VwGH Ra 2020/05/0210

VwGHRa 2020/05/021026.4.2022

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. Dr. Zehetner und die Hofrätinnen Dr. Leonhartsberger, Mag. Liebhart‑Mutzl, Dr.in Sembacher und Dr.in Gröger als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, über die Revision des Magistrates der Stadt Wien gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 2. Juni 2020, VGW‑101/042/8698/2019‑3, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 24. Juli 2020, VGW‑101/V/042/9001/2020‑1, betreffend einen feuerpolizeilichen Auftrag (mitbeteiligte Partei: M GmbH in W; weitere Partei: Wiener Landesregierung),

Normen

AVG §59 Abs1
BauO Wr §87 Abs7
BauO Wr §95 Abs1
BauO Wr §95 Abs2
BauTV Wr 2015 §1
FPolG Stmk 1985
FPolG Wr 2015 §19
FPolG Wr 2015 §19 Abs1
FPolG Wr 2015 §19 Abs3
FPolG Wr 2015 §22
FPolG Wr 2015 §6
FPolG Wr 2015 §6 Abs3
OIB-Richtlinie 4 Nutzungssicherheit und Barrierefreiheit
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §17

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2022:RA2020050210.L00

 

Spruch:

I. zu Recht erkannt:

Das angefochtene Erkenntnis wird, soweit damit der Entfernungsauftrag des Magistrates der Stadt Wien betreffend zwei Fahrräder ersatzlos behoben wurde, die Entfernung von zwei Altpapiercontainern bestätigt und der Entfernungsauftrag hinsichtlich weiterer Altpapiercontainer und dreier Restmüllcontainer ersatzlos behoben wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Revision wird, soweit sie sich gegen den Entfernungsauftrag betreffend einen Kinderwagen und ein Fahrrad richtet, die zwischen Kellerabgang und Haustor situiert sind, als unbegründet abgewiesen.

II. den Beschluss gefasst:

Im Übrigen ‑ somit hinsichtlich zweier Metallgestelle ‑ wird die Revision zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien (im Folgenden: Revisionswerber) vom 23. Mai 2019 wurde der mitbeteiligten Partei als Verwalterin eines näher bezeichneten Gebäudes gemäß § 19 Abs. 3 Wiener Feuerpolizeigesetz 2015 (im Folgenden: WFPolG 2015) aufgetragen, binnen eines Jahres ab Rechtskraft des Bescheides die brandgefährlichen Stoffe beziehungsweise leicht umzuwerfenden, leicht zu verschiebenden und den Fluchtweg einengenden Gegenstände in Form von vier Altpapier‑ und drei Restmüllcontainern aus dem Hausgang, weiters binnen vier Wochen ab Rechtskraft des Bescheides die drei Fahrräder und den Kinderwagen aus dem Hausgang beziehungsweise die beiden Metallgestelle vom Stiegenpodest zu entfernen.

2 Aufgrund der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde der mitbeteiligten Partei „bestimmte“ das Verwaltungsgericht Wien (im Folgenden: Verwaltungsgericht) in Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 24. Juli 2020, „dass der erstinstanzliche Spruch zu lauten hat wie folgt“ (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):

„Der Magistrat der Stadt Wien erteilt gemäß § 19 Abs. 3 des Wiener Feuerpolizeigesetzes 2015 (WFPolG 2015) der (mitbeteiligten Partei) in ihrer Eigenschaft als Verwalterin des Gebäudes (...), den Auftrag, die brandgefährlichen Stoffe bzw. leicht umzuwerfenden, leicht zu verschiebenden und den Fluchtweg einengenden Gegenstände in Form von 2 Altpapiercontainern aus dem Hausgang binnen einer Frist von zwei Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheids zu entfernen.

Weiteres ergeht der Auftrag den die zwischen dem Kellerabgang und dem Haustor situierten Kinderwagen und das ebenfalls in diesem Bereich situierte Fahrrad binnen 4 Wochen ab Rechtskraft dieses Bescheides zu entfernen.“

Eine Revision wurde für unzulässig erklärt (Spruchpunkt II.).

3 In seiner Begründung gab das Verwaltungsgericht zunächst wörtlich den angefochtenen Bescheid, die Beschwerde, die Aufforderung des Revisionswerbers vom 29. März 2019 zur Beseitigung und die Einräumung von Parteiengehör zum festgestellten Sachverhalt, das „Amtssachverständigengutachten“ des DI Dr. D. vom 6. Dezember 2010 (gemeint wohl: 2019), Auszüge aus dem Verhandlungsprotokoll der vor dem Verwaltungsgericht am 31. Jänner 2020 durchgeführten mündlichen Verhandlung sowie eine Stellungnahme der mitbeteiligten Partei vom 4. Februar 2020 wieder und stellte ‑ vermischt mit der rechtlichen Beurteilung ‑ folgenden Sachverhalt fest: Unstrittig seien am 16. April (gemeint wohl: Mai) 2019 (Tag der zweiten Kontrolle) am Hausgang vier Altpapier- und drei Restmüllcontainer aufgestellt gewesen. Dass diese Container bis zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides entfernt worden seien, sei nicht behauptet worden, sodass von deren Aufstellung auch zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides auszugehen sei. Zudem seien unstrittig am 16. April (gemeint wohl: Mai) 2019 (Tag der zweiten Kontrolle des Revisionswerbers) im Bereich der Hausgänge drei Fahrräder und ein Kinderwagen abgestellt gewesen. Weiters seien unstrittig am 16. April (gemeint wohl: Mai) 2019 (Tag der zweiten Kontrolle) im Bereich von zwei Stiegen‑Zwischenplattformen zwei historische, halbrunde Metallauflagegestelle mit einem Radius von je 38 cm, welche zum Abstellen von Kohleeimern gedient hätten, in der Höhe von etwa einem Meter fest in der Treppenwand verankert gewesen. Unstrittig seien diese beiden Metallauflagegestelle weiterhin montiert.

4 Weiters führte das Verwaltungsgericht nach Zitierung von Rechtsvorschriften im Wesentlichen aus, aus den Bestimmungen des WFPolG 2015 gehe die Verpflichtung hervor, Übelstände, die eine Nichteinhaltung dieser gesetzlichen Vorschriften (beziehungsweise der Vorschriften der Verordnung [gemeint: Feuerpolizeiverordnung 2016, im Folgenden: WFPolV 2016]) darstellten, zu beseitigen.

5 Zum „Auftrag zur Entfernung von vier Altpapiercontainern und drei Restmüllcontainern“ führte das Verwaltungsgericht aus, bei Zugrundelegung der Ausführungen des DI Dr. D. handle es sich bei den aufgestellten Müllcontainern um brandgefährliche Stoffe, welche zudem insbesondere in Anbetracht deren nicht erfolgter wandseitiger Fixierung leicht umwerfbar gewesen seien und sohin eine relevante Behinderung im Bereich des Fluchtweges ins Freie dargestellt hätten. Diese Container stellten daher feuerpolizeiliche Übelstände im Sinne des § 19 WFPolG 2015 dar.

6 Gleichzeitig stelle ein allfälliger Entfernungsauftrag dieser Container einen Eingriff in Privatrechte dar und könne nur nach Durchführung einer Interessenabwägung als rechtmäßig eingestuft werden. Eine behördliche Maßnahme, die in subjektive Rechte eingreife, sei nur zulässig, wenn sie verhältnismäßig und dem in seinen Rechten Beeinträchtigten wirtschaftlich zumutbar sei. Ein Auftrag, zu dessen Erfüllung der Adressat des Auftrages rechtlich gar nicht in der Lage sei, sei als absolut unzumutbar einzustufen.

7 Wie der Revisionswerber selbst festgestellt habe, fänden sich in den öffentlich zugänglichen Bereichen des Hauses keine Flächen, welche ein Abstellen der gegenständlichen Container aus brandschutzrechtlicher Sicht als unproblematisch erscheinen ließen. Sohin wäre es geboten, diese Container in vorhandenen Nebenräumlichkeiten des Gebäudes abzustellen. In Anbetracht des Umstandes, dass abgesehen „von dem im Spruch angeführten kleinen Raum in der Größe von 3,02 m2“ alle übrigen denkmöglich geeigneten Räumlichkeiten dauerhaft auf unbestimmte Zeit vermietet seien, bestehe die Sonderkonstellation, dass es der Hauseigentümerin schon rein rechtlich nicht möglich sei, abgesehen vom „im Spruch angeführten kleinen Raum in der Größe von 3,02 m2“ weitere Räume frei zu bekommen, sehe doch die aktuelle Rechtslage, insbesondere § 31 MRG, keine Kündigungsmöglichkeit aufgrund eines entsprechenden Behördenwunsches vor.

8 Da Papier wesentlich leichter entflammbar sei als typische und zumeist auch wasserhaltige Haushaltsabfälle, könne der gegenständliche Übelstand nur auf die Weise größtmöglich minimiert werden, als vorgeschrieben werde, dass „der im Spruch angeführte kleine Raum in der Größe von 3,02 m2“ künftig als Abstellraum für zwei Altpapiercontainer eingerichtet und verwendet werde. Da durch die gegenständliche Auflage der Schutz von Leib und Leben verfolgt werde und für die Hausreinigung erforderliche Utensilien auch an einem anderen Ort gelagert werden könnten, stehe auch eine Interessenabwägung mit den Interessen „des Hauseigentümers“ auf Nutzung des gegenständlichen Raumes als Lagerraum für Hausreinigungsutensilien dem Auftrag nicht entgegen. Dieser Auftrag könne auch binnen zwei Monaten erfüllt werden. Im Hinblick auf die übrigen Container sei aus den obangeführten Gründen kein Auftrag zu erteilen gewesen.

9 Zum „Auftrag zur Entfernung des im obersten Stockwerk abgestellten Fahrrads“ führte das Verwaltungsgericht aus, bei Zugrundelegung der Angaben des Dr. M. (Anm.: Vertreter der mitbeteiligten Partei vor dem Verwaltungsgericht) und des DI (gemeint wohl: DI Dr.) D. sowie der von diesem angefertigten Fotos könne nicht davon ausgegangen werden, dass das gegenständliche Fahrrad nicht eng am Geländer neben dem Gang angebunden gewesen sei. DI Dr. D. gehe davon aus, dass auch bei einem noch so breiten Gang die Situierung eines Gegenstands an der Wand dergestalt, dass eine einen Raum verlassende Person gehalten sei, diesem Gegenstand ein wenig auszuweichen, bereits einen feuerpolizeilichen Missstand darstelle. Dem vermöge das Verwaltungsgericht nicht zu folgen, zumal durch die „gegenständliche Gesetzesbestimmung“ entsprechend dem Regelungsinhalt des WFPolG 2015 nur die Sicherheit im Brandfall nicht bloß unerheblich beeinträchtigende Gefahrenmomente im Sinne dieser Bestimmung zu entfernen, und daher nicht auch noch weitere, bloß „marginal beeinträchtigende und zudem für die Bewohner bekannte Gefahrenmomente“ zu beseitigen seien.

10 Insbesondere von den Bewohnern einer Wohnung, welche mit den örtlichen Verhältnissen vertraut seien, könnte ein geringfügiges Ausweichen im Brandfall bei einem ausreichend breit verbleibenden Fluchtweg durchaus erwartet werden, sodass ein fest angebundener Gegenstand wie das gegenständliche Fahrrad in Anbetracht der verbleibenden Gangbreite von 140 cm ‑ wobei gemäß Punkt 2.4.1 der OIB‑Richtlinie 4 im vorliegenden Fall lediglich eine Mindestgangbreite von 100 cm gefordert sei ‑ keine relevante Gefahr für die in der gegenständlichen nächst dem Fahrrad liegenden Wohnung aufhältigen Personen zu bilden vermöge. Der diesbezügliche Auftrag sei daher nicht auf die „gegenständliche Bestimmung“ zu stützen und daher auch nicht mehr vorzuschreiben.

