Normen
ABGB §6;
VerkehrsaufschließungsabgabenG Tir 2011 §13 Abs1;
VerkehrsaufschließungsabgabenG Tir 2011 §2 Abs2;
VerkehrsaufschließungsabgabenG Tir 2011 §2 Abs3;
VerkehrsaufschließungsabgabenG Tir 2011 §7 Abs1;
VerkehrsaufschließungsabgabenG Tir 2011;
VwRallg;
ABGB §6;
VerkehrsaufschließungsabgabenG Tir 2011 §13 Abs1;
VerkehrsaufschließungsabgabenG Tir 2011 §2 Abs2;
VerkehrsaufschließungsabgabenG Tir 2011 §2 Abs3;
VerkehrsaufschließungsabgabenG Tir 2011 §7 Abs1;
VerkehrsaufschließungsabgabenG Tir 2011;
VwRallg;
Spruch:
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Die Revisionswerberin hat der Stadtgemeinde Lienz Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin ist Eigentümerin eines Grundstückes in L, das als Bauland gewidmet ist und auf dem sich als bauliche Anlage nur ein vor etwa 120 Jahren errichtetes, in der Folge zugeschüttetes, im Herbst 2015 wieder freigelegtes und mit Aufmauerungen versehenes Schwimmbad befindet.
Mit Bescheid vom 22. Oktober 2015 schrieb die Bürgermeisterin der Stadtgemeinde Lienz der Revisionswerberin als Eigentümerin einen vorgezogenen Erschließungsbeitrag in der Höhe von insgesamt EUR 3.976,32 fest und schrieb die Leistung eines ersten Teilbetrages vor.
Dagegen erhob die Revisionswerberin Beschwerde, weil es sich entgegen § 13 Abs. 1 des Tiroler Verkehrsaufschließungsabgabengesetzes - TVAG 2011, nicht um ein unbebautes Grundstück handle.
Nach weiterer Einholung eines "hochbautechnischen und raumfachlichen Gutachtens" des Amtssachverständigen der Stadtgemeinde Lienz und Einräumung von Gehör hiezu wies die belangte Behörde mit Beschwerdevorentscheidung vom 17. März 2016 die Beschwerde als unbegründet ab, worauf die Revisionswerberin die Vorlage ihrer Beschwerde an und die Entscheidung darüber durch das Landesverwaltungsgericht Tirol beantragte.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Gericht die Beschwerde als unbegründet ab und sprach aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 zulässig sei.
Unter Darstellung des Verfahrensganges traf das Gericht zunächst folgende Annahmen:
"Die (Revisionswerberin) ist Eigentümerin des Grundstückes Gp ... KG L mit einer Fläche von 608 m2, das laut Flächenwidmungsplan als Bauland-Wohngebiet gewidmet ist.
Das Grundstück mit einem um 1900 gebauten Schwimmbad aus Beton mit den Außenmaßen 6 x 11 m und einer Tiefe bis zu 2 m bebaut. Das Schwimmbecken wurde im Jahr 1995 oder 1996 zugeschüttet und im Jahr 2015 wieder freigelegt. Es soll nun - ergänzt um eine Aufmauerung an der Ostseite und von Teilen an der Nord- und Südseite mit drei Ziegelscharen - in einem neu angelegten Schwimmteich integriert werden. Auf der Grundparzelle befindet sich kein Gebäude.
Aufgrund der Zufahrtsmöglichkeit von der M.-Straße aus, gilt das Grundstück als verkehrstechnisch erschlossen und weist aufgrund seiner Dimensionierung die Voraussetzung für eine widmungsgerechte Bebauung mit einem Wohnobjekt auf.
Dieser Sachverhalt ergibt sich insbesondere aus dem im behördlichen Verfahren eingeholten Gutachten des Amtssachverständigen vom 04.02.2016 und den im Akt befindlichen Lichtbildern. Zudem wurden diese Sachverhaltsfeststellungen von der Beschwerdeführerin nicht bestritten, sondern vielmehr in ihren Eingaben ausdrücklich bestätigt."
3 In rechtlicher Hinsicht schloss das Gericht nach Zitierung aus dem TVAG 2011:
"Die Gemeinden wurden gemäß § 13 Abs. 1 TVAG 2011 ermächtigt, durch Verordnung auf unbebaute Grundstücke, die als Bauland gewidmet sind, einen vorgezogenen Erschließungsbeitrag zu erheben.
Von dieser Ermächtigung wurde mit Beschluss des Gemeinderates der Stadtgemeinde Lienz vom 27.11.2012 Gebrauch gemacht und eine Verordnung über die Einhebung eines vorgezogenen Erschließungsbeitrages erlassen. Die Höhe des Erschließungsbeitragssatzes wurde mit 5 vH des von der Tiroler Landesregierung durch Verordnung vom 13.11.2001, LGBl Nr 103/2001, für die Gemeinde Lienz mit EUR 87,21 festgelegten Erschließungskostenfaktors, das sind EUR 4,36, bestimmt.
Abgabengegenstand bei der Vorschreibung des vorgezogenen Erschließungsbeitrages sind sohin unbebaute Grundstücke, die als Bauland gewidmet sind, mit Ausnahme der im gegenständlichen Fall nicht relevanten Grundstücke nach § 13 Abs. 2 TVAG.
Gemäß der Legaldefinition in § 2 Abs. 1 zweiter Satz TVAG 2011 ist ein Grundstück eine Grundfläche, die im Grundsteuerkataster oder im Grenzkataster mit einer eigenen Nummer bezeichnet ist oder die in einem Zusammenlegungsverfahren als Grundabfindung gebildet wurde.
Es findet sich im TVAG allerdings keine Legaldefinition, was unter einem ‚unbebauten' Grundstück zu verstehen ist, ebenso nicht in der Tiroler Bauordnung. Die Sinnermittlung dieses unbestimmten Rechtsbegriffes ist daher Angelegenheit der juristischen Interpretation. Maßgebend für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der in dieser zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinneszusammenhang ergibt, in den dieser hineingestellt ist. Gegenstand der Auslegung ist dabei der Gesetzestext als Träger des in ihm niedergelegten Sinnes, um dessen Verständnis es bei der Auslegung geht; Ziel der Auslegung ist die Ermittlung des rechtlich maßgeblichen, des normativen Sinnes des Gesetzes ...
Im vorliegenden Fall ist zu klären, ob es sich - so wie die Beschwerdeführerin argumentiert - bei unbebauten Grundstücken nur um solche handelt, die mit keiner baulichen Anlage bebaut sind oder ob ein unbebautes Grundstück im Sinne des TVAG ausschließlich Grundstücke sind, die nicht mit einem Gebäude im Sinne des § 2 Abs. 3 TVAG bebaut sind.
Um zu letzterem Auslegungsergebnis zu kommen, bedürfte es einer teleologischen Reduktion des Begriffes ‚unbebautes Grundstück'.
Die Rechtsfigur der ‚teleologischen Reduktion' (oder Restriktion) verschafft der ratio legis nicht gegen einen zu engen, sondern gegen einen überschießend weiten Gesetzeswortlaut Durchsetzung. Voraussetzung ist stets der Nachweis, dass eine umschreibbare Fallgruppe von den Grundwertungen oder Zwecken des Gesetzes entgegen seinem Wortlaut gar nicht getroffen wird und dass sie sich von den eigentlich gemeinten Fallgruppen so weit unterscheidet, dass die Gleichbehandlung sachlich ungerechtfertigt und willkürlich wäre. Diese Rechtsfigur setzt jedenfalls das Vorliegen einer planwidrig überschießenden Regelung voraus und hätte dann zur Folge, dass die überschießend geregelten Fallgruppen nicht von der Regelung erfasst würden ...
