VwGH Ra 2022/02/0115

VwGHRa 2022/02/011531.1.2023

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Dr. Köller sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer‑Kober und den Hofrat Mag. Straßegger als Richter und Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Herrmann‑Preschnofsky, über die Revision der S KG in W, vertreten durch Mag. Martin Paar, Mag. Hermann Zwanzger und Mag. Tobias Praschl-Bichler, Rechtsanwälte in 1040 Wien, Wiedner Haupstraße 46/6, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 26. Jänner 2018, VGW‑102/012/8853/2017/E‑2, betreffend Maßnahmen nach dem Wiener Wettengesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien Magistratsabteilung 36), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §56
AVG §59 Abs1
B-VG Art130 Abs1 Z2
B-VG Art132 Abs2
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §28 Abs1
VwRallg
WettenG Wr 2016 §23 Abs3
WettenG Wr 2016 §23 Abs5 idF 2016/048

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RA2022020115.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2016 erhob die Revisionswerberin Beschwerde wegen der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls‑ und Zwangsgewalt gegen die am 11. November 2016 durch den Magistrat der Stadt Wien verfügte Betriebsschließung.

2 Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien (Verwaltungsgericht) vom 3. März 2017 wurde der „Beschwerde stattgegeben, als die noch aufrechten Maßnahmen hinsichtlich des Betriebes des Gastgewerbebetriebes der [Revisionswerberin] (Austausch der Türschlösser, Verwahrung der Schlüssel bei der Behörde, Versiegelung der Türen) aufgehoben werden.“

3 Mit Erkenntnis vom 9. Juni 2017, Ra 2017/02/0060, hob der Verwaltungsgerichtshof das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts vom 3. März 2017 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf, weil die Verfügung der Betriebsschließung und alle damit zusammenhängenden faktischen Verfügungen bereits mangels Erlassung eines Bescheides hinsichtlich der Betriebsschließung binnen Monatsfrist gemäß § 23 Abs. 5 Wiener Wettengesetz in der Fassung LGBl. Nr. 48/2016 als aufgehoben gelten und sich die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Aufhebung der bereits als aufgehoben anzusehenden Maßnahme daher als rechtswidrig erweise.

4 Im fortgesetzten Verfahren wies das Verwaltungsgericht die Maßnahmenbeschwerde der Revisionswerberin mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab, verpflichtete die Revisionswerberin gemäß § 35 VwGVG zu näher bezeichnetem Aufwandersatz und sprach aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichthof nicht zulässig sei.

5 Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der zur Zulässigkeit zusammengefasst vorgebracht wird, das Verwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes abgewichen, wonach ein bereits anhängiges Verfahren über eine Maßnahmenbeschwerde einzustellen sei und ein Kostenzuspruch zu unterbleiben habe, wenn im Laufe des Betriebsschließungsverfahrens ein Deckungsbescheid erlassen werde. Zudem habe das Verwaltungsgericht nicht ausreichend begründet, weshalb der Verdacht der belangten Behörde, dass in dem verfahrensgegenständlichen Lokal die Tätigkeit einer Wettunternehmerin ohne die erforderliche Bewilligung ausgeübt worden sei, begründet sei.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Insoweit die Revisionswerberin vorbringt, das Beschwerdeverfahren wäre ohne Kostenzuspruch einzustellen gewesen, verkennt sie, dass der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 9. Juni 2017, Ra 2017/02/0060, davon ausging, dass der Revisionswerberin kein Deckungsbescheid über die Betriebsschließung zugestellt und ein solcher somit auch nicht erlassen wurde, weshalb die Verfügung der Betriebsschließung im Zeitpunkt der Einbringung der Maßnahmenbeschwerde gemäß § 23 Abs. 5 Wiener Wettengesetz in der Fassung LGBl. Nr. 48/2016 als aufgehoben galt (vgl. zur Bindung an die Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichthofes etwa VwGH 27.4.2022, Ra 2022/07/0024). Mangels Erlassung eines Deckungsbescheides ist die in der Revision ins Treffen geführte Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall daher nicht anwendbar.

10 Gilt aber die Maßnahme der Betriebsschließung mangels Erlassung eines Betriebsschließungsbescheides als aufgehoben, können die mit der Betriebsschließung zusammenhängenden faktischen Verfügungen nicht mehr mit Maßnahmenbeschwerde bekämpft werden, weshalb sich die von der Revisionswerberin erhobene Beschwerde bereits im Zeitpunkt ihrer Einbringung als unzulässig erweist (vgl. in diesem Sinn VwGH 20.9.2018, Ra 2018/09/0024).

11 Bei richtiger rechtlicher Beurteilung wäre die Maßnahmenbeschwerde der Revisionswerberin daher schon vom Verwaltungsgericht wegen mangelnden Rechtsschutzbedürfnisses zurückzuweisen gewesen. Dass das Verwaltungsgericht die Beschwerde stattdessen nach inhaltlicher Behandlung abgewiesen hat, verletzt die revisionswerbenden Parteien in ihren subjektiven Rechten nicht (vgl. etwa VwGH 26.4.2016, Ra 2016/03/0043, mwN). Das Zulässigkeitsvorbringen betreffend die mangelhafte Begründung der Sachentscheidung des Verwaltungsgerichts geht vor diesem Hintergrund jedoch ebenfalls ins Leere.

12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 31. Jänner 2023

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte