VwGH Ra 2021/05/0224

VwGHRa 2021/05/02248.8.2023

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. Dr. Zehetner sowie die Hofrätinnen Dr. Leonhartsberger und Dr.in Gröger als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Bamer, in der Revisionssache des K W in S, vertreten durch die List Rechtsanwalts GmbH in 1180 Wien, Weimarer Straße 55/1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 21. Juli 2020, LVwG‑152243/9/DM, betreffend Versagung einer Baubewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeinderat der Gemeinde W, vertreten durch die Haslinger/Nagele Rechtsanwälte GmbH in 4020 Linz, Roseggerstraße 58; weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

BauRallg
ROG OÖ 1994 §21 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RA2021050224.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Revisionswerber hat der Gemeinde Waldneukirchen Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit dem nach mehreren Rechtsgängen im innergemeindlichen Instanzenzug ergangenen Bescheid des Gemeinderats der Gemeinde W vom 2. April 2020 wurde der Antrag des Revisionswerbers vom 4. April 2011 auf Bewilligung eines Dachgeschoßausbaus für ein bestehendes und baubehördlich bewilligtes Wohnhaus abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, nach dem geltenden Flächenwidmungsplan Nr. 4.46 befinde sich das Wohngebäude des Revisionswerbers auf dem Grundstücksteil mit der Widmung „eingeschränktes gemischtes Baugebiet“ („MB“), welche dem Einbau zusätzlicher Wohnräume entgegenstehe. Diese Widmung habe bereits im Zeitpunkt der Antragstellung nach dem damals geltenden Flächenwidmungsplan bestanden.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (Verwaltungsgericht) die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid des Gemeinderats ‑ mit einer ‑ im Revisionsfall unmaßgeblichen ‑ Maßgabe ‑ als unbegründet ab und sprach aus, dass eine Revision gegen diese Entscheidung unzulässig sei.

3 Begründend führte das Verwaltungsgericht ‑ soweit von Relevanz und zusammengefasst ‑ aus, der Revisionswerber habe am 4. April 2011 die Erteilung einer Baubewilligung für das näher dargestellte Bauvorhaben „Dachgeschoßausbau im bestehenden Wohnhaus“ auf einem näher bezeichneten Grundstück der KG W. beantragt. Auf dieser Liegenschaft bestehe kein Betrieb.

4 Der maßgebliche und zum Entscheidungszeitpunkt des angefochtenen Erkenntnisses wirksame Flächenwidmungsplan Nr. 4, Änderung Nr. 4.46, der Gemeinde W. sehe für das gegenständliche Grundstück zum Teil die Flächenwidmung „eingeschränktes gemischtes Baugebiet“ („MB“), zum Teil eine Grünlandwidmung vor, wobei die beantragte Baumaßnahme auf dem als „MB“ gewidmeten Grundstücksteil errichtet werden solle.

5 Auch wenn nach dem Vorbringen des Revisionswerbers zum Zeitpunkt der Errichtung und Bewilligung des Wohngebäudes das Grundstück als „Bauland-Wohngebiet“ gewidmet gewesen sei, bringe er nicht vor, dass der beantragte Dachgeschoßausbau bereits mit der ursprünglichen Baubewilligung des Wohngebäudes genehmigt worden sei.

6 In der im Flächenwidmungsplan ausgewiesenen Widmung „eingeschränktes gemischtes Baugebiet“ („MB“) sei der Einbau zusätzlicher Wohnräume widmungswidrig (Verweis auf die Ermächtigung in § 22 Abs. 5 Oö. Raumordnungsgesetz 1994 ‑ Oö. ROG 1994). Lediglich Betriebswohnungen im Sinn des § 22 Abs. 5 leg. cit. wären zulässig. Da kein Betrieb vorhanden sei, handle es sich um eine „betriebsfremde Wohnung“, die mit der vorliegenden Widmung nicht vereinbar sei. Gegen den entsprechend der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 13. Juni 2018, V 17/2018‑12, geänderten und nun rechtswirksamen Flächenwidmungsplan Nr. 4, Änderung Nr. 4.46, bestünden keine Bedenken.

7 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der ihre Behandlung mit Beschluss vom 29. September 2021, E 2754/2020‑12, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B‑VG dem Verwaltungsgerichthof zur Entscheidung abtrat.

8 Nunmehr richtet sich gegen dieses Erkenntnis die vorliegende außerordentliche Revision, in der der Revisionswerber zu ihrer Zulässigkeit mit näherer Begründung behauptet, der vertikale Zubau stehe den von der Gemeinde W. verfolgten Raumordnungszielen nicht entgegen.

9 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Zurück‑, in eventu Abweisung der Revision beantragte.

10 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

13 Der Revision gelingt es mit ihrem Vorbringen nicht, eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen:

14 Der Revisionswerber hat seine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des in Rede stehenden Flächenwidmungsplans im Rahmen einer Beschwerde gemäß Art. 144 B‑VG bereits an den Verfassungsgerichtshof herangetragen; dieser hat in seinem erwähnten Ablehnungsbeschluss vom 29. September 2021 u.a. ausgeführt, dass vor dem Hintergrund des vorliegenden Falles keine Gründe gegen die Zulässigkeit der in Rede stehenden Flächenwidmung sprechen.

15 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, es sei die Rechtsfrage nicht geklärt, wie „der ehemalige Konsens“ nach Umwidmung des Gebietes gehandhabt werden solle. Sowohl bei Wohn- als auch bei gemischten Baugebieten handle es sich um Baugebiete; die Zwecke dieser Gebiete seien nicht unvereinbar.

16 Abgesehen davon, dass dieses Vorbringen nur pauschal und ohne Bezug zum konkreten Sachverhalt erstattet wird (vgl. dazu etwa VwGH 3.4.2023, Ra 2022/05/0049, mwN), steht der Konsens des Wohnhauses ohne den beantragten Dachgeschoßausbau außer Frage. Für den beantragten Dachgeschoßausbau gab es jedoch nie einen Konsens, sodass sich im konkreten Fall keine Rechtsfrage zu einem ehemaligen Konsens stellen kann.

17 Die Revision bringt weiter vor, für Gewerbebetriebe normiere § 21 Abs. 4 Oö. ROG 1994 die Folgen einer Umwidmung und dürften bestehende Gewerbebetriebe, die nach einer Widmungsänderung nicht mehr errichtet werden dürften, unter bestimmten Voraussetzungen noch bewilligungs- und anzeigepflichtige Baumaßnahmen vornehmen. Eine derartige Klarheit bestehe bezüglich der „Umwidmung des Grundes von Wohnhäusern“ nicht. Anknüpfend an § 21 Abs. 4 Oö. ROG 1994 wäre bei sonstigen Umwidmungen zu bewerten, ob das Vorhaben Raumordnungszielen entgegenstehe - was im gegenständlichen Fall im gemischten Bauland nicht der Fall sei.

18 Richtig ist, dass es hinsichtlich Wohnhäusern keine dem § 21 Abs. 4 Oö. ROG 1994 vergleichbare Norm gibt. Dies schafft jedoch keine Unklarheit, weil in Ermangelung einer speziellen „Übergangsnorm“ hinsichtlich allfälliger Bauvorhaben an bestehenden Wohnhäusern die allgemeinen Bauvorschriften anzuwenden sind. Dass von einer durch Analogie zu schließenden Lücke auszugehen wäre, vermag die Revision mit ihrem allgemein gehaltenen Vorbringen nicht aufzuzeigen.

19 Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausspricht, können Normbedenken gegen generelle Rechtsvorschriften vor dem Verwaltungsgerichtshof zudem nicht als grundsätzliche Rechtsfrage aufgeworfen werden; die Zulässigkeit einer Revision kann mit einer solchen Frage nicht begründet werden, da die Frage der Rechtmäßigkeit von generellen Rechtsvorschriften in die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes fällt (vgl. etwa VwGH 11.1.2022, Ra 2021/05/0183; 21.10.2021, Ra 2021/07/0064; 11.1.2021, Ra 2020/06/0316; 23.5.2018, Ra 2018/05/0160, und 24.4.2018, Ro 2018/05/0005, jeweils mwN).

20 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

21 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 8. August 2023

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte