Normen
B-VG Art133 Abs4
VwGG §25a Abs1
VwGG §26 Abs1
VwGG §34 Abs1
VwGG §42 Abs4
32016R0679 Datenschutz-GrundV
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RO2018040023.J00
Spruch:
1. Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Bund hat dem Erstmitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
2. Der Antrag der zweitmitbeteiligten Partei auf Aufhebung des Spruchpunktes A) des angefochtenen Erkenntnisses wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Erstmitbeteiligte, ein Beamter der zweitmitbeteiligten Partei und vom Dienst freigestellter Personalvertreter, erhob am 7. März 2016 eine Beschwerde an die Datenschutzbehörde (Amtsrevisionswerberin) gemäß § 31 Abs. 2 Datenschutzgesetz 2000 (DSG 2000) wegen Verletzung des Rechts auf Geheimhaltung, weil seine Vorgesetzte die mit ihm geführte E‑Mail‑Korrespondenz vom 14. Dezember 2015 wissentlich „in cc“ an den E‑Mail‑Account der zweitmitbeteiligten Partei von drei näher genannten Personen, die zwar Mitarbeiter der zweitmitbeteiligten Partei seien, jedoch anderen Magistratsabteilungen zugeordnet seien, weitergeleitet habe. Diese drei Personen hätten weder ein dienstliches noch ein privates Verhältnis zum Erstmitbeteiligten. Es bestehe keine die Weiterleitung rechtfertigende Fach‑ und Dienstaufsicht. Vielmehr seien sie in einer anderen gewerkschaftlichen Fraktion als der Erstmitbeteiligte als Personalvertreter tätig. Die Korrespondenz betreffe nicht die Ausübung des Mandats des Erstmitbeteiligten als Personalvertreter.
2 Der übermittelte E-Mail‑Verkehr, der dienstlich erworbenes Wissen beinhaltet habe, sei der Datenanwendung der zweitmitbeteiligten Partei zuzurechnen. Bei Gehaltsansprüchen und deren Gewährung bzw. Ablehnung handle es sich um sensible und schutzwürdige Daten des Erstmitbeteiligten. Seine Vorgesetzte habe ihn als Organ der zweitmitbeteiligten Partei mit der Übermittlung ihrer E‑Mail‑Korrespondenz im Recht auf Geheimhaltung schutzwürdiger Daten verletzt.
3 Mit Bescheid vom 26. August 2016 wies die Amtsrevisionswerberin die Beschwerde des Erstmitbeteiligten gemäß § 31 Abs. 7 DSG 2000 ab.
4 Begründend führte die Amtsrevisionswerberin zusammengefasst aus, der E‑Mailverkehr sei hausintern zwischen Magistratsbediensteten mit demselben Domainnamen in der E-Mail‑Adresse und ohne Einschaltung von Personen außerhalb des Verantwortungsbereichs der zweitmitbeteiligten Partei erfolgt. Der „hausinterne“ Datenverkehr (interne elektronische Nachrichten, Einsichtsgewährung in elektronische Aktenstücke u. dgl.) zwischen einzelnen Systemnutzern und organisatorischen Einheiten, die dem Verantwortungsbereich desselben Auftraggebers zuzurechnen seien, sei als solche keine Datenübermittlung, sondern gehöre zu den (internen) Verarbeitungsvorgängen (vgl. die Begriffe Verknüpfen, Vervielfältigen, Abfragen, Aufgeben und Benützen in § 4 Z 9 DSG 2000).
Da somit keine Daten in den Verantwortungsbereich eines anderen datenschutzrechtlichen Auftraggebers gelangt seien, sei weiter zu prüfen, ob durch die Erweiterung des in den E‑Mailverkehr einbezogenen Personenkreises eine Zweckänderung bei der Datenverwendung vorgenommen worden sei.
Gegenstand des E‑Mailverkehrs seien einerseits eigene Ansprüche des Erstmitbeteiligten als Personalvertreter auf ein Diensthandy und den Ersatz von Reisekosten, andererseits bestimmte vom Erstmitbeteiligten als Personalvertreter vorgebrachte oder unterstützte Forderungen nach Dienstpostenaufwertungen und Zulagengewährungen.
