LVwG Niederösterreich LVwG-AV-502/001-2020

LVwG NiederösterreichLVwG-AV-502/001-20206.4.2021

EisenbahnG 1957 §48 Abs3
EisbKrV 2012 §12
EisbKrV 2012 §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.AV.502.001.2020

 

 

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Dr. Flendrovsky als Einzelrichter über die Beschwerde der A AG in ***, vertreten durch B Rechtsanwälte OG in ***, ***, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 7. April 2020, Zl. *** (mitbeteiligte Parteien: 1. Marktgemeinde ***, vertreten durch C, Rechtsanwalt in ***, ***; 2. D in ***, ***), betreffend Kosten für die Sicherung einer Eisenbahnkreuzungen, durch Verkündung im Anschluss an die öffentliche mündliche Verhandlung vom 10. Februar 2021 zu Recht erkannt:

 

1. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

2. Gegen diese Erkenntnis ist eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG iVm § 25a Abs. 1 VwGG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

 

I. Wesentlicher Sachverhalt und Verfahrensgang

 

1. Das Verfahren betrifft einen Antrag der beschwerdeführenden Gesellschaft auf Entscheidung über die Kosten für die Sicherung der Eisenbahnkreuzung in km *** der von der Gesellschaft betriebenen Eisenbahnstrecke *** – *** (die früher bis *** führte) mit einer Straße mit öffentlichem Verkehr, die über ein im Eigentum des Zweitmitbeteiligten stehendes Grundstück verläuft, auf dem jedoch die erstmitbeteiligte Gemeinde regelmäßig Erhaltungsarbeiten durchführt, insbesondere den Winterdienst besorgt.

 

2. Die Kreuzung war zunächst auf Grund eines Bescheides des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 7. Jänner 2008 durch eine zuggeschaltete Lichtzeichenanlage gesichert.

 

3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 21. Dezember 2015 wurde ausgesprochen, dass die Eisenbahnkreuzung gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 EisbKrV durch Lichtzeichen zu sichern sei und beibehalten werden könne. Außerdem wurde (für den Fall der Beibehaltung eines im Kreuzungsbereich in die Straße einmündenden Begleitweges) die Anbringung eines Rücklichts an einem der Signalgeber vorgeschrieben.

In der Begründung nahm die belangte Behörde einleitend auf § 102 Abs. 1 EisbKrV Bezug. Demnach habe sie bei der Überprüfung bestehender Lichtzeichenanlagen festzustellen, ob die bestehenden Sicherungseinrichtungen nach Maßgabe des § 102 Abs. 3 bis 5 EisbKrV als Lichtzeichen gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 EisbKrV bestehen bleiben können. In weiterer Folge zitierte sie das Gutachten eines Amtssachverständigen für Eisenbahntechnik, der an der Sicherungsanlage keinerlei Änderungen – und daher auch keine Bauausführungsfrist – für erforderlich erachtete. Die Vorschreibung des Rücklichts geht ebenfalls auf eine Anregung des Amtssachverständigen in der vorangegangenen mündlichen Verhandlung zurück (die allerdings in der Bescheidbegründung nicht wiedergegeben ist).

Der Bescheid wurde der beschwerdeführenden Gesellschaft, nicht aber den mitbeteiligten Parteien (dafür offenbar irrtümlich der Marktgemeinde ***) zugestellt. Ein Rechtsmittel wurde (bisher) nicht erhoben.

 

4. Das Rücklicht wurde in weiterer Folge von der beschwerdeführenden Gesellschaft angebracht.

 

5. Am 10. Jänner 2019 stellte die Gesellschaft bei der belangten Behörde den auf § 49 Abs. 2 iVm § 48 Abs. 2 bis 4 EisbG gestützten Antrag, diese möge entscheiden, dass die mitbeteiligte Gemeinde als Trägerin der Straßenbaulast im Sinne von § 48 Abs. 2 EisbG 50 % der Kosten für die Errichtung und Erhaltung/Inbetriebhaltung dieser (und weiterer) Eisenbahnkreuzungen zu tragen habe. In eventu wurde eine Entscheidung, in welchem Ausmaß die Gesamtkosten von den Verkehrsträgern zu tragen sind, in eventu dazu, welche Kosten die erstmitbeteiligte Gemeinde zu tragen habe, beantragt.

Die belangte Behörde übermittelte der Gemeinde den Antrag am 15. Jänner 2019. Diese äußerte sich dazu nicht.

 

6. Am 1. Oktober 2019 ersuchte die belangte Behörde die A AG um Bekanntgabe, ob im Hinblick auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Mai 2019, ***, und vom 26. Juni 2019, ***, der Antrag aufrechterhalten werde.

Diese brachte dazu in ihrer Äußerung vom 22. Oktober 2019 ergänzend vor, dass die von der Behörde angeführten Judikate des Verwaltungsgerichtshofes nicht auf die hier gegenständliche Eisenbahnkreuzung übertragbar seien und das Erkenntnis vom 26. Juni 2019 überdies nur „einen Teilbereich“ (nämlich nicht technische Sicherungen) abdecken würden. Bei technischen Sicherungsanlagen komme es bei der Frage nach einer Neuerrichtung oder Beibehaltung maßgeblich auf die restliche technische Nutzungsdauer der bestehenden Anlage an. Diese sei bei der vorliegenden Anlage zwar noch nicht gänzlich, allerdings ca. zur Hälfte abgelaufen, also weit fortgeschritten, was bei der Kostentragung zumindest anteilig berücksichtigt werden müsse. Ansonsten komme es zu einer unbilligen Bevorzugung des Straßenerhalters.

 

7. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 7. April 2020 wurden der Hauptantrag und die Eventualanträge der beschwerdeführenden Gesellschaft vom 10. Jänner 2019 abgewiesen. In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, dass für die Eisenbahnkreuzung durch den Bescheid vom 21. Dezember 2015 nur festgelegt worden sei, dass die bisherige Art der Sicherung beibehalten werden könne. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom 18. Februar 2015, Ro 2014/03/0077, ausgesprochen, dass diesfalls die sinngemäße Anwendung des § 48 Abs. 2 bis 4 EisbG nicht zum Tragen komme.

Von der beschwerdeführenden Gesellschaft sei – wie sich auch aus ihrem eigenen Antrag sowie der angeschlossenen Kostenaufstellung ergebe – lediglich die bestehende Sicherungsanlage nach § 9 EKVO 1961 an die neuen rechtlichen und technischen Bestimmungen der EisbKrV angepasst worden. Im Erkenntnis vom 26. Juni 2019 habe der Verwaltungsgerichtshof dargelegt, dass die Möglichkeit einer Anpassung eine Weiterbelassung bzw. Beibehaltung der bestehenden Sicherungsart bedinge. Daher ziehe die erfolgte Anpassung keine (neue) Kostenentscheidung gemäß § 48 Abs. 2 bis 4 EisbG nach sich.

 

8. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vom 30. April 2020, mit der die beschwerdeführende Gesellschaft ihre bisherigen rechtlichen Ausführungen im Wesentlichen wiederholt und beantragt, das Landesverwaltungsgericht möge ihrem Antrag vom 10. Jänner 2019 (in eventu im gesetzlichen Ausmaß) Folge geben, in eventu den angefochtenen Bescheid aufheben und zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückverweisen.

Die Beschwerde wurden dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich von der belangten Behörde am 12. Mai 2020 vorgelegt.

 

9. Das Gericht führte am 10. Februar 2021 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der Vertreter der beschwerdeführenden Gesellschaft (samt ihrem Rechtsvertreter), der Rechtsvertreter der erstmitbeteiligten Gemeinde sowie der Zweitmitbeteiligte teilnahmen.

In der Verhandlung wurde der soeben auf Grund der Aktenlage sowie ergänzender Angaben der Vertreter der beschwerdeführenden Gesellschaft festgestellte Sachverhalt und Verfahrensgang von keiner anwesenden Partei bestritten.

Nach Schluss der Verhandlung hat das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich das vorliegende Erkenntnis mit den wesentlichen Entscheidungsgründen mündlich verkündet. Die beschwerdeführende Gesellschaft beantragte sogleich eine schriftliche Ausfertigung der Entscheidung.

II. Rechtsvorschriften

 

1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrens-gesetzes (VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 57/2018, lauten:

„[…]

Anzuwendendes Recht

§ 17. Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

[…]

Verhandlung

§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

[…]

Erkenntnisse

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B‑VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

[…]“

 

2. Gemäß § 38 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. 51 idF BGBl. I 33/2013, ist (sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen) die Behörde berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.

