VwGH Ra 2022/13/0103

VwGHRa 2022/13/010328.6.2023

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser, den Hofrat MMag. Maislinger, die Hofrätinnen Dr. Reinbacher und Dr.in Lachmayer sowie den Hofrat Dr. Bodis als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revision des Finanzamts Österreich, Dienststelle Wien 12/13/14 Purkersdorf in 1030 Wien, Marxergasse 4, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 18. August 2022, Zl. RV/7104150/2020, betreffend Einkommensteuer 2018 (mitbeteiligte Partei: Dr. P in W, vertreten durch die Edthaler Leitner‑Bommer Schmieder & Partner Rechtsanwälte GmbH in 4040 Linz, Ottensheimer Straße 36), zu Recht erkannt:

Normen

EheG §55a
EheG §81
EheG §83
EheG §94 Abs1
EStG 1988 §16 Abs1 Z1
EStG 1988 §18 Abs1 Z1
EStG 1988 §20 Abs1 Z4
EStG 1988 §29 Z1
EStG 1988 §30
EStG 1988 §4 Abs3
EStG 1988 §6
VwRallg

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RA2022130103.L00

 

Spruch:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Nach den insoweit nicht bestrittenen Sachverhaltsannahmen des Bundesfinanzgerichts schloss die Mitbeteiligte im Jahr 1985 mit R die Ehe. Mit Kaufvertrag vom 20. August 1999 erwarben die Mitbeteiligte und R während aufrechter Ehe die Liegenschaft EZ y je zur Hälfte. Anlässlich der Ehescheidung im Dezember 2008 schlossen die Mitbeteiligte und R eine Vereinbarung gemäß § 55a Abs. 2 Ehegesetz. Diese enthielt Regelungen über die gemeinsamen (bereits volljährigen) Kinder (Punkt 1 des Vergleichs); die Mitbeteiligte verpflichtete sich, den Unterhalt für die Kinder alleine zu tragen und R diesbezüglich schad‑ und klaglos zu halten. Die Mitbeteiligte und R verzichteten wechselseitig auf Unterhaltsansprüche (Punkt 2). Betreffend die Liegenschaft EZ y, die als „Vermietungsobjekt“ bezeichnet wurde, wurde vereinbart, dass R seinen Hälfteanteil an die Mitbeteiligte übertrage (Punkt 3). Die Scheidungsvereinbarung beinhaltete sodann Regelungen betreffend Gebrauchsvermögen (Pkw; Punkt 4), Zusatzkrankenversicherung (Punkt 5) und Ersparnisse (jeder Antragsteller behalte die in seinem Besitz befindlichen Ersparnisse; Punkt 6). Weiters verpflichtete sich die Mitbeteiligte zur Zahlung einer monatlichen Leibrente an R (auf dessen Lebenszeit). Diese Leibrentenforderung sei ob der Liegenschaft EZ y sicherzustellen (Punkt 7). Punkt 8 enthält Regelungen betreffend Kosten, in Punkt 9 des Vergleichs wurde festgehalten, dass mit diesem Vergleich sämtliche wechselseitigen Ansprüche bereinigt und verglichen seien.

2 Die Mitbeteiligte machte in ihrer Abgabenerklärung für das Jahr 2018 u.a. Sonderausgaben (Renten und dauernde Lasten) geltend.

3 Mit Bescheid vom 4. Dezember 2019 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer für das Jahr 2018 fest; die geltend gemachten Rentenzahlungen wurden nicht berücksichtigt. In der Begründung führte das Finanzamt dazu aus, laut Punkt 3 des Scheidungsvergleiches vom Dezember 2008 übertrage R seinen Hälfteanteil an der Liegenschaft EZ y an die Mitbeteiligte. In diesem Punkt werde keine Aussage über allfällige Abgeltungszahlungen getroffen. Eine Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse sei auch bei Ausgleichszahlungen einkommensteuerrechtlich grundsätzlich als Naturalteilung zu werten. In derartigen Fällen liege kein Anschaffungs- und kein Veräußerungsvorgang vor, die Naturalteilung habe die gleichen Wirkungen wie eine unentgeltliche Übertragung. Die Liegenschaft EZ y sei in die Aufteilung laut Scheidungsvergleich einbezogen worden. Für das Finanzamt sei aus dem vorgelegten Vergleich kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Übertragung des Liegenschaftsanteils und der Einräumung einer Leibrente an R (Punkt 7 des Scheidungsvergleiches) erkennbar. Selbst dann, wenn es sich bei der Leibrente um eine Ausgleichszahlung für die Übertragung des Liegenschaftsanteils handeln solle, liege eine Naturalteilung vor. Es liege keine Kaufpreisrente, sondern eine steuerlich unbeachtliche Unterhaltsrente vor. Die daraus resultierenden Rentenzahlungen könnten nicht als Sonderausgaben gemäß § 18 EStG 1988 anerkannt werden.

