VwGH Ro 2016/04/0010

VwGHRo 2016/04/00104.7.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek, den Hofrat Dr. Kleiser sowie die Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Mitter, über die Revision der revisionswerbenden Parteien 1. Mag. I K, 2. J K, 3. Mag. B P,

  1. 4. Mag. K P, 5. F K, 6. C A, 7. J A, alle in V, 8. DI D Z in F,
  2. 9. G M in V, alle vertreten durch Jarolim Flitsch Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Volksgartenstraße 3/2. OG, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Jänner 2016, Zl. W104 2115704-1/18E, betreffend Feststellung gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 im Hinblick auf eine Anlage nach dem Kärntner Elektrizitätsgesetz (mitbeteiligte Partei: K GmbH in K, vertreten durch Onz, Onz, Kraemmer, Hüttler Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16), den Beschluss gefasst:

Normen

32011L0092 UVP-RL Art11;
B-VG Art133 Abs4;
UVPG 2000 §3 Abs7;
UVPG 2000 §3 Abs7a;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
32011L0092 UVP-RL Art11;
B-VG Art133 Abs4;
UVPG 2000 §3 Abs7;
UVPG 2000 §3 Abs7a;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Revisionswerber haben der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes (Verwaltungsgericht) vom 27. Jänner 2016 wurden die Beschwerden der Revisionswerber gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 7. September 2011, mit dem festgestellt wurde, dass für das Vorhaben "110-kV-Freileitung Villach" der mitbeteiligten Partei keine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP-G 2000) durchzuführen sei, zurückgewiesen (A.) und die Revision für zulässig erklärt (B.).

Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, mit Bescheid vom 7. September 2011 habe die Kärntner Landesregierung festgestellt, dass für das geänderte Vorhaben in den Gemeinden der Revisionswerber einschließlich der im Zusammenhang stehenden Rodungen keine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) nach dem UVP-G 2000 durchzuführen sei.

Gegen diesen Bescheid hätten näher bezeichnete Standortgemeinden Berufung erhoben, welche mit Bescheid des Umweltsenates vom 20. Februar 2012 gemäß UVP-G 2000 als unbegründet abgewiesen worden seien.

Dagegen hätten die Standortgemeinden Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben, welcher den genannten Bescheid des Umweltsenates mit Erkenntnis vom 29. September 2015, 2012/05/0073, aufgehoben habe.

Mit Beschluss vom 9. Dezember 2015, W104 2115704-1/14E, habe das Verwaltungsgericht den vorliegend angefochtenen UVP-Feststellungsbescheid (vom 7. September 2011) aufgehoben und die Angelegenheit an die Behörde zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

Nach Erlassung dieses Beschlusses seien die vorliegenden Beschwerden beim Verwaltungsgericht eingelangt. Die Beschwerdeführer würden sich auf ein ihnen als Nachbarn auf Grund Art. 11 der UVP-Richtlinie und der jüngsten Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) in der Rechtssache "Gruber" zustehendes Beschwerderecht berufen.

Das Verwaltungsgericht sehe (mit näherer Begründung) keinen Grund anzunehmen, die Rechtslage habe sich in der Weise geändert, dass Nachbarn unmittelbar auf Grund des Unionsrechts ein Antragsrecht auf Einleitung eines UVP-Feststellungsverfahrens zuzugestehen sei. Da Nachbarn keine Parteistellung im Feststellungsverfahren zukomme, seien ihre Beschwerden zurückzuweisen gewesen.

2 Zur Zulässigkeit der Revision führte das Verwaltungsgericht aus, über die Frage, ob Nachbarn im UVP-Feststellungsverfahren Parteistellung einzuräumen sei oder eine diesbezügliche Beschwerdelegitimation entgegen der nationalen Rechtslage bestehe, sei nach der aktuellen Rechtsprechung noch nicht explizit höchstgerichtlich abgesprochen worden.

3 Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende ordentliche Revision.

In dieser wird zu deren Zulässigkeit vorgebracht, nach dem Wortlaut des § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 über die Parteistellung im UVP-Feststellungsverfahren hätten "Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit" gemäß Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 2011/92 keine Parteistellung in diesem Verfahren. Vor diesem Hintergrund sei zu hinterfragen, wie die genannten Personen die ihnen nach Art. 11 Abs. 1 derselben Richtlinie verliehenen Rechte zur gerichtlichen Überprüfung von Entscheidungen in Angelegenheiten der UVP wahrnehmen könnten. Die bisherige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes beziehe sich nur auf die Bindungswirkung von UVP-Feststellungsbescheiden.

4 Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

6 Die vom Verwaltungsgericht aufgezeigte Rechtsfrage stellt sich vorliegend nicht. Das Verwaltungsgericht hat nämlich mit Beschluss vom 9. Dezember 2015, W104 2115704-1/14E, den UVP-Feststellungsbescheid vom 7. September 2011 bereits vor Einlangen der Beschwerden der Revisionswerber aufgehoben. Dieser gehörte somit in diesem Zeitpunkt - wie von der mitbeteiligten Partei in ihrer Revisionsbeantwortung zu Recht aufgezeigt wird - nicht mehr dem Rechtsbestand an.

Die Beschwerden waren daher vom Verwaltungsgericht schon deshalb zurückzuweisen gewesen, weil ein tauglicher Anfechtungsgegenstand fehlte. Damit hängt das rechtliche Schicksal der vorliegenden Revision nicht von der aufgezeigten Rechtsfrage ab (vgl. dazu etwa den hg. Beschluss vom 2. Juli 2015, Ro 2015/16/0009, 0010).

7 Im Übrigen wurde die vom Verwaltungsgericht aufgezeigte Rechtsfrage zwischenzeitlich mit dem hg. Erkenntnis vom 18. Mai 2016, Ro 2015/04/0026, beantwortet, auf dessen Entscheidungsgründen gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird. Danach ist die den Nachbarn eingeräumte Möglichkeit, die UVP-Feststellungsentscheidung im Rahmen eines gegen einen späteren Genehmigungsbescheid eingelegten Rechtsbehelfs anzufechten, aus unionsrechtlicher Sicht ausreichend (in diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof auch auf die nunmehr mit der Novelle BGBl. I Nr. 4/2016 geschaffene Rechtslage hingewiesen, nach der § 3 Abs. 7a UVP-G 2000 den Nachbarn ein ausdrückliches Beschwerderecht gegen Feststellungsbescheide nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 einräumt).

8 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

9 Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Wien, am 4. Juli 2016

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte