Normen
AVG §69 Abs1 Z1
AVG §69 Abs1 Z2
B-VG Art133 Abs4
NAG 2005 §37 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RA2019220144.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1.1. Der Revisionswerber, ein serbischer Staatsangehöriger, stellte am 29. April 2010 ‑ unter Berufung auf seine am 28. März 2010 mit der österreichischen Staatsbürgerin R P geschlossene Ehe ‑ beim Landeshauptmann von Wien (im Folgenden: Behörde) einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Familienangehöriger“ gemäß § 47 Abs. 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG).
1.2. Die Behörde verständigte mit Schreiben vom 20. August 2010 (unter Übersendung des Verwaltungsakts) die Bundespolizeidirektion (BPD) Wien gemäß § 37 Abs. 4 NAG wegen des Verdachts des Vorliegens einer Aufenthaltsehe und ersuchte um Überprüfung.
Die BPD Wien teilte mit Schreiben vom 27. Oktober 2010 mit, dass sie bereits Erhebungen durchgeführt habe, ein genaues Ergebnis aber noch nicht vorliege. Da weitere Erhebungen notwendig seien, werde um Fristerstreckung bis Jänner 2011 ersucht.
Mit Schreiben vom 2. März 2011 forderte die Behörde die BPD Wien zur Bekanntgabe des Verfahrensstands auf. Eine Reaktion auf dieses Schreiben ist nicht erfolgt.
Mit Schreiben vom 6. März 2012 teilte die Behörde der BPD Wien mit, dass ein Ergebnis der Erhebungen bislang nicht bekannt gegeben worden sei, weshalb vom Vorliegen einer Ehe auszugehen sei. Unter einem ersuchte sie um Retournierung des Verwaltungsakts. Gleichlautende Schreiben richtete die Behörde am 7. Jänner, 19. Juni und 4. Dezember 2013 sowie am 1. September 2014 an die Landespolizeidirektion (LPD) Wien.
Auf diese Schreiben erfolgte nach der Aktenlage jeweils keine Reaktion; weder wurde ein Bericht erstattet, noch der Verwaltungsakt zurückgestellt.
In der Folge teilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) der Behörde mit Schreiben vom 30. September 2014 unter Rückstellung des Verwaltungsakts mit, dass sich der Revisionswerber derzeit nicht im Bundesgebiet aufhalte und daher kein Verfahren gegen ihn geführt werden könne.
1.3. Die Behörde erteilte schließlich im Mai 2016 nach weiterer inhaltlicher Prüfung dem Revisionswerber den beantragten Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ mit Gültigkeit bis 15. April 2017.
2.1. Am 23. Februar 2017 stellte der Revisionswerber ‑ nach einvernehmlicher Scheidung seiner Ehe mit R P im Jänner 2017 ‑ bei der Behörde einen Zweckänderungsantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot‑Weiß‑Rot ‑ Karte plus“ in Anwendung des § 27 Abs. 1 NAG.
2.2. Die Behörde verständigte mit Schreiben vom 30. März 2017 die LPD Wien gemäß § 37 Abs. 4 NAG und ersuchte (neuerlich) um Überprüfung wegen des Verdachts des Vorliegens einer Aufenthaltsehe.
Die LPD Wien gab nach Durchführung von Erhebungen mit Bericht vom 9. Mai 2017 bekannt, dass es sich bei der vormaligen Ehe zwischen dem Revisionswerber und R P um eine Aufenthaltsehe gehandelt habe. Unter einem reichte sie auch den seinerzeitigen Abschlussbericht der BPD Wien vom 24. Jänner 2011 (samt niederschriftlichen Vernehmungen des Revisionswerbers, der R P und eines Zeugen vom selben Tag) nach, worin ebenso bereits vom Vorliegen einer Aufenthaltsehe ausgegangen worden war.
3.1. Mit Bescheid vom 9. August 2017 nahm die Behörde das rechtskräftig abgeschlossene Verfahren betreffend den Erstantrag vom 29. April 2010 gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 und Abs. 3 AVG von Amts wegen wieder auf und wies den Erstantrag gemäß § 11 Abs. 1 Z 4 NAG ab; weiters wies sie den Zweckänderungsantrag vom 23. Februar 2017 gemäß § 2 Abs. 1 Z 11 NAG ab. Die Behörde führte begründend im Wesentlichen aus, bei der vormaligen Ehe zwischen dem Revisionswerber und R P habe es sich um eine Aufenthaltsehe gehandelt.