4 Die Mitbeteiligte erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde. Die Liegenschaft EZ y sei während aufrechter Ehe gemeinsam angeschafft worden. Es sei der ausdrückliche Wunsch der Mitbeteiligten gewesen, in Zukunft die Alleineigentümerin dieser Liegenschaft zu sein. R habe letztlich der entgeltlichen Übertragung seiner Liegenschaftshälfte gegen Zahlung einer monatlichen Leibrente zugestimmt, und zwar auf der Grundlage eines Schätzwertes der Liegenschaft und eines versicherungsmathematischen Gutachtens zur Höhe der Leibrente. Der Scheidungsvergleich betreffe in vermögensrechtlicher Hinsicht (mit Ausnahme eines Pkws) ausschließlich die Übertragung der Liegenschaftshälfte gegen Zahlung einer monatlichen Leibrente. Bei diesem Scheidungsvergleich handle es sich um keinen Globalvergleich; es liege keine Aufteilung von Vermögenswerten im Sinne der eherechtlichen Bestimmungen wegen einer Ehescheidung vor, sondern eine Vereinbarung über eine entgeltliche Übertragung der Liegenschaftshälfte anlässlich der Ehescheidung.

5 Mit Beschwerdevorentscheidung vom 12. August 2020 wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Die Mitbeteiligte beantragte die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht.

6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde Folge und änderte den angefochtenen Bescheid ab. Es sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.

7 Nach Schilderung des Verfahrensgeschehens und der eingangs angeführten Feststellungen führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, infolge des Scheidungsvergleiches sei einerseits die Mitbeteiligte durch Übertragung des Hälfteanteils Alleigentümerin der Liegenschaft geworden; andererseits habe sie sich zur Zahlung einer Einmalzahlung und einer monatlichen Leibrente verpflichtet. Die Mitbeteiligte habe sowohl diese Einmalzahlung als auch die monatliche Rente seit Dezember 2008 geleistet. Im Jänner 2018 sei der versicherungsmathematisch ermittelte kapitalisierte Rentenbarwert erreicht worden. Die ab diesem Zeitpunkt gezahlten monatlichen Beträge habe die Mitbeteiligte in der Abgabenerklärung als Sonderausgaben geltend gemacht.

8 Die Liegenschaft EZ y werde zum Teil (etwa 20 %) privat genutzt, zum Teil (etwa 30 %) an eine (fremde) Gesellschaft vermietet und zum übrigen Teil (etwa 50 %) für den Betrieb der Mitbeteiligten (selbständige Tätigkeit) verwendet. Im Verhältnis der anteiligen Nutzung würden die Rentenzahlungen nunmehr zum Teil als Sonderausgaben (betreffend private Nutzung), Werbungskosten (Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung) und als Betriebsausgaben (Einkünfte aus selbständiger Arbeit) geltend gemacht.

9 R wohne seit 1978 in einer Wohnung in 1010 Wien, bis zur Scheidung sei diese Wohnung gemeinsam mit den beiden während der Ehe geborenen Kindern als Familienwohnsitz genutzt worden. Nach der Scheidung behielten die Kinder dort ihren Wohnsitz. Die Mitbeteiligte habe nach der Scheidung ihren Wohnsitz auf die Liegenschaft EZ y verlegt.

10 Aus dem Scheidungsvergleich gehe klar hervor, dass vermögensseitig die Übertragung des Hälfteanteils einer Liegenschaft einer monatlichen Rente gegenüberzustellen sei. Aus einem vom Finanzamt vorgelegten versicherungsmathematischen Gutachten vom 18. August 2008 gehe hervor, dass die Höhe der Rente dem Wert des Hauses gegenübergestellt worden sei und sich danach berechnet habe. Die Errechnung des Rentenbarwertes sei zeitgleich mit der Übertragung des Liegenschaftsanteils und dem Beginn der monatlichen Zahlungen erfolgt. Der Rentenbarwert entspreche dem Wert des Hälfteanteils der Liegenschaft.

11 Die in Rede stehende Liegenschaft falle nicht unter das eheliche Gebrauchsvermögen; sie sei nicht als Wohnsitz benutzt, sondern als Wertanlage angeschafft worden. Diese Liegenschaft sei die einzige Wertanlage, die aufzuteilen gewesen sei. Die Mitbeteiligte habe den Hälfteanteil ihres nunmehr geschiedenen Ehegatten erhalten und habe sich im Gegenzug zur Zahlung einer monatlichen Rente verpflichtet. Auf gegenseitige Unterhaltsansprüche sei verzichtet worden, R habe aufgrund seiner Stellung über ein monatliches Einkommen verfügt, welches seinen bisherigen Lebensunterhalt sichergestellt habe.

12 Unter Einbeziehung des wahren wirtschaftlichen Gehalts sei in der Übertragung des Miteigentumsanteils der Austausch von einer Leistung und adäquater Gegenleistung zu sehen. Die Aufteilung sei nach den Grundsätzen des Ehegesetzes erfolgt, sodass keine billige Ausgleichszahlung aufzuerlegen gewesen sei. Freiwillige, nur der familiären Sphäre zuzurechnende Leistungen könnten in der Rente nicht erblickt werden.

13 Bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise beinhalte der Scheidungsvergleich vermögensseitig nur die Transferierung der Liegenschaft; die Leibrente sei als Gegenleistung für die Übertragung des Miteigentumsanteils anzusehen. Auch der Umstand, dass die Mitbeteiligte dem Rentenempfänger die Möglichkeit der Eintragung in das Grundbuch zugesichert habe, weise explizit auf einen wirtschaftlichen Konnex dieser beiden Vertragspunkte (Punkte 3 und 7 des Vergleichs) hin. Die in Rede stehenden Zahlungen seien sohin für die Vermögensübertragung geleistet worden. Die Zahlung der Rente basiere auf der Übertragung des Miteigentumsanteils an der Liegenschaft und sei nicht als Zuwendung an eine unterhaltsberechtigte Person erfolgt.

14 Die Gegenleistungsrente führe beim Rentenverpflichteten zu Sonderausgaben, wenn das Wirtschaftsgut privaten Zwecken diene. Diene das Wirtschaftsgut der Einkünfteerzielung, führten die Zahlungen beim Rentenverpflichteten zu Betriebsausgaben. Bei außerbetrieblichen Einkünften (insbesondere aus Vermietung) führten die Rentenzahlungen nach Übersteigen des Wertes der Gegenleistung zu Werbungskosten. Im vorliegenden Fall seien daher die Zahlungen ab Februar 2018 anteilig als Sonderausgaben, Betriebsausgaben und Werbungskosten abzuziehen.

15 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Revision des Finanzamts. Zur Zulässigkeit der Revision wird geltend gemacht, das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, wonach die Frage, ob die Zuwendungen ausschließlich oder überwiegend mit der früheren familiären Beziehung in Zusammenhang stünden oder einem Leistungsaustausch zuzuordnen seien, anhand der Aufteilungsregeln des Ehegesetzes zu beurteilen sei; Rechtsprechung zum Grunderwerbsteuergesetz könne insoweit nicht herangezogen werden. Wäre aber ‑ entgegen der Ansicht des Finanzamts ‑ ein Leistungsaustausch anzunehmen, so führten die Rentenzahlungen bei der Mitbeteiligten zu Anschaffungskosten des Grundstückes; Rentenzahlungen könnten dann nicht zu sofort abzugsfähigen Aufwendungen führen.

16 Nach Einleitung des Vorverfahrens hat die Mitbeteiligte eine Revisionsbeantwortung eingebracht. Das Finanzamt hat dazu eine Stellungnahme eingebracht und dabei auch ein Schreiben des ehemaligen Ehemanns der Mitbeteiligten vorgelegt.

17 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

18 Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet.

19 Gemäß § 16 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 sind u.a. auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende Renten und dauernde Lasten, soweit sie mit einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, Werbungskosten. Abzuziehen sind auch Renten und dauernde Lasten, wenn die Renten und dauernden Lasten zum Erwerb einer Einkunftsquelle gedient haben. Ein Abzug ist jedoch nur insoweit zulässig, als die Summe der verausgabten Beträge (Renten, dauernde Lasten, Abfindungen, Einmalzahlungen) den Wert der Gegenleistung (§ 29 Z 1 EStG 1988) übersteigt.