11 Zum „Auftrag zur Entfernung eines in einer Nische des Erdgeschoßes abgestellten Fahrrads“ führte das Verwaltungsgericht aus, auch nach den Angaben des „Amtssachverständigen“ DI (gemeint wohl: DI Dr.) D. stelle die konkret wahrgenommene Abstellposition des gegenständlichen Fahrrads in der Nische (vgl. Foto 4 der Beilage A) keinerlei Gefahrenerhöhung im Brandfall dar. Dass nach Ansicht des DI (gemeint wohl: DI Dr.) D. das Abstellen dennoch als ein Missstand eingestuft worden sei, gründe alleinig auf der Rechtsauslegung, dass durch das WFPolG 2015 auch künftige eigenmächtige Handlungen Dritter, durch welche künftig eine Gefahrenquelle geschaffen werden könnte, vorsorglich mit allen denkmöglichen Maßnahmen zu unterbinden seien. Dieser Sichtweise könne das Verwaltungsgericht aber nicht folgen, zumal das Gesetz erstens nur auf aktuelle Gefährdungen der Sicherheit und daher nicht auch auf alle potentiell denkmöglichen künftigen Fehlhandlungen abstelle. Zweitens würde solch eine Sichtweise ins Uferlose führen, zumal mutwillig geradezu unzählige Möglichkeiten von Gefahrenquellen geschaffen werden könnten, welche dann auch schon alle vorsorglich zu unterbinden wären. Schon die beim gegenständlichen Eingriff in Privatrechte vorzunehmende Interessenabwägung müsse solch eine Auslegung der Verpflichtungen des Hauseigentümers als überschießend und unsachlich erscheinen lassen.

12 Zum „Auftrag zur Entfernung eines Kinderwagens und eines Fahrrads, welche beide im direkten Fluchtweg zwischen dem Kellerabgang und dem Haustor abgestellt waren, und durch welche der Fluchtweg sichtlich auf unter einen Meter verengt wurde“, führte das Verwaltungsgericht aus, nach Ansicht von Dr. M. finde die „gegenständliche Gesetzesbestimmung“ nicht auf Gangbereiche wie den gegenständlichen Anwendung, zumal es sich dabei um keinen Weg zu einem Aufenthaltsraum handle. Dabei verkenne dieser, dass die „gegenständliche Bestimmung“ das Schutzgut des Lebens und der Gesundheit von Menschen sichern solle. Von diesem Schutzinteresse seien zweifelsohne auch Personen, welche sich zum Brandzeitpunkt im Keller befänden, erfasst. Wie schon aus den vorgelegten Fotos ersichtlich, werde durch den Kinderwagen und das Fahrrad der ohnedies im gegenständlichen Bereich nur etwa 110 cm breite Gang deutlich verengt, sodass die in Punkt 2.4.1) der OIB‑Richtlinie geforderte Mindestgangbreite von 100 cm nicht eingehalten werde.

13 Zum „Auftrag zur Entfernung von zwei Metallablagegestellen“ führte das Verwaltungsgericht aus, es handle sich bei diesen um fest verankerte Bauteile des Gebäudes, welche vom ursprünglichen Baukonsens erfasst seien. Diese Metallablagegestelle seien offenkundig weder brandgefährlich im Sinne des § 2 Z 5 WFPolG 2015, noch seien diese abgelagerte Gegenstände im Sinne des § 6 WFPolG 2015. Schon aus diesem Grund sei der Auftrag zu Unrecht erfolgt. Selbst wenn sie als Ablagerung zu werten wären, wären diese Gestelle fest verankert und stellten in Anbetracht der verbleibenden Fluchtwegbreite von über 150 cm und deren abgerundeter Form keinesfalls „eine relevante Beeinträchtigung der Fluchtmöglichkeit“ dar.

14 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Amtsrevision mit der Erklärung, dass dieses zur Gänze angefochten werde, sowie mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

15 Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie den Ausführungen des Revisionswerbers entgegentritt, ohne jedoch einen konkreten Antrag zu stellen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

16 Vorauszuschicken ist, dass eine Revision gegen den Berichtigungsbeschluss des Verwaltungsgerichtes vom 24. Juli 2020 nicht erhoben wurde. Hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung gemäß § 62 Abs. 4 AVG iVm § 17 VwGVG berichtigt und wurde gegen diesen Berichtigungsbeschluss keine Revision erhoben, so hat der Verwaltungsgerichtshof als Prüfungsgegenstand die angefochtene Entscheidung in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses zugrunde zu legen (vgl. VwGH 7.3.2017, Ra 2015/02/0006, mwN), und zwar auch dann, wenn - wie hier - die Berichtigung erst nach Erhebung der Revision an den Verwaltungsgerichtshof erfolgt (vgl. VwGH 4.7.2018, Ra 2017/10/0215, mwN).

17 Mit dem Spruch des angefochtenen Erkenntnisses wurde der Spruch des verwaltungsbehördlichen Bescheides ausdrücklich dahingehend geändert, dass der feuerpolizeiliche Auftrag auf die Entfernung zweier Altpapiercontainer, eines Fahrrades und eines Kinderwagens, alle im Erdgeschoss, eingeschränkt wurde. Eine ausdrückliche Bezugnahme auf weitere, im Bescheid des Revisionswerbers enthaltene Aufträge (betreffend zwei weitere Altpapiercontainer und drei Restmüllcontainer sowie zwei weitere Fahrräder und zwei Metallgestelle) fehlt im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses hingegen. Im Zusammenhalt mit der Begründung des Erkenntnisses, welche eine Auseinandersetzung mit diesen Aufträgen enthält, die ohne Zweifel erkennen lässt, dass das Verwaltungsgericht diese nicht bestätigen wollte, steht einer verständigen Deutung des angefochtenen Erkenntnisses dahin, dass diese Aufträge durch die Spruchfassung nicht übernommen und somit (ersatzlos) behoben wurden, nichts Entscheidendes entgegen (vgl. VwGH 14.9.2021, Ra 2018/06/0240, mwN).