Unabhängig davon, ob es sich beim Anspruch auf Reisekostenersatz gemäß § 42 Abs. 3 und 4 Wiener Personalvertretungsgesetz ‑ W‑PVG um ein subjektives Recht des einzelnen Mitglieds der Personalvertretung gegenüber der zweitmitbeteiligten Partei handle, bedinge jeder Anspruch auf Reisekostenersatz eine Tätigkeit namens und im Auftrag des jeweiligen Personalvertretungsorgans (§ 31 Abs. 8 W‑PVG), sodass dies keine Frage seiner Besoldung als Bediensteter der zweitmitbeteiligten Partei, sondern eine Frage der Personalvertretung sei. Beim Anspruch auf ein Diensthandy handle es sich jedenfalls um kein subjektives Recht des Erstmitbeteiligten.
Gemäß § 39 Abs. 2 Z 7 iVm Abs. 9 Z 1 W‑PVG bedürfe eine Änderung der Bewertung von Dienstposten der Zustimmung des Dienststellenausschusses. Ebenso falle die Frage der Gewährung einer Funktionszulage, eventuell einer Leistungszulage gemäß § 37a BO 1994, in den allgemein in § 2 Abs. 1 W‑PVG umschriebenen Aufgabenkreis der Personalvertretung, die nach Maßgabe des W‑PVG berufen sei, die beruflichen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und gesundheitlichen Interessen der Bediensteten zu wahren und zu fördern.
Gemäß § 4 Abs. 1 der Wiener Personalvertretungs‑Geschäftsordnung (W‑PVGO) vertrete der Vorsitzende, im Falle seiner Verhinderung sein Stellvertreter, den Dienststellenausschuss oder den Hauptausschuss nach außen. Diese Befugnis zur Außenvertretung bedeute, dass der Vorsitzende sowohl Erklärungen für das kollektive Personalvertretungsorgan abgebe, als auch solche entgegennehme.
Die im E-Mailverkehr erörterten Fragen hätten Angelegenheiten der Personalvertretung betroffen. Durch die Erweiterung des Adressatenkreises auf drei Mitglieder des Hauptausschusses, darunter die Vorsitzenden des Hauptausschusses und des Dienststellenausschusses, sei keine Änderung des Zwecks der Datenverwendung erfolgt. Der Zweck einer magistratsinternen Erörterung von Rechten und Anliegen der Personalvertretung sei nicht verlassen worden.
Es sei somit keine Datenübermittlung vorgenommen und daher in das Geheimhaltungsrecht des Erstmitbeteiligten nicht eingegriffen worden.
5 Der dagegen erhobenen Beschwerde des Erstmitbeteiligten gab das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgericht) mit dem angefochtenen Erkenntnis statt und änderte den Bescheid dahin ab, dass der Datenschutzbeschwerde stattgegeben und festgestellt werde, dass der Magistrat der zweitmitbeteiligten Partei den Erstmitbeteiligten in seinem Recht auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten dadurch verletzt habe, dass er eine an den Erstmitbeteiligten gerichtete E‑Mail in Kopie („CC“) an drei näher genannte Personen weitergeleitet habe (Spruchpunkt A). Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für zulässig (Spruchpunkt B).
6 Soweit für das Revisionsverfahren wesentlich traf das Verwaltungsgericht nachfolgende Feststellungen:
Der Erstmitbeteiligte sei als Personalvertreter vom Dienst freigestelltes Mitglied der Wählergruppe X und sowohl Mitglied im Dienststellenausschuss als auch im Hauptausschuss der Hauptgruppe I der zweitmitbeteiligten Partei.
Am 14. Dezember 2015 habe die Dienstvorgesetzte des Erstmitbeteiligten ihm ein E‑Mail übermittelt, das samt Vorkorrespondenz durch Verwendung der Funktion „CC“ auch an den Vorsitzenden des Hauptausschusses der Hauptgruppe I, A.A., und die beiden Mitglieder des Hauptausschusses B.B. und C.C. ergangen sei, wobei C.C. auch Vorsitzender des Dienststellenausschusses gewesen sei. A.A., B.B. und C.C. seien jeweils Mitglieder der Wählergruppe Y.
