Normen
WaffG 1996 §21 Abs2
WaffG 1996 §22 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021030153.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom 22. Oktober 2020 wies die Landespolizeidirektion Steiermark den Antrag des Revisionswerbers auf Ausstellung eines Waffenpasses gemäß § 21 Abs. 2 und § 22 Abs. 2 WaffG ab. Die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark (Verwaltungsgericht) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und erklärte die Revision für nicht zulässig.
2 Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, der Revisionswerber transportiere zwei- bis dreimal in der Woche Geld, mehrere Tausend Euro, vornehmlich in Münzen und teilweise auch in Geldscheinen, von mehreren Eisdielen zur Bank. Dort zahle er das Geld in den Einzahlungsautomaten im ‑ für jeden zugänglichen ‑ Foyer‑Bereich der Bank ein. Dies sei laut bzw. auffällig und erfolge ‑ auf Ersuchen der Bank ‑ abends. Eine alternative Einzahlungsmodalität würde er selbst nicht sehen. Ebenso wenig in Erfahrung gebracht hätte er alternative Einzahlungs‑ bzw. Geldtransportmöglichkeiten, wie beispielsweise die Beauftragung eines privaten Sicherheitsdienstes. Zu konkreten Gefährdungssituationen sei es trotz der auffälligen Einzahlungsmethode bislang noch nicht gekommen.
Das Verwaltungsgericht ging dabei davon aus, dass es am Waffenpasswerber liege, den Bedarf zum Führen einer Faustfeuerwaffe nachzuweisen bzw. die besondere Gefahrenlage glaubhaft zu machen. Dabei würden bloße Vermutungen und Befürchtungen nicht ausreichen, sofern sich nicht aus verdichteten Verdachtsmomenten eine konkrete Gefährdung ergebe. Aus den abendlichen Geldtransporten von den Eisdielen zur Bank und der auffälligen Einzahlungsweise ergebe sich kein solcher Bedarf. Laut Ansicht des Verwaltungsgerichtes habe der Revisionswerber noch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft, die eine möglicherweise sichere bzw. zweckdienlichere Einzahlungsmöglichkeit gewährleisten würden. Nicht alle Einzahlungsautomaten befänden sich in den Eingangsfoyers der Banken. Der Revisionswerber habe auch bisher noch keine Anstellung eines privaten Sicherheitsdienstes in Erwägung gezogen. Ausgehend von der ‑ näher dargestellten ‑ Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei im Fall des Revisionswerbers das Vorliegen eines Bedarfs nicht anzunehmen. Daran ändere auch der „hohe Bekanntheitsgrad“ des Revisionswerbers oder der gute Eindruck, den er in der mündlichen Verhandlung hinterlassen hätte, nichts.
3 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der der Revisionswerber zur Zulässigkeit im Wesentlichen vorbringt, dass ihm das Alternativverhalten, wie es das Verwaltungsgericht als möglich angesehen hatte, nicht zumutbar sei. Das Verwaltungsgericht habe kein taugliches Alternativverhalten vorgeschlagen. Es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Zumutbarkeit eines bedarfausschließenden Alternativverhaltens.
4 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Gemäß § 21 Abs. 2 WaffG hat die Behörde verlässlichen EWR-Bürgern, die das 21. Lebensjahr vollendet haben und einen Bedarf zum Führen von Schusswaffen der Kategorie B nachweisen, einen Waffenpass auszustellen. Die Ausstellung eines Waffenpasses an andere verlässliche Menschen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben, liegt im Ermessen der Behörde. Ein Bedarf im Sinne des § 21 Abs. 2 WaffG ist nach § 22 Abs. 2 Z 1 WaffG jedenfalls als gegeben anzunehmen, wenn der Betroffene glaubhaft macht, dass er außerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder seiner eingefriedeten Liegenschaften besonderen Gefahren ausgesetzt ist, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann.
8 Nach der ständigen Rechtsprechung ist es allein Sache des Waffenpasswerbers, das Vorliegen eines Bedarfes zum Führen genehmigungspflichtiger Schusswaffen nachzuweisen und im Anwendungsbereich des § 22 Abs. 2 WaffG die dort geforderte besondere Gefahrenlage, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann, glaubhaft zu machen. Der Waffenpasswerber hat daher im Verwaltungsverfahren konkret und in substanziierter Weise im Einzelnen darzutun, woraus er für seine Person die geforderte besondere Gefahrenlage ableite, dass diese Gefahr für ihn gleichsam zwangsläufig erwachse und dass es sich hierbei um eine solche qualifizierte Gefahr handle, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden könne. Bloße Vermutungen und Befürchtungen einer möglichen Bedrohung reichen zur Dartuung einer Gefährdung nicht aus, solange sich Verdachtsgründe nicht derart verdichten, dass sich schlüssig eine konkrete Gefährdung ergibt. Es reicht also nicht aus, dass in bestimmten Situationen das Führen einer genehmigungspflichtigen Schusswaffe zweckmäßig sein kann, vielmehr ist zum einen glaubhaft zu machen, dass in derartigen Situationen eine genehmigungspflichtige Schusswaffe geradezu erforderlich ist, und dass auf andere Weise der Bedarf nicht befriedigt, das bedarfsbegründende Ziel nicht erreicht werden kann; zum anderen ist erforderlich, dass der Antragsteller selbst mit einer hohen Wahrscheinlichkeit in die bedarfsbegründende Situation kommt (vgl. VwGH 23.2.2018, Ra 2018/03/0002, mwN).
9 Der Verwaltungsgerichtshof hat bezüglich der vom Revisionswerber in seinem maßgebenden Vorbringen zur Revisionszulässigkeit relevierten Möglichkeit eines räuberischen Überfalls in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen, dass selbst die Durchführung von Geldtransporten (auch in den Abendstunden) und selbst das Mitführen sehr hoher Geldbeträge nicht schon an sich eine Gefahr darstellen, die einen Bedarf zum Führen genehmigungspflichtiger Schusswaffen begründet. Klargestellt wurde dabei, dass die Notwendigkeit des Transports von Geldbeträgen im Allgemeinen kein deutlich erhöhtes Sicherheitsrisiko bedeutet; liegt mit Rücksicht auf die maßgebenden örtlichen und zeitlichen Umstände (unbeschadet der für jedermann bestehenden Gefahr, auch zur Tageszeit und in Gebieten mit günstigen Sicherheitsverhältnissen allenfalls das Opfer eines räuberischen Überfalls zu werden) kein erhöhtes Sicherheitsrisiko vor, fehlt es an einem Bedarf zum Führen von Faustfeuerwaffen (vgl. etwa VwGH 19.12.2018, Ra 2018/03/0132, mwN).
10 Das öffentliche Interesse, die mit dem Führen von Faustfeuerwaffen auch durch verlässliche Personen verbundenen Gefahren möglichst gering zu halten, erfordert es, dass Einzelpersonen oder Unternehmen, die sich einer Gefährdung ausgesetzt erachten, zunächst im zumutbaren Rahmen auch sie belastende Maßnahmen ergreifen, um diese von ihnen als gegeben angenommenen Gefahren zu verringern (VwGH 6.5.1992, 92/01/0405). Auch dass alternative Verhaltensmöglichkeiten, durch welche den Gefahren begegnet werden könnten, nicht bestehen, hat der Waffenpasswerber von sich aus darzutun (vgl. VwGH 28.3.20006, 2005/03/0038).
11 Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dem Verwaltungsgericht nicht entgegenzutreten, wenn es das Vorliegen eines Bedarfs des Revisionswerbers verneint hat. Insbesondere ist festzuhalten, dass das Verwaltungsgericht zum Ergebnis gekommen ist, dass bei den vom Revisionswerber vorgebrachten Gründen mit Rücksicht auf die maßgebenden örtlichen und zeitlichen Umstände (der von ihm dargelegten Geldtransporte und Einzahlungen) kein erhöhtes Sicherheitsrisiko vorliege und dass er nicht habe glaubhaft machen können, dass die Gefahr, der er bei den von ihm durchgeführten Geldtransporten ausgesetzt ist, von jener Gefahr wesentlich abweiche, die bei anderen Geldtransporten bestehe. Damit kommt es aber auf die vom Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung angesprochene Rechtsfrage, ob ihm das vom Verwaltungsgericht ‑ ergänzend ‑ als möglich erachtete Alternativverhalten zumutbar ist, nicht an.
12 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 21. Oktober 2021
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)