18 Die vom Verwaltungsgericht getätigten Absprüche hinsichtlich der einzelnen, (nicht) zu entfernenden Gegenstände sind voneinander trennbar (vgl. zu den Kriterien der Trennbarkeit etwa VwGH 20.1.2021, Ra 2019/09/0137, mwN). Liegen trennbare Absprüche vor, so ist die Zulässigkeit einer dagegen erhobenen Revision getrennt zu prüfen (vgl. VwGH 19.6.2020, Ra 2017/04/0125, mwN).

19 Das Wiener Feuerpolizeigesetz 2015 (WFPolG 2015), LGBl. Nr. 14/2016, lautet auszugsweise:

Anwendungsbereich

§ 1. (1) Dieses Gesetz regelt die Verhütung von Bränden sowie die Einschränkung der durch den Betrieb von Feuerungsanlagen verursachten Luftverunreinigungen.

...

Brandgefährliche Stoffe und deren Lagerung

§ 6. (1) Brandgefährliche Stoffe sind so zu lagern und zu verwahren, dass eine vorhersehbare Gefahr der Entstehung oder Ausbreitung eines Brandes vermieden und dessen Bekämpfung nicht erschwert wird.

...

(3) Brandgefährliche Stoffe dürfen in Stiegenhäusern, Gängen, Zu- und Durchgängen, im Verlauf von Fluchtwegen und in Dachböden sowie im Nahbereich von Abgas- und von Feuerungsanlagen nicht gelagert werden. Im Verlauf von Fluchtwegen dürfen zudem leicht umzuwerfende, leicht zu verschiebende oder den Fluchtweg einengende Gegenstände nicht gelagert werden.

...

Beseitigung feuerpolizeilicher oder luftverunreinigender Übelstände

§ 19. (1) Feuerpolizeiliche und luftverunreinigende Übelstände, die durch Nichteinhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes oder einer auf Grund dieses Gesetzes ergangenen Verordnung eintreten, hat die Person, die sie herbeigeführt hat, wenn aber der Übelstand durch eine Anlage verursacht wird, deren Betreiberin oder Betreiber, zu beseitigen bzw. abzustellen.

(2) Neben der Person, die einen Übelstand herbeigeführt hat, ist bei Übelständen innerhalb von Gebäuden die Gebäudeeigentümerin bzw. der Gebäudeeigentümer, ansonsten die Liegenschaftseigentümerin bzw. der Liegenschaftseigentümer zur Beseitigung bzw. Abstellung verpflichtet. Anstelle der Eigentümerin bzw. des Eigentümers ist die Person, die die Verwaltung eines Gebäudes oder einer Liegenschaft ausübt, verantwortlich, wenn die Handlung oder Unterlassung ohne Vorwissen und Veranlassung der Gebäudeeigentümerin bzw. des Gebäudeeigentümers begangen wurde. Die privatrechtlichen Ersatzansprüche solcher Personen gegen diejenige oder denjenigen, die oder der den Übelstand verursacht hat, bleiben hievon unberührt.

(3) Die Behörde hat, soweit nicht durch andere Gesetze oder Verordnungen besondere Vorschriften getroffen werden, den in Abs. 1 und 2 genannten Personen die erforderlichen Aufträge zur Beseitigung eines Übelstandes mit Bescheid zu erteilen. Gegen übermäßige Luftverunreinigungen sind Beschränkungen der Brennstoffwahl, der Leistung der Feuerstätte oder andere wirksame Maßnahmen anzuordnen.

...

Zwangsbefugnisse

§ 22. Bei Gefahr im Verzug hat die Behörde die zur Beseitigung eines feuerpolizeilichen Übelstandes erforderlichen Zwangsmaßnahmen ohne vorausgegangenes Verfahren auf Gefahr und bei Verschulden auf Kosten der Verursacherin bzw. des Verursacher anzuordnen und zu vollstrecken. Die Behörde hat hierüber binnen drei Tagen an die Verursacherin bzw. den Verursacher einen schriftlichen Bescheid zu erlassen.“

20 Die maßgeblichen Bestimmungen der Bauordnung für Wien (BO), LGBl. Nr. 11/1930 (§ 87 in der Fassung LGBl. Nr. 69/2018 und § 95 BO in der Fassung LGBl. Nr. 24/2008), lauten auszugsweise:

Begriffsbestimmungen

§ 87. ...

...

(7) Fluchtwege sind Wege, die den Benützern eines Bauwerkes im Gefahrenfall grundsätzlich ohne fremde Hilfe das Erreichen eines sicheren Ortes des angrenzenden Geländes im Freien ‑ in der Regel eine Verkehrsfläche ‑ ermöglichen.

...

Fluchtwege

§ 95. (1) Bauwerke müssen so geplant und ausgeführt sein, dass bei einem Brand den Benutzern ein rasches und sicheres Verlassen des Bauwerkes möglich ist oder sie durch andere Maßnahmen gerettet werden können.

(2) Bauwerke müssen Fluchtwege im Sinne des Abs. 3 aufweisen, soweit dies unter Berücksichtigung des Verwendungszweckes, der Größe und der Anwendbarkeit von Rettungsgeräten für ein rasches und sicheres Verlassen des Bauwerkes erforderlich ist.

(3) Die in Fluchtwegen verwendeten Baustoffe, wie zB Fußbodenbeläge, Wand- und Deckenverkleidungen, müssen so ausgeführt sein, dass bei einem Brand das sichere Verlassen des Bauwerkes nicht durch Feuer, Rauch oder brennendes Abtropfen beeinträchtigt wird. Auf Grund der Größe und des Verwendungszweckes des Bauwerkes können zusätzliche Maßnahmen erforderlich sein, wie zB Brandabschnittsbildung, Rauch- und Wärmeabzugsanlagen oder Fluchtweg-Orientierungsbeleuchtung.“

21 § 1 Wiener Bautechnikverordnung 2015 (WBTV 2015), LGBl. Nr. 35/2015, lautet:

§ 1. Den im 9. Teil der Bauordnung für Wien festgelegten bautechnischen Vorschriften wird entsprochen, wenn die in den Anlagen enthaltenen Richtlinien des Österreichischen Instituts für Bautechnik, soweit in ihnen bautechnische Anforderungen geregelt werden, eingehalten werden. Ausgenommen ist Punkt 2.1.5 der Anlage 11.“

22 § 5 Abs. 2 Wiener Bautechnikverordnung 2020 (WBTV 2020), LGBl. Nr. 4/2020, lautet:

„(2) Für alle zur Zeit des Inkrafttretens dieser Verordnung anhängigen Verfahren gilt die bisherige Rechtslage.“

23 Punkt 2 der OIB‑Richtlinie 4, Nutzungssicherheit und Barrierefreiheit, Ausgabe April 2019, lautet (auszugsweise):

2 Erschließung und Fluchtwege

2.1 Allgemeines

...

