VwGH Ra 2019/19/0121

VwGHRa 2019/19/012125.6.2019



Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie den Hofrat Dr. Pürgy und die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, in der Revisionssache des Y H, in Natternbach, vertreten durch Mag. Nadja Lorenz, Rechtsanwältin in 1070 Wien, Burggasse 116, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. Februar 2019, W109 2160934-1/20E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §11
B-VG Art133 Abs4
MRK Art3
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019190121.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Afghanistan aus der Provinz Maidan Wardak, stellte am 2. November 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Zur Begründung brachte er vor, dass in Afghanistan Krieg herrsche und er dort keine Verwandten habe.

2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wies diesen Antrag mit Bescheid vom 10. Mai 2017 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers hinsichtlich der Zuerkennung von internationalem Schutz ab, erklärte jedoch die Rückkehrentscheidung für auf Dauer unzulässig und erteilte dem Revisionswerber den Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" gemäß § 55 Abs. 1 Asylgesetz 2005 und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 7 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, dem BVwG seien Begründungsmängel hinsichtlich der Verfolgung des Revisionswerbers in seinem Heimatgebiet und hinsichtlich der innerstaatlichen Fluchtalternative unterlaufen und es habe der Entscheidung nicht die aktuellen Länderberichte zugrunde gelegt. Das BVwG habe sich zudem nicht ausreichend mit der Dürre in Herat und Mazar-e Sharif sowie der Wohnungssituation in diesen Städten aufgrund der vielen Binnenvertriebenen auseinandergesetzt. 8 Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

9 Soweit die Revision vorbringt, dass die Frage der Asylrelevanz der Verfolgung des Revisionswerbers in seiner Heimatprovinz mangelhaft begründet sei und die rechtliche Begründung in diesem Punkt nicht mit der Beweiswürdigung übereinstimme, übersieht sie, dass sich das BVwG auf eine innerstaatliche Fluchtalternative in Mazar-e Sharif stützt und es daher auf eine mögliche Verfolgung durch "Kuchis" im Heimatgebiet des Revisionswerbers nicht ankommt. Dasselbe gilt für das Vorbringen, das BVwG hätte sich nicht mit einer drohenden Gruppenverfolgung der Hazara in Maidan Wardak auseinandergesetzt. 10 Insofern sich die Revision gegen die Annahme der innerstaatlichen Fluchtalternative mit der Begründung wendet, das BVwG sei nicht ausreichend auf damit in Zusammenhang stehendes Vorbringen eingegangen, vermag sie nicht aufzuzeigen, dass das BVwG eine innerstaatliche Fluchtalternative zu Unrecht angenommen hat, zumal diese in Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht (vgl. grundlegend VwGH 23.1.2018, Ra 2018/18/0001, zuletzt in Bezug auf Mazar-e Sharif:

VwGH 14.3.2019, Ra 2019/18/0079).

11 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Asylbehörde bei den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat als Grundlage für die Beurteilung des Vorbringens von Asylwerbern die zur Verfügung stehenden Informationsmöglichkeiten und insbesondere Berichte der mit Flüchtlingsfragen befassten Organisationen in die Entscheidung einzubeziehen. Das gilt ebenso für von einem Verwaltungsgericht geführte Asylverfahren. Auch das BVwG hat daher seinem Erkenntnis die zum Entscheidungszeitpunkt aktuellen Länderberichte zugrunde zu legen. Es reicht aber nicht aus, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne die Relevanz der behaupteten Verfahrensmängel aufzuzeigen (vgl. VwGH 27.11.2018, Ra 2018/14/0187, mwN). Eine solche vermag die Revision nicht aufzuzeigen. Die in der Revision wiedergegebenen Auszüge aus Berichten über die Lage im Herkunftsstaat zeigen fallbezogen weder auf, dass in der Stadt Mazar-e Sharif eine Situation vorläge, die eine Verletzung der nach Art. 3 EMRK garantierten Rechte des Revisionswerbers darstellen würde, noch dass ihm eine Ansiedelung in dieser Stadt nicht zumutbar wäre (vgl. VwGH 27.5.2019, Ra 2018/14/0418, mwN).

12 In der Revision werden keine Rechtsfragen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgeworfen. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 25. Juni 2019

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