Normen
BauO Wr §129 Abs10
BauO Wr §129 Abs11
BauO Wr §62a Abs3
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RA2023050050.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom 15. Juli 2022 erteilte die belangte Behörde dem Revisionswerber einen ausschließlich auf § 129 Abs. 10 und 11 der Bauordnung für Wien ‑ BO für Wien (im Folgenden: BO) den Auftrag, binnen sechs Monaten ab Rechtskraft eine „Einfriedung bestehend aus Sockel, Metallsteher und Metallzaunfelder“ zu entfernen, die in einer Länge von ca. 31 m auf einer näher bezeichneten Liegenschaft des Revisionswerbers vorschriftswidrig, ohne baubehördliche und ohne naturschutzbehördliche Bewilligung, errichtet worden sei.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht Wien (Verwaltungsgericht) die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet ab und erklärte die Revision für nicht zulässig.
3 Begründend führte es zusammengefasst aus, die Einfriedung sei als Bauwerk zu qualifizieren, das in der Widmung Wald- und Wiesengürtel errichtet worden sei, aber keinem land- und forstwirtschaftlichen Zweck diene. Die Einfriedung entspreche daher nicht der festgelegten Widmung, der Beseitigungsauftrag sei zu Recht ergangen. Dass für die Errichtung Teile eines bereits bestehenden Zaunes verwendet worden seien, die der Revisionswerber nach Erwerb des Nachbargrundstücks versetzt habe, ändere nichts an der Unzulässigkeit, zumal dadurch ein allfälliger Baukonsens untergegangen sei.
4 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, wann und unter welchen Voraussetzungen ein eine Liegenschaft bloß zum Teil umgebender Zaun die Qualifikation einer „Einfriedung“ erreiche; der Verwaltungsgerichtshof habe erst einmal über diese Frage geurteilt. Gleichfalls sei „die belangte Behörde“ (gemeint das Verwaltungsgericht) von der herrschenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes mit der Aussage abgewichen, die Beseitigung eines etwa 30 m langen Teiles eines (insgesamt) 250 m langen Zaunes führe zum Untergang von dessen vermutetem Konsens.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Die vorliegende Revision stützt ihre Zulässigkeitsausführungen zur Frage, ob ein Zaun ein Bauwerk darstellt, auf fehlende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weil dieser erst einmal darüber geurteilt habe, wann ein an einer Grundstücksgrenze errichteter Zaun als Bauwerk, wann als Einfriedung zu qualifizieren sei. Die Begründung der Zulässigkeit der Revision erfordert aber (abgesehen von den Fällen einer abweichenden oder uneinheitlichen Rechtsprechung) die Darlegung, welche konkrete Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof noch nicht beantwortet hat. Ein pauschales bzw. nur allgemein gehaltenes Vorbringen ohne Herstellung eines Fallbezugs und ohne jede fallbezogene Verknüpfung mit der angefochtenen Entscheidung reicht hierfür jedenfalls nicht aus (vgl. VwGH 3.4.2023, Ra 2022/05/0049, mwN). Weder wird vorliegend im Zusammenhang mit dem genannten Zulässigkeitsgrund ein Bezug zum konkreten Revisionssachverhalt hergestellt, noch wird dargelegt, inwiefern das Schicksal der Revision von der hier abstrakt und ohne Nennung konkreter maßgeblicher Bestimmungen vorgetragenen Rechtsfrage abhängen sollte. Die Revision nennt auch nicht jenes Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, von dem sie angibt, dass es zur Frage der Qualifikation eines Zaunes bereits ergangen sei, noch setzt sie sich damit auseinander, dass die BO stets den Begriff „Einfriedung“ und nicht „Zaun“ verwendet. Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass gemäß § 62a Abs. 3 BO auch bewilligungsfreie Anlagen den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften entsprechen müssen, damit insbesondere auch der Flächenwidmung (vgl. VwGH 24.6.2014, 2012/05/0189, mwN; vgl. auch VwGH 13.2.2020, Ra 2020/05/0008, mwN). Diese ist hier unstrittig Grünland - Schutzgebiet - Wald- und Wiesengürtel. Der Beurteilung des Verwaltungsgerichts, dass die gegenständliche Einfriedung ‑ selbst wenn sie grundsätzlich gemäß § 62a Abs. 1 Z 21 BO bewilligungsfrei wäre ‑ keine zulässige Nutzung in dieser Widmung darstellt (vgl. § 6 Abs. 3 BO), tritt die Revision nicht entgegen.
9 Darüber hinaus stützt sich die Revision auf ein behauptetes Abweichen des angefochtenen Erkenntnisses von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage des Untergangs des aufrechten Konsenses. Das dazu erstattete Vorbringen genügt jedoch mangels näherer Konkretisierung den Anforderungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG ebenso nicht, zumal schon nicht ‑ unter Angabe zumindest einer nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes - angegeben wird, von welcher hg. Judikatur das Verwaltungsgericht nach Ansicht des Revisionswerbers abgewichen sein soll. Dabei wäre konkret darzulegen gewesen, dass der der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt einer der vom Revisionswerber ins Treffen zu führenden Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist. Die Begründung für die Zulässigkeit der Revision erweist sich daher auch insofern nicht als gesetzmäßig ausgeführt (vgl. zu allem VwGH 22.2.2023, Ra 2023/05/0004, mwN).
10 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Sie war daher zurückzuweisen.
Wien, am 8. August 2023
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