VwGH Ra 2019/07/0095

VwGHRa 2019/07/009516.10.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision des AG in L, vertreten durch Dr. Johannes Buchmayr, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Altstadt 15, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 22. März 2019, Zl. LVwG-551323/3/Wim/AK, betreffend wasserpolizeilicher Auftrag (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §62 Abs4
AVG §68 Abs1
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §24 Abs1
VwGVG 2014 §24 Abs4
VwRallg
WRG 1959 §138 Abs1 lita
WRG 1959 §138 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019070095.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Zur Vorgeschichte wird auf die hg. Erkenntnisse vom 30. September 2010, 2009/07/0178, und vom 17. Februar 2011, 2010/07/0128, sowie den hg. Beschluss vom 31. Jänner 2019, Ra 2018/07/0478, verwiesen.

2 Mit Bescheid vom 15. März 2018 erteilte die belangte Behörde dem Revisionswerber gemäß "§ 138 Abs. 1" WRG 1959 den wasserpolizeilichen Auftrag, die Wasserentnahme aus einem ungenannten Gerinne (nunmehr "L-Bach" genannt), einem rechtsufrigen Zubringer zum F-Bach, zur Speisung seiner Fischteichanlage auf dem Grundstück Nr. 914/8, KG L., einzustellen und das (im März 2017 errichtete) Entnahmebauwerk in diesem Gerinne auf dem Grundstück "Nr. 914/5" sowie die an dieser Stelle das Bachbett kreuzende Rohrleitung einschließlich der zum Schutz der Rohrleitung errichteten Betonschwelle zu entfernen und den weiteren Ablauf der Rohrleitung dauerhaft zu verschließen. Für die Erfüllung des wasserpolizeilichen Auftrags wurde dem Revisionswerber eine Frist bis zum 31. Mai 2018 eingeräumt. 3 Begründend hielt die BH fest, es bestehe ein "Öffentliches Interesse" am Schutz diese Gerinnes.

4 Die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung ab. Die Revision erklärte es für nicht zulässig.

5 Dagegen erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 12. Juni 2019, E 1615/2019-5, deren Behandlung ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

6 In der vorliegenden außerordentlichen Revision beantragt der Revisionswerber die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses wegen "Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichts", Rechtswidrigkeit seines Inhalts oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 10 In der Zulässigkeitsbegründung macht der Revisionswerber ein Abweichen des angefochtenen Erkenntnisses von der hg. Rechtsprechung zu § 9 Abs. 2 WRG 1959 geltend. Er führt dazu auf das Wesentlichste zusammengefasst aus, für die Entscheidung in der Sache sei die belangte Behörde nicht zuständig gewesen, weil dem Revisionswerber auf dem Grundstück Nr. 914/4, KG L., ein Privatrechtstitel (Dienstbarkeit) zum Wasserbezug eingeräumt worden sei. Aus diesem Grund liege auch eine Verletzung des § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 vor, weil der Revisionswerber wegen des Bestehens dieses Privatrechtstitels die Bestimmungen des WRG 1959 gar nicht habe übertreten können.

11 Nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 ist - unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht - derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen.

12 Nach der ständigen hg. Rechtsprechung ist als eigenmächtige Neuerung die Errichtung von Anlagen oder die Setzung von Maßnahmen zu verstehen, für die eine wasserrechtliche Bewilligung einzuholen gewesen wäre, eine solche aber nicht erwirkt wurde. Darunter fällt auch das Fortdauern des durch die betreffende Maßnahme herbeigeführten Zustandes, weshalb auch die weitere Aufrechterhaltung eines solchen konsenslos geschaffenen Zustandes als eigenmächtige Neuerung anzusehen ist (vgl. dazu das den Revisionswerber betreffende hg. Erkenntnis VwGH 17.2.2011, 2010/07/0128, mwN).

13 Über das Vorliegen einer eigenmächtigen Neuerung sprach die belangte Behörde bereits mit wasserpolizeilichem Auftrag vom 22. Februar 2005 rechtskräftig ab. Mit diesem Bescheid trug sie dem Revisionswerber gemäß § 138 Abs. 2 WRG 1959 auf, die konsenslos geübte Wasserentnahme aus dem L-Bach zum Zweck der Speisung seiner Fischteichanlage auf dem Grundstück Nr. 914/8, KG L., einzustellen oder um die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die Wasserentnahme anzusuchen.

14 Ein solcher Auftrag nach § 138 Abs. 2 WRG 1959 spricht - bei Identität der Sache - bindend über die wasserrechtliche Bewilligungspflicht desselben Vorhabens ab. Diese Bindung erstreckt sich auch auf ein - wie im vorliegenden Fall - nachträgliches Verfahren nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 (vgl. dazu abermals VwGH 2010/07/0128).

15 Nach den - auf den Stellungnahmen der hydrobiologischen und des wasserbautechnischen Amtssachverständigen gründenden - Feststellungen des angefochtenen Erkenntnisses handelt es sich beim vom Revisionswerber im März 2017 auf dem Grundstück Nr. 914/4, KG L., im L-Bach errichteten Entnahmebauwerk aus Sicht der Konzeptionierung und Ausführung um das gleiche Bauwerk, das im Februar 2016 aufgrund des wasserpolizeilichen Auftrags vom 22. Februar 2005 im Wege der Ersatzvornahme nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VVG) entfernt wurde. Es liegt daher unbestritten Identität der Sache im Sinn der zitierten hg. Rechtsprechung vor.

16 Vor diesem Hintergrund hielt das Verwaltungsgericht dem Revisionswerber zutreffend die Ausführungen im ihn betreffenden hg. Beschluss vom 31. Jänner 2019, Ra 2018/07/0478-5, der seinerseits auf die Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 30. September 2010, 2009/07/0178, verweist, entgegen, wonach über die Bewilligungspflicht aus öffentlichen Interessen (auch) des gegenständlichen, unbestritten identen Vorhabens bereits mit dem wasserpolizeilichen Auftrag der belangten Behörde vom 22. Februar 2005 rechtskräftig abgesprochen worden sei. Dass sich der wesentliche Sachverhalt in diesem Zusammenhang geändert hätte, wird vom Revisionswerber nicht behauptet.

17 Die belangte Behörde war somit unbeschadet des dem Revisionswerber zur Wasserbenutzung eingeräumten Privatrechtstitels zur Erlassung des gegenständlichen wasserpolizeilichen Auftrags nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 zuständig.

18 Weiters erachtet sich der Revisionswerber in Verfahrensrechten verletzt, weil das Verwaltungsgericht trotz eines entsprechenden Antrags keine mündliche Beschwerdeverhandlung durchgeführt habe.

19 Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht nur dann ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und dem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Europäischen Grundrechtecharta entgegenstehen. 20 Die Akten lassen dann im Sinn des § 24 Abs. 4 VwGVG erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, wenn von vornherein absehbar ist, dass die mündliche Erörterung nichts zur Ermittlung der materiellen Wahrheit beitragen kann, wenn also die Voraussetzungen hinsichtlich der Klärung des Sachverhaltes gegeben sind und auch keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, für die eine Erörterung in einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erforderlich wäre. Bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Revisionswerbers vor dem Verwaltungsgericht ist eine mündliche Verhandlung durchzuführen (vgl. VwGH 14.12.2017, Ra 2015/07/0126, mwN).

21 Das Verwaltungsgericht begründete im angefochtenen Erkenntnis den Entfall der mündlichen Verhandlung damit, dass die gegenständliche "Causa" in "verschiedenen Ausformungen (Erteilung einer Bewilligung und wasserpolizeilicher Auftrag)" bereits mehrmals beim Verwaltungsgerichtshof anhängig gewesen und durchwegs abweisend entschieden worden sei. Auch die Argumentation in der gegenständlich erhobenen Beschwerde sei mit den vergangenen Ausführungen als inhaltsgleich zu sehen.

22 Demgegenüber behauptet der Revisionswerber in der Revision weder eine Unvollständigkeit des entscheidungswesentlichen Sachverhalts, noch die Erforderlichkeit einer weiteren Erörterung von den in der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen in substantiierter Weise, weshalb ein Verstoß des Verwaltungsgerichts gegen die Verhandlungspflicht nach § 24 VwGVG nicht zu erblicken ist.

23 Zuletzt wendet der Revisionswerber ein, die belangte Behörde habe sich in ihrem Bescheidspruch unzutreffend und aktenwidrig auf das Grundstück Nr. 914/5 gestützt. Der darauf aufbauende wasserpolizeiliche Auftrag sei daher ebenso wie das angefochtene Erkenntnis des Verwaltungsgerichts mit einer Aktenwidrigkeit behaftet. Es handle sich hier insofern um eine "denkunmögliche Gesetzesanwendung."

24 Damit bezweifelt der Revisionswerber jedoch nicht, dass er das gegenständliche Entnahmebauwerk auf dem Grundstück Nr. 914/4 errichtet hat, weshalb im Verfahren unbestritten feststeht, um welches Grundstück es sich handelt. Wenn aber für alle Verfahrensparteien ungeachtet der objektiv unrichtigen Bezeichnung des Grundstückes, auf dem sich eine Anlage befindet, unzweifelhaft feststeht, welche Anlage den Gegenstand des Verfahrens bildet, so ist die falsche Grundstücksbezeichnung eine offenbare, auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit im Sinne des § 62 Abs. 4 AVG, die keine Auswirkungen auf den Inhalt des Bescheids hat (vgl. VwGH 18.5.2004, 2004/10/0042). Solche Unrichtigkeiten können jederzeit berichtigt werden; das in Revision gezogene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist schon vor seiner Berichtigung bereits in der entsprechend richtigen Fassung zu lesen (vgl. VwGH 16.11.2017, Ra 2017/07/0077, mwN).

25 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 16. Oktober 2019

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