European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RO2020040017.J00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Revisionswerberin hat der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die mitbeteiligten Parteien richteten mit Schriftsatz vom 25. Oktober 2018 ein Auskunftsbegehren gemäß Art. 15 Abs. 1 DSGVO an die Rechtsvertretung der Revisionswerberin. Die mitbeteiligten Parteien begehrten darin ‑ im Wesentlichen ‑ Auskunft über sämtliche ihnen zugeordnete Eingaben sowie eine kostenlose Kopie entsprechender Eingaben gemäß Art 15 Abs. 3 DSGVO.
2 In Folge entsprechender (aus Sicht der mitbeteiligten Parteien mangelhafter) Korrespondenz mit der Revisionswerberin erhoben die mitbeteiligten Parteien mit ‑ an belangte Behörde gerichteten ‑ Schriftsatz vom 26. November 2018 Datenschutzbeschwerde gemäß Art. 77 DSGVO wegen Verletzung im Recht auf Auskunft gemäß Art. 15 DSGVO durch die Revisionswerberin.
3 Mit Bescheid vom 8. August 2019 gab die belangte Behörde der Datenschutzbeschwerde teilweise statt und stellte fest, „dass die [Revisionswerberin die mitbeteiligten Parteien] dadurch im Recht auf Auskunft verletzt hat, indem sie diesen keine vollständige Auskunft über die konkret verarbeiteten Stammdaten, über die Verarbeitungszwecke und über die Empfänger oder Kategorien von Empfängern, gegenüber denen die personenbezogenen Daten offengelegt worden sind oder noch offengelegt werden, erteilt und weiters keine Kopie ihrer personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung gestellt hat.“ (Spruchpunkt 1.). Die belangte Behörde trug der Revisionswerberin zudem auf, den mitbeteiligten Parteien innerhalb einer Frist von vier Wochen „jeweils a. eine vollständige Auskunft über die konkret verarbeiteten Stammdaten ([unter anderem] Nachname, [...] Geburtsdatum [und] Adresse), über die Verarbeitungszwecke sowie über die Empfänger oder Kategorien von Empfängern, gegenüber denen die personenbezogenen Daten offengelegt worden sind oder noch offengelegt werden, zu erteilen und b. eine Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung zu stellen.“ (Spruchpunkt 2.). Im Übrigen wies die belangte Behörde die Datenschutzbeschwerde ab (Spruchpunkt 3.).
4 Gegen diesen Bescheid erhob die Revisionswerberin mit Schriftsatz vom 24. September 2019 Beschwerde.
5 Mit gegenständlich angefochtenem Erkenntnis vom 2. März 2020 änderte das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) den Bescheid vom 8. August 2019 dahingehend ab, dass der Spruchpunkt 1. wie folgt zu lauten habe: „Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben und es wird festgestellt, dass die [Revisionswerberin die mitbeteiligten Parteien] dadurch in ihrem Recht auf Auskunft verletzt hat, indem sie diesen keine vollständige Auskunft über die Verarbeitungszwecke und über die Empfänger oder Kategorien von Empfängern, gegenüber denen die personenbezogenen Daten offengelegt worden sind oder noch offengelegt werden, erteilt und weiters keine Kopie ihrer personenbezogenen Eingaben, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung gestellt hat.“. Des Weiteren änderte das BVwG den Bescheid vom 8. August 2019 insoweit ab, als der Spruchpunkt 2. wie folgt zu lauten habe: „Der [Revisionswerberin] wird aufgetragen, innerhalb einer Frist von acht Wochen [den mitbeteiligten Parteien] jeweils a. eine vollständige Auskunft über die Verarbeitungszwecke sowie über die Empfänger oder Kategorien von Empfängern, gegenüber denen die personenbezogenen Daten offengelegt worden sind oder noch offengelegt werden, zu erteilen und b. eine Kopie der personenbezogenen Eingaben der [mitbeteiligten Parteien], die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung zu stellen.“ (Spruchpunkt A I.). Den Antrag, ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union zu stellen, wies das BVwG ab (Spruchpunkt A II.). Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG erklärte es für zulässig (Spruchpunkt B).
6 Das BVwG stellte - im Wesentlichen - folgenden Sachverhalt fest:
7 Die Revisionswerberin habe in - näher genannten - Schriftsätzen zu anderen als dem zugrundeliegenden Verfahren vorgebracht, dass die mitbeteiligten Parteien seit Juni 2015 mehrere hundert Eingaben bei ihr eingebracht hätten. Da diese Anzahl an Eingaben für die mitbeteiligten Parteien ohne Weiteres nicht nachvollziehbar gewesen sei, hätten diese das ‑ in Rn. 1 wiedergegebene ‑ Auskunftsbegehren vom 25. Oktober 2018 gestellt. Die von der Revisionswerberin mit einem ‑ an die mitbeteiligten Parteien gerichteten ‑ Schreiben vom 10. Jänner 2019 erteilte Auskunft enthalte zwar die konkret verarbeiteten Stammdaten der mitbeteiligten Parteien; sie sei jedoch hinsichtlich der Verarbeitungszwecke und der Empfänger bzw. Kategorien von Empfängern unvollständig. Auch habe die Revisionswerberin den mitbeteiligten Parteien weder Auskunft darüber erteilt, dass deren personenbezogene Daten auf der „Webpage“ der Revisionswerberin in ‑ näher genannten ‑ Sitzungsprotokollen veröffentlicht seien, noch, dass deren personenbezogene Daten an eine näher genannte Tageszeitung übermittelt worden seien. Die Revisionswerberin habe den mitbeteiligten Parteien zudem - ohne entsprechende Begründung - keine Kopie ihrer personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung seien, zur Verfügung gestellt.
8 Diesen Sachverhalt würdigte das BVwG ‑ soweit für gegenständliches Revisionsverfahren von Interesse ‑ rechtlich wie folgt:
9 Dem Vorbringen der Revisionswerberin, dass gegenständliches Auskunftsbegehren offenkundig unbegründet bzw. exzessiv sei, könne nicht gefolgt werden. Die mitbeteiligten Parteien hätten ihr erstmaliges Auskunftsbegehren (plausibel) damit begründet, dass dieses zur Nachprüfung der tatsächlichen Anzahl an Eingaben diene, nachdem die Revisionswerberin von „mehreren hundert“ Eingaben gesprochen habe. Es gebe auch sonst keine Hinweise, dass das Auskunftsbegehren der mitbeteiligten Parteien den Rahmen der garantierten Betroffenenrechte evident überschreite. Zwar stelle die „Zurverfügungstellung von um die 100 Eingaben“ einen gewissen Arbeitsaufwand dar, angesichts der (nun) achtwöchigen Frist (siehe Rn. 5), sei jedoch nicht von der Unzumutbarkeit der Erfüllung des Auskunftsbegehrens, das die Revisionswerberin berechtigen würde, ein Entgelt zu verlangen oder ein Tätigwerden zu verweigern (Art. 12 Abs. 5 lit a und b DSGVO), auszugehen.
10 Auch dem Vorbringen der Revisionswerberin, das gegenständliche Auskunftsbegehren höhle das Recht auf Akteneinsicht (§ 17 AVG) aus, werde nicht gefolgt. Das Auskunftsrecht gemäß Art 15 DSGVO sei auf die personenbezogenen Daten der Auskunftswerber beschränkt und ermögliche keine vollständige Einsicht in die Ergebnisse und den Gang des Ermittlungsverfahrens sowie die Entscheidungsgrundlagen einer Behörde. Überdies habe die Revisionswerberin auch personenbezogene Daten der mitbeteiligten Parteien außerhalb von Akten gespeichert. Diese könnten mit dem Recht auf Akteneinsicht nicht eingesehen werden. Zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung sei das „Bestehen“ beider genannten Rechte erforderlich.
11 Zur Zulässigkeit der ordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG führte das BVwG Folgendes aus:
12 „Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Soweit ersichtlich existiert noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, wo die Grenze zur ‚Exzessivität‘ von Anträgen im Sinne des Art. 12 Abs. 5 DSGVO liegt. Weiters liegt keine höchstgerichtliche Judikatur zur [sic] Frage der Parallelität der Rechte auf datenschutzrechtliche Auskunft nach der DSGVO und auf Akteneinsicht im allgemeinen Verwaltungsverfahren vor.“
13 Daraufhin erhob die Revisionswerberin gegenständlich vorliegende Revision, in der sie beantragte, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
14 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Abweisung beantragte.
15 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
16 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
17 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
18 Die Revisionswerberin stützt die Zulässigkeit der Revision ausschließlich auf die Begründung des BVwG.
19 Das bloße Fehlen einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes führt nicht automatisch zur Zulässigkeit der Revision. Die Begründung der Zulässigkeit der Revision erfordert insoweit etwa die Darlegung, konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof noch nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 18.4.2023, Ra 2023/06/0042, mwN.).
20 Der Revisionswerber hat auf die vorliegende Rechtssache bezogen konkret aufzuzeigen, warum die Revision von der Lösung der geltend gemachten Rechtsfrage abhängen soll (vgl. in diesem Sinn etwa VwGH 24.3.2015, Ra 2014/19/0143, 9.9.2019, Ro 2016/08/0009). Ein bloß pauschales, nicht näher konkretisiertes Vorbringen ist nicht ausreichend (vgl. VwGH 19.8.2020, Ra 2016/08/0170, mwN.)
21 Entspricht die (auf das Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gestützte) Begründung der Zulässigkeit der Revision durch das Verwaltungsgericht nicht den an eine solche Begründung zu stellenden Anforderungen, weil nicht dargelegt wird, konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof noch nicht beantwortet hat, so reicht es für die Zulässigkeit der ordentlichen Revision nicht aus, dass der Revisionswerber lediglich wiederholend auf die Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis verweist; er hat vielmehr von sich aus die Zulässigkeit der Revision darzulegen. (vgl. VwGH 8.9.2022, Ro 2022/02/0018, 0019).
22 Die Revisionswerberin zeigt mit dem bloßen, die Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichts nicht ergänzenden Verweis in der Zulässigkeitsbegründung keinen ‑ wie von dargelegter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geforderten ‑ Bezug zur gegenständlichen Rechtssache auf. Inwiefern es bei Vorliegen eines einzigen Antrages auf die „Grenzen der Exzessivität“ ankommen könne, wird fallbezogen ebenso nicht näher dargelegt, wie die Frage, inwiefern es in dem vorliegenden Zusammenhang zu einem Spannungsverhältnis zum Recht auf Akteneinsicht kommen könnte.
23 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
24 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 VwGG in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 18. Juni 2023
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