VwGH Ra 2021/06/0114

VwGHRa 2021/06/011416.8.2021

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag.a Merl und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache des Prof. Dr. G P, vertreten durch Dr. Michael E. Sallinger und Dr. Christof Rampl, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Sillgasse 21/III, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 17. Mai 2021, LVwG‑2020/48/0200‑19, betreffend Beseitigungsauftrag und Benützungsverbot nach der TBO 2018 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Stadtmagistrat der Stadt Innsbruck; weitere Partei: Tiroler Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

BauO Tir 2018 §46
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021060114.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Tirol (LVwG) die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid des Stadtmagistrates I. (Behörde) vom 12. Dezember 2019, mit welchem ihm gemäß § 46 Tiroler Bauordnung 2018 (TBO 2018) die Beseitigung des gesetzwidrigen Zustandes und die Herstellung des näher genannten Bewilligungen und einer Bauanzeige entsprechenden Zustandes innerhalb einer bestimmten Frist aufgetragen und die weitere Benützung des konsenslosen Zubaus untersagt worden war, mit einer Maßgabe ab und erklärte eine ordentliche Revision für nicht zulässig.

Begründend führte das LVwG im Wesentlichen aus, im Rahmen eines baupolizeilichen Ortsaugenscheines sei festgestellt worden, dass bei der gegenständlichen Wohnungseigentumseinheit Top 3 der östliche Teil der südlichen Außenwand in der Ebene +02 über eine Länge von 6 m etwa 1,6 m in Richtung Süden gerückt und die östliche Außenwand um 1,6 m nach Süden verlängert worden sei, wodurch die Wohnnutzfläche um 9,17 m2 vergrößert worden sei. Ein Antrag auf nachträgliche Bewilligung dieses baubewilligungspflichtigen Zubaus sei mit Bescheid der Behörde vom 17. Jänner 2019 ebenso wie eine dagegen eingebrachte Beschwerde vom LVwG abgewiesen worden; auch die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (Ablehnung VfGH 22.9.2020, E 4289/2019) und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof (Zurückweisung VwGH 29.12.2020, Ra 2020/06/0315) seien erfolglos geblieben.

Nach Hinweisen auf die hg. Rechtsprechung zur Bestimmtheit von baupolizeilichen Aufträgen führte das LVwG aus, die vorgenommenen Änderungen seien Gegenstand eines Verfahrens zur nachträglichen Bewilligung gewesen, welches jedoch durch eine Abweisung rechtskräftig abgeschlossen worden sei. Ein baupolizeilicher Auftrag sei ausreichend bestimmt, wenn die Herstellung des mit dem konkreten Baubewilligungsbescheid genehmigten Plans unter Anführung der konkreten ‑ gegebenenfalls durch Fotografien dargestellten ‑ Abänderung angeordnet werde (Hinweis auf VwGH 29.12.2020, Ra 2020/06/0264). Im vorliegenden Fall sei unzweifelhaft klar, welche Terrasse gemeint und welche Wand nicht ordnungsgemäß ausgeführt worden sei. Es sei somit nicht zweifelhaft, welcher Zustand herzustellen sei; diesbezüglich werde auf das Verfahren zur nachträglichen Bewilligung des baubewilligungspflichtigen Zubaus verwiesen.

5 In der Zulässigkeitsbegründung macht der Revisionswerber ein Abweichen von der hg. Rechtsprechung hinsichtlich der „Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme, der Vollständigkeit des Beweisverfahrens, der Vollständigkeit der Beweiserhebungen, der Vollständigkeit der Beweismittel, ‑ und damit auch der Bestimmtheit der sich daraus ergebenden verwaltungsgerichtlichen Verfügung“ geltend. Niemand habe während des Verfahrens „eine tatsächliche Aufnahme des angeblichen Zubaus vorgenommen“. Im Beseitigungsauftrag müssten die Abweichungen von der TBO zweifelsfrei festgestellt werden.

6 Damit macht der Revisionswerber Verfahrensfehler geltend. Dazu ist auszuführen, dass schon in der Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden muss. Dies setzt voraus, dass ‑ auch in der Begründung für die Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentliche zusammengefasst ‑ jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. etwa VwGH 12.6.2019, Ra 2017/06/0030, Rn. 21, mwN).

Eine derartige Darstellung ist der Zulässigkeitsbegründung nicht zu entnehmen. Die offenbar auch dem Revisionswerber bewussten Abweichungen vom Baukonsens betreffend leitete dieser selbst ein Verfahren zur nachträglichen Genehmigung dieser Abweichungen ein, auf das sich das LVwG mehrfach bezog. Darauf geht die Revision mit keinem Wort ein. Der Revisionswerber lässt auch offen, inwiefern Zweifel bestehen könnten, was konkret zu beseitigen sei (die südliche Außenwand in der Ebene +02, die über eine Länge von 6 m etwa 1,6 m in Richtung Süden gerückt und die östliche Außenwand, die um 1,6 m nach Süden verlängert wurde; die Abweichungen vom Baukonsens sind in den Verfahrensakten sowohl planlich dargestellt als auch durch Fotos dokumentiert), und aus welchen Gründen nicht zumindest ein Fachkundiger (vgl. den vom Revisionswerber selbst zitierten Beschluss VwGH 19.12.2018, Ra 2018/06/0253) allfällige Zweifel durch einen Blick in die Planunterlagen klären könnte.

7 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme; sie war daher zurückzuweisen.

8 In Hinblick darauf erübrigt sich ein Abspruch über den mit der Revision verbundenen Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 16. August 2021

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