VwGH Ra 2019/12/0026

VwGHRa 2019/12/002619.2.2020

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Hofrat Mag. Feiel als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision des DI W B in M, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs Kai 5, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. April 2019, GZ W221 2215759-1/2E, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bildungsdirektion für Kärnten), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §18 Abs3
AVG §18 Abs4
AVG §56

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019120026.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde des Revisionswerbers als unzulässig zurück und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

2 Das Bundesverwaltungsgericht führte Folgendes aus:

"Mit Schreiben der belangten Behörde vom 23.01.2019 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, er werde aufgrund gröbster Mängel in der Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben als Abteilungsvorstand an der X Höhere technische Bundeslehr- und Versuchsanstalt F gemäß § 207i Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) mit Wirksamkeit vom 18.02.2019 von der Funktion als Abteilungsvorstand - Abteilung für Fertigungstechnik abberufen. Er wurde überdies darüber in Kenntnis gesetzt, dass er gemäß § 207i Abs. 2 BDG 1979 im Dienststand bleibe und kraft Gesetzes auf jene Planstelle übergeleitet werde, die er zuletzt vor der Ernennung auf seine Planstelle innegehabt habe.

Gegen dieses Schreiben, welches der Beschwerdeführer als Bescheid bezeichnet, erhob der Beschwerdeführer Beschwerde und führt begründend aus, dass das Schreiben der belangten Behörde vom 23.01.2019 zwar nicht als Bescheid bezeichnet sei, jedoch darin unzweifelhaft ein normativer Wille der belangten Behörde zum Ausdruck gebracht werde, sodass ein Bescheid vorliege, gegen den (vorsichtshalber) Beschwerde erhoben, werde. Die Vorgehensweise der Behörde verstoße gegen die gesetzlichen Bestimmungen über die Abberufung von einer Leitungsfunktion, da seine Abberufung nur wegen einer von ihm gegen seinen Arbeitgeber eingebrachten Klage verfügt worden sei. Auch sei keine Mitteilung gemäß § 207h Abs. 3 BDG 1979 ergangen, weshalb seine Abberufung auch aus diesem Grund rechtswidrig erfolgt.

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden von der belangten Behörde vorgelegt und sind am 11.03.2019 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt. Ergänzend führte die belangte Behörde aus, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen Vertragslehrer handle, weshalb eine Bescheidbeschwerde unzulässig erscheine."

3 In rechtlicher Hinsicht führte das Bundesverwaltungsgericht aus, es sei festzuhalten, dass die belangte Behörde erkennbar keinen Bescheid habe erlassen wollen. Weder sei das Schreiben als Bescheid bezeichnet noch enthalte es einen Spruch oder eine Rechtsmittelbelehrung. Auch finde sich keine Unterschrift oder Beglaubigung. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom 16. Oktober 2006, 2005/10/0043, ausgeführt, dass allein der Umstand, dass einer nicht als Bescheid bezeichneten Erledigung zwar zweifellos der Wille zum Ausdruck komme, eine rechtsverbindliche Entscheidung zu treffen, nicht dazu führe, dass die Erledigung zwingend als Bescheid zu deuten sei, wenn nach den jeweils als Beurteilungsmaßstab in Betracht kommenden Rechtsvorschriften diese Rechtsfolge durch einen Rechtsakt herbeizuführen sei, der nach der Rechtsordnung kein Bescheid sei. Im Lichte dieser Rechtsprechung gelte es festzuhalten, dass es sich beim Revisionswerber um keinen Beamten, sondern um einen Vertragslehrer handle, der gemäß § 1 Vertragsbedienstetengesetz 194 8 (VBG) in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stehe. Daraus folge, dass eine allfällige Abberufung nicht als hoheitlicher behördlicher Akt, sondern als Akt der Privatwirtschaftsverwaltung zu qualifizieren sei. Die Bestimmung des § 207i BDG 1979 sei allein über die Verweisnorm des § 90a VBG anwendbar, was jedoch nicht bedeute, dass gegenüber Vertragslehrern ein Bescheid zu erlassen wäre. Die Mitteilung über die Abberufung sei daher nicht im Rahmen der Hoheitsverwaltung getroffen worden.

4 Dem Schreiben der belangten Behörde vom 23. Jänner 2019 komme somit kein Bescheidcharakter zu, weshalb die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen sei.

5 Gegen diesen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts richtet sich die vorliegende Revision mit dem Antrag, ihn dahin abzuändern, dass der Beschwerde Folge gegeben werde; in eventu möge der angefochtene Beschluss wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben werden.

6 Zur Zulässigkeit der Revision wird vorgebracht, unstrittig sei, dass der Revisionswerber als Vertragslehrer in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stehe und kein Beamter sei. Ungeklärt sei hingegen, ob seine Abberufung von der Leitungsfunktion als Abteilungsvorstand gemäß § 207i BDG 1979 einen Bescheid darstelle oder nicht. Das Bundesverwaltungsgericht verneine dies im Ergebnis mit Verweis darauf, dass der Revisionswerber Vertragslehrer sei und somit seine Abberufung nicht als hoheitlicher behördlicher Akt, sondern als Akt der Privatwirtschaftsverwaltung zu qualifizieren sei. Für die Qualifizierung des Schreibens (als Bescheid oder nicht) sei die Art seines Dienstverhältnisses jedoch irrelevant, zumal auch Vertragsbediensteten gegenüber Bescheide erlassen werden könnten. Die Beurteilung habe daher losgelöst von der Art seines Anstellungsverhältnisses zu erfolgen. Es komme allein auf die rechtliche Qualität des Schreibens an sich an.

7 Für das Vorliegen eines Bescheides spreche auch, dass seine Abberufung nur durch einen contrarius actus zu seiner mit Bescheid der damaligen Bundesministerin vom 1. Juli 2015 verfügten Bestellung/Ernennung auf die Planstelle eines Abteilungsvorstandes in der Verwendungsgruppe L1 erfolgen könne.

8 Zwar sei die angefochtene Erledigung nicht als "Bescheid" bezeichnet, jedoch lasse die gewählte Formulierung entgegen der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf einen Bescheid schließen, zumal darin deutlich ein behördlicher Wille, eine rechtsverbindliche (rechtsgestaltende) Entscheidung zu treffen, zum Ausdruck gelange. Die Behörde stütze die Abberufung auch ausschließlich auf § 207i Abs. 2 BDG 1979 ohne Anführung der Verweisungsnorm des § 90a VBG. Auch das Fehlen einer Rechtsmittelbelehrung vermöge nichts an der Einordnung des Schreibens als Bescheid zu verändern.

9 Es gebe umfangreiche höchstgerichtliche Judikatur zu den Abgrenzungskriterien eines Bescheides, jedoch überblicksmäßig keine zur Frage, ob die Eigenschaft als Vertragslehrer/Vertragsbedi ensteter automatisch dazu führe, dass ein Schreiben der gegenständlichen Art nicht als Bescheid gewertet werden könne. Ebenso fehle es an Rechtsprechung zur Frage, ob eine mit Bescheid verfügte Ernennung bzw. Bestellung auf eine Leitungsfunktion im Sinne eines contrarius actus nur mittels Bescheides beendet werden könne oder beispielsweise eine bloße Mitteilung über die Abberufung genüge.

10 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht aufgezeigt:

11 Beruht ein angefochtenes Erkenntnis bzw. ein angefochtener Beschluss auf einer tragfähigen Alternativbegründung und wird im Zusammenhang damit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt, so ist die Revision insoweit unzulässig (vgl. VwGH 5.9.2018, Ra 2018/12/0030, mwN). 12 Das Bundesverwaltungsgericht hat das Nichtvorliegen eines Bescheides auch damit begründet, dass sich keine Unterschrift oder Beglaubigung auf dem Schriftstück befinde. Gemäß § 1 Abs. 1 Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984 (DVG) iVm § 18 Abs. 3 AVG muss jede schriftliche Erledigung durch die Unterschrift (bzw. bei - hier nicht vorliegenden - elektronisch erstellten Erledigungen durch ein Verfahren zum Nachweis der Identität) genehmigt und einem bestimmten Organwalter zurechenbar sein. Andernfalls kommt eine Erledigung selbst dann nicht zustande, wenn ihre Ausfertigung allen Anforderungen des § 18 Abs. 4 AVG genügt hätte (vgl. VwGH 24.10.2017, Ra 2016/10/0070, und 14.10.2013, 2013/12/0079, sowie 29.11.2011, 2010/10/0252). Schon auf Basis der eingangs wiedergegebenen, weder in der Zulässigkeitsbegründung noch sonst in der Revision bestrittenen Annahme liegt im vorliegenden Revisionsfall kein Bescheid vor.

13 Die Revision hängt daher nicht von den in der Zulässigkeitsbegründung aufgeworfenen Fragen ab, sodass sie sich als unzulässig erweist und zurückzuweisen war.

Wien, am 19. Februar 2020

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