VwGH Ra 2019/06/0001

VwGHRa 2019/06/000116.2.2021

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag.a Merl und Dr.in Sembacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber BA, in der Revisionssache des W G in A, vertreten durch Dr. Harald Schwendinger und Dr. Brigitte Piber, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Künstlerhausgasse 4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 15. Oktober 2018, Zl. 405‑3/382/1/11‑2018, betreffend eine Bauangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bau- und Raumplanungsausschuss der Gemeindevertretung Anif, vertreten durch die Berger Daichendt Grobovschek Perfeller Rechtsanwälte OG, Sterneckstraße 55, 5020 Salzburg; weitere Partei: Salzburger Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

BauPolG Slbg 1997 §2 Abs1
BauPolG Slbg 1997 §2 Abs3 Z7
BauRallg
ROG Slbg 2009 §48 Abs1
ROG Slbg 2009 §5 Z4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2019060001.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde der Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid des Bau- und Raumplanungsausschusses der Gemeindevertretung Anif vom 26. Jänner 2018, mit welchem der Antrag des Revisionswerbers vom 17. Jänner 2017 auf Feststellung, dass die Errichtung eines (näher beschriebenen) Pferdeunterstandes gemäß § 2 Abs. 3 Z 7 Salzburger Baupolizeigesetz 1997 (im Folgenden: BauPolG) keiner Baubewilligung bedürfe, abgewiesen worden war, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung keine Folge gegeben und zugleich ausgesprochen, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.

5 Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass der Revisionswerber Alleineigentümer eines näher bezeichneten Grundstücks mit der Flächenwidmung „Grünland“ sei, und die Errichtung eines Pferdeunterstandes im Rahmen der gemeinsam mit seinem Sohn betriebenen Pferdezucht beabsichtige. Das Grundstück habe er an seinen Sohn verpachtet. Der geplante Unterstand mit einer Fläche von 36 m2 solle vorerst dem ganzjährigen Unterstand von vier bis fünf Pferden dienen, wobei zum Zeitpunkt der Entscheidung zwei Islandpferde und zwei Shetlandponys mit zwei Fohlen gehalten würden. Die Islandpferde seien im Garten des Privatgrundstücks des Revisionswerbers mit der Flächenwidmung „Erweitertes Wohngebiet“ in einem Unterstand untergebracht, für den keine Baubewilligung erteilt worden sei, es befinde sich kein Stallgebäude an dieser Adresse. Die Shetlandponys würden auf einem weiteren Grundstück gehalten. Die Tiere sollten als Zuchttiere veräußert werden und der Fleischproduktion dienen, die kostendeckende Tierhaltung sei das mittel- bzw. langfristige Ziel. Der Sohn des Revisionswerber habe eine AMA-Betriebsnummer zugewiesen bekommen und sei bei der Sozialversicherung der Bauern versichert. Der geplante Standort des Unterstands befinde sich ca. 30 Meter entfernt von einem bestehenden Gebäude des Tierparks Hellbrunn. Es gebe keine Stelle auf dem Grundstück, von der ein Abstand von mehr als 100 Meter zu einem bereits bestehenden Bau gegeben sei.

6 In der Sache begründete das Verwaltungsgericht seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass der Revisionswerber keinen landwirtschaftlichen Betrieb führe und über keine bewilligte Hofstelle verfüge. Der Bau müsse im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes errichtet werden; eine Verpachtung an den Sohn des Revisionswerbers und die damit in Zusammenhang stehende Errichtung des Unterstandes wären zulässig, jedoch führe auch der Sohn des Revisionswerbers keinen landwirtschaftlichen Betrieb. Dies ändere sich auch nicht dadurch, dass der Sohn des Revisionswerbers über eine AMA-Betriebsnummer sowie eine Versicherung im Rahmen der Sozialversicherung der Bauern verfüge. Der Sohn habe kein Wohn- und Wirtschaftsgebäude im Zusammenhang mit einem landwirtschaftlichen Betrieb. Ohne Vorliegen eines Wirtschaftsgebäudes, worunter ein ohne Bewilligung errichteter Viehunterstand nicht falle, liege kein landwirtschaftlicher Betrieb vor. Es erfolge keine kostendeckende Betriebsführung, es liege auch deshalb kein landwirtschaftlicher Betrieb vor. Eine Entfernung von 30 Metern sei nicht als größere Entfernung von einem Bau im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 7 BauPolG zu qualifizieren. Auch die geplante ganzjährige Tierhaltung stehe einer Bewilligungsfreiheit gemäß § 2 Abs. 3 Z 7 BauPolG entgegen, ein saisonaler Unterstand sei von einem Stallgebäude zur ganzjährigen Nutzung zu unterscheiden. Der Gesetzgeber habe offenkundig eine Einschränkung der Tierhaltung vorgenommen und diese nicht per se in Bauten gemäß § 2 Abs. 3 Z 7 BauPolG erlaubt. Die belangte Behörde habe den Feststellungsantrag zu Recht abgewiesen.

7 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision, in der zu ihrer Zulässigkeit vorgebracht wird, dass das Verwaltungsgericht zu Unrecht vom notwendigen Vorliegen einer bewilligten Hofstelle ausgegangen sei. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liege ein landwirtschaftlicher Betrieb dann vor, wenn betriebliche Merkmale, das bedeute eine planvolle, grundsätzlich auf die Erzielung von Einnahmen gerichtete nachhaltige Tätigkeit, die zumindest die Annahme eines nebenberuflichen landwirtschaftlichen, einem der Urproduktion dienenden Betrieb rechtfertigten. Aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergebe sich zudem, dass eine Hofstelle mit einer landwirtschaftlichen Nutzung einhergehe, aber nicht zwingend für die Hervorbringung landwirtschaftlicher Erzeugnisse notwendig sei. Zudem habe das Verwaltungsgericht den Begriff „Bauten“ in der Wortfolge „in größerer Entfernung von Bauten“ in § 2 Abs. 3 Z 7 BauPolG falsch ausgelegt. Damit seien nur Wohnunterkünfte von Menschen gemeint, eine Anwendung auf Bauten zur Unterbringung von Tieren sei nicht nachvollziehbar.