Mit dem E-Mail vom 14. Dezember 2015 habe die Vorgesetzte auf ein E‑Mail des Erstmitbeteiligten vom selben Tag geantwortet, worin der Erstmitbeteiligte wegen neuer Entwicklungen betreffend Dienstpostenaufwertungen in einem bestimmten Bereich bzw. hinsichtlich dem Stand betreffend die Funktionszulage der Außendienstmitarbeiter nachgefragt habe. Überdies habe der Erstmitbeteiligte in seinem E‑Mail Bezug genommen auf den Ersatz der Kosten für Telefon und Reisen durch den Dienstgeber, eine dazu „rechtswidrige und materiell schädigende“ Rechtsmeinung der Vorgesetzten und den Umstand, dass A.A. der Vorgesetzten die Rechtslage betreffend Diensthandy und Jahresnetzkarte für Personalvertreter erklärt habe.
Die Vorgesetzte habe in ihrem E‑Mail darauf hingewiesen, dass der Antrag für die Dienstpostenaufwertungen neuformuliert sei und im Dienststellenausschuss am 18. Dezember 2015 auf der Tagesordnung stehe. Die Funktionszulagen für diese Mitarbeiter/Innen seien noch in Ausarbeitung. Im Übrigen habe sie Bezug genommen auf ein Gespräch mit A.A. und dem Erstmitbeteiligten mitgeteilt, dass ihm ein „Standard Handy“ zur Verfügung gestellt werde und er eine Abgeltung seiner Dienstfahrten 2016 mittels Abrechnung von Fahrscheinen in Anspruch nehmen könne.
7 Rechtlich wies das Verwaltungsgericht zunächst darauf hin, dass sich zwischenzeitig die Rechtslage geändert habe. Gemäß § 69 Abs. 4 und 5 Datenschutzgesetz idF BGBl. I Nr. 24/2018 (DSG) sei die neue Rechtslage abgesehen von der Ausnahme betreffend die Regelung zur Zuständigkeit auf anhängige Verfahren vor der Amtsrevisionswerberin, vor den ordentlichen Gerichten und auf Verfahren, die sich auf Verletzungen des DSG 2000 beziehen würden, die zum Zeitpunkt des Inkraftretens des DSG noch nicht anhängig gemacht worden seien, anzuwenden. Ein Grund, weshalb der Gesetzgeber von den Übergangsbestimmungen einzig die verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht erfassen habe wollen, sei vor allem deshalb nicht ersichtlich, weil in den Übergangsbestimmungen Regelungen das anwendbare Recht im Instanzenzug der ordentlichen Gerichtsbarkeit betreffend getroffen worden seien. Der Gesetzgeber habe die neue Rechtslage auf sämtliche Sachverhalte ‑ mit Ausnahme der Zuständigkeit ‑ anwenden wollen. Daher sei dahingehend die sich ergebende Lücke betreffend Verfahren, die zum Zeitpunkt der Änderung der Rechtslage beim Bundesverwaltungsgericht anhängig gewesen seien, zu schließen. Dies gelte auf Grund der eindeutigen Anordnung in § 69 Abs. 5 DSG auch dann, wenn darüber abzusprechen sei, was zu einem bestimmten Zeitpunkt rechtens gewesen sei.
Bei dem vorliegenden E-Mail handle es sich um Informationen, die sich auf eine identifizierbare natürliche Person beziehen würden. Die elektronische Versendung personenbezogener Daten stelle eine Verwendung im Sinne der DSGVO dar. Unzweifelhaft handle die zweitmitbeteiligte Partei als Verantwortliche, weil sie als Behörde allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheide.
Die Überprüfung der Geltendmachung von Ansprüchen eines Beamten der zweitmitbeteiligten Partei durch dessen Dienstbehörde stelle einen festgelegten, eindeutigen und legitimen Zweck in Erfüllung ihrer Aufgaben dar, wie sie sich aus den Anwendungsbereichen der Dienstordnung und des Besoldungsgesetzes ergebe.
Eine ausdrückliche Einwilligung zur verfahrensgegenständlichen Verarbeitung werde vom Erstmitbeteiligten ausgeschlossen und lasse sich aus dem vorliegenden Sachverhalt nicht erkennen.
Eine die Versendung der Entscheidung über die vom Erstmitbeteiligten geltend gemachten Ansprüche an A.A., B.B. und C.C. rechtfertigende Informationspflicht der zweitmitbeteiligten Partei sei weder aus den maßgeblichen Bestimmungen der Dienstordnung noch des W‑PVG und der Besoldungsordnung abzuleiten. Lebenswichtige Interessen seien nicht betroffen. Die Datenverarbeitung sei auch weder im öffentlichen Interesse noch in Ausübung öffentlicher Gewalt, die der zweitmitbeteiligten Partei übertragen worden sei, erfolgt.
Die Bestimmungen betreffend die Verarbeitung zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen seien vorliegend nicht anzuwenden, weil dies gemäß Art. 6 Unterabsatz 1 lit. f DSGVO für von Behörden in Erfüllung ihrer Aufgaben vorgenommene Verarbeitungen ausgeschlossen sei. Die Überprüfung der Geltendmachung von Ansprüchen eines Beamten der zweitmitbeteiligten Partei durch dessen Dienstbehörde stelle eine Erfüllung ihrer Aufgaben dar, wie es sich aus dem Anwendungsbereich der Dienstordnung ergebe.
Es seien daher keine der normierten Bedingungen zur Rechtmäßigkeit der Verarbeitung erfüllt. Die Verarbeitung der Informationen betreffend die Gewährung von Fahrtkostenersatz und eines Diensthandys sei unter Missachtung eines Grundsatzes für die Verarbeitung personenbezogener Daten erfolgt. Daran vermöge auch der Umstand nichts zu ändern, dass in der elektronischen Nachricht auch andere Angelegenheiten (Änderung der Bewertung von Dienstposten) erörtert worden seien, welche gemäß § 39 W‑PVG in die Zuständigkeit des Dienststellenausschusses fallen würden, weil jedes einzelne Datum mindestens eine Bedingung des Art. 6 DSGVO zu erfüllen habe, um rechtmäßig verarbeitet worden zu sein.
8 Die Zulässigkeit der Revision begründete das Verwaltungsgericht mit fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den herangezogenen Bestimmungen der DSGVO.
9 Dagegen richtet sich die vorliegende Amtsrevision. Während der Erstmitbeteiligte in seiner Revisionsbeantwortung die kostenpflichtige Zurück‑ in eventu Abweisung der Revision beantragte, schloss sich die zweitmitbeteiligte Partei den Rechtsausführungen der Amtsrevision vollinhaltlich an und beantragte die ersatzlose Behebung des Spruchpunktes A) des angefochtenen Erkenntnisses wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts.
10 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
11 Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, sind gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist nach § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
13 Die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zur Kontrolle der Entscheidungen der Verwaltungsgerichte ist nicht nur für den Fall einer außerordentlichen Revision, sondern auch bei ordentlichen Revisionen auf die Wahrnehmung von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG begrenzt. Wird in der Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichts das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht dargestellt und auch vom Revisionswerber nicht dargelegt, dass die Entscheidung der Revision von der Beantwortung einer (anderen als der vom Verwaltungsgericht angesprochenen) Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung abhängt, so ist auch eine ordentliche Revision zurückzuweisen (vgl. etwa VwGH 8.8.2019, Ro 2019/04/0020, Rn. 11, mwN).
14 Die Zulässigkeit der Revision setzt neben einer grundsätzlichen Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG voraus, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz der Rechtsfrage für den Verfahrensausgang begründet wird (vgl. etwa VwGH 26.6.2018, Ra 2016/04/0142, mwN).
15 Mit dem bloß pauschalen Hinweis auf fehlende „Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den herangezogenen Bestimmungen der DSGVO“ legt das Verwaltungsgericht keine konkrete Rechtsfrage, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, dar.
16 Ergänzend dazu bringt die Amtsrevision zu ihrer Zulässigkeit vor, dass entgegen der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts zu § 69 DSG die DSGVO sowie das Datenschutzgesetz in der Fassung des Datenschutz‑Anpassungsgesetzes 2018, BGBl. I Nr. 120/2017, nicht auf abgeschlossene Sachverhalte, die sich ‑ wie vorliegend ‑ vor Inkrafttreten der DSGVO und des DSG ereignet hätten, anwendbar seien. Gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts, es liege nach der neuen Rechtslage eine Verletzung des Erstmitbeteiligten im Recht auf Geheimhaltung vor, wendet sich die Amtsrevision im Zulässigkeitsvorbringen nicht.