 

3. Die maßgeblichen Bestimmungen des Eisenbahngesetzes 1957, BGBl. 60 idF BGBl. I 137/2015, lauten:

„[…]

4. Teil

Kreuzungen mit Verkehrswegen, Eisenbahnübergänge

1. Hauptstück

Bauliche Umgestaltung von Verkehrswegen, Auflassung schienengleicher Eisenbahnübergänge

Anordnung der baulichen Umgestaltung und der Auflassung

§ 48. (1) Die Behörde hat auf Antrag eines zum Bau und zum Betrieb von Haupt-, Neben-, Anschluss- oder Materialbahnen mit beschränkt-öffentlichem Verkehr berechtigten Eisenbahnunternehmens oder eines Trägers der Straßenbaulast anzuordnen:

1. an einer bestehenden Kreuzung zwischen einer Haupt-, Neben-, Anschluss- oder Materialbahn mit beschränkt-öffentlichem Verkehr einerseits und einer Straße mit öffentlichem Verkehr andererseits die bauliche Umgestaltung der Verkehrswege, wenn dies zur besseren Abwicklung des sich kreuzenden Verkehrs erforderlich und den Verkehrsträgern (Eisenbahnunternehmen und Träger der Straßenbaulast) wirtschaftlich zumutbar ist;

2. die Auflassung eines oder mehrerer in einem Gemeindegebiet gelegener schienengleicher Eisenbahnübergänge zwischen einer Haupt-, Neben-, Anschluss- oder Materialbahn mit beschränkt-öffentlichem Verkehr einerseits und einer Straße mit öffentlichem Verkehr andererseits, sofern das verbleibende oder das in diesem Zusammenhang umzugestaltende Wegenetz oder sonstige in diesem Zusammenhang durchzuführende Ersatzmaßnahmen den Verkehrserfordernissen entsprechen und die allenfalls erforderliche Umgestaltung des Wegenetzes oder die Durchführung allfälliger sonstiger Ersatzmaßnahmen den Verkehrsträgern (Eisenbahnunternehmen und Träger der Straßenbaulast) wirtschaftlich zumutbar sind.

Sie kann unter denselben Voraussetzungen eine solche Anordnung auch von Amts wegen treffen. Für die Durchführung der Anordnung ist eine Frist von mindestens zwei Jahren zu setzen.

(2) Sofern kein Einvernehmen über die Regelung der Kostentragung zwischen dem Eisenbahnunternehmen und dem Träger der Straßenbaulast erzielt wird, sind die Kosten für die bauliche Umgestaltung der bestehenden Kreuzung, für die im Zusammenhang mit der Auflassung schienengleicher Eisenbahnübergänge allenfalls erforderliche Umgestaltung des Wegenetzes oder allenfalls erforderliche Durchführung sonstiger Ersatzmaßnahmen, deren künftige Erhaltung und Inbetriebhaltung je zur Hälfte vom Eisenbahnunternehmen und dem Träger der Straßenbaulast zu tragen. Die Kosten für die im Zusammenhang mit der Auflassung eines schienengleichen Eisenbahnüberganges erforderlichen Abtragungen und allenfalls erforderlichen Absperrungen beiderseits der Eisenbahn sind zur Gänze vom Eisenbahnunternehmen zu tragen. Die Festlegung der Art und Weise allenfalls erforderlicher Absperrungen beiderseits der Eisenbahn hat im Einvernehmen zwischen dem Eisenbahnunternehmen und dem Träger der Straßenbaulast zu erfolgen.

(3) Falls es das Eisenbahnunternehmen oder der Träger der Straßenbaulast beantragen, hat die Behörde ohne Berücksichtigung der im Abs. 2 festgelegten Kostentragungsregelung zu entscheiden,

1. welche Kosten infolge der technischen Anpassung der baulichen Umgestaltung (Abs. 1 Z 1) im verkehrsmäßigen Ausstrahlungsbereich der Kreuzung erwachsen, oder

2. welche Kosten für eine allfällige Umgestaltung des Wegenetzes oder für die Durchführung allfälliger sonstiger Ersatzmaßnahmen im verkehrsmäßigen Ausstrahlungsbereich der verbleibenden oder baulich umzugestaltenden Kreuzungen zwischen Haupt-, Neben-, Anschluss- oder Materialbahn mit beschränkt-öffentlichem Verkehr einerseits und einer Straße mit öffentlichem Verkehr andererseits infolge der Auflassung eines schienengleichen Eisenbahnüberganges erwachsen,

