VwGH Ra 2024/07/0203

VwGHRa 2024/07/020312.11.2024

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie den Hofrat Mag. Haunold und die Hofrätin Dr. Holzinger als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Bamer, über die Revision des R W in B, vertreten durch die Rechtsanwälte Lang & Schulze‑Bauer OG in 8280 Fürstenfeld, Realschulstraße 2a, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 22. Juli 2024, Zl. LVwG 46.24-1077/2024-5, betreffend einen Auftrag nach § 21a Wasserrechtsgesetz 1959 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Hartberg‑Fürstenfeld), den Beschluss gefasst:

Normen

Auswertung in Arbeit!

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2024:RA2024070203.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Im vorliegenden Fall liegt folgender unstrittiger Sachverhalt vor: Auf dem Grundstück Nr. 117, KG G., befindet sich im Hof des Anwesens des Revisionswerbers ein im Jahr 1928 errichteter und mit Bescheid vom 29. Juli 1958 wasserrechtlich bewilligter artesischer Brunnen. Seit dem Jahr 2006 erfolgt auch die thermische Nutzung des artesisch gespannten Grundwassers.

2 Mittels einer im Sammelschacht eingebauten Pumpe wird das zur Versorgung des Anwesens benötigte Trink‑ und Nutzwasser entnommen. Mittels einer zweiten im Sammelschacht eingebauten Pumpe wird Wasser für den Betrieb einer Grundwasser‑Wärmepumpenanlage zu Heiz‑ und Kühlzwecken entnommen, die sich im Technikraum des Anwesens befindet. Das Wasser aus dem Schachtbauwerk wird bei Bedarf auch zur Füllung eines Pools verwendet. Das Überwasser aus dem etwa 30 m3 fassenden Sammelschacht wird über ein Eisenrohr in den unmittelbar nördlich angrenzenden, etwa 120 m2 großen, abgedichteten Teich eingeleitet. Das Überwasser aus dem Teich gelangt über den im Bewilligungsbescheid erwähnten Betonrohrstrang in das Gewässer R.

3 Mit Spruchpunkt 1. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Hartberg‑Fürstenfeld (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht) vom 22. Februar 2024 wurde dem Revisionswerber gemäß § 21a Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) ‑ mit näherer Definition der Anpassungsziele ‑ aufgetragen, der Wasserrechtsbehörde binnen drei Monaten fachkundig erstellte Projektunterlagen über die Anpassung des artesischen Brunnens an den Stand der Technik vorzulegen.

Für den Fall, dass ein fachkundiges Anpassungsprojekt nicht fristgerecht einlange, wurde der Revisionswerber mit Spruchpunkt 2. des Bescheides unter Vorschreibung näherer Anordnungen verpflichtet, den artesischen Brunnen binnen drei Monaten fachkundig zu verschließen.

4 Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Steiermark (im Folgenden: Verwaltungsgericht), in der er unter anderem vorbrachte, beim Hausbau im Jahr 2006 die baurechtliche Genehmigung erhalten zu haben, die Heizung mit dem hauseigenen artesischen Brunnen betreiben zu dürfen.

5 Das Verwaltungsgericht gab mit dem angefochtenen Erkenntnis der Beschwerde teilweise statt und hob den Spruchpunkt 2. des behördlichen Bescheides auf. Hingegen wurde die Beschwerde gegen Spruchpunkt 1. des Bescheides als unbegründet abgewiesen. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für unzulässig erklärt.

6 Das Verwaltungsgericht stellte unter anderem fest, dass der artesische Brunnen aufgrund des freien Überlaufes in die R., der Bauausführung mit „1 Zoll starken“ verzinkten Eisenrohren und seines Alters (Errichtung im Jahr 1928) nicht dem Stand der Technik entspreche, zumal mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch festgestellt werden könne, dass das genutzte Grundwasserstockwerk von anderen Grundwasserstockwerken nicht technisch einwandfrei getrennt und Materialermüdung der Rohre eingetreten sei.

