VwGH Ra 2020/01/0048

VwGHRa 2020/01/004817.2.2020

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek sowie die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Fasching als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kienesberger, über die Revision des A H in W, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. September 2019, Zl. G306 2196779- 1/11E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
MRK Art8
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020010048.L01

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - in der Sache den Antrag des Revisionswerbers, eines irakischen Staatsangehörigen, auf internationalen Schutz vollinhaltlich ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung, stellte die Zulässigkeit der Abschiebung des Revisionswerbers in den Irak fest, setzte eine Frist für die freiwillige Ausreise von zwei Wochen und sprach gemäß § 25 Abs. 1 VwGG aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

2 Mit Beschluss vom 27. November 2019, E 3909/2019-7, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Beschwerde ab und trat die Beschwerde gemäß Art 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

3 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 6 Die Revision rügt in ihrer allein maßgeblichen Zulässigkeitsbegründung zunächst, das BVwG habe keine aktuellen Länderberichte herangezogen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat das BVwG seinem Erkenntnis die zum Entscheidungszeitpunkt aktuellen Länderberichte zugrunde zu legen. Eine Verletzung dieser Vorgabe stellt einen Verfahrensmangel dar. Es reicht jedoch nicht aus, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne die Relevanz der genannten Verfahrensmängel in konkreter Weise darzulegen (vgl. VwGH 13.11.2019, Ra 2019/01/0326, mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Revision nicht gerecht.

7 Die Revision bringt in der Zulässigkeitsbegründung weiter vor, es fehle "eine gesicherte Rechtsprechungslinie" des Verwaltungsgerichtshofs zur Frage, wann bei einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren von einer derart herausragenden Integration zu sprechen sei, dass eine Rückkehrentscheidung dauerhaft für unzulässig zu erklären und ein Aufenthaltstitel zu erteilen sei. Es läge im gegenständlichen Fall nämlich "eine in mehrfacher Hinsicht außergewöhnlich fortgeschrittene Integration" des Revisionswerbers vor.

8 Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die nach Art. 8 EMRK durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. aus jüngerer Zeit etwa VwGH 9.1.2020, Ra 2019/18/0523, mwN).

9 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgt und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel (vgl. für viele etwa VwGH 23.12.2019, Ra 2019/01/0479, mwN). Dass das BVwG die Interessenabwägung in unvertretbarer Weise vorgenommen hätte, zeigt die Revision nicht auf.

10 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 17. Februar 2020

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte