Normen
BFA-VG 2014 §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RA2023180196.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein syrischer Staatsangehöriger, beantragte am 11. April 2021 internationalen Schutz und brachte zusammengefasst vor, er werde in Syrien von den Militärbehörden gesucht, weil er als Reservist nicht in den Krieg ziehen wolle.
2 Mit Bescheid vom 15. Juli 2021 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab. Gleichzeitig gewährte es dem Revisionswerber den Status des subsidiär Schutzberechtigten und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung.
3 Die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und erklärte die Revision für nicht zulässig.
4 Begründend gingen sowohl das BFA als auch das BVwG in ihren Entscheidungen davon aus, dass der Revisionswerber entgegen seinem Vorbringen in Syrien nicht wegen Wehrdienstverweigerung gesucht werde und sich dort bis zur Ausreise unbehelligt aufgehalten habe. Auch bei Rückkehr sei nach den einschlägigen Länderberichten mit keiner asylrelevanten Verfolgung zu rechnen.
5 Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit geltend macht, das BVwG habe die Verhandlungspflicht verletzt, weil der Revisionswerber eine substantiierte Beschwerde eingebracht und insbesondere Ausführungen dazu erstattet habe, was Deserteuren und Verweigerern des Reservedienstes in Syrien drohe. Hiezu seien auch Beweismittel vorgelegt worden. All dies habe das BVwG nicht berücksichtigt, sondern fuße die gesamte Entscheidung lediglich auf der Beweiswürdigung und den Feststellungen der Behörde erster Instanz. Eine Verhandlung wäre auch deshalb erforderlich gewesen, weil das BVwG seiner Entscheidung bis dato nicht verwertete Länderfeststellungen zugrunde gelegt habe.
6 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Hat das Verwaltungsgericht ‑ wie im vorliegenden Fall ‑ im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß § 34 Abs. 1a VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG danach nicht vor, ist die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
8 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum auch hier maßgeblichen § 21 Abs. 7 erster Fall BFA‑VG ist ein Absehen von der mündlichen Verhandlung dann gerechtfertigt, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das BVwG die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA‑VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (vgl. dazu grundlegend VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, 0018).
9 Soweit die Revision geltend macht, diese Voraussetzungen für ein Absehen von der Verhandlung seien fallbezogen nicht vorgelegen, weil die Beschwerde des Revisionswerbers substantiierte Ausführungen getätigt habe, ist ihr zu erwidern, dass die Beschwerde die Beweiswürdigung des BFA, wonach es nicht zutreffe, dass der Revisionswerber in Syrien von den Militärbehörden gesucht werde, nicht hinreichend substantiiert in Zweifel gezogen hat. Sie machte lediglich geltend, der Revisionswerber habe doch unmissverständlich zu verstehen gegeben, Angst davor zu haben, dem Militär dienen zu müssen, dass er in Syrien als Reservist gesucht werde und er vermute, verfolgt zu werden. Mit diesen vagen Angaben und Vermutungen des Revisionswerbers hat sich das BFA in seiner Beweiswürdigung näher beschäftigt und hat sie für nicht stichhaltig befunden. Den dazu angestellten Überlegungen trat die Beschwerde im Einzelnen nicht entgegen, weshalb sich das BVwG der Beweiswürdigung auch ohne Verhandlung anschließen durfte.
10 Zu den behaupteten Beweismitteln, die dem BVwG mit der Beschwerde vorgelegt worden sein sollen, und den vom BVwG getroffenen Länderfeststellungen, die nach Auffassung des Revisionswerbers eine mündliche Verhandlung notwendig gemacht hätten, ist zunächst festzuhalten, dass sich diese Ausführungen erkennbar auf die Frage beziehen, ob dem Revisionswerber ungeachtet seines Lebensalters und des bereits absolvierten Militärdienstes bei Rückkehr nach Syrien eine nochmalige Einberufung drohen könnte. Das BFA und das BVwG haben ihren Entscheidungen insoweit gleichlautende Länderfeststellungen zugrunde gelegt, die sich auf aktuellere Länderberichte als die vom Revisionswerber in der Beschwerde angesprochenen stützen konnten und nach denen die Einberufung des Revisionswerbers nicht maßgeblich wahrscheinlich sei. Die Revision vermag nicht darzutun, dass insoweit eine mündliche Verhandlung geboten gewesen wäre.
11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 22. Juni 2023
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