VwGH Ro 2018/15/0006

VwGHRo 2018/15/00063.9.2019

BewG 1955 §53
BewG 1955 §53 Abs10
BewG 1955 §54
BewG 1955 §55
BewG 1955 §56
BewG 1955 §56 Abs3

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RO2018150006.J00

 

Spruch:

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn, die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, in der Revisionssache der R GmbH in W, vertreten durch Dr. Josef Hofer und Mag. Dr. Thomas Humer, Rechtsanwälte in 4600 Wels, Dr.-Koss-Straße 2, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 12. Jänner 2018, Zl. RV/5100128/2016, betreffend Feststellung des Einheitswertes eines Baurechts, den Beschluss gefasst:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Revisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Die Marktgemeinde G ist - nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts (BFG) - Eigentümerin einer Liegenschaft von

8.186 m2. Für dieses Grundstück hat sie ein Baurecht eingeräumt, für welches im Grundbuch die Baurechtseinlage EZ xx eröffnet wurde. Auf dem Grundstück wurde eine Tennis- und Squashhalle errichtet. Das Baurecht, das gemäß § 51 Abs. 2 BewG als Grundstück gilt, wurde dem jeweiligen Bauberechtigen zugerechnet. 2 Mit Bescheid vom 2. Jänner 1981 hatte das Finanzamt im Wege der Nachfeststellung für das Baurecht (unter Mitberücksichtigung der Tennis- und Squashhalle) zum 1. Jänner 1981 einen Einheitswert von 2,841.000 S festgestellt, der der damaligen Bauberechtigten zugerechnet wurde. Zum revisionsgegenständlichen Feststellungsstichtag 1. Jänner 2015 war die M GmbH & Co KG die im Grundbuch eingetragene Bauberechtigte, deren Rechtsnachfolgerin durch Verschmelzungsvertrag die revisionswerbende GmbH wurde. 3 Mit Feststellungsbescheid vom 22. Juni 2015 nahm das Finanzamt zum 1. Jänner 2015 eine Wertfortschreibung nach § 21 Abs. 1 Z 1 BewG vor und stellte den Einheitswert für die gegenständliche Baurechtseinlage - bei einer Restlaufzeit des Baurechts zum Bewertungsstichtag von 45,3 Jahren - in Höhe von

218.500 EUR und den gemäß Abgabenänderungsgesetz 1982 um 35% erhöhten Einheitswert des Baurechts in Höhe von 294.900 EUR fest. Eine Neuberechnung des Einheitswertes habe einen Einheitswert von

220.700 EUR für die gesamte Liegenschaft ergeben, wobei dieser nach § 56 Abs. 3 BewG auf die Grundeigentümerin mit 2.200 EUR und die Bauberechtigte mit 218.500 EUR aufgeteilt werde. 4 Gegen diesen Einheitswertbescheid zum 1. Jänner 2015 erhob die Revisionswerberin Beschwerde und beantragte die Abänderung des Einheitswertes der Baurechtseinlage von 294.900 EUR auf höchstens 250.000 EUR. Begründend verwies sie darauf, dass die Grundbuchseinlage vor Kurzem verkauft worden sei, wobei der von den Vertragsteilen als angemessen angesehene Kaufpreis mit 250.000 EUR festgelegt worden sei. Da der Einheitswert nicht höher als der gemeine Wert sein könne, werde beantragt, den gemeinen Wert zugrunde zu legen.

5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das BFG die Beschwerde - nach Ergehen einer negativen Beschwerdevorentscheidung des Finanzamts und einem Vorlageantrag der Revisionswerberin - ab. Begründend führte es aus, in Übereinstimmung mit dem Vorbringen der Parteien werde angenommen, dass der im Kaufvertrag vom 27. Mai 2015 vereinbarte Kaufpreis von 250.000 EUR für das gegenständliche Baurecht fremdüblich sei und dem gemeinen Wert im Sinne des § 10 BewG entspreche. Der Kaufpreis beziehe sich dabei nur auf das Baurecht selbst sowie auf die aufgrund des Baurechtes errichteten Gebäude und sonstigen Anlagen, nicht jedoch auf den Wert des Grund und Bodens.

6 Strittig sei die Auslegung des § 53 Abs. 10 BewG 1955. Nach Ansicht des Finanzamts könne der geringere gemeine Wert nur dann zu Grunde gelegt werden, wenn dieser geringer als der nach § 53 Abs. 1 bis 9 BewG ermittelte Wert sei. Der nach dem Abgabenänderungsgesetz 1982 um 35% erhöhte Einheitswert könne wegen seines pauschalen Charakters nicht deshalb herabgesetzt werden, weil der gemeine Wert niedriger sei. Demgegenüber beziehe sich die Möglichkeit einer Herabsetzung des Einheitswertes wegen eines geringeren gemeinen Wertes nach Ansicht der Revisionswerberin auch auf den nach dem Abgabenänderungsgesetz 1982

um 35% erhöhten Einheitswert.

7 Nach dem Wortlaut des § 53 Abs. 10 BewG sei bei bebauten Grundstücken, deren gemeiner Wert geringer als der auf Grund der Bestimmungen der Abs. 1 und 9 ermittelte Wert sei, auf Antrag der gemeine Wert zugrunde zu legen. Das bedeute, dass der gemäß Abgabenänderungsgesetz 1982 um 35% erhöhte Einheitswert für einen Vergleich mit dem gemeinen Wert im Sinne des § 53 Abs. 10 BewG nicht herangezogen werden könne.

8 Mit dem Abgabenänderungsgesetz 1982 sei eine Erhöhung der Einheitswerte um 35 v.H. der zum 1. Jänner 1973 festgestellten Einheitswerte ab dem 1. Jänner 1983 normiert worden. Mit dieser generellen prozentmäßigen Erhöhung der Einheitswerte um 35 v.H. auf Basis der Einheitswerte zum Hauptfeststellungszeitpunkt 1973 habe der Gesetzgeber die Besteuerungsgrundlagen allgemein um diesen prozentuellen Wert erhöhen wollen, unabhängig davon, ob sich der tatsächliche Wert auch in jenem Ausmaß erhöht habe. 9 Die Ermittlung der Einheitswerte erfolge weiterhin nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes 1955 idF Artikel I des Bundesgesetzes vom 24. November 1972, BGBl. Nr. 447. Der Bescheid über die Erhöhung des Einheitswertes ersetze nicht den maßgebenden Einheitswertbescheid, er trete hinsichtlich des ab einem bestimmten Zeitpunkt steuerlich maßgebenden Einheitswertes (erhöhter Einheitswert) zum maßgebenden Einheitswertbescheid hinzu; er ergänze ihn. Der nicht erhöhte Einheitswert behalte auch nach den Erhöhungszeitpunkten seine Wirksamkeit für bestimmte Bereiche bei, so z.B. für sämtliche Erhöhungen innerhalb des Hauptfeststellungszeitraumes.

10 Eine § 53 Abs. 10 BewG vergleichbare Bestimmung fehle im Abgabenänderungsgesetz 1982. Die Abgabenbehörde könne daher nicht auf Antrag den gemeinen Wert als erhöhten Einheitswert feststellen, wenn der gemeine Wert zwar höher als der auf Basis der Hauptfeststellungswerte zum 1.1.1973 festgestellte Einheitswert, aber niedriger als der gemäß Abgabenänderungsgesetz 1982 pauschal um 35% erhöhte Einheitswert sei. Der Antrag auf Herabsetzung sei daher abzuweisen. 11 Die Revision ließ das BFG zu, weil Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Frage fehle, ob die Möglichkeit einer Herabsetzung des Einheitswertes wegen eines geringeren gemeines Wertes in analoger Anwendung des § 53 Abs. 10 BewG auch auf den nach dem Abgabenänderungsgesetz 1982 um 35% erhöhten Einheitswert anwendbar sei.

12 Gegen das Erkenntnis des BFG richtet sich die vorliegende ordentliche Revision.

13 Zu deren Zulässigkeit bringt die Revisionswerberin vor, es fehle Rechtsprechung zur Frage, ob die Möglichkeit einer Herabsetzung des Einheitswertes wegen eines geringeren gemeinen Wertes in analoger Anwendung von § 53 Abs. 10 BewG auch auf den gemäß Art. II Abgabenänderungsgesetz 1982 erhöhten Einheitswert anwendbar ist. Es liege auch keinesfalls ein Einzelfall vor. Folge man der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts, könne bei allen Fortschreibungen gemäß § 21 BewG durch Anwendung von Art. II des Abgabenänderungsgesetzes 1982 eine Bemessungsgrundlage entstehen, welche den gemeinen Wert im Einzelfall jeweils übersteige. 14 Darüber hinaus stelle sich die Frage, ob Art. II des Abgabenänderungsgesetzes 1982 überhaupt angewendet werden dürfe, wenn nach Verstreichen mehrerer Zeitabstände für Hauptfeststellungen (§ 20 Abs. 1 BewG) und Neuberechnung zum Bewertungsstichtag (§ 65 Abs. 1 BewG) 1. Jänner 2015 überhaupt auf diesen Erhöhungstatbestand zurückgegriffen werden dürfe. Auch zu dieser Frage liege keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs vor.

15 Die vorliegende Revision erweist sich als unzulässig.

16 Durch die von der Revisionswerberin vorgenommene

Bezeichnung der Revisionspunkte wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses gemäß § 41 VwGG gebunden ist. Danach hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht der Revisionswerberin verletzt wurde, sondern nur zu prüfen, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung diese behauptet. Der in § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG geforderten Angabe der Revisionspunkte kommt für den Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens insoweit entscheidende Bedeutung zu, als die Revisionswerberin jenes subjektive Recht herauszuheben hat, dessen behauptete Verletzung die Legitimation zur Revisionserhebung erst begründet. Wird der Revisionspunkt unmissverständlich behauptet, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich (vgl. für viele VwGH 28.6.2018, Ra 2017/19/0530, mwN).

17 Das BFG hat im angefochtenen Erkenntnis die Feststellung getroffen, dass der im Kaufvertrag über das Baurecht vereinbarte Kaufpreis von 250.000 EUR (für das Baurecht) fremdüblich sei und dem gemeinen Wert des Baurechts im Sinne des § 10 BewG entspreche. Der Kaufpreis beziehe sich dabei nur auf das Baurecht selbst samt dem aufgrund des Baurechtes errichteten Gebäude und den sonstigen Anlagen, nicht jedoch auf den Wert des Grund und Bodens (von über 8.000 m2).

18 Die Revisionswerberin erachtet sich durch das angefochtene Erkenntnis in ihrem Recht verletzt, dass der Einheitswert für das Baurecht "höchstens mit dem gemeinen Wert von 250.000 EUR" (gemeiner Wert des Baurechts) festgestellt wird. Ein solches Recht besteht jedoch nicht.

19 Die Ermittlung des Einheitswertes eines Baurechts regelt das BewG in seinem zweiten Teil. Aus § 56 Abs. 1 BewG ergibt sich, dass das BewG nicht eine Bewertung des (zivilrechtlichen) Baurechts als solches kennt. Vielmehr hat zunächst eine Einheitswertbewertung des gesamten (bebauten bzw. unbebauten) Grundstücks nach den Regelungen der §§ 53 bis 55 BewG zu erfolgen. Beträgt die Dauer des Baurechts noch zumindest 50 Jahre, ist der Gesamteinheitswert des (bebauten oder unbebauten) Grundstücks dem Bauberechtigten zuzurechnen (§ 56 Abs. 2 BewG). Beträgt die Dauer des Baurechts weniger als 50 Jahre, aber nicht weniger als fünf Jahre, ist der Gesamteinheitswert des Grundstücks nach den Regelungen des § 56 Abs. 3 und 4 BewG auf den Bauberechtigten einerseits und den Grundstückseigentümer andererseits aufzuteilen, sodass im Einheitswert des Baurechts zwingend der Wert des Grund und Bodens mitberücksichtigt wird. § 56 Abs. 5 BewG ordnet auch an, dass die zivilrechtliche Verpflichtung des Bauberechtigten zur Zahlung des Bauzinses bei der Einheitsbewertung des Baurechts nicht (wertmindernd) zu berücksichtigen ist.

20 § 53 Abs. 10 BewG sieht vor, dass anstelle des auf Grund der Bestimmungen der Abs. 1 bis 9 des § 53 BewG ermittelten Wertes der gemeine Wert des bebauten Grundstückes zugrunde zu legen ist. Insoweit kann im Rahmen der Ermittlung des Einheitswertes des Baurechts der gemeine Wert des (gesamten) bebauten Grundstückes anzusetzen und im Sinne der Bestimmungen des § 56 Abs. 3 BewG auf den Bauberechtigten und den Grundst��ckseigentümer aufzuteilen sein. Der gemeine Wert des Baurechts selbst ist aber bei der Einheitsbewertung kein Vergleichsmaßstab. Damit ist eine Verletzung in dem als Revisionspunkt geltend gemachten Recht ausgeschlossen.

21 Da die Revisionswerberin sohin im geltend gemachten Recht nicht verletzt sein konnte, erweist sich die Revision als unzulässig und war daher gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG - in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat - zurückzuweisen. Wien, am 3. September 2019

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