7 Zum Sanierungsauftrag (bestätigter Spruchpunkt 1. des behördlichen Bescheides) führte das Verwaltungsgericht begründend aus, wenn der Revisionswerber die Notwendigkeit der Beheizung seines Wohnhauses seit 2006 ins Treffen führe, wobei er die Heizung mit dem artesischen Brunnen betreibe, und dazu der hydrogeologische Amtssachverständige festgestellt habe, dass artesisch gespanntes Grundwasser auch zum Betrieb einer Grundwasser-Wärmepumpenanlage zu Heiz‑ und Kühlzwecken entnommen werde, so müsse ohnehin in Zweifel gezogen werden, dass diese zusätzliche Wassernutzung durch die wasserrechtliche Bewilligung laut dem Bescheid vom 29. Juli 1958 auch gedeckt (und nicht etwa als konsenswidrig anzusehen) sei.

8 Artesisch gespanntes Tiefengrundwasser sei aufgrund der hydrogeologischen Gegebenheiten nur in begrenzter Menge verfügbar. Aufgrund der Gegebenheiten leite sich eine besondere wasserwirtschaftliche Bedeutung von Tiefengrundwasser für die Trinkwasserversorgung, im speziellen für die Trinkwassernotversorgung, ab. Aus diesem Grund sei es unumgänglich, dass nur dem Stand der Technik entsprechende artesische Brunnen bewilligt und betrieben würden. Da der beanspruchte Tiefengrundwasserkörper im nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan als im Risiko der Zielverfehlung ausgewiesen sei, weil mehr Wasser entnommen als neu gebildet werde, und es zumindest bereichsweise zu Druckspiegelabsenkungen gekommen sei, bestehe das Risiko, dass das Gleichgewicht aus Entnahme und Neubildung nicht mehr gegeben sei.Zum Schutz des beanspruchten Tiefengrundwassers ‑ und somit im öffentlichen Interesse ‑ sei es geboten, den gegenständlichen bewilligten Arteser an den Stand der Technik heranzuführen.

9 Gegen dieses Erkenntnis, soweit mit ihm die Beschwerde abgewiesen wurde, richtet sich die außerordentliche Revision.

10 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

13 Das in der Revision zur Begründung ihrer Zulässigkeit erstattete Vorbringen, das Verwaltungsgericht habe außer Acht gelassen, dass die baubehördlich bewilligte Heizungsanlage des Wohnhauses des Revisionswerbers ausschließlich mit Grundwasser über den hauseigenen artesischen Brunnen versorgt sowie betrieben werde (und eine anderweitige Wasserversorgung nicht vorhanden sei), übersieht, dass im angefochtenen Erkenntnis in Bezug auf den artesischen Brunnen nicht nur die Entnahme des zur Versorgung des Anwesens benötigten Trink‑ und Nutzwassers, sondern auch die Entnahme von Wasser aus der Brunnenlage für den Betrieb einer Grundwasser‑Wärmepumpenanlage zu Heiz- und Kühlzwecken festgestellt wurde.

14 Darüber hinaus mangelt es diesem Vorbringen, mit dem ein Feststellungs- bzw. Begründungsmangel geltend gemacht wird, an der notwendigen Relevanzdarstellung bereits in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung (vgl. zu diesem Erfordernis etwa VwGH 5.6.2024, Ra 2023/09/0058, mwN).

15 Ferner vermag der bloße Hinweis auf andere im Ortsteil der Gemeinde, in dem sich das Anwesen des Revisionswerbers befinde, ohne Sanierung weiterbetriebene artesische Brunnenanlagen die Zulässigkeit der Revision nicht aufzuzeigen, zumal nicht dargelegt wird, aus welchen Gründen daraus die Rechtswidrigkeit der angefochtenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidung abzuleiten sei.

16 Schließlich wird in der Zulässigkeitsbegründung vorgebracht, es fehle höchstgerichtliche Judikatur „zur Harmonisierung bzw. Vereinheitlichung der Rechtsordnung idS“, wonach einerseits eine hoheitliche Entscheidung in Form eines rechtskräftigen Baubescheides, der wesentlich auf der Verwendung hauseigenen artesischen Wassers basiere „und dieses vorschreibt“, vorliege, und andererseits im Widerspruch dazu ein Bescheid erlassen werde, wonach die Sanierung eben dieser artesischen Brunnenanlage (unter wirtschaftlich außer jeglichem Verhältnis stehenden bzw. geradezu existenzbedrohenden Aufwand) vorgeschrieben werde, wobei die Nichtentsprechung in weiterer Folge zum Bewilligungsentzug und damit zum Entzug der Wasserversorgung, respektive Unbrauchbarkeit auch einer behördlich bewilligten Heizungsanlage, führen würde.

17 Mit diesem Vorbringen soll offenbar zum Ausdruck gebracht werden, dass der gegenständliche Sanierungsauftrag nach § 21a WRG 1959 wegen des im Jahr 2006 erlassenen baurechtlichen Bewilligungsbescheides nicht erlassen hätte werden dürfen und dass zur Abgrenzung bzw. zur „Harmonisierung“ von Wasserrecht und Baurecht Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehle.

18 Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch bereits mehrfach und zu verschiedenen Verfahrenskonstellationen festgehalten, dass Fragen des Baurechts von den Wasserrechtsbehörden nicht zu beurteilen sind bzw. es im wasserrechtlichen Verfahren auf allfällige baurechtliche Aspekte nicht ankommt (vgl. zum wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren VwGH 21.6.2018, Ra 2016/07/0071, 0072; 23.5.2019, Ro 2018/07/0044; 17.11.2020, Ra 2018/07/0373 bis 0376, jeweils mwN; zum wasserrechtlichen Überprüfungsverfahren und zu einem Verfahren nach § 29 WRG 1959 vgl. erneut VwGH 23.5.2019, Ro 2018/07/0044). Im Rahmen einer baurechtlichen Bewilligung kann wiederum nicht gleichzeitig über wasserrechtliche Belange abgesprochen werden (VwGH 23.1.2014, 2013/07/0133). Ebenso wie der Hochwasserschutz sind auch Aspekte der Wasserversorgung, der Wasserqualität oder der Veränderungen des Grundwassers nicht von der Baubehörde, sondern von der Wasserrechtsbehörde wahrzunehmen (vgl. dazu VwGH 23.1.2014, 2013/07/0133; 23.5.2018, Ra 2017/05/0033, jeweils mwN).

19 Die Erlassung eines Bescheides nach § 21a WRG 1959 ist daher auch dann zulässig, wenn dies zu einem „Widerspruch“ zu einer baurechtlichen Bewilligung führen sollte; die Rechtmäßigkeit eines auf § 21a WRG 1959 gründenden Bescheides ist allein anhand des Vorliegens der in jener Bestimmung normierten Voraussetzungen zu beurteilen.

20 Soweit in der für die Beurteilung des Vorliegens einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung allein maßgeblichen Zulässigkeitsbegründung der Revision ‑ im Zusammenhang mit der erwähnten baurechtlichen Bewilligung ‑ ein durch den gegenständlichen Auftrag zur Vorlage von Projektunterlagen zur Anpassung des artesischen Brunnens an den Stand der Technik wirtschaftlich außer jeglichem Verhältnis stehender Aufwand behauptet und in weiterer Folge auf den Gleichbehandlungsgrundsatz verwiesen wird, wird bereits mangels konkreter Ausführungen die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan. Darüber hinaus kommt es nach der hg. Rechtsprechung bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit nach § 21a Abs. 3 WRG 1959 nicht auf die subjektive wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des zu Verpflichtenden, sondern auf eine objektive Wirtschaftlichkeit, also auf ein angemessenes Verhältnis zwischen einzusetzenden Mitteln und zu erreichendem Erfolg an (vgl. VwGH 27.5.2004, 2000/07/0249, 2001/07/0006, unter Bezugnahme auf Judikatur des Verfassungsgerichtshofes). Dazu enthält die Zulässigkeitsbegründung jedoch kein konkretes Vorbringen.

21 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 12. November 2024

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