Normen
WaffG 1996 §25 Abs3
WaffG 1996 §8 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022030123.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht ‑ durch Bestätigung eines entsprechenden Bescheids der belangten Behörde ‑ dem Revisionswerber gemäß § 25 Abs. 3 iVm § 8 Abs. 1 Z 2 Waffengesetz 1996 (WaffG) einen Waffenpass (für zwei genehmigungspflichtige Schusswaffen) und eine Waffenbesitzkarte (für sieben genehmigungspflichtige Schusswaffen) entzogen; die ordentliche Revision wurde nicht zugelassen.
2 Dem legte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen zu Grunde, der Revisionswerber habe am Abend des 14. März 2020 bei einem Besuch bei Bekannten gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Alkohol konsumiert. Er habe dabei eine Faustfeuerwaffe (Revolver) bei sich getragen, welche sich in einem Waffenfutteral in der Jackentasche befunden habe. Bei der Heimfahrt mit seinem PKW sei der Revisionswerber mit einer Blutalkoholkonzentration von ca. 1,26 ‰ von der Fahrbahn abgekommen und gegen eine Feldzufahrt geprallt. Die nicht angegurtete Lebensgefährtin des Revisionswerbers sei bei dem Unfall ums Leben gekommen. Im Zuge der Rettungsmaßnahmen habe der Revisionswerber kurzzeitig das Bewusstsein verloren. Die Einsatzkräfte hätten die Schusswaffe weder beim Revisionswerber noch im Umfallbereich vorfinden können. Ihr Verbleib sei bis dato ungeklärt. Der Revisionswerber habe das Abhandenkommen der Waffe erst einige Tage später bemerkt, weil er zunächst der Meinung gewesen sei, dass sich diese im Safe seiner Lebensgefährtin befunden habe.
3 Die Verlässlichkeit des Revisionswerbers im Sinne des § 8 Abs. 1 WaffG sei nicht mehr gegeben, weil er ein Kraftfahrzeug in einem erheblich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt und dabei eine genehmigungspflichtige Schusswaffe transportiert habe. Dabei habe er überdies einen tödlichen Verkehrsunfall verschuldet, bei dem die transportierte Schusswaffe abhanden gekommen sei, und der zu einer erheblichen Verletzung und temporären Bewusstlosigkeit des Revisionswerbers geführt habe. Damit habe sich genau jenes Risiko verwirklicht, weswegen der Transport einer Schusswaffe in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand im Hinblick auf die waffenrechtliche Verlässlichkeit ‑ wegen der signifikanten Erhöhung der Wahrscheinlichkeit eines Kontrollverlustes über die Waffe ‑ als nicht zulässig erachtet werde. Die Folgen des Verhaltens des Revisionswerbers - nämlich das tatsächliche Abhandenkommen einer Schusswaffe - seien nicht „unbedeutend“, sein diesbezügliches Vorbringen mache deutlich, dass ihm eine ausreichend verantwortungsbewusste Einstellung im Umgang mit Schusswaffen nach wie vor fehle.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich sie vorliegende außerordentliche Revision.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Zu ihrer Zulässigkeit bringt die Revision zusammengefasst vor, es fehle an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu einer Situation, in der eine Person eine Waffe sicher am Körper verwahre, die Alkoholisierung auf die sichere Verwahrung keinen Einfluss habe und die Waffe durch eine Handlung Dritter abhanden komme. Nach der Judikatur des deutschen Bundesverwaltungsgerichtes führe nicht jeglicher Alkoholkonsum zur Unzuverlässigkeit des Waffenbesitzers, außerdem seien beim Transport von Waffen geringere Anforderungen als beim Schießen gegeben. Der Verwaltungsgerichtshof habe sich mit dieser Thematik bislang nicht beschäftigt. Die bisherige (nicht näher bezeichnete) Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu Alkohol und Verwahrung der Waffe habe darauf abgestellt, dass durch den Alkoholkonsum eine Verwahrungsproblematik an sich hervorgerufen worden sei. Im vorliegenden Fall sei gerade keine mangelnde Verwahrung der Waffe gegeben gewesen, sondern der Kontrollverlust allein durch die schwere Verletzung des Revisionswerbers eingetreten. Er habe nach dem Alkoholkonsum die Waffe in der bisherigen Form weiter verwahrt und keine Möglichkeit gehabt, die Waffe in zulässiger Weise anders zu verwahren.
9 Mit diesem Vorbringen wird nicht dargelegt, dass der Verwaltungsgerichtshof bei Entscheidung über die vorliegende Revision eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen hätte.
10 Nach § 25 Abs. 3 WaffG hat die Behörde waffenrechtliche Urkunden zu entziehen, wenn sich bei einer entsprechenden Überprüfung ergibt, dass der Berechtigte nicht mehr verlässlich ist. Nach § 8 Abs. 1 WaffG ist ein Mensch verlässlich, wenn er voraussichtlich mit Waffen sachgemäß umgehen wird und keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er 1. Waffen missbräuchlich oder leichtfertig verwenden wird; 2. mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren wird; 3. Waffen Menschen überlassen wird, die zum Besitz solcher Waffen nicht berechtigt sind.
11 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes reicht das Mitführen von Schusswaffen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand in der Regel aus, die waffenrechtliche Verlässlichkeit einer Person zu verneinen (vgl. VwGH 17.9.2003, 2001/20/0020, mwN; zum Führen einer genehmigungspflichtigen Schusswaffe beim Lenken eines Kraftfahrzeuges in alkoholisiertem Zustand VwGH 28.3.2006, 2005/03/0246; zum Transport einer ungeladenen Waffe in einem versperrten Behältnis in einem Cabriolet VwGH 23.10.2008, 2005/03/0133). Alkoholkonsum an sich kann (nur) dann die Annahme fehlender Verlässlichkeit im Sinne des § 8 Abs. 1 WaffG rechtfertigen, wenn ein „waffenrechtlicher Bezug“, wie etwa im Falle des Mitführens von Schusswaffen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand, gegeben ist (VwGH 1.7.2005, 2005/03/0024; VwGH 29.1.2009, 2006/03/0013; je mwN).
12 Zur Prämisse des Revisionswerbers, er habe die Schusswaffe ordnungsgemäß an seinem Körper verwahrt und es sei nur durch den Unfall zu einem Kontrollverlust gekommen, reicht der Hinweis, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Mitführen einer Schusswaffe beim Lenken eines Kraftfahrzeuges in alkoholisiertem Zustand gerade nicht sachgemäß ist, weil der Lenker damit zu rechnen hat, dass er in seinem durch Alkohol beeinträchtigten Gesamtzustand nicht nur sich und andere Verkehrsteilnehmer gefährden würde, sondern dass er darüber hinaus auf Grund dieser qualifiziert erhöhten Gefahr auch in die Lage kommen könnte, bei einem allfälligen Verkehrsunfall die mitgeführte Waffe nicht entsprechend sichern zu können (vgl. erneut VwGH 28.3.2006, 2005/03/0246; die dort fallbezogen im Hinblick auf eine geladen geführte Schusswaffe angestellten Überlegungen sind auf Grund der Gefahren, die gleichermaßen vom Zugriff Unbefugter auf ungeladene Waffen ausgehen ‑ vgl. etwa VwGH 25.3.2009, 2007/03/0002, mwN ‑ auf den Transport ungeladener genehmigungspflichtiger Schusswaffen übertragbar).
13 Entgegen der Zulässigkeitsbegründung der Revision besteht also bereits Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die auf den vorliegenden Fall angewendet werden kann, und mit welcher das angefochtene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes auch in Einklang steht.
14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 30. Mai 2022
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