3.2. Der Revisionswerber erhob gegen den Bescheid Beschwerde mit dem Vorbringen, die Wiederaufnahme sei zu Unrecht erfolgt. Ein „Erschleichen“ im Sinn des § 69 Abs. 1 Z 1 AVG liege nicht vor, der Behörde sei ‑ wie die polizeilichen Ermittlungen nahelegten ‑ der Verdacht einer Aufenthaltsehe bereits vor Titelerteilung bekannt oder bei ordnungsgemäßen Ermittlungen zumindest erkennbar gewesen. Im Übrigen gebe es auch für das Vorliegen einer Aufenthaltsehe keine ausreichenden Beweisergebnisse. Die Erhebungen seien mangelhaft bzw. ungenügend geführt worden, sie ließen nicht mit der erforderlichen Sicherheit auf eine Aufenthaltsehe schließen.
4.1. Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom 25. April 2019 wies das Verwaltungsgericht Wien die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid vom 9. August 2017 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab; dies mit der Maßgabe, dass als Rechtsgrundlagen für die Wiederaufnahme § 69 Abs. 1 Z 1 und Z 2 in Verbindung mit Abs. 3 AVG, für die Abweisung des Erstantrags § 47 Abs. 2 NAG und für die Abweisung des Zweckänderungsantrags § 27 Abs. 1 NAG heranzuziehen seien.
4.2. Das Verwaltungsgericht führte begründend aus, nach dem Ergebnis der von der Behörde und vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Erhebungen sei zwischen dem Revisionswerber und R P eine Aufenthaltsehe vorgelegen. Der Revisionswerber habe, indem er sich im Zuge der Erstantragstellung auf die vorgebliche Ehe berufen habe, den im Mai 2016 erteilten Aufenthaltstitel gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 AVG erschlichen. Die Behörde habe zwar schon aus Anlass des Erstantrags eine polizeiliche Überprüfung gemäß § 37 Abs. 4 NAG veranlasst, jedoch trotz Urgenzen bzw. Aufforderungen zur Aktenrückstellung einen Bericht (zunächst) nicht erhalten (dieser sei ihr erstmals im Mai 2017 zur Kenntnis gelangt). Folglich seien ihr im Zuge der Erteilung des Aufenthaltstitels im Mai 2016 die für das Vorliegen einer Aufenthaltsehe sprechenden Umstände (noch) nicht bekannt gewesen. Sie habe sich jedenfalls redlich bemüht, den Sachverhalt zu ermitteln, ein diesbezügliches Verschulden sei ihr nicht anzulasten. Die Voraussetzungen für die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 AVG seien daher erfüllt.
Die Wiederaufnahme könne ‑ so das Verwaltungsgericht weiter ‑ wegen des nachträglichen Hervorkommens neuer Tatsachen bzw. Beweismittel zudem auf § 69 Abs. 1 Z 2 AVG gestützt werden. Der Behörde seien der Polizeibericht vom 24. Jänner 2011 samt Niederschriften erst im Mai 2017 bekannt geworden. Es handle sich dabei um neue Beweismittel, die zwar bei Erteilung des Aufenthaltstitels bereits vorhanden gewesen seien, jedoch erst nachträglich hervorgekommen seien. Die neuen Beweismittel hätten allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen anderslautenden Bescheid herbeigeführt. Es seien daher auch die Voraussetzungen für die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 Abs. 1 Z 2 AVG erfüllt.
Im wiederaufgenommenen Verfahren selbst sei der Erstantrag gemäß § 47 Abs. 2 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 9 NAG abzuweisen (gewesen), weil der Revisionswerber seit der Ehescheidung im Jänner 2017 kein Familienangehöriger (mehr) sei, sodass es an der diesbezüglichen besonderen Erteilungsvoraussetzung fehle. Der Zweckänderungsantrag sei ebenso abzuweisen (gewesen), weil die Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot‑Weiß‑Rot ‑ Karte plus“ in Anwendung des § 27 Abs. 1 NAG nicht in Betracht komme, setze die Bestimmung doch voraus, dass der Fremde bereits über einen Aufenthaltstitel verfüge, was aufgrund der Wiederaufnahme nicht (mehr) zutreffe.
4.3. Das Verwaltungsgericht sprach ferner aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.
5. Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die gegenständliche Revision, in der ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs bzw. das Fehlen einer solchen Rechtsprechung behauptet wird. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG wird jedoch nicht aufgezeigt.
6. Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht einheitlich beantwortet wird.
Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7.1. Der Revisionswerber macht in der Zulässigkeitsbegründung der Revision im Wesentlichen geltend, ein „Erschleichen“ im Sinn des § 69 Abs. 1 Z 1 AVG liege nicht vor, da die Behörde bei Vornahme ordnungsgemäßer Ermittlungen die Unrichtigkeit seiner Angaben hätte erkennen können. Die Behörde sei trotz Ausbleiben des polizeilichen Berichts im Verfahren gemäß § 37 Abs. 4 NAG nicht von der Pflicht zur amtswegigen Sachverhaltsermittlung befreit gewesen, sondern hätte ein weiteres derartiges Ersuchen initiieren oder die Erhebungen selbst vornehmen müssen. Sie sei nicht berechtigt gewesen, auch noch Jahre nach dem erfolglosen Ersuchen gemäß § 37 Abs. 4 NAG ohne Weiteres vom Vorliegen einer „echten“ Ehe auszugehen. Diesbezügliche Bedenken hätten auch aufgrund der Mitteilung des BFA vom 30. September 2014 entstehen müssen.
7.2. Mit diesem Vorbringen stellt der Revisionswerber im Ergebnis nicht mehr in Abrede, dass eine Aufenthaltsehe vorgelegen sei, sondern wendet sich ausschließlich dagegen, dass die Behörde und das Verwaltungsgericht ein „Erschleichen“ und damit den Wiederaufnahmegrund des § 69 Abs. 1 Z 1 AVG als verwirklicht erachteten.
8.1. Dazu ist zunächst festzuhalten, dass das Verwaltungsgericht ‑ wie aus der obigen Wiedergabe der wesentlichen Entscheidungsgründe hervorgeht ‑ die Wiederaufnahme nicht bloß auf den Wiederaufnahmegrund des § 69 Abs. 1 Z 1 AVG, sondern alternativ auch auf den Wiederaufnahmegrund des § 69 Abs. 1 Z 2 AVG stützte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat aber bereits wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass eine Revision nicht zulässig ist, wenn das angefochtene Erkenntnis auf einer tragfähigen Alternativbegründung beruht und dieser Begründung keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG zugrunde liegt (vgl. VwGH 21.2.2017, Ra 2017/22/0005, Rn. 7; 26.1.2021, Ra 2020/22/0265, Pkt. 4.2.).
8.2. Von einer solchen Konstellation ist hier auszugehen, legte doch das Verwaltungsgericht der angefochtenen Entscheidung tragfähige alternative Begründungen zugrunde. Das Zulässigkeitsvorbringen wendet sich nur gegen eine dieser Alternativen (Wiederaufnahmegrund des § 69 Abs. 1 Z 1 AVG), hingegen wird bezüglich der anderen Alternative (Wiederaufnahmegrund des § 69 Abs. 1 Z 2 AVG) keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung geltend gemacht.
Die Revision ist daher schon deshalb zurückzuweisen, weil die Entscheidung von der Lösung der als grundsätzlich geltend gemachten Rechtsfrage (unzutreffende Bejahung des Wiederaufnahmegrunds des § 69 Abs. 1 Z 1 AVG) nicht abhängt.
9.1. Im Übrigen ließe aber auch das aufgezeigte Vorbringen keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG erkennen.
9.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs liegt ein „Erschleichen“ im Sinn des § 69 Abs. 1 Z 1 AVG dann vor, wenn der Bescheid in einer Art zustande gekommen ist, dass die Partei gegenüber der Behörde objektiv unrichtige Angaben von wesentlicher Bedeutung mit Irreführungsabsicht gemacht hat und die Angaben dann dem Bescheid zugrunde gelegt wurden (vgl. VwGH 12.2.2019, Ra 2019/22/0031, Rn. 11; 29.6.2021, Ra 2021/22/0087, Rn. 15).
Vorliegend berief sich der Revisionswerber im Verfahren betreffend den ‑ letztlich im Mai 2016 bewilligten ‑ Erstantrag mit Irreführungsabsicht auf seine vorgebliche (tatsächlich nicht bestehende) Ehe mit R P. Im Hinblick darauf lagen insofern ‑ grundsätzlich ‑ die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens wegen „Erschleichen“ im Sinn des § 69 Abs. 1 Z 1 AVG vor.
9.3.1. Ein „Erschleichen“ erfordert nach der hg. Rechtsprechung jedoch zudem, dass die Behörde auch auf die Angaben der Partei angewiesen ist und ihr nicht zugemutet werden kann, von Amts wegen noch weitere Ermittlungen durchzuführen. Von einem „Erschleichen“ kann daher dann nicht gesprochen werden, wenn die Behörde es verabsäumt hat, von den ihr ohne besondere Schwierigkeiten zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Sachverhaltsermittlung Gebrauch zu machen (vgl. VwGH 5.3.2021, Ra 2019/22/0234, Rn. 8; 18.6.2021, Ra 2021/22/0078, Rn. 18).
Dem betreffenden Verfahren darf also kein ein „Erschleichen“ ausschließender relevanter Ermittlungsmangel anhaften (vgl. zum Ganzen VwGH 14.10.2022, Ra 2018/22/0227, Pkt. 6.3.).
9.3.2. Vorliegend wäre daher die Wiederaufnahme wegen „Erschleichen“ ausgeschlossen gewesen, wenn die Behörde eine schon früher ohne Weiteres mögliche und zumutbare Sachverhaltsermittlung in Bezug auf das Vorliegen einer Aufenthaltsehe unterlassen hätte. Von einer solchen Konstellation kann fallbezogen freilich nicht ausgegangen werden.
Nach dem unstrittigen Verfahrensverlauf ersuchte die Behörde aus Anlass des Erstantrags die BPD Wien (bereits) im August 2010 um eine Überprüfung gemäß § 37 Abs. 4 NAG wegen des Verdachts des Vorliegens einer Aufenthaltsehe. Die BPD Wien bzw. später die LPD Wien machte ‑ trotz Urgenzen bzw. Aufforderungen zur Aktenrückstellung ‑ jahrelang jedenfalls bis zur Titelerteilung im Mai 2016 über das Ergebnis der Erhebungen keine Mitteilung an die Behörde (der Bericht vom 24. Jänner 2011 wurde ‑ letztlich auch unstrittig ‑ erstmals im Mai 2017 im Zuge der weiteren Überprüfung gemäß § 37 Abs. 4 NAG aus Anlass des Zweckänderungsantrags übermittelt). Im Hinblick darauf erlangte die Behörde jedoch vorerst keine Kenntnis vom Vorliegen einer Aufenthaltsehe und konnte folglich ‑ im Hinblick auf die in § 37 Abs. 4 NAG normierte diesbezügliche Annahme ‑ von einer (echten) Ehe zwischen dem Revisionswerber und R P ausgehen.
In dem Zusammenhang war ‑ entgegen der Auffassung des Revisionswerbers ‑ auch die Vornahme weiterer Ermittlungen durch die Behörde fallbezogen weder geboten noch zumutbar. Der Revisionswerber vermochte im oben aufgezeigten Vorbringen nicht darzulegen, aufgrund welcher konkreten Umstände die Behörde zu weiteren Erhebungen verhalten gewesen wäre. Derartige Umstände sind auch nicht zu sehen, traten doch trotz jahrelanger Verfahrensdauer jedenfalls bis zur Titelerteilung im Mai 2016 unstrittig keine derartigen Sachverhaltsänderungen ein, die auf das Vorliegen einer Aufenthaltsehe hätten schließen lassen. Auch aus der (vom Revisionswerber hervorgekehrten) Mitteilung des BFA vom 30. September 2014 ergaben sich keine derartigen Anhaltspunkte. Folglich musste sich die Behörde ‑ ohne Hinzutreten neuer konkreter Anhaltspunkte im Sinn von näheren Verdachtsmomenten für das Vorliegen einer Aufenthaltsehe ‑ nicht veranlasst sehen, ein neuerliches Ersuchen gemäß § 37 Abs. 4 NAG zu stellen oder weitere Erhebungen selbst vorzunehmen.
9.3.3. Davon ausgehend ist aber in keiner Weise zu sehen, dass die Behörde es verabsäumt hätte, von einer ohne besondere Schwierigkeiten möglichen amtswegigen Sachverhaltsermittlung Gebrauch zu machen. Ein diesbezüglicher ‑ ein „Erschleichen“ im Sinn des § 69 Abs. 1 Z 1 AVG ausschließender ‑ relevanter Ermittlungsmangel hinsichtlich des Verdachts des Vorliegens einer Aufenthaltsehe liegt nicht vor.
10. Aus den dargelegten Erwägungen wird daher insgesamt keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war deshalb gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 24. März 2023
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