VwGH Ro 2017/13/0001

VwGHRo 2017/13/000120.2.2019

EStG 1988 §29 Z1
LiebhabereiV 1993 §1 Abs1
LiebhabereiV 1993 §2 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RO2017130001.J00

 

Spruch:

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und Senatspräsident Dr. Nowakowski sowie die Hofräte MMag. Maislinger und Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision des Finanzamtes Waldviertel in 3500 Krems an der Donau, Rechte Kremszeile 58, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 19. Oktober 2016, Zl. RV/7103981/2016, betreffend u.a. Einkommensteuer für die Kalenderjahre 2004 bis 2010 (mitbeteiligte Partei: H in R, vertreten durch die Neumayer, Walter & Haslinger Rechtsanwälte-Partnerschaft in 1030 Wien, Baumannstraße 9/11), zu Recht erkannt:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Zur Vorgeschichte des Revisionsfalls ist zunächst auf das Erkenntnis vom 29. Juni 2016, 2013/15/0307 (in der Folge: Vorerkenntnis), zu verweisen.

2 Der Mitbeteiligte bezog im Jahr 2001 neben Einkünften aus Gewerbebetrieb (3.170 EUR) nichtselbständige Einkünfte als Angestellter einer Versicherungsgesellschaft von 112.942 EUR. In diesem Jahr schloss er mit Wirksamkeit vom 31. Dezember 2001 ein fremdfinanziertes Rentenversicherungsmodell (sogenannte "Sicherheits-Kompakt-Pension" oder auch "Schnee-Modell" genannt) ab, das sich aus folgenden Komponenten zusammensetzte:

 

22 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

23 Das Finanzamt führt in der Revision aus, der Mitbeteiligte habe von der Optionsmöglichkeit gemäß § 124b Z 82 EStG 1988 nicht Gebrauch gemacht, weshalb "ab dem Jahr 2004 (nach Ablauf der Optionsfrist gemäß § 124b Z 82 EStG 1988) aufgrund der Unmöglichkeit einer steuerfreien Rentenabfindung, nicht mehr von einer relevanten Unsicherheit über die in ferner Zukunft liegende mögliche Steuerpflicht nach § 29 Z 1 EStG ausgegangen werden kann". Die Berücksichtigung der Werbungskostenüberschüsse in den Jahren 2004 bis 2010 sei nach Ansicht des Finanzamtes aber wegen Vorliegens von Liebhaberei rechtswidrig.

24 Zur Begründung, es liege Liebhaberei vor, verweist das Finanzamt auf die vorliegende Prognoserechnung, laut der das gegenständliche Versicherungsmodell innerhalb der statistischen Lebenserwartung des Mitbeteiligten zu einem Werbungskostenüberschuss führe. Die Liebhabereiprüfung habe stets nach den Verhältnissen des sich Betätigenden zu erfolgen. Eine subjektübergreifende Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit sei im Rahmen der Liebhabereibeurteilung nicht geboten. Der Abschluss der Rentenversicherung, deren Einkunftsquelleneigenschaft zu beurteilen sei, führe beim Mitbeteiligten nur zu Verlusten. Gewinne, die nach dem Übergang der Einkunftsquelle auf seine Ehefrau dieser zuzurechnen seien, könnten den Verlusten des Mitbeteiligten keine steuerliche Relevanz verleihen, selbst wenn nach den Maßstäben der Liebhabereibeurteilung insgesamt (verteilt auf den Mitbeteiligten und seine Ehefrau) ein Gesamtüberschuss erzielt werde. Da innerhalb der statistischen Lebenserwartung des Mitbeteiligten kein Gesamtüberschuss erzielt werde, könne in Bezug auf ihn nicht von einer Einkunftsquelle ausgegangen werden.

25 Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 19. März 2013, 2010/15/0141, VwSlg 8797/F, u.a. ausgesprochen, dass ein Rentenvertrag genauso wenig ein Wirtschaftsgut ist, das sich nach der Verkehrsauffassung in einem besonderen Maß für eine Nutzung im Rahmen der Lebensführung eignet, wie ein Sparbuch oder ein Bargeldbetrag. Ein Rentenstammrecht gehört nicht zu den Wirtschaftsgütern, die typischerweise für die Freizeitbeschäftigung oder Sportausübung Verwendung finden bzw. einem Repräsentations- oder ähnlichem Bedürfnis entsprechen. Es kann auch keine Rede davon sein, dass das Abschließen eines Rentenvertrages oder die Bezahlung der Prämien eine Tätigkeit wäre, die typischerweise auf eine besondere in der Lebensführung begründete Neigung zurückzuführen ist.

26 Der unabhängige Finanzsenat ist - unter Bezugnahme auf die Ausführungen im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. März 2013 - bereits in der dem Vorerkenntnis zugrundeliegenden Berufungsentscheidung zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei der gegenständlich zu beurteilenden Tätigkeit um eine solche mit Einkunftsquellencharakter (§ 1 Abs. 1 L-VO) handelt. Er ging auch zutreffend davon aus, dass im Rahmen der auf Grund des § 2 Abs. 1 L-VO anzustellenden Kriterienprüfung dem Alter des Steuerpflichtigen keine Bedeutung zukommt (vgl. idS z. B. VwGH 28.2.2002, 96/15/0219, VwSlg 7687/F, und VwGH 22.3.2006, 2002/13/0158; weiters Renner in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20, § 2 Tz 403/1, mwN). Schon im ersten der zitierten Erkenntnisse ging es um das vom Verwaltungsgerichtshof verworfene Argument, ein Gesamtgewinn werde erst in einem Zeitraum anfallen, "der angesichts des Lebensalters des Beschwerdeführers jenseits dessen statistischer Lebenserwartung liege".

27 Die Revision erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

28 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 20

14.

Wien, am 20. Februar 2019

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