17 Mit diesem Vorbringen zeigt die Revision letztlich keine für den Verfahrensausgang relevante und somit ihre Zulässigkeit begründende Rechtsfrage auf, weil entgegen der Rechtsansicht der Amtsrevisionswerberin der vom Verwaltungsgericht festgestellte Sachverhalt rechtlich selbst im Lichte des DSG 2000 in der zum Zeitpunkt der gegenständlichen Datenübermittlung am 14. Dezember 2014 geltenden Fassung als Verletzung des Rechts des Erstmitbeteiligten auf Geheimhaltung durch die vorliegende Weiterleitung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten zu beurteilen ist. Auf die Frage der anzuwendenden Rechtslage kommt es somit im vorliegenden Fall ‑ wie im Folgenden ausgeführt ‑ nicht an.
18 Der Erstmitbeteiligte sah sich durch die unzulässige Übermittlung personenbezogener Daten durch seine Dienstvorgesetzte an drei als Personalvertreter tätige Mitarbeiter der zweitmitbeteiligten Partei in seinem Recht auf Geheimhaltung verletzt.
19 Der Begriff des „Übermittelns“ gemäß § 4 Z 12 DSG 2000 in der Fassung der DSG‑Novelle 2010, BGBl. I Nr. 133/2009,umfasst neben der Weitergabe von Daten an andere Empfänger als den Betroffenen, den Auftraggeber oder einen Dienstleister und der Veröffentlichung von Daten, die Verwendung von Daten für ein anderes Aufgabengebiet des Auftraggebers.
20 Die Weiterleitung des dienstlichen E‑Mail‑Verkehrs zwischen dem Erstmitbeteiligten und seiner Dienstvorgesetzten durch Letztere an drei Personalvertreter ist der zweitmitbeteiligten Partei als „Auftraggeberin“ iSd § 4 Z 4 DSG 2000 und zwar als Auftraggeberin des öffentlichen Bereichs iSd § 5 Abs. 2 Z 1 DSG 2000 zuzurechnen. Bei dieser behördeninternen Weitergabe an drei Personalvertreter handelt es sich etwa in Bezug auf das im E‑Mail‑Verkehr angesprochene Reisekostenersatzbegehren des Erstmitbeteiligten um die Verwendung von personenbezogenen Daten (§ 4 Z 1 und § 4 Z 8 DSG 2000) für ein im Gegensatz zur Wahrnehmung der Funktion als Dienstbehörde anderes Aufgabengebiet der zweitmitbeteiligten Partei, somit um eine Übermittlung von Daten iSd § 4 Z 12 DSG 2000.
21 Gemäß § 7 Abs. 2 DSG 2000 dürfen Daten nur übermittelt werden, wenn sie 1. aus einer von den gesetzlichen Zuständigkeiten oder rechtlichen Befugnissen des jeweiligen Auftraggebers gedeckten Datenanwendung stammen und 2. der Empfänger dem Übermittelnden seine ausreichende gesetzliche Zuständigkeit oder rechtliche Befugnis ‑ soweit diese nicht außer Zweifel steht ‑ im Hinblick auf den Übermittlungszweck glaubhaft gemacht hat und 3. durch Zweck und Inhalt der Übermittlung die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen nicht verletzt werden. Die Zulässigkeit der Datenübermittlung setzt gemäß Abs. 3 leg.cit. voraus, dass die dadurch verursachten Eingriffe in das Grundrecht auf Datenschutz nur im erforderlichen Ausmaß und mit den gelindesten zur Verfügung stehenden Mitteln erfolgen und dass die Grundsätze des § 6 leg.cit. eingehalten werden. Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen sind bei Verwendung nicht-sensibler Daten dann nicht verletzt, wenn überwiegende berechtigte Interessen des Auftraggebers oder eines Dritten die Verwendung erfordern (§ 8 Abs. 1 Z 4 DSG 2000), insbesondere wenn die Verwendung von Daten für einen Auftraggeber des öffentlichen Bereichs eine wesentliche Voraussetzung für die Wahrnehmung einer ihm gesetzlich übertragenen Aufgabe ist (§ 8 Abs. 3 Z 1 DSG 2000).