20 Gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 sind Renten und dauernde Lasten, die auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhen, bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben abzuziehen, soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind. Werden Renten oder dauernde Lasten als angemessene Gegenleistung für die Übertragung von Wirtschaftsgütern geleistet, so sind die Renten und dauernden Lasten (sowie Abfindungen derselben) nur insoweit abzugsfähig, als die Summe der verausgabten Beträge (Renten, dauernde Lasten, Abfindungen, allfällige Einmalzahlungen) den Wert der Gegenleistung (§ 29 Z 1 EStG 1988) übersteigt.

21 Gemäß § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 dürfen freiwillige Zuwendungen und Zuwendungen an gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden, auch wenn die Zuwendungen auf einer verpflichtenden Vereinbarung beruhen. Derartige Zuwendungen liegen auch vor, wenn die Gegenleistung für die Übertragung von Wirtschaftsgütern weniger als die Hälfte ihres gemeinen Wertes beträgt. Nach § 20 Abs. 3 EStG 1988 können Aufwendungen und Ausgaben im Sinne des Abs. 1 Z 4 nicht als Sonderausgaben (§ 18 EStG 1988) abgezogen werden.

22 Nach § 29 Z 1 EStG 1988 sind wiederkehrende Bezüge ‑ mit näher gennannten Einschränkungen ‑ sonstige Einkünfte. Werden die wiederkehrenden Bezüge als angemessene Gegenleistung für die Übertragung von Wirtschaftsgütern geleistet, so sind die wiederkehrenden Bezüge (sowie Abfindungen) nur insoweit steuerpflichtig, als die Summe der vereinnahmten Beträge den Wert der Gegenleistung übersteigt. Besteht die Gegenleistung nicht in Geld, ist als Gegenwert der kapitalisierte Wert der wiederkehrenden Bezüge (§§ 15 und 16 des Bewertungsgesetzes) zuzüglich allfälliger Einmalzahlungen anzusetzen.

23 Wird ein Wirtschaftsgut gegen eine Rente übertragen, die als angemessene Gegenleistung angesehen werden kann, liegt eine Gegenleistungsrente vor. Wird hingegen ein Wirtschaftsgut gegen eine Rente übertragen, die nicht als angemessene Gegenleistung qualifiziert werden kann, muss von einer freiwilligen Zuwendung bzw. einer Unterhaltsrente ausgegangen werden (vgl. VwGH 19.3.2013, 2010/15/0141, mwN).

24 Bei Zahlungen im Zusammenhang mit Vereinbarungen über Scheidungsfolgen iSd § 55a Ehegesetz ist dabei auch unabhängig davon, ob diese in Rentenform oder in anderer Weise geleistet werden, zu klären, ob diese Zahlungen ausschließlich oder überwiegend mit der (früheren) familiären Beziehung bzw. deren vermögensrechtlicher Abwicklung im Zusammenhang stehen oder der Austausch von Leistung und (adäquater) Gegenleistung im Vordergrund steht. Die Frage der überwiegenden Zuordnung der vereinbarten Zahlung zur familiären Sphäre oder zu einem Leistungsaustausch ist anhand der Regelungen des Ehegesetzes über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse zu lösen (vgl. VwGH 23.4.1998, 95/15/0191).

25 Nach § 83 Abs. 1 Ehegesetz ist die Aufteilung nach Billigkeit vorzunehmen. Dabei ist besonders auf Gewicht und Umfang des Beitrags jedes Ehegatten zur Anschaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens und zur Ansammlung der ehelichen Ersparnisse sowie auf das Wohl der Kinder Bedacht zu nehmen. Nach § 83 Abs. 2 Ehegesetz sind als Beitrag auch die Leistung des Unterhalts, die Mitwirkung im Erwerb, soweit sie nicht anders abgegolten worden ist, die Führung des gemeinsamen Haushalts, die Pflege und Erziehung gemeinsamer Kinder und jeder sonstige eheliche Beistand zu werten. Nach § 84 Ehegesetz soll die Aufteilung so vorgenommen werden, dass sich die Lebensbereiche der geschiedenen Ehegatten künftig möglichst wenig berühren.

