VwGH Ro 2015/01/0004

VwGHRo 2015/01/000426.5.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Fasching als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Schweda, über die Revision der revisionswerbenden Parteien

1. Mag. E, 2. mj. L, 3. Mag. S alle in W, alle vertreten durch Dr. Helmut Graupner, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Maxingstraße 22- 24/4/9, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 30. Dezember 2014, Zlen. VGW-101/V/073/26484/2014-9, VGW- 101/V/73/26489/2014, VGW-101/V/73/26491/2014, betreffend Eintragung in das Personenstandsregister und Ausstellung einer Geburtsurkunde, den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs6 Z1;
VwGG §26 Abs1;
VwGG §30a;
VwGG §30b Abs1;
VwGG §34 Abs1;
ZustG §17 Abs3;
B-VG Art133 Abs6 Z1;
VwGG §26 Abs1;
VwGG §30a;
VwGG §30b Abs1;
VwGG §34 Abs1;
ZustG §17 Abs3;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Mit Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Wien vom 26. März 2015 wurde die gegen das obgenannte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Wien vom 30. Dezember 2014 erhobene ordentliche Revision der revisionswerbenden Parteien gemäß § 30a VwGG als verspätet zurückgewiesen.

Dagegen richtet sich der gegenständliche Vorlageantrag, aufgrund dessen der Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung über die Revision berufen ist (§ 30b Abs. 1 VwGG).

2. Gemäß § 26 Abs. 1 erster Satz VwGG beträgt die Frist zur Erhebung einer Revision gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes (Revisionsfrist) sechs Wochen. Sie beginnt in den Fällen des Art. 133 Abs. 6 Z. 1 B-VG dann, wenn das Erkenntnis dem Revisionswerber zugestellt wurde, mit der Zustellung.

Das gegenständliche Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien wurde den - bereits im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren (durch den nunmehrigen Revisionsvertreter) anwaltlich vertretenen - revisionswerbenden Parteien nach einem am 5. Jänner 2015 erfolgten Zustellversuch in der Kanzlei des Revisionsvertreters an diesem Tag bei der Post hinterlegt und ab dem 7. Jänner 2015 zur Abholung bereitgehalten.

Die gegenständliche (ordentliche) Revision wurde am 18. Februar 2015 um 23.52 Uhr per Fax an das Verwaltungsgericht Wien übermittelt.

3. Die Revision erweist sich als verspätet:

3.1. Der Revisionsvertreter bringt vor, seine Kanzlei sei am 5. Jänner 2015 geschlossen gewesen, er sei erst am 6. Jänner 2015 spät am Abend nach Österreich und am 7. Jänner 2015 in die Kanzlei zurückgekehrt, weshalb das gegenständliche Erkenntnis gemäß § 17 Abs. 3 ZustG erst am 8. Jänner 2015 als zugestellt gelte; die Frist zur Erhebung einer Revision habe daher erst am 19. Februar 2015 geendet.

Dem ist Folgendes zu entgegnen:

Die durch den dritten Satz des § 17 Abs. 3 ZustG normierte Zustellwirkung der Hinterlegung wird nicht durch Abwesenheit von der Abgabestelle schlechthin, sondern nur durch eine solche Abwesenheit von der Abgabestelle ausgeschlossen, die bewirkt, dass der Empfänger wegen seiner Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte.

"Rechtzeitig" im Sinne dieser Bestimmung ist dahin zu verstehen, dass dem Empfänger noch jener Zeitraum für ein Rechtsmittel zur Verfügung stand, der ihm auch im Falle einer vom Gesetz tolerierten Ersatzzustellung üblicherweise zur Verfügung gestanden wäre. Wenn daher der Empfänger durch den Zustellvorgang nicht erst später die Möglichkeit erlangt hat, in den Besitz der Sendung zu kommen, als dies bei einem großen Teil der Bevölkerung infolge ihrer Berufstätigkeit der Fall gewesen wäre, so muss die Zustellung durch Hinterlegung als ordnungsgemäß angesehen werden (vgl. dazu ausführlich das hg. Erkenntnis vom 9. Juli 1992, Zl. 91/16/0091; vgl. daran anknüpfend auch das hg. Erkenntnis vom 9. November 2004, Zl. 2004/05/0078). In anderen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes wurde darauf abgestellt, ob der Partei nach den Verhältnissen des Einzelfalles noch ein angemessener Zeitraum für die Einbringung des Rechtsmittels verblieb (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 24. Februar 2000, Zl. 2000/02/0027, und vom 18. März 2004, Zl. 2001/03/0284).

