VwGH Ro 2015/17/0028

VwGHRo 2015/17/00288.9.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Hofrätin Mag. Dr. Zehetner und Hofrat Mag. Brandl als Richterin bzw Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revisionen ***** gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 10. Juli 2015, LVwG-410647/6/Gf/Mu, betreffend Betriebsschließung nach dem Glücksspielgesetz (mitbeteiligte Partei: K S KG in P bei W, vertreten durch Dr. Fabian Alexander Maschke, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Dominikanerbastei 17/Top 11), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs6 Z2;
B-VG Art133 Abs6 Z3;
B-VG Art133 Abs8;
GSpG 1989 §50 Abs7;
VwGG §33 Abs1 idF 2013/I/033;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §55;
VwGG §58 Abs2;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2016:RO2015170028.J00

 

Spruch:

Die Revisionen werden als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Ein Zuspruch von Kosten findet nicht statt.

Begründung

1 Mit Bescheid der zu hg Ro 2015/17/0029 revisionswerbenden Partei (im Folgenden: zweitrevisionswerbende Partei) vom "13."

(gemeint wohl 16.) März 2015 wurde gegenüber der mitbeteiligten Partei gemäß § 56a Glücksspielgesetz (GSpG) die Schließung eines näher bezeichneten Betriebes mit Wirkung ab 16. März 2015 angeordnet. Der Bescheid wurde der mitbeteiligten Partei am 18. März 2015 zugestellt.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich der von der mitbeteiligten Partei erhobenen Beschwerde statt, hob den angefochtenen Bescheid auf und sprach aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig sei.

3 Gegen dieses Erkenntnis richten sich die vorliegenden Amtsrevisionen. Die mitbeteiligte Partei erstattete lediglich gegenüber der Amtsrevision der zu hg Ro 2015/17/0028 revisionswerbenden Partei (im Folgenden: erstrevisionswerbende Partei) eine Revisionsbeantwortung und beantragte Kostenersatz.

4 Gemäß § 56a Abs 6 GSpG treten Bescheide nach Abs 3 leg cit, wenn sie nicht kürzer befristet sind, mit Ablauf eines Jahres außer Wirksamkeit. Demnach wäre selbst bei rückwirkender Aufhebung des mit den gegenständlichen Revisionen angefochtenen Erkenntnisses die von der zweitrevisionswerbenden Partei ausgesprochene Betriebsschließung während des (wieder offenen) Beschwerdeverfahrens mit Ablauf des 18. März 2016 außer Wirksamkeit getreten.

5 Über Anfrage des Verwaltungsgerichtshofes, inwieweit sich die revisionswerbenden Parteien durch das angefochtene Erkenntnis nach Ablauf der Frist gemäß § 56a Abs 6 GSpG noch beschwert erachten, nahm lediglich die erstrevisionswerbende Partei dazu Stellung und teilte mit, das rechtliche Interesse sei weiterhin aufrecht, weil in einer Amtsrevision keine subjektive Rechtsverletzung behauptet werden müsse. Vielmehr sei eine objektive Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses in Bezug auf die darin vertretene Unionsrechtswidrigkeit des GSpG geltend gemacht worden. Diese Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtes verstoße gegen die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022. Die erstrevisionswerbende Partei habe daher weiterhin ein rechtliches Interesse an der Wahrnehmung der objektiven Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses durch den Verwaltungsgerichtshof.

6 Gemäß § 33 Abs 1 erster Satz VwGG ist eine Revision nach Anhörung des Revisionswerbers in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Revisionswerber klaglos gestellt wurde.

7 Wie der Verwaltungsgerichtshof auch zur Rechtslage nach dem Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013, BGBl I Nr 33, bereits ausgesprochen hat, ist § 33 Abs 1 VwGG nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall wegen Gegenstandslosigkeit liegt insbesondere auch dann vor, wenn der Revisionswerber kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat (vgl etwa VwGH vom 20. Mai 2015, Ro 2015/10/0008, mwN).

8 Der Verwaltungsgerichtshof vertrat in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass ein bei ihm anhängiges Beschwerdeverfahren auch im Falle einer Amtsbeschwerde (Art 131 Abs 2 B-VG aF) bei Wegfall des rechtlichen Interesses an einer meritorischen Entscheidung in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs 1 VwGG wegen Gegenstandslosigkeit einzustellen war. Diese Rechtsprechung hat auch für eine Revision nach Art 133 Abs 6 Z 2 und Z 3 B-VG gegen eine Entscheidung eines Verwaltungsgerichtes weiterhin Gültigkeit (vgl VwGH vom 19. Dezember 2014, Ro 2014/02/0115, vom 9. September 2015, Ro 2015/03/0028, vom 28. Jänner 2016, Ra 2015/11/0027, und vom 16. Dezember 2015, Ra 2014/17/0052). Dies gilt mangels ersichtlicher Abgrenzungskriterien auch - wie vorliegend hinsichtlich der erstrevisionswerbenden Partei (§ 50 Abs 7 GSpG) - für Revisionen nach Art 133 Abs 8 B-VG.

9 Ebenso vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, § 33 Abs 1 VwGG lasse sich entnehmen, dass der Gesetzgeber das Rechtsschutzbedürfnis als Prozessvoraussetzung für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof versteht. Liege diese Voraussetzung schon bei Einbringung einer Revision nicht vor, sei diese unzulässig, falle die Voraussetzung erst nach Einbringung einer zulässigen Revision weg, so führe dies zu einer Einstellung des Verfahrens (vgl wiederum VwGH vom 28. Jänner 2016, Ra 2015/11/0027, mwN).

10 Nach Einbringung der Amtsrevisionen gegen die Aufhebung der von der Behörde angeordneten Betriebsschließung durch das Verwaltungsgericht ist nunmehr der Zeitraum, für den der Bescheid über die Betriebsschließung gemäß § 56a Abs 6 GSpG wirksam hätte sein können, bereits abgelaufen. Da sich somit auch bei Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses die Rechtsstellung der revisionswerbenden Parteien nicht verbessern würde (weil die wieder offene Beschwerde der mitbeteiligten Partei wegen Wirkungslosigkeit des Betriebsschließungsbescheides durch Zeitablauf zurückzuweisen wäre), sind die Revisionen wegen mangelndem Rechtsschutzbedürfnisses gegenstandslos geworden. Daher war das Verfahren in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs 1 VwGG nach Anhörung mit Beschluss einzustellen.

11 Mangels formeller Klaglosstellung liegt die Voraussetzung für einen Kostenzuspruch gemäß § 55 VwGG nicht vor. Vielmehr kommt § 58 Abs 2 VwGG zur Anwendung. Im Hinblick darauf, dass die Frage der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Erkenntnisses nicht ohne nähere Prüfung zu lösen ist und daher die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde, hat der Gerichtshof nach freier Überzeugung entschieden, dass kein Kostenersatz zugesprochen wird (§ 58 Abs 2 zweiter Halbsatz VwGG). Wien, am 8. September 2016

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