22 Zu dem im weitergeleiteten E‑Mail‑Verkehr angesprochenen Ersatz der Reisekosten des Erstmitbeteiligten als Personalvertreter bestimmt § 42 Abs. 3 Z 1 W‑PVG, dass die zweitmitbeteiligte Partei die Kosten der vom Dienst freigestellten Personalvertreterinnen und Personalvertreter ‑ wie vorliegend dem Erstmitbeteiligten ‑ für Reisen innerhalb des Gemeindesgebietes sowie zu und von Dienststellen, die außerhalb des Gemeindegebietes liegen, trägt, soweit diese Reisen für die Erfüllung ihrer Personalvertretungsaufgaben unbedingt erforderlich sind. Dass der Ersatz solcher dem Erstmitbeteiligten als Personalvertreter entstandener Reisekosten durch das jeweilige Organ der Personalvertretung für den Erstmitbeteiligten gegenüber der zweitmitbeteiligten Partei geltend zu machen ist und nicht vom Erstmitbeteiligten selbst oder die Organe der Personalvertretung in diesem Zusammenhang sonst wie einzubeziehen sind, ist dem W‑PVG nicht zu entnehmen. Diesbezüglich war die Weiterleitung des E‑Mail‑Verkehrs an die drei Personalvertreter keine wesentliche Voraussetzung für die Wahrnehmung der in § 42 Abs. 3 W‑PVG übertragenen Aufgabe der Tragung der Reisekosten des Erstmitbeteiligten durch die zweitmitbeteiligte Partei iSd § 8 Abs. 3 Z 1 DSG 2000. Sie stellt insofern eine Verletzung schutzwürdiger Geheimhaltungsinteressen des Erstmitbeteiligten dar.
23 Demnach wäre bereits deshalb entgegen der Rechtsansicht der Amtsrevisionswerberin selbst bei Anwendung des DSG 2000 der vorliegenden Datenschutzbeschwerde stattzugeben und eine Verletzung des Erstmitbeteiligten in seinem Recht auf Geheimhaltung festzustellen. Die von der Amtsrevision zu ihrer Zulässigkeit aufgezeigte Rechtsfrage im Zusammenhang mit der Übergangsbestimmung des § 69 DSG hat daher auf den Verfahrensausgang keinen Einfluss. Mangels rechtlicher Relevanz muss somit auf die Rechtsfrage des anzuwendenden Rechts unter Bedachtnahme auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu Verfahren, in denen abzusprechen ist, was zu einem bestimmten Stichtag oder in einem konkreten Zeitraum rechtens gewesen ist (vgl. VwGH 25.6.2019, Ra 2018/10/0120, Rn. 13, mwN), sowie auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) zur Auslegung des materiellen Gemeinschaftsrechts nach den Grundsätzen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes (vgl. EuGH vom 24. September 2002, Falck und Acciaierie di Bolzano/Kommission, C‑74/00 P und C‑75/00 P, https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI:EU:C:2002:524&lang=DE&format=pdf&target=CourtTab , Rn. 119, EuG vom 1. Juli 2009, ThyssenKrupp Stainless/Kommission, T‑24/07, https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI:EU:T:2009:236&lang=DE&format=pdf&target=CourtTab , Rn. 85, bzw. EuG vom 19. Juni 2015, Italien/Kommission, T‑358/11, EU:T:2015:394, Rn. 112, und die dort jeweils angeführte Rechtsprechung) in Bezug auf die Übergangsbestimmung des § 69 Abs. 4 DSG für die vorliegende Beurteilung, ob der Erstmitbeteiligte durch einen bereits vor Inkrafttreten der DSGVO und des DSG abgeschlossenen Sachverhalt in seinem Recht auf Geheimhaltung verletzt wurde, nicht weiter eingegangen werden.
24 Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B‑VG zeigt die Amtsrevision demnach nicht auf, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen war.
25 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.
26 Soweit sich die zweitmitbeteiligte Partei (als Partei des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht) in ihrer Revisionsbeantwortung der Amtsrevision vollinhaltlich anschloss und unter Berufung auf die darin vorgebrachten Revisionsgründe die ersatzlose Behebung des Spruchpunktes A) des angefochtenen Erkenntnisses beantragte, ist festzuhalten, dass dieses Erkenntnis der zweitmitbeteiligten Partei am 4. Oktober 2018 zugestellt wurde; der in der Revisionsbeantwortung vom 27. November 2018 gestellte Antrag auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung ‑ der Sache nach als Revision der zweitmitbeteiligten Partei zu verstehen ‑ ist daher verspätet, sodass dieser Antrag gemäß § 34 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen war (vgl. VwGH 13.9.2016, Ro 2016/03/0016, Rn. 24, mwN).
Wien, am 5. Juni 2020
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