VwGH Ra 2019/14/0469

VwGHRa 2019/14/046930.10.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, sowie die Hofräte Mag. Eder und Dr. Himberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schweinzer, in der Revisionssache des X Y in Z, vertreten durch Mag. Ronald Frühwirth, Rechtsanwalt in 8020 Graz, Grieskai 48, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Februar 2019, Zl. W148 2141265-1/21E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019140469.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 27. Oktober 2014 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005. Diesen begründete er damit, dass er für die Amerikaner als Dolmetscher gearbeitet habe. Die Taliban hätten ihn daraufhin im Wege seines Vaters aufgefordert, diese Tätigkeit aufzugeben. Als er dem nicht entsprochen habe, sei seinem Vater eine Hand abgetrennt worden. Sein Cousin sei von den Taliban angegriffen und getötet worden, wobei sein Onkel ihm die Schuld dafür gebe.

2 Mit Bescheid vom 15. November 2016 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten ab. Die Behörde erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei, und legte die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

3 Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4 In seiner Begründung legte das Bundesverwaltungsgericht dar, dass das Vorbringen des Revisionswerbers zu seinen Fluchtgründen unglaubwürdig sei und er damit keine asylrelevante Verfolgung habe glaubhaft machen können. Weiters erachtete das Bundesverwaltungsgericht eine Rückkehr des Revisionswerbers in dessen Heimatprovinz Maidan Wardak zwar als unzumutbar, verwies aber auf die Möglichkeit der zumutbaren (Wieder‑)Ansiedelung in Kabul (wo der Revisionswerber zuletzt zwölf Jahre lang lebte), Mazar-e Sharif oder Herat.

5 Der Revisionswerber erhob gegen dieses Erkenntnis Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 11. Juni 2019, E 1066/2019-11, ablehnte und über nachträglichen Antrag des Revisionswerbers mit Beschluss vom 22. Juli 2019, E 1066/2019-13, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 9 Die Revision bekämpft die Nichtzuerkennung des subsidiären Schutzes und bringt zu ihrer Zulässigkeit im Wesentlichen vor, das Bundesverwaltungsgericht habe sich über die UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30. August 2018 ohne Begründung hinweggesetzt. Nach diesen Richtlinien komme die Stadt Kabul für die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative überhaupt nicht mehr in Frage. In Bezug auf andere afghanische Städte sei eine sorgfältige Prüfung für die jeweils betroffene Person durchzuführen. Hinsichtlich Herat und Mazar-e Sharif habe es das Bundesverwaltungsgericht unterlassen, die nach den Richtlinien erforderliche "sorgfältige Prüfung" vorzunehmen.

10 Der vorliegende Fall gleicht in seinen entscheidungsrelevanten Fragen jenen, die mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 23. August 2019, Ra 2019/14/0378, entschieden wurde. Wie auch in diesem Fall hat sich das BVwG entgegen den Behauptungen in der Revision umfassend mit dem Vorliegen der Voraussetzungen einer innerstaatlichen Fluchtalternative für den Revisionswerber in Bezug auf Mazare Sharif und Herat auseinandergesetzt und dabei die aktuellen Berichte zur Lage in Afghanistan sowie die persönlichen Umstände des Revisionswerbers berücksichtigt.

11 Vor dem Hintergrund der unbestritten gebliebenen Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts, wonach es sich bei dem Revisionswerber um einen volljährigen, gesunden, ledigen und arbeitsfähigen Mann mit Schulbildung und Berufserfahrung handle, der mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates vertraut sei und zudem Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen könne, vermag die Revision nicht darzulegen, dass die - für sich allein tragende - Annahme des Bundesverwaltungsgerichts, dem Revisionswerber stehe auf Grundlage der getroffenen Feststellungen in Mazar-e Sharif und Herat eine innerstaatliche Fluchtalternative offen, unvertretbar wäre.

12 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 30. Oktober 2019

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte