VwGH Ra 2019/06/0175

VwGHRa 2019/06/017517.12.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, BA, über die Revision des Stadtmagistrates der Landeshauptstadt Innsbruck gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 31. Juli 2019, LVwG-2019/38/0989-6, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag (mitbeteiligte Partei: U GmbH in K, vertreten durch die Advokatur Dr. Herbert Schöpf, LL.M. Rechtsanwalt-GmbH, Maria-Theresien-Straße 34, 6020 Innsbruck; weitere Partei: Tiroler Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

BauO Tir 2018 §46
BauO Tir 2018 §46 Abs6 litc
BauRallg

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019060175.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 4 Mit Spruchpunkt 1. des Bescheides der revisionswerbenden Partei vom 25. März 2019 wurde unter anderem der mitbeteiligten Partei als (Mit‑)Eigentümerin einer näher bezeichneten baulichen Anlage gemäß § 46 Abs. 1 Tiroler Bauordnung 2018 - TBO 2018 die Wiederherstellung des den Baubescheiden vom 29. Juli 2014 und vom 18. April 2016 entsprechenden Zustandes innerhalb einer bestimmten Frist aufgetragen.

5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde die Beschwerde der mitbeteiligten Partei gegen Spruchpunkt 1. dieses Bescheides als unbegründet abgewiesen und dieser Spruchpunkt dahingehend konkretisiert, dass bis zum 31. Dezember 2019 die mit Baubewilligungsbescheiden vom 29. Juli 2014 und vom 18. April 2016 vorgeschriebene bauliche Anlage zur Sammlung des Hausmülles an der genehmigten Stelle herzustellen und die alternativ errichtete Müllsammelstelle innerhalb dieser Frist zu entfernen sei sowie die Rampe, die den Zufahrtsweg vom G.-Steig zur Wohnanlage darstelle, mit der genehmigten Steigung von maximal 4% im Bereich der ganzen Rampe herzustellen sei. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

6 In den zur Zulässigkeit der Revision vorgetragenen Gründen führt die revisionswerbende Partei im Wesentlichen aus, es sei eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, ob eine konsenslose Änderung des Verwendungszweckes - ohne bauliche Maßnahmen - Gegenstand eines baupolizeilichen Auftrages nach § 46 Abs. 1 TBO 2018 sein könne. Durch das begründungslose Entfernen dieser Punkte aus dem Spruch des Bescheides der revisionswerbenden Partei sei davon auszugehen, dass das Verwaltungsgericht die Ansicht vertrete, ein solcher Auftrag sei nicht möglich. 7 Weiters gehe es um die Frage, ob ein Zugangsweg entgegen der Definition in den Begriffsbestimmungen der OIB-Richtlinien als Rampe zu qualifizieren sei. Das Verwaltungsgericht habe im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses ausdrücklich die Begrifflichkeit "Rampe" gewählt und sei laut Begründung vom Vorliegen einer Rampe im Sinn der technischen Vorschriften ausgegangen. Die revisionswerbende Partei sei dadurch beschwert, weil sie in allen folgenden Verfahren an diese Rechtsauslegung gebunden sei. 8 Schließlich stelle sich die Frage, ob das gegenständliche Erkenntnis nicht auch den übrigen Adressaten des erstinstanzlichen Bescheides zuzustellen gewesen wäre, zumal sich anderenfalls die Frage stelle, ob bzw. wie eine Vollstreckung des Bauauftrages zu erfolgen habe.

Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage dargelegt, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. 9 Zunächst ist festzuhalten, dass das Verwaltungsgericht die mit Spruchpunkt 1. des erstinstanzlichen Bescheides aufgetragenen Maßnahmen aus der Begründung dieses Bescheides ableiten musste und dabei zu dem Schluss gelangte, dass es sich um die nunmehr im Spruch des angefochtenen Erkenntnissses genannten Maßnahmen gehandelt habe. Welche darüber hinaus gehenden Maßnahmen durch die erstinstanzliche Entscheidung aufgetragen worden sein sollen, lässt sich der Zulässigkeitsbegründung nicht konkret entnehmen. Sofern damit die den Baubewilligungsbescheiden widersprechende Benützung der Fläche für einspurige Kraftfahrzeuge als Pkw-Stellplatz und die Verwendung des barrierefreien Stellplatzes als Stellfläche für einspurige Kraftfahrzeuge gemeint sein sollten, ist festzuhalten, dass die in den Spruchpunkten 2. und 3. des erstinstanzlichen Bescheides enthaltenen Untersagungsaufträge von der mitbeteiligten Partei in ihrer Beschwerde nicht bekämpft wurden und demnach nicht Gegenstand des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht waren. Darüber hinaus ergibt sich aus dem insoweit klaren Wortlaut des § 46 Abs. 6 lit. c TBO 2018, dass im Fall der Änderung des Verwendungszweckes ein Auftrag zur Untersagung der weiteren Benützung zu ergehen hat.

10 Die Frage, ob der von der revisionswerbenden Partei angesprochene Zufahrtsweg eine Rampe im Sinn der maßgeblichen technischen Vorschriften darstellt oder nicht, unterliegt grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. etwa VwGH 30.1.2019, Ra 2018/06/0258, mwN).

11 Eine derartige Fehlbeurteilung wird in der Zulässigkeitsbegründung nicht dargestellt und ist auch nicht ersichtlich. Im Übrigen wird durch den gegenständlichen Bauauftrag lediglich die Herstellung des den Baubewilligungen entsprechenden Zustandes aufgetragen, hingegen vermag dieser die bereits erteilten rechtskräftigen Bewilligungen - wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat (s. S. 6 des angefochtenen Erkenntnisses) - nicht zu ändern, sodass die Ausführungen der revisionswerbenden Partei zur Bindung an die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtes insoweit ins Leere gehen. 12 Ob das angefochtene Erkenntnis allenfalls auch noch anderen (Mit‑)Eigentümern der gegenständlichen Liegenschaft zuzustellen ist, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Revisionsverfahrens, weshalb mit dem dazu erstatteten Zulässigkeitsvorbringen keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt wird (vgl. dazu VwGH 26.9.2017, Ra 2017/06/0154, mwN, wonach der Bauauftrag rechtens auch an einzelne Miteigentümer ergehen, in diesem Fall aber nicht vollstreckt werden kann, ehe er nicht gegenüber allen Miteigentümern rechtskräftig ist).

Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 17. Dezember 2019

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