2.1.3 Treppen und Gänge im Verlauf von Fluchtwegen müssen die gleichen Anforderungen dieser Richtlinie erfüllen, wie die zur Erschließung erforderlichen Treppen und Gänge.

...

2.4 Durchgangsbreiten von Gängen und Treppen

2.4.1 Hauptgänge müssen eine lichte Durchgangsbreite von mindestens 1,20 m aufweisen. Eine lichte Durchgangsbreite von 1,00 m genügt

• bei Gebäuden oder Gebäudeteilen mit nicht mehr als drei Wohnungen,

• bei Reihenhäusern,

• in Wohnungen von nicht barrierefrei zu gestaltenden Gebäuden oder Gebäudeteilen,

• in anpassbaren Wohnungen gemäß Punkt 7.4.2, wenn sichergestellt ist, dass bei Bedarf eine lichte Durchgangsbreite von 1,20 m herstellbar ist,

• in anpassbaren Wohnungen gemäß Punkt 7.4.2, die sich über mehr als eine Ebene erstrecken, für jenen Teil, der gemäß Punkt 2.4.2 nicht barrierefrei erreichbar sein muss, sowie

• bei Nebengängen.

...

2.4.3. Bei Gängen und Treppen im Verlauf von Fluchtwegen für mehr als 120 Personen muss die lichte Breite für jeweils weitere angefangene zehn Personen um jeweils 10 cm erhöht werden.“

24 §§ 19 und 20 der Festlegung der Anforderungen an Arbeitsstätten in der Land- und Forstwirtschaft (Wiener Arbeitsstättenverordnung), LGBl. Nr. 27/2003, jeweils in der Fassung LGBl. Nr. 48/2018, lauten auszugsweise:

Abmessungen von Fluchtwegen und Notausgängen

§ 19. (1) Fluchtwege müssen folgende nutzbare Mindestbreite aufweisen:

1. für höchstens 20 Personen: 1,0 m;

2. für höchstens 120 Personen: 1,2 m;

3. bei mehr als 120 Personen erhöht sich die Breite nach Z 2 für je weitere zehn Personen um jeweils 0,1 m.

...

Anforderungen an Fluchtwege

§ 20. (1) Dienstgeber und Dienstgeberinnen haben dafür zu sorgen, dass Fluchtwege folgende Anforderungen erfüllen:

...

2. Fluchtwege dürfen nicht verstellt oder unter die nach § 19 Abs. 1 erforderliche nutzbare Mindestbreite eingeengt werden.

3. Fluchtwege dürfen nicht von Gegenständen begrenzt werden, die leicht umgestoßen oder verschoben werden können.

4. Fluchtwege müssen jederzeit ungehindert benützbar sein, solange sich Dienstnehmer und Dienstnehmerinnen, die auf diese angewiesen sein könnten, in der Arbeitsstätte aufhalten.“

Zu I.:

25 Soweit sich die Revision gegen die (ersatzlose) Behebung des Beseitigungsauftrages des Revisionswerbers betreffend ein im obersten Stockwerk abgestelltes Fahrrad sowie eines in einer Nische des Erdgeschoßes abgestelltes Fahrrad richtet, sowie formal auch gegen den Entfernungsauftrag betreffend einen Kinderwagen und ein Fahrrad zwischen Kellerabgang und Haustor, erweist sie sich im Hinblick auf die in der Zulässigkeitsbegründung geltend gemachte fehlende Rechtsprechung zu im Folgenden näher erörterten Fragestellungen betreffend § 6 Abs. 3 letzter Satz letzter Fall WFPolG 2015 als zulässig.

26 In der Revision wird im Wesentlichen ausgeführt, das Verwaltungsgericht habe § 6 Abs. 3 letzter Satz in Verbindung mit § 19 WFPolG 2015 falsch ausgelegt. Dessen rechtliche Ansicht entspreche weder dem Wortlaut noch der Absicht des Gesetzes. Gemäß § 19 Abs. 1 WFPolG 2015 seien feuerpolizeiliche Übelstände, die durch Nichteinhaltung der Vorschriften eintreten würden, abzustellen. § 6 Abs. 3 letzter Satz WFPolG 2015 lege fest, dass im Verlauf von Fluchtwegen leicht umzuwerfende, leicht zu verschiebende oder den Fluchtweg einengende Gegenstände nicht gelagert werden dürften. Finde daher eine solche Lagerung statt, so werde eine Vorschrift des WFPolG 2015 verletzt und dadurch ein feuerpolizeilicher Übelstand ausgelöst.

Das WFPolG 2015 lege nicht fest, dass ein feuerpolizeilicher Übelstand nur dann vorliege, wenn ein bestimmtes Ausmaß an konkreter Gefährdung überschritten worden sei, sondern erkläre schon die bloße Nichteinhaltung des Gesetzes oder einer auf Grund des Gesetzes ergangenen Verordnung zu einem solchen. Hätte der Gesetzgeber, wie vom Verwaltungsgericht angenommen, diese Meinung vertreten, hätte er nicht im WFPolG 2015 bei der Festlegung der Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen unterschiedliche Regelungen vorgenommen, deren Setzung davon abhänge, ob Gefahr im Verzug vorliege oder nicht.