und demgemäß in die Kostenteilungsmasse einzubeziehen sind und in welchem Ausmaß das Eisenbahnunternehmen und der Träger der Straßenbaulast die durch die bauliche Umgestaltung oder durch die Auflassung eines schienengleichen Eisenbahnüberganges und die durch die künftige Erhaltung und Inbetriebhaltung der umgestalteten Anlagen oder durchgeführten Ersatzmaßnahmen erwachsenden Kosten zu tragen haben. Diese Festsetzung ist nach Maßgabe der seit der Erteilung der Baugenehmigung für die Kreuzung eingetretenen Änderung des Verkehrs auf der Eisenbahn oder des Straßenverkehrs, der durch die bauliche Umgestaltung der Verkehrswege, der durch die nach Auflassung verbleibenden oder im Zusammenhang mit der Auflassung baulich umgestalteten Kreuzungen, des umgestalteten Wegenetzes und der durchgeführten Ersatzmaßnahmen erzielten Verbesserung der Abwicklung des Verkehrs auf der Eisenbahn oder des Straßenverkehrs, der hierdurch erzielten allfälligen Ersparnisse und der im Sonderinteresse eines Verkehrsträgers aufgewendeten Mehrkosten zu treffen. Eine derartige Antragstellung ist nur innerhalb einer Frist von drei Jahren ab Rechtskraft einer Anordnung nach Abs. 1 zulässig. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die vom Eisenbahnunternehmen und vom Träger der Straßenbaulast zu tragenden Kosten gilt die im Abs. 2 festgelegte Kostentragungsregelung.

(4) Die Behörde hat sich bei der Kostenfestsetzung des Gutachtens einer Sachverständigenkommission zu bedienen. [….]

2. Hauptstück

Schienengleiche Eisenbahnübergänge

Sicherung und Verhalten bei Annäherung und Übersetzung

§ 49. (1) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie setzt durch Verordnung fest, in welcher Weise schienengleiche Eisenbahnübergänge nach dem jeweiligen Stand der Technik einerseits und nach den Bedürfnissen des Verkehrs andererseits entsprechend zu sichern sind und inwieweit bestehende Sicherungseinrichtungen an schienengleichen Eisenbahnübergängen weiterbelassen werden dürfen. […]

(2) Über die im Einzelfall zur Anwendung kommende Sicherung hat die Behörde nach Maßgabe der örtlichen Verhältnisse und Verkehrserfordernisse zu entscheiden, wobei die Bestimmungen des § 48 Abs. 2 bis 4 mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden sind, dass die Kosten der Sicherungseinrichtungen für Materialbahnen, ausgenommen solche mit beschränkt-öffentlichem Verkehr, vom Eisenbahnunternehmen alleine zu tragen sind, sofern nicht eine andere Vereinbarung besteht oder getroffen wird.

[…]“

 

4. Die maßgeblichen Bestimmungen der Eisenbahnkreuzungsverordnung 2012 (EisbKrV), BGBl. II 216, lauten:

„[…]

Zusatzeinrichtungen

§ 12. (1) Soll zur Erhöhung der Sicherheit des sich kreuzenden Verkehrs eine zusätzliche Hinderniswirkung oder eine Erhöhung der Aufmerksamkeit der Straßenbenützer bewirkt werden oder ist die Sicherung einer Eisenbahnkreuzung barrierefrei auszugestalten, hat die Behörde die Anbringung von elektrischen oder elektronischen Läutewerken, Drehkreuzen, Toren, Umlaufsperren an Eisenbahnkreuzungen mit Gehwegen oder Geh- und Radwegen, Hängegittern oder die erforderlichen zusätzlichen Einrichtungen für die barrierefreie Ausgestaltung der Sicherung einer Eisenbahnkreuzung anzuordnen. Diese sind vom Eisenbahnunternehmen anzubringen. […]

[…]

Andreaskreuze und Lichtzeichen bei der Sicherung durch Lichtzeichen

§ 28. (1) […]

(2) Münden vor der Eisenbahnkreuzung weitere Straßen in die zur Eisenbahnkreuzung führende Straße ein, muss von jeder einmündenden Straße aus zumindest ein Lichtzeichen leicht und rechtzeitig erkennbar sein. Erforderlichenfalls ist auf jenen einmündenden Straßen, von denen aus eine leichte und rechtzeitige Erkennbarkeit eines Lichtzeichens nicht gegeben ist, ein zusätzliches Lichtzeichen auf der rechten Straßenseite der zur Eisenbahnkreuzung führenden Straße anzubringen. Ist dies nicht möglich, ist das Lichtzeichen an anderer geeigneter Stelle anzubringen. Zusätzlich können Lichtzeichen auch an anderer geeigneter Stelle angebracht werden. […]

