VwGH Ra 2020/20/0204

VwGHRa 2020/20/02042.7.2020

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Mag. Eder und Mag. Cede als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, in den Rechtssachen der Revisionen von 1. E E, 2. M Z V, und 3. R E, alle in W, alle vertreten durch Mag.a Nadja Lorenz, Rechtsanwältin in 1070 Wien, Burggasse 116, gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts jeweils vom 21. Oktober 2019, Zlen. 1. W242 2193072‑1/12E, 2. W242 2193079‑1/12E und 3. W242 2193076‑1/9E, jeweils betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020200204.L00

 

Spruch:

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Begründung

1 Die revisionswerbenden Parteien sind Staatsangehörige des Iran und stellten am 6. Mai 2016 (Erstrevisionswerber), am 27. Oktober 2016 (Zweitrevisionswerberin) und am 27. Juni 2017 (Drittrevisionswerberin) jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz.

2 Mit den Bescheiden je vom 19. März 2019 wies das Bundesamt für Fremdenwesen diese Anträge ab, erteilte den revisionswerbenden Parteien jeweils keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen und erließ jeweils Rückkehrentscheidungen samt rechtlich davon abhängenden Aussprüchen.

3 Die dagegen erhobenen Beschwerden wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit den Erkenntnissen je vom 21. Oktober 2019 nach Durchführung einer Verhandlung ab und sprach jeweils aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.

4 Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der gegen diese Erkenntnisse erhobenen Beschwerden mit Beschluss vom 25. Februar 2020, E 4437‑4439/2019‑16, ab und trat diese über nachträglichen Antrag der revisionswerbenden Parteien mit Beschluss vom 19. März 2020, E 4437‑4439/2019‑19, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

5 In der Folge wurden die vorliegenden Revisionen eingebracht.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Nach der Rechtsprechung erfolgt die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der gesonderten Zulassungsbegründung, in der konkret darzulegen ist, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 18.12.2019, Ra 2019/20/0482, mwN).

10 Ein solches Vorbringen erstatten die Revisionen (unter der Überschrift „Abweichen von der Rechtsprechung des VwGH zur Beweiswürdigung“) unter Berufung auf Erkenntnisse zum Grundsatz der freien Beweiswürdigung gemäß § 45 Abs. 2 AVG im Allgemeinen (Hinweise auf VwGH 23.2.2016, Ra 2015/20/0161; 29.11.2017, Ra 2017/18/0157) sowie zu der bei Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels anhand der dafür maßgeblichen Indizien im Rahmen der Beweiswürdigung erforderlichen Gesamtbetrachtung im Besonderen (Hinweise auf VwGH 22.2.2018, Ra 2017/18/0426; 14.3.2019, Ra 2018/18/0441).

11 Der Verwaltungsgerichtshof ist als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat. Der ‑ zur Rechtskontrolle berufene ‑ Verwaltungsgerichtshof ist nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. VwGH 10.1.2020, Ra 2019/20/0579, mwN).

12 Das BVwG hat die ihm vorliegenden Beweisergebnisse einer Gesamtbetrachtung unterzogen, bei der es unter anderem die Aussagen des in der Verhandlung einvernommenen Zeugen und vorgelegte Schreiben ‑ zusammenfassend ‑ gewertet und die (unbestrittene) Teilnahme an „religiösen Aktivitäten“ einer freikirchlichen Glaubensgemeinde, sowie Aussagen des Erstrevisionswerbers bei seiner (auch Fragen zu christlichen Glaubensinhalten umfassenden) behördlichen Einvernahme berücksichtigt hat. Eine Abweichung von der zur Begründung der Revisionszulässigkeit zitierten Judikatur oder eine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende Unvertretbarkeit der Beweiswürdigung vermögen die Revisionen nicht aufzuzeigen.

13 Von den revisionswerbenden Parteien werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revisionen waren daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 2. Juli 2020

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