VwGH Ro 2016/13/0014

VwGHRo 2016/13/001418.10.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, MMag. Maislinger und Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des Finanzamtes Neunkirchen Wiener Neustadt in 2700 Wiener Neustadt, Grazer Straße 95, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 28. Jänner 2016, Zl. RV/7102306/2010, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2007 (mitbeteiligte Partei: G in M, vertreten durch die Ludwig & Partner Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs GmbH in 1010 Wien, Schreyvogelgasse 2/4), zu Recht erkannt:

Normen

DBAbk Slowakei 1995 Art10 Abs4;
DBAbk Slowakei 1995 Art13 Abs2;
DBAbk Slowakei 1995 Art13 Abs4;
DBAbk Slowakei 1995 Art3 Abs2;
DBAbk Slowakei 1995 Art7;
EStG 1988 §2 Abs4;

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Der in Österreich ansässige Mitbeteiligte und seine Ehefrau waren zu je 50% Gesellschafter einer österreichischen GmbH, die keine operative Tätigkeit, sondern nur geschäftsleitende Funktionen ausübte. Mit Notariatsakt vom 31. Dezember 2007 brachten sie ihre Geschäftsanteile an dieser GmbH ohne Gegenleistung als Sacheinlage in eine slowakische Gesellschaft ein. An dieser Gesellschaft, von der unstrittig ist, dass sie vom Typus her einer österreichischen GmbH & Co KG entsprach und in Bratislava unter Einsatz von Betriebsräumlichkeiten und Arbeitskräften eine betriebliche Tätigkeit in der Werbebranche entfaltete, waren der Mitbeteiligte und seine Frau als Kommanditisten beteiligt. Komplementärin war eine slowakische Kapitalgesellschaft, deren Anteile der Mitbeteiligte und seine Frau hielten.

2 Streitpunkt des Verfahrens ist, ob die Sacheinlage der GmbH-Beteiligung im Sinne des § 31 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 in der für das Jahr 2007 noch maßgeblichen Fassung ein Umstand war, der hinsichtlich der Beteiligung zum Verlust des Besteuerungsrechtes der Republik Österreich im Verhältnis zu anderen Staaten führte. Der Mitbeteiligte machte dies geltend und beantragte die Nichtfestsetzung der Steuerschuld bis zur tatsächlichen Veräußerung der Beteiligung im Sinne der zitierten Bestimmung. Er vertrat dabei den Standpunkt, die übertragene Beteiligung sei auf Grund ihrer näher dargestellten Bedeutung für den Betrieb notwendiges Betriebsvermögen der slowakischen Personengesellschaft.

3 In der Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007, in dem das Finanzamt diesem Antrag nicht entsprach, und im daran anschließenden Verfahren machte der Mitbeteiligte hilfsweise auch geltend, bei Verneinung notwendigen Betriebsvermögens sei die übertragene Beteiligung gewillkürtes Betriebsvermögen der slowakischen Personengesellschaft. Darüber hinaus werde im Schrifttum und vom BFH aber auch die Auffassung vertreten, dass das Vermögen der Personengesellschaft - sofern nicht notwendiges Privatvermögen vorliege, was hier nicht der Fall sei - schon wegen der Maßgeblichkeit der Unternehmensbilanz Betriebsvermögen sei. Die Gesellschaft habe zivilrechtliches und auch wirtschaftliches Eigentum an der Beteiligung erlangt. Sie habe ihre Stimmrechte ausgeübt, und die Gewinnausschüttungen seien ihr nachweislich zugeflossen. Für das wirtschaftliche Eigentum komme es auf die Ausübung der positiven und negativen Eigentümerbefugnisse und nicht auf einen funktionalen Zusammenhang an.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der von ihm als Beschwerde zu behandelnden Berufung Folge. Begründend legte es dar, zwischen den Streitteilen bestehe Übereinstimmung darin, dass die allein strittige Frage nach dem Verlust des Besteuerungsrechtes der Republik Österreich gemäß dem im Verhältnis zur Slowakei maßgeblichen Doppelbesteuerungsabkommen zu bejahen sei, wenn die Gesellschaftsanteile an der österreichischen GmbH "der slowakischen Gesellschaft zuzurechnen" seien.

5 Die slowakische Personengesellschaft sei sowohl zivilrechtlich als auch wirtschaftlich Eigentümerin der Beteiligung geworden. Den Behauptungen über eine Förderung ihres Betriebszwecks durch die Beteiligung sei nicht zu folgen, sodass die Beteiligung nicht dem notwendigen Betriebsvermögen zuzurechnen sei. Sie zähle aber zum gewillkürten Betriebsvermögen der rechnungslegungspflichtigen Gesellschaft. Die dafür nur erforderliche Voraussetzung einer Eignung, dem Betrieb in irgendeiner Weise - etwa durch ein betriebliches Interesse an einer fundierten Kapitalausstattung - förderlich zu sein, sei erfüllt.

6 Auch das Finanzamt habe keine konkreten Einwendungen "gegen die Zulässigkeit von gewillkürtem Betriebsvermögen" vorgebracht. Es habe ins Treffen geführt, nach den Prinzipien zur Auslegung des OECD-Musterabkommens durch den Authorized OECD Approach (AOA) sei eine Beteiligung einer Betriebsstätte einer Personengesellschaft nur zuzurechnen, wenn sie für diese von tatsächlich-funktionaler Bedeutung sei, und diese Voraussetzung sei erfüllt, wenn die Beteiligung zum notwendigen Betriebsvermögen zähle.

7 Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes betreffe diese "Regelung" die Zuordnung von Wirtschaftsgütern zu Betriebsstätten eines Unternehmens in mehreren Staaten, bei der eine Orientierung am zivilrechtlichen Eigentum ausscheide. Auf den vorliegenden Sachverhalt treffe dies nicht zu, "sodass sich das Erfordernis der tatsächlich-funktionalen Bedeutung der Beteiligung (...) bzw. der Eigenschaft als notwendiges Betriebsvermögen" aus dem AOA "nicht ableiten" lasse.

8 Eine Revision erklärte das Bundesfinanzgericht im Hinblick auf das Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der strittigen Auslegungsfrage für zulässig.

9 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision des Finanzamtes, zu der der Mitbeteiligte keine Revisionsbeantwortung erstattet hat.

10 In der Revision wird zu deren Zulässigkeit ausgeführt, es fehle an Rechtsprechung dazu, "ob die Übertragung von Gesellschaftsanteilen in das bloß gewillkürte Betriebsvermögen einer (slowakischen) Mitunternehmerschaft geeignet ist, einen solchen Umstand darzustellen, der (...) zum Verlust des Besteuerungsrechtes der Republik Österreich führt".

11 In den Revisionsgründen macht das Finanzamt geltend, das Bundesfinanzgericht sei zu Unrecht von einem Verlust des Besteuerungsrechts Österreichs ausgegangen. Es sei unstrittig, dass die GmbH-Anteile auf die slowakische Personengesellschaft übertragen worden seien und diese in Bratislava über eine Betriebsstätte im Sinne des Art. 5 DBA-Slowakei (des im Verhältnis zur Slowakischen Republik weiter anzuwendenden Abkommens mit der CSSR) verfüge. Dabei handle es sich aus österreichischer Sicht um eine Betriebsstätte, die den Gesellschaftern der Personengesellschaft als Mitunternehmern anteilig zuzuordnen sei. Gewinne aus der Veräußerung beweglichen Vermögens, das Betriebsvermögen einer slowakischen Betriebsstätte der in Österreich ansässigen Mitunternehmer sei, dürften gemäß dem im Verhältnis zur Slowakei maßgeblichen Doppelbesteuerungsabkommen in der Slowakei besteuert werden und seien nach diesem Abkommen daher unter Progressionsvorbehalt von der Besteuerung auszunehmen.

12 Eine "abkommensrechtliche Zuordnung der übertragenen Kapitalbeteiligung auf diese slowakische Betriebsstätte" setze jedoch einen funktionalen Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit in dieser Betriebsstätte voraus, der "nur" möglich sei, wenn die Beteiligung zum "notwendigen Betriebsvermögen" zähle. Es sei nicht ausreichend, sie "als gewillkürtes Betriebsvermögen" in die Bücher der ausländischen Personengesellschaft aufzunehmen. Dies gelte nicht nur dann, wenn die Gesellschaft Betriebsstätten in mehreren Staaten habe.

 

13 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

14 Art. 3, 7, 10, 13 und 23 des am 7. März 1978 mit der CSSR abgeschlossenen und auf Grund eines Notenwechsels, BGBl. Nr. 1046/1994, im Verhältnis zur Slowakischen Republik weiter anzuwendenden Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, BGBl. Nr. 34/1979 (DBA-Slowakei), lauten auszugsweise:

"Artikel 3

Allgemeine Definitionen

(...)

(2) Bei Anwendung dieses Abkommens durch einen Vertragsstaat hat, wenn der Zusammenhang nichts anderes erfordert, jeder nicht anders definierte Ausdruck die Bedeutung, die ihm nach dem Recht dieses Staates über die Steuern zukommt, welche Gegenstand dieses Abkommens sind.

Artikel 7

Unternehmensgewinne

(1) Gewinne eines Unternehmens eines Vertragsstaates dürfen nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, das Unternehmen übt seine Tätigkeit im anderen Vertragsstaat durch eine dort gelegene Betriebstätte aus. Übt das Unternehmen seine Tätigkeit auf diese Weise aus, so dürfen die Gewinne des Unternehmens im anderen Staat besteuert werden, jedoch nur insoweit, als sie dieser Betriebstätte zugerechnet werden können.

(2) Übt ein Unternehmen eines Vertragsstaates seine Tätigkeit im anderen Vertragsstaat durch eine dort gelegene Betriebstätte aus, so werden vorbehaltlich des Absatzes 3 in jedem Vertragsstaat dieser Betriebstätte die Gewinne zugerechnet, die sie hätte erzielen können, wenn sie eine gleiche oder ähnliche Tätigkeit unter gleichen oder ähnlichen Bedingungen als selbständiges Unternehmen ausgeübt hätte und im Verkehr mit dem Unternehmen, dessen Betriebstätte sie ist, völlig unabhängig gewesen wäre.

(...)

(7) Gehören zu den Gewinnen Einkünfte, die in anderen Artikeln dieses Abkommens behandelt werden, so werden die Bestimmungen jener Artikel durch die Bestimmungen dieses Artikels nicht berührt.

(...)

Artikel 10

Dividenden

(1) Dividenden, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Gesellschaft an eine in dem anderen Vertragsstaat ansässige Person zahlt, dürfen in dem anderen Staat besteuert werden.

(2) Diese Dividenden dürfen jedoch in dem Vertragsstaat, in dem die die Dividenden zahlende Gesellschaft ansässig ist, nach dem Recht dieses Staates besteuert werden; die Steuer darf aber 10 vom Hundert des Bruttobetrages der Dividenden nicht übersteigen.

(...)

(4) Die Absätze 1 und 2 sind nicht anzuwenden, wenn der in einem Vertragsstaat ansässige Empfänger der Dividenden im anderen Vertragsstaat, in dem die die Dividenden zahlende Gesellschaft ansässig ist, eine gewerbliche Tätigkeit durch eine dort gelegene Betriebstätte oder eine selbständige Arbeit durch eine dort gelegene feste Einrichtung ausübt und die Beteiligung, für die die Dividenden gezahlt werden, tatsächlich zu dieser Betriebstätte oder festen Einrichtung gehört. In diesem Fall ist Artikel 7 beziehungsweise Artikel 14 anzuwenden.

(...)

Artikel 13

Gewinne aus der Veräußerung von Vermögen

(1) Gewinne, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus der Veräußerung unbeweglichen Vermögens im Sinne des Artikels 6 bezieht, das im anderen Vertragsstaat liegt, dürfen im anderen Staat besteuert werden.

(2) Gewinne aus der Veräußerung beweglichen Vermögens, das Betriebsvermögen einer Betriebstätte ist, die ein Unternehmen eines Vertragsstaats im anderen Vertragsstaat hat, oder das zu einer festen Einrichtung gehört, die einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person für die Ausübung einer selbständigen Arbeit im anderen Vertragsstaat zur Verfügung steht, einschließlich derartiger Gewinne, die bei der Veräußerung einer solchen Betriebstätte (allein oder mit dem übrigen Unternehmen) oder einer solchen festen Einrichtung erzielt werden, dürfen im anderen Staat besteuert werden.

(...)

(4) Gewinne aus der Veräußerung des in den Absätzen 1, 2 und 3 nicht genannten Vermögens dürfen nur in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem der Veräußerer ansässig ist.

Artikel 23

Vermeidung der Doppelbesteuerung

(1) (...)

(2) Bei einer in der Republik Österreich ansässigen Person wird die Steuer wie folgt festgesetzt:

a) Bezieht eine in der Republik Österreich ansässige Person

Einkünfte oder hat sie Vermögen und dürfen diese Einkünfte oder dieses Vermögen nach diesem Abkommen in der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik besteuert werden, so nimmt die Republik Österreich, vorbehaltlich der lit. b diese Einkünfte oder dieses Vermögen von der Besteuerung aus; die Republik Österreich darf aber bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen oder das übrige Vermögen dieser Person den Steuersatz anwenden, der anzuwenden wäre, wenn die betreffenden Einkünfte oder das betreffende Vermögen nicht von der Besteuerung ausgenommen wären.

b) Bezieht eine in der Republik Österreich ansässige Person

Einkünfte, die nach den Artikeln 10 oder 12 in der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik besteuert werden dürfen, so rechnet die Republik Österreich auf die vom Einkommen dieser Person zu erhebende Steuer den Betrag an, der der in der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik gezahlten Steuer entspricht. Der anzurechnende Betrag darf jedoch den Teil der vor der Anrechnung ermittelten Steuer nicht übersteigen, der auf die Einkünfte entfällt, die aus der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik bezogen werden."

15 Im vorliegenden Fall ist nur strittig, ob die Sacheinlage der Beteiligung dazu führte, dass deren Nutzung der Betriebsstätte in Bratislava im Sinne des Art. 7 Abs. 1 und 2 DBA-Slowakei "zugerechnet werden" konnte und sie damit auch im Sinne des Art. 13 Abs. 2 des Abkommens "Betriebsvermögen einer Betriebsstätte" in Bratislava wurde. Traf dies zu, so bedeutete es in Verbindung mit dem auch in der Revision in diesem Zusammenhang erwähnten Art. 23 Abs. 2 lit. a des Abkommens den vom Bundesfinanzgericht angenommenen Verlust des Besteuerungsrechts Österreichs.

16 Die für solche Zurechnungen entwickelten funktionalen und zum Teil fiktiven Maßstäbe (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 20. Oktober 2009, 2006/13/0116, und vom 4. September 2014, 2012/15/0226) berücksichtigen den vom Bundesfinanzgericht der Sache nach ins Treffen geführten Umstand, dass bei mehreren Betriebsstätten eines Unternehmens nicht an reale Rechtsbeziehungen zwischen ihnen und zum Stammhaus angeknüpft werden kann. Nach dem Zusammenhang der Abkommensbestimmungen (vgl. Art. 3 Abs. 2 DBA-Slowakei) sind funktionale Zurechnungskriterien - entgegen der Ansicht des Bundesfinanzgerichtes - aber auch von Bedeutung, wenn inländische Mitunternehmer nur eine (ausländische) Betriebsstätte haben.