Der Zweck der Vorschreibung des vorgezogenen Erschließungsbeitrages ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien. Wie in den Erläuternden Bemerkungen zur Neuschaffung des vorgezogenen Erschließungsbeitrages mit Änderung des TVAG mit LGBl Nr. 50/2011 ausgeführt, ist die Intention dieser Regelungen, für betroffene Grundeigentümer einen Anreiz zu schaffen, diese Flächen einer widmungsgemäßen Verwendung zuzuführen, womit der raumordnerischen Zielsetzung nach einer sparsamen und zweckmäßigen Nutzung des Bodens besser entsprochen werden kann, als nach der geltenden Rechtslage. Mit dem vorgezogenen Erschließungsbeitrag soll vor allem aber auch dem Umstand Rechnung getragen werden, dass der Erschließungsaufwand für die Gemeinden nicht erst mit der Bebauung der betreffenden Grundstücke zum Tragen kommt, sondern bereits im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Widmung. Das Vorliegen bzw. die rechtliche Sicherstellung der Verkehrserschließung ist nämlich auch Voraussetzung für die Zulässigkeit der Bebauung. Mit der Ermächtigung zur Erhebung des vorgezogenen Erschließungsbeitrages werden die Gemeinden somit in die Lage versetzt, die entsprechenden Einnahmen möglichst zeitnah zu den Ausgaben für die Schaffung der Verkehrsinfrastruktur zu erzielen.
Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, dass grundsätzlich nicht jede Bebauung mit einer baulichen Anlage die Vorschreibung des Erschließungsbeitrages nach sich zieht. Abgabengegenstand bei der Vorschreibung des Erschließungsbeitrages nach § 7 TAVG ist nur der Neubau eines Gebäudes oder die Änderung eines Gebäudes, durch die seine Baumasse vergrößert wird. Hinzu kommt, dass die Berechnung des vorgezogenen Erschließungsbeitrages analog zur Berechnung des Bauplatzanteiles des Erschließungsbeitrages nach § 9 Abs. 2 erster Satz geregelt ist.
§ 9 Abs. 3 TVAG stellt zudem sicher, dass fällig gewordene Teilbeträge des vorgezogenen Erschließungsbeitrages bei der Berechnung des Bauplatzanteiles des Erschließungsbeitrages zu berücksichtigen sind.
Der vorgezogene Erschließungsbeitrag ist daher nicht völlig losgelöst von der Vorschreibung des Erschließungsbeitrages für den Neubau eines Gebäudes oder die Änderung eines Gebäudes, durch die seine Baumasse vergrößert, zu sehen, sondern soll eben diese Vorschreibung im Hinblick auf den Bauplatzanteil vorwegnehmen.
Da nun aber nach den Vorschriften des 3. Abschnittes des TVAG ausschließlich die Bebauung mit einem Gebäude bzw. dessen Vergrößerung abgabenrelevant ist, liegt im Rahmen einer systematischen Interpretation daher auch der Schluss nahe, dass der Gesetzgeber mit unbebauten Grundstücken im Sinne des 4. Abschnittes des TVAG nur solche gemeint hat, die eben nicht mit einem Gebäude bebaut sind. Denn nur bei einer solchen Auslegung kann sichergestellt werden, dass die oben angeführten Ziele des Gesetzgebers auch verwirklicht werden können.
Würde man - wie die (Revisionswerberin) - davon ausgehen, dass das Vorhandensein einer sonstigen baulichen Anlage, die kein Gebäude ist, dem Grundstück die Qualifikation als ‚unbebaut' nimmt, käme es zum völlig unsachlichen und daher gleichheitswidrigen Ergebnis, dass die Abgabepflicht für den vorgezogenen Erschließungsbeitrag bei Grundstücken entfällt, die mit einer Mauer eingefriedet sind oder auf denen sich eine Stützmauer oder eben sonstige bauliche Anlage im obigen Sinne befindet. Durch die Errichtung einer noch so kleinen baulichen Anlage, die kein Gebäude darstellt, könnte die Vorschreibung des vorgezogenen Erschließungsbeitrages umgangen werden.
Es ist daher davon auszugehen, dass eine planwidrig überschießende Regelung vorliegt, die durch Vornahme einer teleologischen Reduktion dahingehend einschränkend zu lesen ist, dass unter ‚unbebauten Grundstücken' solche zu verstehen sind, die nicht mit einem Gebäude bebaut sind.
