welches für künftige Leistungsverpflichtungen ‑ konkret Pensionen ‑ somit also längerfristig zweckgebunden einer eigens dafür vorgesehenen Einrichtung zugeführt werde und damit quasi in deren Eigentum übergehe, solle durch Wegfall der Kapitalertragsteuer steuerlich entlastet werden, um damit Anreize zu schaffen, Vermögen für diese Zwecke zu binden.

11 Für den vorliegenden Revisionsfall sei somit entscheidungswesentlich, ob das gegenständliche Vermögen von Beginn an eindeutig dem Bereich der Unterstützungseinrichtung „Pensionen aus öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen“ zugewiesen und damit eine Zweckbindung erreicht worden sei. Sei diese Zuweisung erfolgt und lasse sich diese und die Verwendung der Mittel anhand eines geeigneten, in sich geschlossenen Rechnungskreises zweifelsfrei nachverfolgen, erübrigten sich weitere Prüfungsschritte, weil die bestimmungsgemäße Verwendung des Kapitals und der Zinserträge durch die Statuten der Einrichtung vorgegeben werde. Werde hingegen festgestellt, dass das Kapital nicht der Einrichtung übertragen worden sei, liege kein Anwendungsfall des § 21 Abs. 2 Z 3 vierter Teilstrich KStG 1988 vor, selbst wenn die Zinserträge für Pensionszwecke verwendet worden seien.

12 Das Rechenwerk der revisionswerbenden Gebietskörperschaft verfüge über einen eigenen, der Versorgungs- und Unterstützungseinrichtung zuordenbaren Rechnungskreis. Unter dem Ansatz 080 „Pensionen Landesbedienstete ohne Lehrer/innen“ bzw. 08010 „Pensionen aus öffentl. rechtl. Dienstverhältnis“ würden die Pensionsleistungen der Revisionswerberin und die dazu gehörigen Erträge abgebildet. In den jeweiligen Rechnungsabschlüssen habe die Revisionswerberin die gegenständlichen Wertpapiere der allgemeinen Vermögensverwaltung zugeordnet, nämlich den Positionen „Wertpapiere der Haushaltsrücklage“ bzw. „Wertpapiere der allgemeinen Geldbestände“, und nicht der ausschließlich für Pensionszwecke gebundenen „Rücklage für Pensionen aus öffentlichrechtlichen Dienstverhältnissen“. Die Verbuchung der Termineinlagen und anderer auf die Versorgungs- und Unterstützungseinrichtung lautende Bankkonten sei im Rechnungswesen (SAP) auf diverse Geldbestandskonten erfolgt, welche jedoch keine Differenzierung hinsichtlich kapitalertragsteuerbefreiter und kapitalertragsteuerpflichtiger Einlagenstände vorgesehen hätten. Ein eigener, kassenmäßig gesonderter Rechnungskreis sei nicht geführt worden. Die veranlagten Beträge seien im Rechnungsabschluss zur Gänze im Kassenbestand und zwar unter der Position „Guthaben bei Geldinstituten“ enthalten. Die Auflösung der Wertpapiere und Termingelder sei zu Gunsten des laufenden Haushaltes vorgenommen worden.

13 Somit gehe weder aus der kameralistischen Darstellung im Rechnungsabschluss noch aus dem Rechnungswesen (SAP) hervor, dass die gegenständlichen Wertpapiere und Termineinlagen (von vornherein) der (unselbständigen) Versorgungs- oder Unterstützungseinrichtung zugerechnet worden seien, obwohl eine Abgrenzung bzw. ein gesonderter Ausweis sowohl in der kameralistischen Darstellung als auch im SAP möglich gewesen wäre. Die von der Revisionswerberin erstellten Excel‑Tabellen vermögen eine eindeutige Zurechnung nicht zu dokumentieren und stellten auch keine eigene Teilrechnung im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen dar. Eine ausdrücklich gewollte Nicht‑Zuordnung zum begünstigten Bereich, was durch die Behandlung im Rechnungswesen bzw. im Rechnungsabschluss klar zum Ausdruck komme, könne nicht im Wege einer Aufnahme in eine Excel-Tabelle saniert werden. Allein die Bezeichnung des jeweiligen Bank- und Wertpapierkontos und die Erfassung der Kapitalerträge unter dem Ansatz „Pensionen aus öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen“ vermögen eine Zuordnung zum Vermögensbereich der Versorgungs- und Unterstützungseinrichtung jedenfalls nicht begründen.

14 Die revisionswerbende Gebietskörperschaft habe ihre Vorgangsweise damit begründet, dass eine Zuordnung zur gebundenen Rücklage für Pensionen bedeutet hätte, dass dieses Kapital zweckgebunden gewesen wäre und der Kapitalstamm auf Grund der kameralen Vorgaben für andere Zwecke nicht mehr hätte verwendet werden können. Eine Verwendung des Kapitals für allgemeine Budgetzwecke wäre damit dauerhaft ausgeschlossen gewesen, selbst wenn die anderweitige Verwendung nur kurzfristig und vorübergehend gewesen wäre. Eine längerfristige Zweckbindung sei somit zweifelsfrei nicht gewollt gewesen. Durch die Entnahmen aus den nicht gebundenen Rücklagen und Auflösungen von Termineinlagen habe die Revisionswerberin Fremdfinanzierungen vermeiden können. Sie habe auch auf Grund temporärer, budgetärer Liquiditätsüberschüsse des Gesamthaushaltes kurzfristige Veranlagungen (zB Termineinlagen in Höhe von 100 Mio € für vier Monate) vorgenommen und dabei die Befreiungsbestimmung in Anspruch genommen.

15 Diese Vorgehensweise, welche ihren Niederschlag in der kameralistischen und buchhalterischen Behandlung gefunden habe, lasse für das BFG nur einen Schluss zu, nämlich dass eine im Zeitpunkt der Veranlagung eindeutige und ausschließliche Zuweisung des Kapitals zum Vermögensbereich der Versorgungs- und Unterstützungseinrichtung ‑ mit der damit verbundenen Zweckbindung ‑ von Anfang an nicht beabsichtigt gewesen und auch tatsächlich nicht vollzogen worden sei. Wenn die Revisionswerberin vermeine, die Widmung werde durch den Ausweis des Kapitals lediglich dokumentiert und sei somit „deklarativ“, was bedeute, dass erst durch die Verwendung des Kapitals bzw. der Erträge materiell eine Widmung für den begünstigten Bereich erfolge, sei dem entgegen zu halten, dass die zu Gunsten des laufenden Haushaltes aufgelösten Termineinlagen und Wertpapiere im laufenden Budget endgültig für andere Zwecke verbraucht und damit nicht „materiell“ für begünstigte Zwecke verwendet worden seien.

16 Auch der Standpunkt der Revisionswerberin, dass die fehlende Zuordnung des Kapitals zum Pensionsbereich nicht schädlich sein könne, weil dieses Kapital ‑ soweit es im allgemeinen Haushalt zur Abdeckung des Pensionsaufwandes erforderlich gewesen sei - in den Jahren 2008 bis 2010 unmittelbar und ab 2011 in einer jahresübergreifenden Betrachtung mittelbar für den begünstigten Zweck verwendet worden sei, teile das BFG nicht. Die Revisionswerberin versuche damit aus der Tatsache, dass das gegenständliche Kapital in den Jahren 2008 bis 2010 über den Finanzierungsbedarf der Einrichtung hinaus für allgemeine Haushaltszwecke verwendet worden sei, ein Modell der jahresübergreifenden Betrachtung zu kreieren. Aus der gesetzlichen Pflicht der Revisionswerberin, den Pensionsaufwand aus dem allgemeinen Haushalt abzudecken, könne nicht geschlossen werden, dass es einer Übertragung des Vermögens auf die Versorgungs- und Unterstützungseinrichtung nicht mehr bedurft hätte. Gerade durch diese Zuführung zur begünstigten Einrichtung werde sichergestellt, dass eine zweckfremde Verwendung des veranlagten Kapitals hintangehalten werde. Eine jahresübergreifende Beobachtung greife in der Regel nur in Fällen, bei denen (wie etwa bei der Prüfung von Liebhaberei) ein Zeitraum der Beurteilung unterliege. Eine derartige Intention des Gesetzgebers ergebe sich aus § 21 Abs. 2 Z 3 vierter Teilstrich KStG 1988 jedenfalls nicht und würde dem Norminhalt des § 94 Z 6 lit. c vierter Teilstrich EStG 1988 widersprechen, wonach ein Kapitalertragsteuerabzug für näher angeführte Kapitalerträge durch den Abzugsverpflichteten von vornherein (und nicht im Nachhinein auf Grund der Ergebnisse einer jahresübergreifenden Betrachtung) zu unterbleiben habe, wenn diese einer Versorgungs- oder Unterstützungseinrichtung nachweislich zuzurechnen seien. Somit müsse bereits im Zeitpunkt des Unterbleibens des Kapitalertragsteuerabzuges feststehen, ob die Kapitalerträge und damit verbunden auch das den Erträgnissen zugrundeliegende Vermögen der Versorgungs- und Unterstützungseinrichtung zugeordnet worden sei (Hinweis auf VwGH 27.3.2019, Ro 2016/13/0006). Eine im Nachhinein erstellte und mehrere Jahre umfassende Rückrechnung könne die fehlende Zweckbindung nicht nachholen und finde in § 21 Abs. 2 Z 3 vierter Teilstrich KStG 1988 iVm § 94 Z 6 lit. c EStG 1988 jedenfalls keine Deckung.