8 Soweit die Revision ausführt, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass kein land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb vorliege, ist dem folgendes entgegenzuhalten:

Die Bestimmung des § 2 Abs. 3 Z 7 BauPolG legt fest, dass „Bauten, die im Rahmen eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes außerhalb des Baulandes oder bebauten Gebietes in größerer Entfernung von Bauten in ortsüblicher Weise und überwiegend aus Holz errichtet werden bzw sind, keinen Aufenthaltsraum aufweisen und nur der Aufbewahrung von land- oder forstwirtschaftlichen Geräten, Erntegütern, Holz oder Torf oder der Haltung von Bienenvölkern dienen oder als Unterstand für das Weidevieh genutzt werden“, keiner Baubewilligung bedürfen.

9 § 2 Abs. 3 Z 7 BauPolG stellt dabei eine Ausnahmebestimmung von der Bewilligungspflicht für Baumaßnahmen gemäß § 2 Abs. 1 BauPolG dar. Die Ausnahme der Z 7 gilt ihrem eindeutigen Wortlaut nach lediglich für Bauten im Rahmen eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes, ist eng auszulegen (vgl. zur engen Auslegung der Vorgängerbestimmung VwGH 31.10.1985, 84/06/0078) und ihre Voraussetzungen haben kumulativ vorzuliegen (vgl. VwGH 12.8.2014, Ro 2014/06/0045). Das BauPolG referenziert an mehreren Stellen auf das Salzburger Raumordnungsgesetz 2009 (ROG 2009). Gemäß der dort in § 5 Z 4 ROG 2009 enthaltenen - eindeutigen - Begriffsbestimmung ist ein bestehender land- und forstwirtschaftlicher Betrieb nur gegeben, wenn eine Hofstelle (Wohn- und Wirtschaftsgebäude) vorhanden ist. Auch im Raumordnungsrecht sind gemäß § 48 Abs. 1 ROG 2009 land- und forstwirtschaftliche Bauten (im Grünland) unter anderem nur zulässig, wenn ein solcher Betrieb bereits besteht (vgl. dazu etwa VwGH 22.2.2012, 2011/06/0187). Es ist dem Verwaltungsgericht nicht entgegenzutreten, wenn es diese Definition auch der Auslegung des Begriffs des „land- und forstwirtschaftlichen Betriebes“ in § 2 Abs. 3 Z 7 BauPolG zugrundelegt und das Vorliegen einer Hofstelle als Voraussetzung für das Vorliegen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes erachtet. Eine solche Hofstelle liegt sowohl den Feststellungen des Verwaltungsgerichts als auch dem Vorbringen in der Revision nach unzweifelhaft nicht vor, weshalb eine Anwendung des § 2 Abs. 3 Z 7 BauPolG auf den vorliegenden Sachverhalt schon deshalb nicht in Frage kommt.

10 Im Übrigen geht auch der Verweis der Revision auf die Rechtsprechung zum Vorliegen eines landwirtschaftlichen Betriebes ins Leere, hat doch der Verwaltungsgerichtshof darin festgehalten, „dass für die Annahme der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung in diesem Zusammenhang das Vorliegen betrieblicher Merkmale, d.h. eine planvolle, grundsätzlich auf die Erzielung von Einnahmen gerichtete nachhaltige Tätigkeit für wesentlich erachtet [wird], die zumindest die Annahme eines nebenberuflichen landwirtschaftlichen, d. h. der Urproduktion dienenden Betriebes rechtfertigen. Ob zumindest ein solcher landwirtschaftlicher Nebenbetrieb vorliegt, hängt einerseits von der Betriebsgröße, aber auch vom erzielbaren Bewirtschaftungserfolg ab“ (vgl. VwGH 15.12.2016, 2013/06/0175). Die Revision legt nicht dar, inwiefern die im Verfahren festgestellte mittel- bis langfristig geplante Kostendeckung das Vorliegen der betrieblichen Merkmale im Sinne dieser Judikatur erfüllt.

11 Schließlich vermag die Revision auch mit ihrem Verweis auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. November 1988, 88/10/0099, keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern durch den dortigen Fall der Beurteilung des Baus einer Hofstelle nach dem Tiroler Naturschutzgesetz im Lichte der obigen Ausführungen ein Abgehen von der Notwendigkeit einer Hofstelle im Rahmen der baurechtlichen Normen des Landes Salzburg zeitigen würde. Im Übrigen ist dieser Entscheidung nur zu entnehmen, dass die Errichtung - im Sinne der Errichtung einer baulichen Anlage - einer Hofstelle (Stall, Stadel) nicht eine übliche land- und forstwirtschaftliche Nutzung darstellt (vgl. VwGH 21.11.1988, 88/10/0099), nicht aber, dass eine Hofstelle nicht zwingend zur Hervorbringung und Gewinnung landwirtschaftlicher Erzeugnisse erforderlich sei.

12 Da das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass im vorliegenden Fall kein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb vorlag, konnte die Auseinandersetzung mit dem weiteren Vorbringen in der Revision unterbleiben.

13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

14 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 16. Februar 2021

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