17 Maßgeblich ist dafür der sachliche Zusammenhang zwischen Art. 7 Abs. 1 und 2 DBA-Slowakei (Unternehmensgewinne), Art. 13 Abs. 2 DBA-Slowakei (Gewinne aus der Veräußerung beweglichen Vermögens) und systematisch - bei Beteiligungen an Kapitalgesellschaften - auch Art. 10 Abs. 4 DBA-Slowakei, wonach nur die "tatsächliche" Zugehörigkeit der Beteiligung zur Betriebsstätte eine Besteuerung der Dividenden nach Art. 7 ermöglicht. Das Abkommen regelt das Besteuerungsrecht für Veräußerungsgewinne parallel zur Verteilung der Besteuerungsrechte für die laufenden Einkünfte (vgl. Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Art. 13 MA Rz 72 und 77a), woran das Fehlen des Wortes "tatsächlich" in Art. 7 und Art. 13 nichts ändert (vgl. in diesem Sinn Wassermeyer, a.a.O., Rz 77a und Rz 81; für die Zukunft auch Kaeser in Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Art. 7 MA (2010) Rz 405 und 798 ff, m.w.N.). Die "tatsächliche" Zugehörigkeit der Beteiligung ist auch Voraussetzung für eine Zuordnung des Veräußerungserlöses zur Betriebsstätte.

18 Auch in einem Fall wie dem vorliegenden kann es daher nicht genügen, wenn die Beteiligung in den Büchern der nur in der Slowakischen Republik betrieblich tätigen Gesellschaft als deren Vermögen aufscheint, und zwar auch dann nicht, wenn dies - bei der abkommensrechtlich gebotenen Betrachtung aus österreichischer Sicht - nicht auf freier Entscheidung, sondern wie vom Mitbeteiligten vorgebracht auf unternehmensrechtlichen Vorgaben in Verbindung mit der Maßgeblichkeit der Unternehmensbilanz beruht. An einem funktionalen Zusammenhang, auf den sich die Annahme der tatsächlichen Zugehörigkeit gründen ließe, kann es auch fehlen, wenn in diesem Sinn "notwendiges" Betriebsvermögen vorliegt.

19 In einem solchen Fall führt auch die Anordnung des österreichischen Gesetzgebers, wonach alle Einkünfte einer gewerblich tätigen Personengesellschaft als gewerbliche Einkünfte gelten, zu keinem anderen Ergebnis. Diese früher in § 1 Abs. 2 Z 1 GewStG und jetzt in § 2 Abs. 4 EStG 1988 verankerte Fiktion schlägt nicht - im Wege der Art. 3 Abs. 2 des Abkommens - auf das Abkommensrecht durch (vgl. zu § 15 Abs. 3 Nr. 1 dEStG Wassermeyer, a.a.O., Art. 7 MA Rz 43, 86 sowie - mit Argumenten, die sich nicht nur auf § 15 Abs. 3 Nr. 2 dEStG beziehen - die Urteile des BFH vom 28. April 2010, I R 81/09, und vom 4. Mai 2011, II R 51/09; aus österreichischer Sicht allgemein Fuchs in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer - Kommentar, § 2 EStG 1988 Tz 39; zum Erfordernis tatsächlicher Zugehörigkeit bei Beteiligungen im Gesamthandvermögen einer betrieblich tätigen Personengesellschaft auch Kaeser/Wassermeyer in Wassermeyer, a.a.O., Art. 10 MA Rz 157 und 162 ff; Wassermeyer, a.a.O., Art. 13 MA Rz 77a a. E.).

20 Das Bundesfinanzgericht hat die Bedeutung der für die Abgrenzung der Anwendungsbereiche der Art. 7, 10 Abs. 4 und 13 Abs. 2 des Abkommens einerseits und Art. 13 Abs. 4 des Abkommens andererseits maßgeblichen Frage einer "tatsächlichen" Zugehörigkeit der Beteiligung zur Betriebsstätte aber nicht erkannt und die Zuordnung vorgenommen, ohne einen funktionalen Zusammenhang zwischen der Beteiligung und den Aktivitäten der Betriebsstätte anzunehmen.

21 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Wien, am 18. Oktober 2017

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