Normen
WaffG 1996 §21 Abs2
WaffG 1996 §22 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019030146.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht den Antrag des Revisionswerbers auf Ausstellung eines Waffenpasses - durch Bestätigung eines entsprechenden Bescheids der belangten Behörde - gemäß § 21 Abs. 2 Waffengesetz 1996 (WaffG) ab. Die Revision erklärte es für unzulässig.
2 Dem legte das Verwaltungsgericht- - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - im Wesentlichen Folgendes zugrunde:
3 Der Revisionswerber begründe seinen Bedarf im Wesentlichen mit folgendem Vorbringen: Er führe regelmäßigen Bargeldtransfer von einer W Filiale (er sei Alleingesellschafter und Geschäftsführer der diese betreibenden GesmbH) zu einer Bank durch. Weiters sei er Mehrheitsgesellschafter und Prokurist eines Unternehmens, dessen Tätigkeit das Taxi- und Mietwagengewerbe sei. Die Bargeldeinnahmen der Fahrer würden vom Revisionswerber vom Unternehmenssitz im 17. Wiener Gemeindebezirk zur W Filiale transportiert. Die Geldtransporte fänden regelmäßig im 16. und 17. Wiener Gemeindebezirk statt, die Hauptkunden seien Migranten aller Art und es sei bekannt, dass von dieser Personengruppe eine erhöhte Kriminalität ausgehe. Die W Filiale sei bereits zwei Mal Opfer von Raubüberfällen geworden und es sei kürzlich zu einem Einbruchsversuch gekommen. Die Bargeldbeträge schwankten sehr stark, "von sehr gering bis ca. 20.000,-- Euro und mehr". Um die Sicherheit zu erhöhen, sei der Standort der W Filiale nach diesen Vorfällen in ein im 23. Bezirk gelegenes Industriegebiet verlegt worden.
4 Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte das Verwaltungsgericht fallbezogen im Wesentlichen aus, die vom Revisionswerber unregelmäßig durchgeführten Geldtransporte stellten nicht schon an sich eine Gefahr dar, die einen Bedarf zum Führen genehmigungspflichtiger Schusswaffen begründeten. Dem Revisionswerber sei zudem auch zuzumuten, kleinere Bargeldstückelungen zu wählen. Zu den vorgebrachten Raubüberfällen sei auszuführen, dass für die Selbstverteidigung innerhalb der Betriebsräume auch mit einer Waffenbesitzkarte das Auslangen gefunden werden könnte. Gewaltdelikte außerhalb der Betriebsräumlichkeiten seien nicht behauptet worden und habe der Revisionswerber durch die Verlegung seines Betriebsstandortes die Gefährdung, Opfer einer kriminellen Intervention zu werden, überdies verringert. Ein Bedarf für die Ausstellung eines Waffenpasses im Sinne der (im Erkenntnis wiedergegebenen) Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liege nicht vor, weil eine konkrete Gefährdung des Revisionswerbers, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt begegnet werden könne, nicht glaubhaft gemacht werden habe können. Das erstattete Vorbringen sei auch im Rahmen einer Ermessensentscheidung nicht geeignet, das Interesse des Revisionswerbers am Führen einer Schusswaffe über das öffentliche Interesse an der Abwehr von Gefahren durch Waffen zu stellen. 5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die, zusammen mit den Verfahrensakten vorgelegte - außerordentliche - Revision. 6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 9 Die demnach für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision allein maßgebende Zulässigkeitsbegründung macht zusammengefasst geltend, das Verwaltungsgericht habe die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes missachtet, wonach zwar an die Begründung eines Bedarfs wegen des Transportes namhafter Geldbeträge ein strenger Maßstab angelegt werde, es aber in den einzelnen Fällen immer auf die jeweiligen Umstände ankomme, wobei neben der Geldhöhe auch die Sicherheitsverhältnisse im jeweiligen Gebiet von Relevanz seien. Das Verwaltungsgericht habe sich mit den besonderen Umständen des Einzelfalles beim Transport hoher Geldbeträge, insbesondere mit den Sicherheitsverhältnissen am Tätigkeitsort, nicht auseinandergesetzt. Das Unternehmen des Revisionswerbers sei bereits mehrfach Opfer von Raubüberfällen geworden, die in den Betriebsräumlichkeiten stattgefunden hätten. Würden sogar in den Betriebsräumen bewaffnete Raubüberfälle verübt, liege denklogisch auch eine Gefährdung außerhalb der Betriebsräumlichkeiten beim Transport dieser Geldbeträge vor. Das Waffengesetz verlange eine konkrete Gefährdung, nicht aber, dass der Waffenpasswerber bereits Opfer von Gewaltdelikten geworden sei.