Das verfahrensgegenständliche Grundstück Gp ... KG L ist nicht mit einem Gebäude bebaut und ist daher im Sinne des TVAG als unbebautes Grundstück zu qualifizieren. Es weist eine Gesamtfläche von 608 m2 auf und ist laut Flächenwidmungsplan als Bauland-Wohngebiet gewidmet. Aufgrund der Zufahrtsmöglichkeit von der M.- Straße aus, gilt das Grundstück als verkehrstechnisch erschlossen und weist aufgrund seiner Dimensionierung die Voraussetzung für eine widmungsgerechte Bebauung mit einem Wohnobjekt auf.
Lediglich der Vollständigkeit halber ist noch ergänzend anzumerken, dass im Verfahren auch keine Hinweise auf das Vorliegen eines der in § 13 Abs. 2 TVAG 2011 normierten Ausnahmetatbestände hervorgekommen ist, und diesbezüglich im Übrigen auch von der Beschwerdeführerin kein Vorbringen erstattet wurde.
Zusammengefasst ergibt sich sohin, dass - wie von der belangten Behörde zutreffend angenommen - hinsichtlich des verfahrensgegenständlichen Gst ... KG L die Voraussetzungen für die Vorschreibung eines vorgezogenen Erschließungsbeitrages im Zeitpunkt der Erlassung der bekämpften Entscheidung gegeben waren.
Die Berechnung des vorgezogenen Erschließungsbeitrages (608 m2 x EUR 4,36 x 150 vH = EUR 3.976,32) erfolgte korrekt, ebenso die Berechnung des (auf fünf Jahre aufgeteilten) Teilbetrages von EUR 795,26. Die (Revisionswerberin) hat im Übrigen die Berechnung auch nicht bestritten."
Seinen Ausspruch über die Zulässigkeit einer Revision begründete das Gericht damit, dass bislang eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu fehle, ob unter unbebauten Grundstücken im Sinn des § 13 TVAG nur solche zu verstehen sein, die nicht mit einem Gebäude im Sinn des § 2 Abs. 3 TVAG bebaut sein.
4 In der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Revision erachtet sich die Revisionswerberin in ihrem Recht, entgegen der Bebauung ihres Grundstückes nicht mit einem vorzeitigen Erschließungsbeitrag nach § 13 Abs. 1 TVAG 2011 belastet zu werden, verletzt. Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses, in eventu dessen Abänderung im Sinne einer ersatzlosen Behebung der Vorschreibung.
5 Die belangte Behörde hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der sie die Abweisung der Revision als unbegründet unter Zuerkennung von Aufwandersatz beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
6 Die Revision sieht die Rechtswidrigkeit des angefochtenen
Erkenntnisses in der vom Gericht gewonnenen Auslegung: Schon nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch sei ein Grundstück unbebaut, das nicht bebaut sei. Bebaut sei ein Grundstück, auf dem sich ein Gebäude oder eine sonstige bauliche Anlage befinde oder errichtet worden sei. Zum selben Ergebnis gelange man unter Zuhilfenahme der Begriffsbestimmungen der Tiroler Bauordnung 2011 über "bauliche Anlagen" und "Gebäude". Beim verfahrensgegenständlichen Schwimmbecken handle es sich um eine bauliche Anlage im Sinn des § 2 Abs. 1 TVAG 2011, weshalb das Grundstück nicht "unbebaut" sei. Gerade weil der vorzeitige Erschließungskostenbeitrag als "Vorauszahlung" auf den "Erschließungsbeitrag" konstruiert sei und ein solcher bei Errichtung einer baulichen Anlage, die kein Gebäude sei, gar nicht anfallen könne, verbiete sich der vom Gericht herangezogenen Verweis auf die bezügliche Gesetzesbestimmung als Interpretationshilfe. § 13 Abs. 1 TVAG ermächtige die Gemeinden, durch Verordnung auf "unbebaute" Grundstücke einen "vorgezogenen Erschließungsbeitrag" zu erheben.
§ 13 Abs. 1 TVAG schließe nicht eine (in Wahrheit gar nicht vorhandene) Lücke zu § 7 Abs. 1 TVAG 2011, sodass nunmehr alle gewidmeten Baulandgrundstücke einen Erschließungsbeitrag zu leisten hätten, egal in welcher Art sie nunmehr bebaut seien, sei es mit einem Gebäude oder einer sonstigen baulichen Anlage.
7 Das Tiroler Verkehrsaufschließungsabgabengesetz 2011 - TVAG 2011, lautet in der Fassung seiner Wiederverlautbarung LGBl. Nr. 58/2011, soweit im Revisionsfall von Belang:
"§ 2
Begriffsbestimmungen
(1) Bauplatz ist ein Grundstück, auf dem ein Gebäude errichtet werden soll oder besteht. Grundstück ist eine Grundfläche, die im Grundsteuerkataster oder im Grenzkataster mit einer eigenen Nummer bezeichnet ist oder die in einem Zusammenlegungsverfahren als Grundabfindung gebildet wurde.
(2) Bauliche Anlagen sind mit dem Erdboden verbundene Anlagen, zu deren fachgerechten Herstellung bautechnische Kenntnisse erforderlich sind.
(3) Gebäude sind überdeckte, allseits oder überwiegend umschlossene bauliche Anlagen, die von Menschen betreten werden können und die dazu bestimmt sind, dem Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen zu dienen, soweit sie
- a) der Tiroler Bauordnung 2011 unterliegen,
- b) nach § 1 Abs. 3 lit. a oder b der Tiroler Bauordnung 2011 von deren Geltungsbereich ausgenommen sind,
c) bewilligungspflichtige Stromerzeugungsanlagen im Sinn
des § 6 des Tiroler Elektrizitätsgesetzes 2003, LGBl. Nr. 88, in der jeweils geltenden Fassung oder Teile solcher Anlagen sind oder
d) Abfallbehandlungsanlagen im Sinn des § 1 Abs. 3 lit. g der Tiroler Bauordnung 2011 sind.
(4) Nicht als Gebäude gelten:
a) Gebäude im Sinn des § 41 Abs. 2 lit. a bis d des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2011, LGBl. Nr. 56, in der jeweils geltenden Fassung im Freiland,
b) Almgebäude, Kochhütten, Feldställe und Städel in
Massivbauweise auf Sonderflächen nach § 47 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2011 oder im Freiland,
c) Folientunnels im Sinn des § 2 Abs. 17 der Tiroler Bauordnung 2011,
d) bauliche Anlagen vorübergehenden Bestandes im Sinn des
§ 46 der Tiroler Bauordnung 2011.
...
Erschließungsbeitrag
§ 7
Abgabengegenstand, Erschließungsbeitragssatz
(1) Die Gemeinden werden ermächtigt, im Fall des Neubaus eines Gebäudes oder der Änderung eines Gebäudes, durch die seine Baumasse vergrößert wird, einen Erschließungsbeitrag zu erheben. Verlieren Gebäude im Sinn des § 2 Abs. 4 oder Teile davon ihren Verwendungszweck durch bauliche Änderungen, so gilt dies als Neubau. ...
...
4. Abschnitt
Vorgezogener Erschließungsbeitrag
§ 13
Abgabengegenstand
(1) Die Gemeinden werden ermächtigt, durch Verordnung auf unbebaute Grundstücke, die als Bauland gewidmet sind, einen vorgezogenen Erschließungsbeitrag zu erheben. Bei Grundstücken, die nur teilweise als Bauland gewidmet sind, darf ein vorgezogener Erschließungsbeitrag nur hinsichtlich der als Bauland gewidmeten Teilflächen erhoben werden. In diesem Fall treten die betreffenden Teilflächen an die Stelle des Grundstückes.
(2) Kein vorgezogener Erschließungsbeitrag darf erhoben werden auf:
a) Grundstücke, für die im örtlichen Raumordnungskonzept
nach § 31 Abs. 7 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2011 festgelegt ist, dass eine Baulandumlegung erforderlich ist,
b) Grundstücke nach § 54 Abs. 7 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2011,
c) Grundstücke, die unmittelbar an ein bebautes, als
Bauland gewidmetes Grundstück
desselben Eigentümers, das aufgrund der vermessungsrechtlichen Vorschriften vor dem Inkrafttreten des Vermessungsgesetzes, BGBl. Nr. 306/1968, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl. I Nr. 100/2008, gebildet worden ist, angrenzen, wenn auf sie die Mindestabstandsflächen nach § 6 Abs. 1 lit. a bis d der Tiroler Bauordnung 2011 fallen.
