VwGH Ro 2014/07/0090

VwGHRo 2014/07/009023.10.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger sowie die Hofrätin Dr. Hinterwirth und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, in der Revisionssache des J O in O, vertreten durch Dr. Robert Kerschbaumer, Rechtsanwalt in 9900 Lienz, Burghard Breitner-Straße 4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 30. April 2014, Zl. LVwG- 2014/37/0084-4, betreffend Einräumung eines Bringungsrechts nach dem Tir. GSLG 1970, den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4 idF 2012/I/051;
GSGG §2 Abs1;
GSLG Tir §2 Abs1;
VwGG §34 Abs1 idF 2013/I/033;
B-VG Art133 Abs4 idF 2012/I/051;
GSGG §2 Abs1;
GSLG Tir §2 Abs1;
VwGG §34 Abs1 idF 2013/I/033;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Nach den unbestrittenen Feststellungen des angefochtenen Erkenntnisses vom 30. April 2014 ist der Revisionswerber Eigentümer des Grundstückes Nr. 1919, GB O., welches zugunsten der Eigentümer der Grundstücke mit den Nr. 1918, 1929 und 1931, alle GB O., grundbücherlich mit der "Dienstbarkeit des Platzes für je eine Heuschupfe" belastet ist.

2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis hat das Landesverwaltungsgericht Tirol (im Folgenden: Verwaltungsgericht) durch Abweisung der Beschwerde des Revisionswerbers gegen einen Bescheid der Agrarbehörde (u.a.) ein Bringungsrecht über das angeführte Grundstück des Revisionswerbers zugunsten mehrerer Grundstücke gegen eine Entschädigung von EUR 140,-- nach dem Tiroler Güter- und Seilwege-Landesgesetz - Tir. GSLG 1970 eingeräumt.

Begründend führte das Verwaltungsgericht im Kern aus, anhand der konkret festgestellten Umstände des Falles liege trotz der eingetragenen Servitut ein die Einräumung des Bringungsrechtes rechtfertigender Bringungsnotstand vor.

Zugleich wurde ausgesprochen, dass die Revision gegen dieses Erkenntnis zulässig sei.

Zur Zulassungsentscheidung führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen begründend aus, zur Rechtsfrage, nämlich zu der Annahme eines Bringungsnotstandes trotz grundbücherlich sichergestellter Dienstbarkeit, liege keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. Es handle sich dabei somit um eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung.

3. Gemäß § 25a Abs. 1 erster Satz VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß § 34 Abs. 1a erster Satz VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

4. Der vorliegende Fall wirft - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtes - keine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf:

Ein Bringungsrecht im Sinn des Tir. GSLG 1970 ist gemäß § 1 Abs. 1 Tir. GSLG 1970 das zugunsten von Grundstücken, die land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken gewidmet sind, eingeräumte Recht, Personen und Sachen über fremden Grund zu bringen.

Nach § 2 Abs. 1 Tir. GSLG 1970 ist auf Antrag des Eigentümers eines Grundstückes ein Bringungsrecht einzuräumen, wenn (lit. a) die zweckmäßige Bewirtschaftung von Grundstücken, die land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken gewidmet sind, oder eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes dadurch erheblich beeinträchtigt wird, dass für die Bringung der auf den Grundstücken oder im Betrieb gewonnenen oder gewinnbaren Erzeugnisse oder der zur Bewirtschaftung erforderlichen Personen oder Sachen keine oder nur eine unzulängliche Bringungsmöglichkeit besteht, und (lit. b) dieser Nachteil nur durch ein Bringungsrecht beseitigt oder gemildert werden kann, das den im § 3 Abs. 1 GSLG 1970 aufgestellten Erfordernissen entspricht und öffentliche Interessen, insbesondere des Forst- und Bergwesens, der Wildbach- und Lawinenverbauung, der Raumplanung, der Wasserwirtschaft, des öffentlichen Verkehrs, der sonstigen öffentlichen Versorgung, der Landesverteidigung und der Sicherheit des Luftraumes, nicht verletzt.

Die für die Annahme eines Bringungsnotstandes in § 2 Abs. 1 Tir. GSLG 1970 (zunächst) zugrunde gelegten Kriterien sind somit die erhebliche Beeinträchtigung der zweckmäßigen Bewirtschaftung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke mangels Vorliegens einer Bringungsmöglichkeit oder wegen Bestehens einer nur unzulänglich vorhandenen Bringungsmöglichkeit (vgl. das zur vergleichbaren Bestimmung des § 2 Abs. 1 des Krnt. GSLG 1969 ergangene hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1993, Zl. 90/07/0092).

Auch im Fall eines bestehenden Servitutsrechtes (wie im vorliegenden Fall der "Dienstbarkeit des Platzes für je eine Heuschupfe") hat die Agrarbehörde bzw. das Verwaltungsgericht somit nach den Gegebenheiten des Einzelfalles zu klären, ob unter Bedachtnahme auch auf das bestehende Servitutsrecht bereits eine zulängliche Bringungsmöglichkeit gegeben ist (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 23. April 1998, Zl. 97/07/0214, sowie vom 11. März 1999, Zl. 99/07/0028).

Ob ein Bringungsnotstand im Sinne des § 2 Abs. 1 Tir. GSLG 1970 trotz einer grundbücherlich eingeräumten Dienstbarkeit vorliegt, ist somit im Einzelfall anhand der konkreten Umstände des Falles zu prüfen und zu begründen; die im vorliegenden Fall vom Verwaltungsgericht vorgenommene Beurteilung der festgestellten Umstände wirft keine grundsätzliche Rechtsfrage nach Art. 133 Abs. 4 B-VG auf.

5. Aus diesen Gründen lassen weder die im angefochtenen Erkenntnis enthaltenen Ausführungen zur Zulassung der Revision (zu den an diese zu stellenden Anforderungen vgl. im Übrigen den hg. Beschluss vom 23. September 2014, Zl. Ro 2014/01/0033) noch das Vorbringen in der Revision selbst eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG erkennen.

Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 23. Oktober 2014

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