Im Gegensatz zu § 19 Abs. 3 WFPolG 2015, welcher der Behörde vorschreibe, bei Feststellung eines feuerpolizeilichen Übelstandes Aufträge zu dessen Beseitigung zu erteilen, lege § 22 WFPolG 2015 fest, dass bei Gefahr in Verzug die Behörde die zur Beseitigung eines feuerpolizeilichen Übelstandes erforderlichen Zwangsmaßnahmen ohne vorausgegangenes Verfahren anzuordnen und zu vollstrecken habe. Im Gegensatz zu der vom Verwaltungsgericht vertretenen Meinung, dass nur ein nicht unerhebliches Gefahrenmoment einen feuerpolizeilichen Übelstand auslöse, sei das Gesetz jedoch so auszulegen, dass bei einer durch eine akute Brandgefahr ausgelöste Gefahr in Verzug durch so einen Missstand ohne vorausgegangenes Verfahren durch die Behörde eine Zwangsmaßnahme zu setzen sei, und sonstige Übertretungen etwa des § 6 Abs. 3 WFPolG 2015 einen sonstigen feuerpolizeilichen Übelstand darstellten, gegen den „bloß“ mittels Bescheides vorzugehen sei. Daher habe das Verwaltungsgericht das WFPolG 2015 falsch ausgelegt.

Auch die Einschränkung des geschützten Personenkreises auf nächst dem Fluchtweg wohnende Personen widerspreche sowohl dem Wortlaut als auch der Intention der genannten Bestimmungen. Die Beseitigung von feuerpolizeilichen Übelständen diene der Vermeidung von Bränden beziehungsweise im Brandfall der ungehinderten Nutzung der Fluchtwege durch alle Personen, die auf diesen angewiesen seien, und nicht nur durch solche, die dort wohnen würden. Das Verwaltungsgericht habe auch durch diese einschränkende Auslegung das WFPolG 2015 falsch ausgelegt.

27 Zu diesen Ausführungen ist Folgendes festzuhalten:

Ein, ein behördliches Einschreiten gemäß § 19 Abs. 3 WFPolG 2015 rechtfertigender, feuerpolizeilicher Übelstand im Sinne des § 19 Abs. 1 leg. cit. tritt durch Nichteinhaltung der Vorschriften (unter anderem) des WFPolG 2015 ein. § 6 Abs. 3 letzter Satz leg. cit. verbietet im Verlauf von Fluchtwegen die Lagerung von leicht umzuwerfenden, leicht zu verschiebenden oder ‑ so der letzte Fall ‑ den Fluchtweg einengenden Gegenständen.

28 Fluchtwege werden im WFPolG 2015 nicht eigens definiert; nach der Legaldefinition der maßgeblichen baurechtlichen Bestimmung des § 87 Abs. 7 BO sind dies Wege, die den Benützern eines Bauwerkes im Gefahrenfall das Erreichen eines sicheren Ortes des angrenzenden Geländes im Freien ermöglichen. Gemäß § 95 Abs. 1 und 2 BO ermöglichen Fluchtwege den Benutzern eines Bauwerkes, dieses im Brandfall rasch und sicher zu verlassen.

29 § 6 WFPolG 2015 ist Teil des zweiten Abschnittes des WFPolG 2015, welcher mit „Verhütung von Bränden“ betitelt ist. In diesem Zusammenhang soll dessen Abs. 3 letzter Satz sicherstellen, dass Fluchtwege gemäß ihrem Zweck, daher im Brandfall, entsprechend benutzbar bleiben.

30 Die zitierten Regelungen betreffend Fluchtwege (§ 87 und § 95 BO) sind Teil des mit „Bautechnische Vorschriften“ umschriebenen neunten Teiles der BO. Den dort festgelegten bautechnischen Vorschriften wird entsprochen, wenn die OIB-Richtlinien eingehalten werden (siehe § 1 WBTV 2015).

31 In der oben wiedergegebenen OIB‑Richtlinie 4, Nutzungssicherheit und Barrierefreiheit, Stand April 2019, werden unter „2. Erschließung und Fluchtwege“, Durchgangsbreiten für (unter anderem) Gänge normiert, welche auch im Verlauf von Fluchtwegen maßgeblich sind (vgl. Punkt 2.1.3 OIB‑Richtlinie 4).

32 Fluchtwege sind, wie bereits dargelegt, Wege mit besonderem Zweck und umfassen daher die gesamte Länge eines solchen Weges, nicht bloße Teilabschnitte (wie etwa Gänge). Um ihrem Zweck entsprechen zu können, müssen Fluchtwege daher entsprechend benutzbar bleiben, und zwar ihrem gesamten Verlauf nach. In der OIB‑Richtlinie 4 werden nicht Mindestdurchgangsbreiten für Fluchtwege als solche normiert, sondern gesondert Durchgangsbreiten für Abschnitte eines solchen, so etwa in Punkt 2.4. für Gänge und Treppen, ausgewiesen.

33 Die in § 6 Abs. 3 letzter Satz WFPolG 2015 gebrauchte Wendung „im Verlauf von Fluchtwegen“ stellt zunächst auf den gesamten Fluchtweg als solchen ab, unabhängig von dessen jeweils normierter Mindestbreite. Allerdings legt bereits die Formulierung „den Fluchtweg einengende Gegenstände“ nahe, dass bei diesem Tatbestandsmerkmal die konkret erforderliche Fluchtwegbreite maßgeblich ist. Dafür spricht auch, dass andernfalls die anderen beiden Fallgruppen des letzten Satzes des § 6 Abs. 3 WFPolG 2015 keinen Anwendungsbereich hätten, da bei gegenteiliger Auslegung jeder Gegenstand „im Verlauf von Fluchtwegen“, daher an einem beliebigen Punkt innerhalb dieses Bereichs, gleichsam eine Einengung des Fluchtweges bewirken würde und es darauf, ob dieser leicht umzuwerfen oder leicht zu verschieben sei, nicht mehr ankäme. Derartiges kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden. Eine „Einengung“ iSd § 6 Abs. 3 letzter Satz WFPolG 2015 liegt daher nur bei Unterschreitung der jeweils in den maßgeblichen OIB‑Richtlinien ausgewiesenen Mindestbreite vor.

34 Das gleiche Begriffsverständnis liegt den oben dargestellten, arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften zugrunde (während im vorliegenden Fall die Benützer von Bauwerken geschützt werden sollen): Im Bereich arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften wird in § 20 Abs. 1 Z 2 Arbeitsstättenverordnung, LGBl. Nr. 27/2003, deutlich zum Ausdruck gebracht, dass eine Einengung von Fluchtwegen nur durch Unterschreitung der normierten erforderlichen nutzbaren Mindestbreite (§ 19 Abs. 1 Arbeitsstättenverordnung) verwirklicht werden kann. Ebenso dürfen nach § 20 Abs. 1 Z 3 Arbeitsstättenverordnung Fluchtwege nicht von Gegenständen begrenzt werden, die leicht umgestoßen oder verschoben werden können.

35 Zusammengefasst ergibt sich somit für § 6 Abs. 3 letzter Satz letzter Fall WFPolG 2015, dass dieser Tatbestand auf die Unterschreitung der jeweils normierten Mindestbreite abstellt, während die ersten beiden Fälle des letzten Satzes sicherstellen sollen, dass im (gesamten) Verlauf von Fluchtwegen die Benutzung dieser Mindestbreite nicht durch leicht verschiebbare oder leicht umwerfbare Gegenstände beeinträchtigt werden kann.

36 Ferner kommt es für die Tatbestandsmäßigkeit des § 6 Abs. 3 letzter Satz letzter Fall leg. cit. ‑ entgegen der vom Verwaltungsgericht erkennbar zugrunde gelegten Rechtsauffassung, das Vorhandensein eines feuerpolizeilichen Übelstandes gemäß § 19 Abs. 1 WFPolG 2015 in Verbindung mit § 6 Abs. 3 letzter Satz leg. cit. sei vom Ausmaß der durch eine Lagerung ausgelösten Gefährdung abhängig (arg.: „relevante Behinderung“ Erk. S. 18, „keine relevante Gefahr“ Erk. S. 21, „keinerlei Gefahrenerhöhung im Brandfall“ Erk. S. 22, „keinesfalls eine relevante Beeinträchtigung“ Erk. S. 23) ‑ nicht auf das Vorliegen eines „Gefahrenmomentes“ an und daher auch nicht auf den Schweregrad eines solchen (vgl. zu den auch für das öffentliche Recht geltenden Auslegungsmethoden etwa VwGH 22.3.2019, Ra 2018/04/0089, mwN). Auch bei systematischer Betrachtung ist nicht ersichtlich, dass das WFPolG 2015 das Vorliegen eines feuerpolizeilichen Übelstandes von dem Vorliegen einer gesondert zu prüfenden, qualifizierten Gefahrenlage abhängig machen würde. Im Falle von Gefahr im Verzug werden gerade in § 22 WFPolG 2015 Zwangsbefugnisse der Behörde zur Beseitigung feuerpolizeilicher Übelstände normiert; schon dies zeigt deutlich, dass das Vorliegen eines ein behördliches Vorgehen gemäß § 19 Abs. 3 leg. cit. rechtfertigenden feuerpolizeilichen Übelstandes unabhängig von einer gesondert zu prüfenden qualifizierten Gefahrenlage ist. Vielmehr ist allein die Tatbestandsmäßigkeit des § 6 Abs. 3 letzter Satz leg. cit., mit der eine Beeinträchtigung der Benutzbarkeit der Fluchtwege einhergeht, für das Vorliegen eines feuerpolizeilichen Übelstandes maßgeblich.

37 Angemerkt sei an dieser Stelle, dass es für die Frage der Tatbestandsmäßigkeit gemäß § 6 Abs. 3 letzter Satz WFPolG 2015 völlig unerheblich ist, ob eine Lagerung den Benutzern eines Bauwerkes bekannt ist oder nicht.

38 Hinsichtlich der Frage, ob die (ersatzlose) Behebung des feuerpolizeilichen Auftrages des Revisionswerbers betreffend zwei Fahrräder (welche nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts im obersten Stockwerk und in einer Nische im Erdgeschoß abgestellt waren) im Hinblick auf § 6 Abs. 3 letzter Satz WFPolG 2015 rechtmäßig erfolgte, entzieht sich das angefochtene Erkenntnis insoweit einer nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof (vgl. hierzu etwa VwGH 26.6.2019, Ro 2019/03/0019, mwN). Kursorische Sachverhaltsfeststellungen finden sich disloziert innerhalb der rechtlichen Beurteilung, eine nachvollziehbare Beweiswürdigung fehlt gänzlich. So fehlen Feststellungen etwa zu den im jeweiligen Fall maßgeblichen Mindestgangbreiten und zu den tatsächlich verbleibenden Gangbreiten sowie Feststellungen, die eine Beurteilung erlauben, ob die Fahrräder leicht umzuwerfen oder leicht zu verschieben abgestellt waren.

39 Das angefochtene Erkenntnis war daher hinsichtlich des Fahrrades im obersten Stockwerk und des Fahrrades in der Nische im Erdgeschoss wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

40 Hinsichtlich des Entfernungsauftrages betreffend einen Kinderwagen und ein Fahrrad (das sich nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts „im direkten Fluchtweg zwischen dem Kellerabgang und dem Haustor“ befand) zog das Verwaltungsgericht ausschließlich den letzten Fall des § 6 Abs. 3 letzter Satz WFPolG 2015 heran. Dabei stützte es sich für dessen Tatbestandsmäßigkeit im Ergebnis richtig auf ein Unterschreiten der Mindestgangbreite (zwar stellte es die verbleibende Gangbreite nicht fest, legte seiner Entscheidung jedoch zugrunde, dass im Fluchtweg zwischen dem Kellerabgang und dem Haustor eine Unterschreitung unter 100 cm vorliege). Gegen diese erkennbaren Sachverhaltsfeststellungen wendet sich die Revision nicht. Im Hinblick darauf erfolgte das Abstellen auf die Mindestgangbreite zur Erfüllung des Tatbestandes des § 6 Abs. 3 letzter Satz letzter Fall WFPolG 2015 zu Recht. Die Revision war daher hinsichtlich des Kinderwagens und des Fahrrades im direkten Fluchtweg zwischen dem Kellerabgang und dem Haustor gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

41 Soweit sich die Revision gegen die durchgeführte Interessenabwägung in Bezug auf die Restmüll- und Altpapiercontainer richtet, erweist sie sich ebenso als zulässig.

42 Das Verwaltungsgericht legte der Einschränkung des Beseitigungsauftrages von vier Altpapier- und drei Restmüllcontainern auf zwei Altpapiercontainer zugrunde, dass es sich zwar bei allen Containern um feuerpolizeiliche Übelstände handle, jedoch ein näher bezeichneter Raum als Abstellraum für zwei der Altpapiercontainer verwendet werden könne. Weiters stützte es sich tragend erkennbar darauf, dass der Beseitigungsauftrag hinsichtlich fünf Containern (zwei Altpapier- und drei Restmüllcontainer) „absolut unzumutbar“ sei, weil „der Adressat des Auftrags“ rechtlich zu dessen Erfüllung gar nicht in der Lage sei.

43 Der Wortlaut der §§ 6 Abs. 3 und 19 WFPolG 2015 sieht eine Abwägung zwischen den Vorteilen der Maßnahme im Interesse des WFPolG 2015 mit den daraus erwachsenden Kosten, wie sie dem Verwaltungsgericht angesichts der von ihm zitierten hg. Judikatur (vgl. etwa zu § 7 Abs. 3 des Steiermärkischen Feuerpolizeigesetzes 1985 VwGH 27.11.2007, 2006/06/0280) offenbar vor Augen steht, nicht vor. Nach dem Wortlaut der §§ 6 Abs. 3 und 19 Abs. 3 WFPolG 2015 ist auch nicht zu prüfen, ob ein solcher Auftrag für den Adressaten zumutbar ist oder nicht. In § 19 Abs. 3 WFPolG 2015 ist vielmehr nur die Erteilung der für die Beseitigung eines Übelstandes erforderlichen Aufträge normiert.

44 Es ist jedoch auch vor dem Hintergrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (vgl. zu diesem allgemein als Determinante für das behördliche Handeln auf Grund der Verwaltungsvorschriften VwGH 20.12.2017, Ra 2017/03/0069, mwN; sowie zu diesem im Zusammenhang mit verwaltungspolizeilichen Maßnahmen etwa VwGH 16.3.2012, 2009/05/0102, mwN; oder auch VwGH 26.2.2016, Ro 2014/03/0079, mwN) nicht ersichtlich, inwiefern die vom Verwaltungsgericht angestellten Überlegungen zur Zumutbarkeit des feuerpolizeilichen Auftrages für die Hauseigentümerin für die Rechtmäßigkeit der Erteilung eines Auftrages gemäß §§ 6 Abs. 3 iVm 19 Abs. 3 WFPolG 2015 erforderlich sein sollen. Abgesehen davon, dass im Revisionsfall nicht „die Hauseigentümerin“ Adressatin des Entfernungsauftrages ist, sondern die „Hausverwaltung“, ist auch nicht ersichtlich, inwiefern die Anordnung der bloßen Beseitigung eines feuerpolizeilichen Übelstandes über die Zielerreichung, welche in eben der Beseitigung eines feuerpolizeilichen Übelstandes zu sehen ist, hinausgehen würde (vgl. zu diesem Kriterium in Zusammenhang mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erneut VwGH 20.12.2017, Ra 2017/03/0069, mwN).

45 Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Interessenabwägung und die von ihm daraus abgeleitete Differenzierung zwischen den Containern erweist sich damit als rechtswidrig.

46 Das Verwaltungsgericht hat sein Erkenntnis daher sowohl durch die ersatzlose Behebung des Beseitigungsauftrages hinsichtlich zweier Altpapier- und dreier Restmüllcontainer als auch durch die Bestätigung des Beseitigungsauftrages hinsichtlich der beiden verbleibenden Altpapiercontainer mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb das angefochtene Erkenntnis in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war, ohne dass auf die geltend gemachten Verfahrensmängel einzugehen war.

47 Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass zu der dem Verwaltungsgerichtshof aufgetragenen Rechtmäßigkeitskontrolle auch die Frage zählt, ob der Spruch einer Entscheidung in einer dem § 59 AVG iVm § 17 VwGVG 2014 entsprechenden Weise deutlich abgefasst ist. Entspricht eine Entscheidung nicht dem Gebot der hinreichenden Bestimmtheit des § 59 Abs. 1 AVG, so ist sie ‑ ungeachtet der Frage, wie sie sonst auszulegen wäre ‑ wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben. Die Anforderungen über das Maß der Bestimmtheit der Entscheidung eines Verwaltungsgerichts hängen von den Umständen des Einzelfalles ab, für den Spruch von Leistungsbescheiden oder von Duldungsbescheiden wird (ua. vor dem Hintergrund des Erfordernisses ihrer Vollstreckbarkeit) im besonderen Maß Bestimmtheit (und nicht bloß Bestimmbarkeit) gefordert (vgl. VwGH 26.2.2016, Ro 2014/03/0079, mwN).

Diesen Anforderungen wird das angefochtene Erkenntnis schon mangels einer näheren Ortsangabe, die die Lage des „Hausgangs“ in einem mehrstöckigen Haus erkennen ließe, nicht gerecht.

Zu II.:

48 Zu der Aufhebung des Beseitigungsauftrages betreffend die beiden Metallgestelle auf den Stiegenpodesten durch das Verwaltungsgericht (mit der Begründung, dass diese weder brandgefährliche noch abgelagerte Gegenstände seien) enthält die Revision kein Zulässigkeitsvorbringen. Daher wird insoweit eine zur Zulässigkeit führende Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht dargetan.

49 Die Revision war daher insoweit gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 26. April 2022

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