[…]

Übergangsbestimmungen

§ 102. (1) Schrankenanlagen gemäß § 8 Eisenbahn-Kreuzungsverordnung 1961 und Lichtzeichenanlagen gemäß § 9 Eisenbahn-Kreuzungsverordnung 1961, die auf der Grundlage einer behördlichen Entscheidung gemäß § 49 Abs. 2 Eisenbahngesetzes 1957 errichtet und in Betrieb genommen wurden, sind innerhalb von 12 Jahren ab Inkrafttreten dieser Verordnung von der Behörde gemäß § 49 Abs. 2 Eisenbahngesetzes 1957 zu überprüfen. Diese hat über die erforderliche Art der Sicherung gemäß dieser Verordnung unter Festsetzung einer angemessenen Ausführungsfrist, die spätestens 17 Jahre ab Inkrafttreten dieser Verordnung endet, zu entscheiden beziehungsweise darüber zu entscheiden, ob die bestehende Art der Sicherung nach Maßgabe des Abs. 3 bis 5 beibehalten werden kann.

[…]

(3) Bestehende Schrankenanlagen gemäß § 8 Eisenbahn-Kreuzungsverordnung 1961 und bestehende Lichtzeichenanlagen gemäß § 9 Eisenbahn-Kreuzungsverordnung 1961 gemäß Abs. 1 können unter der Voraussetzung, dass sie unter Anwendung der Bestimmungen des § 36 Eisenbahngesetz 1957 innerhalb von 14 Jahren ab Inkrafttreten dieser Verordnung an die Bestimmungen der §§ 65, 66, 67, 70 bis 73 und 75 dieser Verordnung angepasst werden können, bis zum Ablauf der technischen Nutzungsdauer der bestehenden Schrankenanlage oder Lichtzeichenanlage beibehalten werden.

[…]“

III. Rechtliche Beurteilung

 

1. Vorauszuschicken ist, dass die beschwerdeführende Gesellschaft Partei des Sicherungsverfahrens nach § 49 Abs. 2 erster Halbsatz EisbG war, ihr der Bescheid vom 21. Dezember 2015 zugestellt wurde und dieser mangels Erhebung eines Rechtsmittels ihr gegenüber in Rechtskraft erwachsen ist. Daher entfaltet der Spruch dieses Bescheides im Kostenverfahren nach § 49 Abs. 2 iVm § 48 Abs. 2 bis 4 EisbG jedenfalls ihr gegenüber – wie dies § 38 AVG voraussetzt – Bindungswirkung (vgl. dazu Hengstschläger/Leeb, AVG § 38, Rz 21 ff, Stand 01.07.2005, rdb.at). Dies gilt ebenso im nunmehrigen verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren.

 

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem – in der mündlichen Verhandlung mit den anwesenden Parteien erörterten – Erkenntnis vom 18. Dezember 2020, ***, zunächst ausgeführt (Rz 26 f):

„Wurde von der Behörde lediglich entschieden, dass die bisherigen Sicherungen von schienengleichen Eisenbahnübergängen beibehalten werden können, kommt die Anordnung der sinngemäßen Anwendung des § 48 Abs. 2 bis 4 EisbG nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zum Tragen (vgl. zum Ganzen grundlegend VwGH 18.2.2015, Ro 2014/03/0077). Dies gilt auch dann, wenn die Beibehaltung der bestehenden Sicherung durch Schrankenanlagen mit Lichtzeichen – in Anwendung der Übergangsbestimmung des § 102 Abs. 3 EisbKrV – unter Vorschreibung einzelner technischer Anpassungen erfolgt (vgl. VwGH 26.6.2019,

Ra 2019/03/0012).

Trifft die Eisenbahnbehörde – etwa infolge des Ablaufes der technischen Nutzungsdauer einer bestehenden Anlage – aber eine (neue) Entscheidung über die Ausgestaltung der Art und Weise der Sicherung und damit deren inhaltlich gestaltende Festlegung im Einzelfall (und erlaubt damit nicht bloß die Beibehaltung der bestehenden Anlage), kann eine neue Kostenentscheidung nach § 48 Abs. 3 EisbG getroffen werden. Dass dabei letztlich eine Sicherungsart festgelegt wird, die mit der früher angeordneten vergleichbar ist, spielt keine Rolle (vgl. VwGH 2.4.2020, Ra 2019/03/0161).“

 

3. Im vorliegenden Fall wurde mit dem Bescheid vom 21. Dezember 2015 (ausdrücklich) ausgesprochen, dass die bisherige Sicherung an der Eisenbahnkreuzung beibehalten werden kann. Ergänzend erfolgte bloß die Vorschreibung der Anbringung eines Rücklichts an einem der beiden Signalgeber.

Für eine neue Festlegung der Sicherung der Kreuzung im Sinn des soeben zitierten Erkenntnisses (Rz 27) lassen sich dem Bescheid keinerlei Anhaltspunkte entnehmen. Dies gilt insbesondere für einen Ablauf der technischen Nutzungsdauer. Vielmehr bringt die beschwerdeführende Gesellschaft in der Beschwerde selbst vor, dass die Nutzungsdauer der Anlage (im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung) erst etwa zu einem Drittel abgelaufen war.

Was die Vorschreibung des Rücklichts betrifft, so wäre nach § 28 Abs. 2 EisbKrV die beschwerdeführende Gesellschaft ohnehin schon unmittelbar auf Grund der Verordnung verpflichtet gewesen, den Signalgeber auch für alle im Bereich der Eisenbahnkreuzung einmündenden Straßen erkennbar zu machen. Die Bestimmung lässt auch klar erkennen, dass es sich dabei um einen Teil der Lichtzeichenanlage handelt – die im Übrigen bestehen bleiben konnte – und nicht etwa um die Vorschreibung einer Zusatzeinrichtung iSv § 12 EisbKrV. Damit ist die Anbringung des Rücklichts als bloße Anpassung und nicht als (teilweise) Anordnung einer neuen Sicherung zu qualifizieren. Darüber hinausgehende Änderungen wurden auch von der beschwerdeführenden Gesellschaft weder im Verwaltungs- noch im Beschwerdeverfahren geltend gemacht.

Die von der Gesellschaft (auch in der Beschwerde) behauptete abweichende rechtliche Beurteilung von technischen Sicherungsarten findet weder im Gesetz noch in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Deckung, bezog sich doch das Erkenntnis vom 18. Dezember 2020 auf durch Lichtzeichen mit Schranken gesicherte Kreuzungen.

Der Bescheid vom 21. Dezember 2015 rechtfertigt somit keine behördliche Entscheidung nach § 49 Abs. 2 iVm § 48 Abs. 2 bis 4 EisbG.

 

4. Der davor erlassene Bescheid über die Sicherung der Kreuzung vom 7. Jänner 2008 kommt als Grundlage einer behördlichen Kostenentscheidung schon im Hinblick auf das Verstreichen der dreijährigen Antragsfrist des § 48 Abs. 3 EisbG nicht in Betracht. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 18. Dezember 2020 (Rz 29) auch klargestellt, dass das EisbG nicht zwischen Anträgen nach § 48 Abs. 2 und 3 unterscheidet. Es kennt vielmehr nur den befristeten Antrag nach § 48 Abs. 3, sodass es auf die Wahrung der Antragsfrist auch dann ankommt, wenn wie im vorliegenden Fall vom Eisenbahnunternehmen nur eine Kostentragung durch den Träger der Straßenbaulast in der Höhe von 50 % begehrt wird.

 

5. Die belangte Behörde hat den Antrag vom 10. Jänner 2019 somit zu Recht abgewiesen. Daher ist auch die dagegen gerichtete Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

 

6. Bei diesem Verfahrensergebnis erübrigen sich Feststellungen zur Höhe der von der beschwerdeführenden Gesellschaft für die Anpassung der Sicherungsanlage aufgewendeten Kosten (und damit auch der von ihr in der Verhandlung gestellte, darauf gerichtete Beweisantrag) ebenso wie eine Klärung der Frage, welche der beiden mitbeteiligten Parteien hinsichtlich der über die Eisenbahnkreuzung führenden Straße als Träger der Straßenbaulast anzusehen ist.

IV. Zur Unzulässigkeit der Revision

 

Die Revision ist nicht zulässig, weil im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Insbesondere weicht die Entscheidung weder von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt eine solche Rechtsprechung fehlt noch wird die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet. Vielmehr sind die maßgeblichen Rechtsfragen durch die zitierte, einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, mit der das vorliegende Erkenntnis maßgeblich begründet wurde, (mittlerweile) klargestellt.

 

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte