VwGH Ra 2021/03/0091

VwGHRa 2021/03/00912.12.2021

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der Ö AG in W, vertreten durch die Walch/Zehetbauer/Motter Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Biberstraße 11, gegen das am 10. Februar 2021 mündlich verkündete und am 6. April 2021 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich Zl. LVwG‑AV‑502/001‑2020, betreffend Kosten für die Sicherung einer Eisenbahnkreuzung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptfrau von Niederösterreich; mitbeteiligte Parteien: 1. Gemeinde S, vertreten durch Mag. Robert Hofbauer, Rechtsanwalt in 2351 Wiener Neudorf, Am Anningerpark 4/1/43, 2. F T in S), den Beschluss gefasst:

Normen

EisbKrV 2012 §102
EisenbahnG 1957 §48 Abs2
EisenbahnG 1957 §48 Abs3
EisenbahnG 1957 §48 Abs4
EisenbahnG 1957 §49

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021030091.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der erstmitbeteiligten Partei wird kein Aufwandersatzanspruch zuerkannt.

Begründung

1 Die Revisionswerberin ist ein Eisenbahninfrastrukturunternehmen und Eigentümerin bzw. Betreiberin der Schieneninfrastruktur der Eisenbahnstrecke Leobersdorf ‑ Weißenbach‑Neuhaus. Diese Eisenbahnstrecke kreuzt bei km 1,065 eine Straße mit öffentlichem Verkehr, auf der die erstmitbeteiligte Gemeinde regelmäßig Erhaltungsarbeiten durchführt, die über ein im Eigentum des Zweitmitbeteiligten stehendes Grundstück verläuft.

2 Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis wurde ‑ durch Bestätigung eines entsprechenden Bescheids der belangten Behörde ‑ der Antrag der Revisionswerberin vom 10. Jänner 2019 auf Entscheidung, dass die erstmitbeteiligte Gemeinde als Trägerin der Straßenbaulast im Sinne von § 48 Abs. 2 EisbG 50 % der Kosten für die Errichtung und Erhaltung dieser Eisenbahnkreuzung zu tragen habe, ebenso abgewiesen wie der Eventualantrag auf Feststellung, in welchem Ausmaß die Gesamtkosten von den Verkehrsträgern zu tragen seien bzw. welche Kosten die erstmitbeteiligte Gemeinde zu tragen habe; die ordentliche Revision wurde für unzulässig erklärt.

3 Dem legte das Verwaltungsgericht ‑ auf das Wesentliche zusammengefasst ‑ Folgendes zu Grunde:

4 Die fragliche Eisenbahnkreuzung sei zunächst auf Grund eines Bescheids des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 7. Jänner 2008 durch eine zuggeschaltete Lichtzeichenanlage gesichert gewesen.

5 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 21. Dezember 2015 sei ‑ als Ergebnis einer Überprüfung iSd § 102 EisbKrV ‑ ausgesprochen worden, dass die Eisenbahnkreuzung gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 EisbKrV durch Lichtzeichen zu sichern sei und beibehalten werden könne. Außerdem sei (für den Fall der Beibehaltung eines im Kreuzungsbereich in die Straße einmündenden Begleitwegs) die Anbringung eines Rücklichtes an einem der Signalgeber vorgeschrieben worden. Ausgehend vom Gutachten des Amtssachverständigen seien an der Sicherungsanlage keinerlei Änderungen ‑ und damit auch keine Bauausführungsfrist ‑ erforderlich.

6 Der Revisionswerberin sei als Partei des Sicherungsverfahrens der Bescheid vom 21. Dezember 2015 zugestellt worden und ihr gegenüber in Rechtskraft erwachsen; der Spruch dieses Bescheids entfalte im Kostenverfahren nach § 49 Abs. 2 iVm § 48 Abs. 2 bis 4 EisbG daher Bindungswirkung.

7 Ausgehend vom Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Dezember 2020, Ra 2020/03/0122, 0123, bestehe damit keine Grundlage für eine behördliche Kostenentscheidung nach § 49 Abs. 2 iVm § 48 Abs. 2 bis 4 EisbG: Es sei im Bescheid vom 21. Dezember 2015 nämlich ausgesprochen worden, dass die bisherige Sicherung der Eisenbahnkreuzung beibehalten werden könne und bloß ergänzend die Anbringung eines Rücklichts vorgeschrieben worden; eine neue Festlegung der Sicherung im Sinne des genannten Erkenntnisses sei damit nicht erfolgt. Der davor erlassene Bescheid vom 7. Jänner 2008 wiederum komme als Grundlage einer behördlichen Kostenentscheidung schon im Hinblick auf das Verstreichen der dreijährigen Antragsfrist des § 48 Abs. 3 EisbG nicht in Betracht.

8 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ‑ außerordentliche - Revision.

9 Die erstmitbeteiligte Partei hat zu dieser Revision ‑ ohne dazu aufgefordert worden zu sein ‑ eine Äußerung erstattet.

10 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

13 Die demnach für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision allein maßgebende Zulässigkeitsbegründung der Revision macht geltend, es bestehe keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zur Frage, ob in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem sowohl der alte als auch der neue Sicherungsbescheid zeitlich nach Inkrafttreten des Deregulierungsgesetzes 2001 ergangen seien, ohne dass dabei eine Kostenentscheidung durch die Behörde erfolgt sei, und die technische Nutzungsdauer der zuvor bestehenden Sicherungsanlage noch nicht zur Gänze abgelaufen sei, eine neue Kostenentscheidung nach § 48 Abs. 2 bis 4 iVm § 49 EisbG zulässig sei.

14 Mit diesem Vorbringen wird nicht dargelegt, dass der Verwaltungsgerichtshof bei Entscheidung über die vorliegende Revision eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen hätte.

15 Im Revisionsfall ist im („neuen“) Sicherungsbescheid der belangten Behörde vom 21. Dezember 2015 ‑ unter Bezugnahme auf § 102 Abs. 1 bis 5 EisbKrV ‑ ausgesprochen worden, dass die bisherige Sicherungsart (durch Lichtzeichen) beibehalten werden könne.

16 In einem solchen Fall kommt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs die sinngemäße Anwendung des § 48 Abs. 2 bis 4 EisbG nicht zum Tragen; die Rechtskraft der seinerzeitigen behördlichen Entscheidung steht einer (neuerlichen) Kostenentscheidung entgegen, was unabhängig davon gilt, ob im „alten“ Sicherungsbescheid eine behördliche Kostenentscheidung getroffen worden ist oder nicht (vgl. VwGH 23.6.2021, Ra 2021/03/0033, mwN).

17 Ist die technische Nutzungsdauer der Schrankenanlage im Zeitpunkt der neuen Sicherungsentscheidung bereits abgelaufen, kommt eine Beibehaltung der bisherigen Sicherungsart gemäß § 102 Abs. 3 EisbG von vornherein nicht in Betracht. Erfolgt die neue Sicherungsentscheidung hingegen zu einem Zeitpunkt, zu dem die technische Nutzungsdauer der bisherigen Anlage noch nicht abgelaufen ist, wäre eine Beibehaltung der bisherigen Sicherungsart gemäß § 102 Abs. 3 EisbKrV ‑ unter den dort genannten Voraussetzungen ‑ möglich und es bestünde für die Parteien des Sicherungsverfahrens auch ein Rechtsanspruch auf Anwendung dieser Norm (vgl. wiederum VwGH 23.6.2021, Ra 2021/03/0033, mwN).

18 Zu den angesprochenen Fragen besteht daher bereits Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs, von der das Verwaltungsgericht auch nicht abgewichen ist.

19 In der Revision werden demnach keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

20 Nach § 30a Abs. 7 in Verbindung mit § 36 Abs. 1 VwGG hat im Falle einer außerordentlichen Revision der Verwaltungsgerichtshof das Vorverfahren zu führen und die Parteien zur Einbringung einer Revisionsbeantwortung aufzufordern. Eine solche Aufforderung ist seitens des Verwaltungsgerichtshofes nicht ergangen. Der Ersatz der Kosten für die seitens der mitbeteiligten Partei erstattete Äußerung zur Revision konnte daher nicht zugesprochen werden (VwGH vom 3. Juli 2015, Ra 2015/03/0041, mwN).

Wien, am 2. Dezember 2021

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