In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wurde beispielsweise keine unzulässige Verkürzung der Rechtsmittelfrist bei einer Rückkehr einen Tag nach dem Beginn der Abholfrist (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 15. Juli 1998, Zlen. 97/13/0104, 0168, mwN, und auch das hg. Erkenntnis vom 19. April 2001, Zl. 99/06/0049) und bei einer Behebung drei Tage nach der Hinterlegung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 27. September 1999, Zl. 99/17/0303) angenommen (vgl. - zusammenfassend - das hg. Erkenntnis vom 25. April 2014, Zl. 2012/10/0060).

Im gegenständlichen Fall kehrte der Revisionsvertreter zwei Tage nach Hinterlegung, am Tag des Beginns der Abholungsfrist (7. Jänner 2015) an die Abgabestelle zurück; die Möglichkeit, in den Besitz der zugestellten Sendung zu kommen, bestand für ihn somit spätestens am 8. Jänner 2015. Die sechswöchige Frist zur Ausführung und Einbringung der Revision wurde somit lediglich - wenn überhaupt - einen Tag verkürzt.

Ausgehend von den oben dargestellten Grundsätzen der hg. Judikatur war die Zustellung durch Hinterlegung daher ordnungsgemäß. Die Revisionsfrist begann somit gemäß § 17 Abs. 3 ZustG am 7. Jänner 2015 - dem Tag, an dem das hinterlegte Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wurde - zu laufen.

Die sechswöchige Revisionsfrist endete daher - entgegen der Auffassung der revisionswerbenden Parteien - am 18. Februar 2015. 3.2. Der Präsident des Verwaltungsgerichtes Wien hat am 9. Jänner 2015 eine "Kundmachung nach § 13 Abs. 2 und 5 AVG" erlassen und im Internet (auf der Homepage des Verwaltungsgerichtes Wien) bekannt gemacht. Darin werden die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit (soweit vorliegend maßgeblich) mit "Montag bis Freitag von 07.30 Uhr bis 13.00 Uhr" festgelegt. Weiters wird festgelegt, dass für die rechtswirksame Einbringung von u.a. Revisionen nur bestimmte, näher bezeichnete Adressen zur Verfügung stehen. Schließlich wird festgehalten, dass Anbringen, die außerhalb der Amtsstunden an die (wenn auch empfangsbereiten) Empfangsgeräte für Telefax und E-Mail übermittelt werden, auch dann, wenn sie bereits in den Verfügungsbereich des Verwaltungsgerichtes Wien gelangt sind, erst mit Wiederbeginn der Amtsstunden als eingebracht (und eingelangt) gelten und erst ab diesem Zeitpunkt in Behandlung genommen werden.

Das Vorbringen der revisionswerbenden Parteien, die per Fax am 18. Februar 2015 um 23.52 Uhr - sohin außerhalb der Amtsstunden - an das Landesverwaltungsgericht Wien übermittelte Revision gelte als rechtzeitig eingebracht, erweist sich aus den im hg. Beschluss vom 27. Jänner 2015, Zl. Ra 2014/22/0170, genannten Gründen, auf die gemäß § 43 Abs. 2 iVm Abs. 9 VwGG verwiesen wird, als unzutreffend.

Die gegenständliche, per Fax eingebrachte, Revision ist aus diesen Gründen als erst am 19. Februar 2015 eingebracht anzusehen und somit verspätet.

4. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss, der an die Stelle des Zurückweisungsbeschlusses des Verwaltungsgerichts Wien tritt (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 20. Jänner 2015, Zl. Ro 2014/05/0098, mwN), zurückweisen.

Wien, am 26. Mai 2015

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