17 Die Revision ließ das BFG zu, weil die Frage, welche Bedeutung einer „Einrichtung“ iSd § 21 Abs. 2 Z 3 vierter Teilstrich KStG 1988 zukomme, vom Verwaltungsgerichtshof noch nicht abschließend geklärt worden sei.

18 Das Finanzamt für Großbetriebe erstattete eine Revisionsbeantwortung.

19 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

20 Die Revision ist zur Klarstellung der von ihr angesprochenen und im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 27. März 2019, Ro 2016/13/0006, bereits dargelegten Anwendungsvoraussetzungen des § 21 Abs. 2 Z 3 vierter Teilstrich KStG 1988 zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.

21 Gemäß § 1 Abs. 3 Z 2 KStG 1988 sind inländische Körperschaften des öffentlichen Rechts mit ihren Einkünften im Sinne des § 21 Abs. 2 und 3 KStG 1988 beschränkt steuerpflichtig.

22 Nach § 21 Abs. 2 KStG 1988 erstreckt sich bei beschränkt Steuerpflichtigen im Sinne des § l Abs. 3 Z 2 und 3 KStG 1988 die Steuerpflicht auf Einkünfte, bei denen die Steuer durch Steuerabzug erhoben wird.

23 Eine Befreiung von der beschränkten Steuerpflicht besteht jedoch gemäß § 21 Abs. 2 Z 3 vierter Teilstrich KStG 1988 für Kapitalerträge, die „einer Versorgungs- oder Unterstützungseinrichtung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts [...] nachweislich zuzurechnen sind“.

24 Eine „nachweisliche Zurechnung“ iSd § 21 Abs. 2 Z 3 vierter Teilstrich KStG 1988 setzt jedoch ‑ wie der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom 27. März 2019, Ro 2016/13/0006, ausgesprochen hat ‑ voraus, dass das die Kapitalerträge abwerfende Vermögen (von vornherein) dem begünstigten Versorgungs- oder Unterstützungszweck gewidmet ist. Dem Erfordernis der „nachweislichen Zurechnung“ wird zudem nur durch eine eindeutige Zuordnung des Kapitals zur Versorgungs- und Unterstützungseinrichtung Genüge getan, die einer entsprechenden Dokumentation bedarf (etwa in Form eines gesonderten Rechnungskreises, vgl. in diesem Sinne Achatz in Achatz/Kirchmayr, KStG § 21 Tz 378; Prillinger in Lang/Rust/Schuch/Staringer, KStG2 § 21 Rz 123).

25 Auch wenn es zutreffen sollte, dass die Dokumentation der Bankkonten und Wertpapierdepots, welche die Revisionswerberin ihrer Versorgungs- und Unterstützungseinrichtung zugeordnet wissen will, zusammen mit den Aufzeichnungen zum Ansatz 080 des kameralen Rechnungsabschlusses („Pensionen Landesbedienstete ohne Lehrer/innen“) es im gegenständlichen Fall ermöglicht, auf jeden Zeitpunkt die Zu- und Abgänge des entsprechenden Kapitals und auch die konkrete Verwendung der abgegangenen Mittel klar nachzuvollziehen, sodass dem Erfordernis eines gesonderten Rechnungskreises entsprochen wäre, sind damit die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 21 Abs. 2 Z 3 vierter Teilstrich KStG 1988 noch nicht zur Gänze erfüllt. Es kommt nämlich zusätzlich darauf an, dass das Kapitalvermögen (von vornherein) dem begünstigten Versorgungs- und Unterstützungszweck ‑ im Sinne einer Zweckbindung ‑gewidmet ist. Die steuerliche Entlastung durch Wegfall der Kapitalertragsteuer gemäß § 94 Z 6 lit. c EStG 1988 und § 21 Abs. 2 Z 3 vierter Teilstrich KStG 1988 soll nämlich gerade einen Anreiz schaffen, Vermögen für die begünstigten Zwecke von Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen zu binden.

26 Die revisionswerbende Gebietskörperschaft hat demgegenüber im Verfahren vor dem BFG ihre Vorgangsweise damit begründet, dass eine Zuordnung des aus der Aktienveräußerung erwirtschafteten Kapitals zu einer gebundenen Rücklage für Pensionen bedeutet hätte, dass dieses Kapital zweckgebunden gewesen wäre und der Kapitalstamm auf Grund der kameralen Vorgaben für andere Zwecke nicht mehr hätte verwendet werden können. Eine Verwendung des Kapitals für allgemeine Budgetzwecke wäre damit dauerhaft ausgeschlossen gewesen, weshalb eine solche Zufuhr unterblieben sei.

27 Das BFG hat im angefochtenen Erkenntnis die Feststellung getroffen, dass die Revisionswerberin eine verbindliche Widmung/Zweckbindung des betroffenen Kapitalvermögens für den begünstigten Versorgungs- oder Unterstützungszweck nicht vorgenommen hat. Das BFG stützt sich dabei wesentlich auf das Vorbringen der Revisionswerberin, wonach eine Zuführung zur gebundenen Rücklage für Pensionen unterblieben sei, weil das bedeutet hätte, dass dieses Kapital zweckgebunden gewesen wäre und für andere Zwecke nicht mehr hätte verwendet werden können; eine Verwendung des Kapitals für allgemeine Budgetzwecke wäre damit ‑ so die Revisionswerberin ‑ dauerhaft ausgeschlossen gewesen. Das BFG leitete aus dieser Vorgangsweise der Revisionswerberin ab, dass sie eine längerfristige Zweckbindung nicht gewollt habe, und traf die Feststellung, dass eine eindeutige und ausschließliche Zuweisung des Kapitals zum Vermögensbereich der Versorgungs- und Unterstützungseinrichtung mit insbesondere einer entsprechenden Widmung von Anfang an nicht beabsichtigt und auch tatsächlich nicht vollzogen worden sei. Es stellte auch fest, dass tatsächlich Termineinlagen und Wertpapiere zugunsten des laufenden Haushalts aufgelöst und im laufenden Budget endgültig für andere als die begünstigten Zwecke verbraucht worden sind.

28 Damit kann dem BFG aber nicht entgegen getreten werden, wenn es im angefochtenen Erkenntnis davon ausgegangen ist, dass eine dauerhafte Widmung der veranlagten Vermögenswerte aus dem Aktienverkauf für Zwecke einer Versorgungs- und Unterstützungseinrichtung im Zeitpunkt ihrer Veranlagung von vornherein nicht beabsichtigt war.

29 Auch in der Revision tritt die revisionswerbende Gebietskörperschaft dem nicht entgegen und räumt ein, dass die „Kapitalabstockung der Konten und Depots“, die vorbringlich eigens für die Veranlagung der aus dem Verkauf des Aktienpakets erzielten Vermögenswerte eingerichtet worden seien, „in den Jahren 2008 ‑ 2010 ... die Pensionsausgaben in den jeweiligen Jahren überstiegen“ hätten. Diese übersteigenden Beträge hätten „in diesen Jahren der Abdeckung von ‑ nicht durch Pensionsausgaben bedingten ‑ Haushaltsabgängen gedient“, seien jedoch in weiterer Folge dem Zweck der Versorgungs- und Unterstützungseinrichtung wieder zugeführt worden“.

30 Die Revisionswerberin argumentiert aber in diesem Zusammenhang, sie habe in den Jahren nach der Kapitalabstockung ohnedies neues Kapital „dem Zweck der Versorgungs- und Unterstützungseinrichtung wieder zugeführt“. Hiezu ist aber darauf zu verweisen, dass eine nachträgliche Kapitalaufstockung nichts daran ändert, dass vorher Kapital, in Bezug auf welches die Revisionswerberin die Steuerfreiheit begehrt, tatsächlich für allgemeine Haushaltszwecke verwendet worden ist und die spätere Zuführung von Geldbeträgen (zB aus laufenden Steuereinnahmen) für Zwecke der Versorgungs- und Unterstützungseinrichtung eine in den Vorjahren entgangene Besteuerung von Erträgen des betreffenden Kapitalvermögens nicht kompensieren kann.

31 Damit besteht aber kein Zweifel, dass eine für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung erforderliche „nachweisliche Zurechnung“ des Vermögens iSd § 21 Abs. 2 Z 3 vierter Teilstrich KStG 1988 im Revisionsfall fehlte, mögen auch die Konten, auf denen die aus dem Veräußerungserlös erzielten Kapitalerträge erfasst worden sind, als solche der Versorgungs- und Unterstützungseinrichtung bezeichnet gewesen sein. Entgegen dem Revisionsvorbringen reicht die Einrichtung und Bezeichnung von eigenen Konten und Depots zur Vermittlung der Steuerfreiheit erzielter Kapitalerträge nicht aus, wenn nicht von vornherein auch eine tatsächliche und ausschließliche Bindung des veranlagten Kapitals für den begünstigten Zweck sichergestellt ist.

32 Wie der Verwaltungsgerichthof ebenfalls bereits in seinem Erkenntnis vom 27. März 2019, Ro 2016/13/0006, ausgesprochen hat, ergibt sich die Notwendigkeit einer solchen festen Widmung des Kapitals auch aus der korrespondierenden Regelung des § 94 Z 6 lit. c vierter Teilstrich EStG 1988 über die Befreiung von der Kapitalertragsteuer. Danach hat ein Kapitalertragsteuerabzug für Kapitalerträge iSd § 27 Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 EStG 1988 durch den Abzugsverpflichteten (von vornherein) zu unterbleiben, wenn diese einer Versorgungs- oder Unterstützungseinrichtung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts nachweislich zuzurechnen sind, was jedoch ‑ wie auch die Revision ausdrücklich einräumt ‑ eine klare Abgrenzung des Kapitals vom sonstigen Vermögen der Körperschaft öffentlichen Rechts bedingt (vgl. z.B. Kirchmayr in Doralt ua, EStG16 § 94 Tz 117).

33 In der Revision wird ergänzend vorgebracht, falls die Abstockung des Kapitals auf den in Rede stehenden Konten und Depots durch Verwendung für Zwecke der allgemeinen Haushaltsaufgaben als für die Steuerbefreiung schädlich angesehen werde, müsste die Steuerbefreiung zumindest für jenen Anteil der Abstockung zustehen, der nicht auf die Finanzierung der allgemeinen Haushaltsaufgaben, sondern auf die Finanzierung der Pensionen zurückzuführen ist.

34 Dem ist zu entgegen zu halten, dass eine solche „anteilige“ Steuerbefreiung eine im Nachhinein (nach Ablauf einer Periode) zu erstellenden Berechnung des Verhältnisses von begünstigter zu nicht begünstigter Verwendung zur Voraussetzung hätte. Der Verwaltungsgerichtshof hat aber ‑ wie bereits angeführt ‑ im Erkenntnis vom 27. März 2019 aus dem inneren Zusammenhang zwischen den Regelungen des § 21 Abs. 2 Z 3 vierter Teilstrich und des § 94 Z 6 lit. c EStG 1988 abgeleitet, dass bereits beim Anfallen der Kapitalerträge (und Prüfung, ob Kapitalertragsteuer einzubehalten ist) die Erfüllung der Voraussetzung der Steuerbefreiung feststehen muss. Gerade deshalb kommt es auf die von vornherein gegebene verbindliche Zweckwidmung an.

35 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

36 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden, zumal schon vor dem BFG eine mündliche Erörterung der Rechtsansichten der Parteien erfolgte.

37 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 8. September 2022

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