Normen
B-VG Art133 Abs4
MRK Art8
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019190187.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger der Demokratischen Republik Kongo, stellte am 17. August 2013 erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz. Er brachte vor, in seiner Heimat von der Polizei verfolgt zu werden, weil er während der Beerdigung eines Ministers in Pointe-Noire den Präsidenten mit Steinen beworfen habe.
2 Das Bundesasylamt wies den Antrag mit Bescheid vom 11. September 2013 aufgrund der Zuständigkeit Ungarns als unzulässig zurück und wies den Revisionswerber aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Ungarn aus. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 17. Oktober 2013 als unbegründet abgewiesen. Da sich der Revisionswerber dem Verfahren entzog, konnte er erst am 4. August 2014 nach Ungarn überstellt werden.
3 Am 26. März 2015 stellte der Revisionswerber nach Wiedereinreise nach Österreich den verfahrensgegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz und brachte vor, er sei Mitglied der Partei RDPS (Rally for Democracy and Social Progress) gewesen. Der Vorsitzende der Partei sei durch den Präsidenten der Demokratischen Republik Kongo vergiftet worden. Am Tag des Begräbnisses im Juli 2008 habe der Revisionswerber gemeinsam mit anderen Parteimitgliedern Steine auf den Präsidenten geworfen, weshalb die Militärs begonnen hätten zu schießen und der Revisionswerber habe fliehen müssen. Danach hätten die Militärs noch dreimal versucht, den Revisionswerber an seiner Wohnadresse aufzusuchen.
4 Mit Bescheid vom 7. September 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers in die Demokratische Republik Kongo gemäß § 46 FPG zulässig sei und legte gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise fest.
5 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 21. März 2019 als unbegründet ab. Weiters sprach das BVwG aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. 6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 9 Die Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit vor, das BVwG sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, indem es die überlange Dauer des Aufenthaltes des Revisionswerbers in Österreich nicht entsprechend als "aufenthaltsbegründendes Merkmal" berücksichtigt habe (Hinweis auf VwGH 28.2.2019, Ro 2019/01/0003).
10 Damit wird keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dargelegt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel (vgl. VwGH 25.6.2019, Ra 2019/19/0078, mwN).
11 Das BVwG berücksichtigte insbesondere die Aufenthaltsdauer des Revisionswerbers in Österreich seit März 2015 und die Beziehung zu seiner Lebensgefährtin, mit der er seit November 2016 im gemeinsamen Haushalt lebt. Dem hielt das BVwG jedoch entgegen, dass der Revisionswerber die Beziehung zu einem Zeitpunkt eingegangen sei, als sein erster Antrag auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs rechtskräftig zurückgewiesen und über seinen gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz noch nicht entschieden worden sei. Da der Revisionswerber seinen Lebensunterhalt aus Mitteln der staatlichen Grundversorgung bestreite, sei auch von keinem besonderen Abhängigkeitsverhältnis auszugehen. Zudem habe der Revisionswerber in Österreich wiederholt behördliche Anordnungen negiert, sich dem Verfahren und seiner Außerlandesbringung nach Ungarn durch Untertauchen in die Anonymität entzogen und rechtswidrigerweise seine Betreuungseinrichtung verlassen.
12 Dass die festgestellten Umstände bei der Interessenabwägung in einer den Leitlinien der Rechtsprechung widersprechenden unvertretbaren Weise gewichtet worden wären, zeigt die Revision nicht auf (vgl. VwGH 26.11.2018, Ra 2018/20/0498).
13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 29. August 2019
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