26 Soweit durch die reale Aufteilung von Gebrauchsvermögen und Ersparnissen ein billiger Ausgleich zwischen den Ehegatten nicht erreicht werden kann (z.B. bei Unteilbarkeit einer wertvollen Sache und Fehlen anderer gleichwertiger Sachen), ist nach § 94 Abs. 1 Ehegesetz eine Ausgleichszahlung aufzuerlegen (vgl. Stabentheiner/Pierer in Rummel/Lukas, ABGB4, § 94 EheG Tz 1). Die Ausgleichszahlung ist nach billigem Ermessen festzusetzen, wobei auf Gewicht und Umfang des Beitrages jedes Ehegatten zur Anschaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens und zur Ansammlung der ehelichen Ersparnisse sowie auf das Wohl der Kinder Bedacht zu nehmen ist (vgl. RIS‑Justiz RS0057765).

27 Die Bemessung einer Ausgleichszahlung (iSd § 94 Ehegesetz) orientiert sich sohin nicht an einer Adäquanz von Leistung und Gegenleistung (im engen Sinn); es handelt sich vielmehr um der familiären Sphäre zuzuordnende Leistungen (vgl. neuerlich VwGH 23.4.1998, 95/15/0191). Erfolgt die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse nach den Grundsätzen des § 83 Ehegesetz, so liegt keine Veräußerung und Anschaffung vor (vgl. Bodis/Hammerl in Doralt et al, EStG17, § 30 Tz 115).

28 Nach den Darlegungen des Bundesfinanzgerichts wurde in einem (aus dem Jahr 2008 stammenden) versicherungsmathematischen Gutachten die Höhe der Rente dem Wert des Hauses gegenübergestellt und danach berechnet; der Barwert der Kaufpreisrente entsprach (exakt) dem (geschätzten) Wert des Hälfteanteils der Liegenschaft. Dass für die Höhe der Rentenzahlungen auch weitere Kriterien (iSd § 83 Ehegesetz) herangezogen worden wären, behauptet keine der Verfahrensparteien. Auch behauptet keine der Verfahrensparteien, dass die Rentenzahlung auch andere Ansprüche (betreffend Gebrauchsvermögen, andere Ersparnisse, oder etwa ‑ so der ehemalige Ehemann in seiner vom Finanzamt vorgelegten Stellungnahme ‑ Unterhaltsansprüche) abgelten solle.

29 Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn das Bundesfinanzgericht davon ausgegangen ist, dass die Rentenzahlung im vorliegenden Fall keine nach den Kriterien des Ehegesetzes (nach Billigkeit) bemessene Ausgleichszahlung ist, sondern hiebei der Austausch von Leistung und adäquater Gegenleistung (Hälfte der Liegenschaft gegen Rentenzahlung) im Vordergrund steht.

30 Da der Barwert der Rentenzahlungen nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts dem Wert des übertragenen Hälfteanteils der Liegenschaft entspricht (und die Rentenzahlungen keine Unterhaltskomponente beinhalten), besteht auch kein Zweifel daran, dass es sich um eine Gegenleistungsrente und keine Unterhaltsrente handelt.

31 Damit ist bereits dem insoweit klaren Wortlaut des § 16 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 und des § 18 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 zu entnehmen, dass diese Renten als Werbungskosten oder Sonderausgaben zu berücksichtigen sind, soweit die Summe der verausgabten Beträge den Wert der Gegenleistung (also den kapitalisierten Wert der wiederkehrenden Bezüge) übersteigt.

32 Für Betriebsausgaben im (hier unbestritten vorliegenden) Fall der Ermittlung des Gewinns nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 gilt nichts anderes.

33 Wenn in der Revision ergänzend geltend gemacht wird, die Rentenzahlungen seien als Anschaffungskosten für das erworbene Grundstück zu werten, sodass sie nicht sofort abzugsfähig seien, ist zu bemerken, dass der Anschaffungswert des gegen Leibrente erworbenen Wirtschaftsgutes dem im Zeitpunkt des Erwerbes ermittelten Kapitalwert der Rentenverpflichtung entspricht. Dieser Wert wird weder geringer, wenn der Rentenberechtigte früher stirbt, als nach der durchschnittlichen Lebenserwartung anzunehmen war, noch auch größer, wenn der Rentenberechtigte (wie hier) den versicherungsmathematisch ermittelten Endzeitpunkt der Rente überlebt. Diese Umstände bewirken keine nachträgliche Erhöhung oder Minderung des Anschaffungswertes, sondern sind in der Erfolgsrechnung des Rentenverpflichteten zu berücksichtigen (vgl. VwGH 21.4.1961, 2966/58). Rentenzahlungen, die den Rentenbarwert übersteigen, sind daher auch vor diesem Hintergrund als die Einkünfte mindernd (oder als Sonderausgaben) zu berücksichtigen.

34 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

35 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 28. Juni 2023

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