VwGH Ro 2019/01/0004

VwGHRo 2019/01/000419.6.2019

? Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und den Hofrat Dr. Kleiser sowie die Hofrätin Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kienesberger, über die Revision der S O, vertreten durch Dr. Hans Peter Bauer, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Erzabt-Klotz-Straße 8, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 19. November 2018, Zl. 405- 12/31/1/10-2018, betreffend Abweisung eines Antrages auf Verfahrenshilfe gemäß § 8a VwGVG zur Erhebung einer Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe der LPD Salzburg, den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
VwGG §25a Abs1
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RO2019010004.J00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Beschluss vom 19. November 2018 wies das Landesverwaltungsgericht Salzburg (in der Folge: LVwG) einen Antrag der Revisionswerberin, einer finnischen Staatsangehörigen, auf Gewährung von Verfahrenshilfe gemäß § 31 Abs. 1 iVm § 8a VwGVG ab (I.) und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG gegen diesen Beschluss zulässig sei (II.).

2 Hierzu führte das LVwG aus, die Revisionswerberin habe ihren Antrag auf Verfahrenshilfe damit begründet, gegen sie sei an einem näher bezeichneten Datum eine "polizeiliche Amtshandlung geführt" worden, bei welcher sie "von S(...) Hauptbahnhof nach M(...) ortsverändert und danach ?aus dem Auto geworfen' " worden sei. 3 In seinen Rechtsausführungen folgerte das LVwG, bei dem behaupteten Sachverhalt handle es sich weder um ein civil right im Sinne des Art. 6 EMRK, noch sei dieser dem sachlichen Anwendungsbereich des Unionsrechtes im Sinne vom Art. 47 GRC zu unterstellen. Daraus folge, dass "für einen Fall wie den vorliegenden" Verfahrenshilfe nicht gewährt werden habe können, "obwohl die beiden übrigen Voraussetzungen des § 8a Abs 1 VwGVG, nämlich die Mittellosigkeit sowie die Komplexität der Rechtslage erfüllt zu sein" schienen.

4 Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ließ das LVwG mit der Begründung zu, dass "zum sachlichen Anwendungsbereich des § 8a Abs 1 VwGVG" keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vorliege und "die Subsumierbarkeit des behaupteten Sachverhaltes unter einen dem Unionsrecht benachbarten Rechtsbereich nicht ausgeschlossen" erscheine.

5 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision, die zur Frage des Vorliegens einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung auf die Zulassungsbegründung durch das LVwG verweist, darüber hinaus jedoch keine eigenen Zulässigkeitsausführungen enthält. 6 Die Revision ist unzulässig.

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG). 8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

10 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zur Kontrolle der Entscheidungen der Verwaltungsgerichte nicht nur für den Fall einer außerordentlichen Revision, sondern auch bei ordentlichen Revisionen auf die Wahrnehmung von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne dieser Bestimmung begrenzt. Wird in der Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichts das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht dargestellt und auch vom Revisionswerber nicht (gesondert) dargelegt, dass die Entscheidung der Revision von der Beantwortung einer (anderen als der vom Verwaltungsgericht angesprochenen) Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung abhängt, so ist auch eine ordentliche Revision zurückzuweisen (vgl. etwa VwGH 20.12.2017, Ro 2016/03/0005, mwN).

11 Vorliegend werden in der Zulässigkeitsbegründung der Revision keine eigenen Zulässigkeitsgründe ausgeführt, sondern bloß auf die Zulassungsgründe des LVwG verwiesen. Für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision sind daher allein die Zulässigkeitsausführungen des LVwG maßgebend.

12 Zweck der Begründungspflicht nach § 25a Abs. 1 zweiter Satz VwGG ist bei einer ordentlichen Revision die vom Verwaltungsgericht vorzunehmende Fokussierung auf die vom Verwaltungsgerichtshof zu lösende grundsätzliche Rechtsfrage (vgl. etwa VwGH 3.9.2018, Ro 2017/01/0004, bzw. bereits 23.9.2014, Ro 2014/01/0033, mwN).

13 Mit dem bloßen Hinweis in der Zulassungsbegründung des LVwG auf fehlende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes "zum sachlichen Anwendungsbereich des § 8a Abs. 1 VwGVG" sowie darauf, dass "die Subsumierbarkeit des behaupteten Sachverhaltes unter einen dem Unionsrecht benachbarten Rechtsbereich nicht ausgeschlossen" erscheine, wird keine konkrete Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG formuliert. Dass und aus welchem Grund der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der Entscheidung über die Revision eine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen hätte, von welcher das Schicksal der Revision abhängt, wird mit dieser Zulassungsbegründung nicht ausreichend dargelegt.

14 Zum einen ist nämlich Voraussetzung für die Zulässigkeit der Revision im Sinne des Art. 133 Abs. 4 erster Satz zweite Variante B-VG ("weil ... eine solche Rechtsprechung fehlt") das Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu einer konkreten Rechtsfrage. Mit dem bloßen Verweis auf fehlende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu einer näher bezeichneten Verwaltungsvorschrift (hier: zu § 8a VwGVG) wird nicht dargelegt, dass eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Rahmen der Entscheidung über die Revision zu lösen wäre (vgl. z.B. VwGH 17.2.2016, Ra 2014/04/0006, mwN). 15 Zum anderen begründet der bloße Umstand, dass eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu einem (der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes zu Grunde liegenden) vergleichbaren Sachverhalt fehlt, noch keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung. Genügte für die Zulässigkeit einer Revision bereits das Fehlen höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu einem vergleichbaren "Sachverhalt", wäre der Verwaltungsgerichtshof in vielen Fällen zur Entscheidung berufen, obgleich in Wahrheit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, sondern nur die Einzelfallgerechtigkeit berührende Wertungsfragen aufgeworfen werden (vgl. hierzu etwa VwGH 20.12.2017, Ro 2016/10/0021, oder auch bereits 28.7.2016, Ro 2014/07/0106, jeweils mwN).

16 Mit der alleinigen Frage nach der Subsumierbarkeit "des behaupteten Sachverhaltes" unter § 8a VwGVG stellt das LVwG im Ergebnis - bloß - die Frage nach der Rechtsrichtigkeit seiner im konkreten Einzelfall getroffenen Entscheidung; die Fokussierung im Sinne der oben dargestellten Rechtsprechung auf eine vom Verwaltungsgerichtshof im Revisionsfall zu lösende und über diesen Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Rechtsfrage fehlt jedoch (vgl. im Übrigen zu § 8a VwGVG idF BGBl. I Nr. 24/2017 VwGH 25.9.2018, Ra 2018/05/0227, Rn. 11). Damit wird den Begründungserfordernissen nach § 25a Abs. 1 zweiter Satz VwGG nicht Genüge getan.

17 Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 19. Juni 2019

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