(3) Die Erhebung des vorgezogenen Erschließungsbeitrages erfolgt auf der Grundlage des nach § 7 Abs. 3 festgelegten Erschließungsbeitragssatzes."
8 Der 4. Abschnitt des TVAG (§§ 13 ff TVAG) ist diesem Gesetz mit Novelle LGBl. Nr. 50/2011 angefügt worden; die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage dieser Novelle, GZ 121/11 des Tiroler Landtages, führen, soweit für den Revisionsfall von Relevanz, aus:
"I. Allgemeines
A.
...
3. Neu ist der nunmehrige 4. Abschnitt über den vorgezogenen Erschließungsbeitrag. Den neuen Regelungen liegt der diesbezügliche Grundsatzbeschluss der Landesregierung vom 14. Dezember 2010 zugrunde. Danach sollen die Gemeinden ermächtigt werden, auf unbebaute Grundflächen, die als Bauland gewidmet sind, einen vorgezogenen Erschließungsbeitrag zu erheben, der dem Bauplatzanteil nach § 9 Abs. 2 dieses Gesetzes entspricht. Mit der Verpflichtung zur Entrichtung des vorgezogenen Erschließungsbeitrages für unbebaute Baugrundstücke soll für die davon betroffenen Grundeigentümer ein Anreiz geschaffen werden, diese Flächen einer widmungsgemäßen Verwendung zuzuführen, womit der raumordnerischen Zielsetzung nach einer sparsamen und zweckmäßigen Nutzung des Bodens besser als nach der geltenden Rechtslage entsprochen werden kann. In diesem Sinn soll auch für bereits bestehendes Bauland ein vorgezogener Erschließungsbeitrag erhoben werden.
Mit dem vorgezogenen Erschließungsbeitrag soll vor allem aber auch dem Umstand Rechnung getragen werden, dass der Erschließungsaufwand für die Gemeinden nicht erst mit der Bebauung der betreffenden Grundstücke zum Tragen kommt, sondern bereits im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Widmung. Das Vorliegen bzw. die rechtliche Sicherstellung der Verkehrserschließung ist nämlich auch Voraussetzung für die Zulässigkeit der Bebauung.
Mit der Ermächtigung zur Erhebung des vorgezogenen Erschließungsbeitrages werden die Gemeinden somit in die Lage versetzt, die entsprechenden Einnahmen möglichst zeitnah zu den Ausgaben für die Schaffung der Verkehrsinfrastruktur zu erzielen."
Weiters führen die Erläuternden Bemerkungen zu § 13 (Abgabengegenstand) im Besonderen aus:
"Mit dieser Bestimmung wird der Abgabengegenstand geregelt. Abgabengegenstand sind Grundstücke oder Teile von Grundstücken, die eine Widmung als Bauland aufweisen und die noch nicht bebaut sind. Das Entstehen des Abgabenanspruches knüpft somit an die Widmung als Bauland an (Abs. 1)."
9 § 13 Abs. 1 TVAG 2011 ermächtigt die Gemeinden, durch Verordnung auf "unbebaute Grundstücke", die als Bauland gewidmet sind, einen vorgezogenen Erschließungsbeitrag zu erheben.
§ 7 TVAG 2011 setzt für die Erhebung eines (allgemeinen) Erschließungsbeitrages den Neubau eines Gebäudes oder die Vergrößerung der Baumasse eines Gebäudes voraus.
Unbestritten ist, dass es sich beim verfahrensgegenständlichen Schwimmbad um eine bauliche Anlage handelt; fraglich ist, ob mit dem Vorhandensein (oder der Wiederherstellung) dieser baulichen Anlage das Grundstück noch "unbebaut" im Sinn des § 13 Abs. 1 TVAG ist.
10 Knüpft der Gesetzgeber an Begriffe an, die in anderen Rechtsvorschriften verwendet werden, so liegt es nahe diese in der Bedeutung zugrunde zu legen, die ihnen nach der Vorschrift, an die angeknüpft wurde, zukommt. Es besteht in einem solchen Fall mangels konkreter Anhaltspunkte für einen gegenteiligen gesetzgeberischen Willen kein Anlass, von der im Baurecht geprägten Bedeutung der Begriffe abzugehen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 10. Dezember 2008, 2005/17/0093 = Slg. 8396/F). Das TVAG 2011 enthält weder in seinem § 13 noch an anderer Stelle die Bestimmung des Begriffs "unbebaut". Insbesondere in seinem § 2 enthält es die Definitionen von "baulichen Anlagen" als mit dem Erdboden verbundene Anlagen, zu deren fachgerechten Herstellung bautechnische Kenntnisse erforderlich sind, und von "Gebäuden" als besondere bauliche Anlagen.
Gleichermaßen definiert § 2 Abs. 1 der Tiroler Bauordnung 2011, LGBl. Nr. 57, den Begriff der baulichen Anlagen und definiert in seinem § 2 Abs. 2 Gebäude als besondere bauliche Anlagen. Eine allgemein gebräuchliche Bedeutung des Wortes "unbebaut" im Sinne von "ohne jegliche bauliche Anlage" oder nur von "ohne Gebäude" ist nicht erkennbar.
11 In seinem Erkenntnis vom 23. Mai 2001, 2000/06/0063, etwa trat der Verwaltungsgerichtshof der Auffassung der damals belangten Behörde bei, dass unter Bedachtnahme auf den Regelungsgehalt des § 14 des Steiermärkischen Baugesetzes 1995 der Begriff "unbebaut" auf Gebäude und nicht auf jegliche (gegenwärtig oder nach früheren Bestimmungen bewilligungs- oder anzeigepflichtige) bauliche Anlagen schlechthin zu beziehen sei.
12 Wie bereits betont, entbehren sowohl das TVAG 2011 als auch die TBO 2011 einer Bestimmung des Begriffes "unbebaut". Nach den wiedergegebenen Erläuternden Bemerkungen soll mit dem vorgezogenen Erschließungsbeitrag vor allem dem Umstand Rechnung getragen werden, dass der Erschließungsaufwand für die Gemeinden nicht erst mit der Bebauung der betreffenden Grundstücke zum Tragen komme, sondern bereits in unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Widmung. Mit den §§ 13 ff TVAG 2011 sollten daher die Gemeinden in die Lage versetzt werden, einen vorgezogenen Erschließungsbeitrag einzuheben, bevor die Voraussetzungen nach § 7 Abs. 1 erfüllt sind. Demgemäß stellen die zitierenden Erläuternden Bemerkungen zu § 13 TVAG 2011 klar, dass das Entstehen des Abgabenanspruches schon an die Widmung als Bauland anknüpfe.
13 Genau dieser Intention widerspräche es jedoch, wenn dem Begriff "unbebaut" die Bedeutung beigemessen würde, dass keinerlei bauliche Anlage im Sinn des § 2 Abs. 2 TVAG 2011 vorhanden sein dürfe, weil, die Errichtung einer bloßen baulichen Anlage vorausgesetzt, die nicht die Eigenschaft eines Gebäudes im Sinn des § 2 Abs. 3 TVAG 2011 erfüllt, die Pattstellung entstünde, dass weder die Vorschreibung eines Erschließungsbeitrages nach § 7 noch eine solche eines vorgezogenen Erschließungsbeitrages nach § 13 TVAG möglich wäre.
Vor dem Hintergrund der wiedergegebenen Erläuternden Bemerkungen ist daher der Begriff "unbebaut" im Sinn des § 13 Abs. 1 TVAG in Abgrenzung zu § 7 TVAG dahingehend auszulegen, dass auf dem betreffenden Grundstück kein Gebäude errichtet ist, mag auch eine sonstige bauliche Anlage gegeben sein.
14 Damit maß das Landesverwaltungsgericht Tirol dem verfahrensgegenständlichen Grundstück zutreffend die Eigenschaft als "unbebaut" zu.
15 Die vorliegende Revision ist daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
16 Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 28. Februar 2017
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