10 Mit diesem Vorbringen wird den an die gesetzmäßige Ausführung der Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gestellten Anforderungen schon deshalb nicht entsprochen, weil es unterlässt, konkret bezogen auf den Sachverhalt unter Angabe zumindest einer nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes darzutun, von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Verwaltungsgericht nach Ansicht der Revision in welchen Punkten abgewichen sein soll (vgl. VwGH 2.9.2019, Ra 2019/03/0093, mwN).
11 Nur der Vollständigkeit halber:
12 Gemäß § 20 Abs. 1 WaffG ist der Erwerb, der Besitz und das Führen von Schusswaffen der Kategorie B nur auf Grund einer behördlichen Bewilligung zulässig. Die Bewilligung zum Erwerb, Besitz und zum Führen dieser Waffen ist von der Behörde durch die Ausstellung eines Waffenpasses, die Bewilligung zum Erwerb und zum Besitz dieser Waffen ist von der Behörde durch die Ausstellung einer Waffenbesitzkarte zu erteilen.
13 Nach § 21 Abs. 2 WaffG hat die Behörde verlässlichen EWR-Bürgern, die das 21. Lebensjahr vollendet haben, und bei denen - soweit es sich nicht um Angehörige der in § 22 Abs. 2 Z 2 bis 4 WaffG genannten Berufsgruppen handelt - keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie einen verfassungsgefährdenden Angriff gemäß § 6 Abs. 2 Polizeiliches Staatsschutzgesetz, BGBl. I Nr. 5/2016, begehen werden und die einen Bedarf zum Führen von Schusswaffen der Kategorie B nachweisen, einen Waffenpass auszustellen. Die Ausstellung eines Waffenpasses an andere verlässliche Menschen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben und bei denen keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie einen verfassungsgefährdenden Angriff gemäß § 6 Abs. 2 Polizeiliches Staatsschutzgesetz begehen werden, liegt im Ermessen der Behörde.
14 Gemäß § 22 Abs. 2 Z 1 WaffG ist ein Bedarf im Sinne des § 21 Abs. 2 WaffG jedenfalls als gegeben anzunehmen, wenn der Betroffene glaubhaft macht, dass er außerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder seiner eingefriedeten Liegenschaften besonderen Gefahren ausgesetzt ist, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann.
15 Auf Basis der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es allein Sache des Waffenpasswerbers, das Vorliegen eines Bedarfes zum Führen genehmigungspflichtiger Schusswaffen nachzuweisen und im Anwendungsbereich des § 22 Abs. 2 WaffG die dort geforderte besondere Gefahrenlage, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann, glaubhaft zu machen. Der Waffenpasswerber hat daher im Verwaltungsverfahren konkret und in substanzieller Weise im Einzelnen darzutun, woraus er für seine Person die geforderte besondere Gefahrenlage ableite, dass diese Gefahr für ihn gleichsam zwangsläufig erwachse und dass es sich hiebei um eine solche qualifizierte Gefahr handle, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden könne. Bloße Vermutungen und Befürchtungen einer möglichen Bedrohung reichen zur Dartuung einer Gefährdung nicht aus, solange sich Verdachtsgründe nicht derart verdichten, dass sich schlüssig eine ganz konkrete Gefährdung ergibt. Es reicht also nicht aus, dass in bestimmten Situationen das Führen einer genehmigungspflichtigen Schusswaffe zweckmäßig sein kann, vielmehr ist zum einen glaubhaft zu machen, dass in derartigen Situationen eine solche Waffe geradezu erforderlich ist und dass auf andere Weise der Bedarf nicht befriedigt, das bedarfsbegründende Ziel nicht erreicht werden kann; zum anderen ist erforderlich, dass der Antragsteller selbst mit einer hohen Wahrscheinlichkeit in die bedarfsbegründende Situation kommt (vgl. VwGH 13.11.2018, Ra 2018/03/0120, mwN).
16 Zur vom Revisionswerber angesprochenen Möglichkeit eines räuberischen Überfalls (auch außerhalb von Betriebsräumlichkeiten) hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen, dass selbst die Durchführung von Geldtransporten (auch in den Abendstunden) und selbst das Mitführen sehr hoher Geldbeträge nicht schon an sich eine Gefahr darstellt, die einen Bedarf zum Führen genehmigungspflichtiger Schusswaffen begründet. Klargestellt wurde dabei, dass die Notwendigkeit des Transports von Geldbeträgen im Allgemeinen kein deutlich erhöhtes Sicherheitsrisiko bedeutet; liegt mit Rücksicht auf die maßgebenden örtlichen und zeitlichen Umstände (unbeschadet der für jedermann bestehenden Gefahr, auch zur Tageszeit und in Gebieten mit günstigen Sicherheitsverhältnissen allenfalls das Opfer eines räuberischen Überfalls zu werden) kein erhöhtes Sicherheitsrisiko vor, fehlt es an einem Bedarf zum Führen von Faustfeuerwaffen (vgl. VwGH 19.12.2018, Ra 2018/03/0132, mwN).
17 Die Abwehr von gefährlichen Angriffen (sei es auf Leib und Lebens, sei es auf fremdes Eigentum) liegt grundsätzlich bei den Sicherheitsbehörden und der Sicherheitsexekutive, weshalb es regelmäßig zuzumuten ist, gegebenenfalls die Sicherheitsbehörden zu verständigen, anstatt sich aus eigenen Stücken in (mutmaßliche) Gefahrensituationen zu begeben. Dies auch vor dem Hintergrund, dass es nicht ausgeschlossen ist, dass die Bekämpfung einer etwaigen Gefahrensituation durch Waffengewalt zu einer erheblichen Gefährdung Unbeteiligter führen und der Versuch, Gefahrensituationen mit Waffengewalt hintanzuhalten, eine Erhöhung der Gefährlichkeit solcher Situationen mit sich bringen kann (vgl. VwGH 19.12.2018, Ra 2018/03/0132; 26.4.2019, Ra 2019/03/0045, jeweils mwN).
18 Die durch diese Judikatur gezogenen Leitlinien hat das Verwaltungsgericht, das auch eine mündliche Verhandlung durchgeführt und sich mit dem zur Bedarfsbegründung erstatteten Vorbringen des Revisionswerbers auseinandergesetzt hat, entgegen dem Vorbringen in der Revision nicht verlassen. Dem Verwaltungsgericht ist nicht entgegenzutreten, wenn es den Revisionswerber hinsichtlich der geltend gemachten Raubüberfälle auf Betriebsräume darauf verwies, dass er für die Selbstverteidigung innerhalb der Betriebsräume auch mit einer (dem Revisionswerber der Aktenlage nach mittlerweile ausgestellten) Waffenbesitzkarte das Auslangen finden kann (vgl. § 21 Abs. 1 iVm § 22 Abs. 1 Z 1 WaffG), berechtigt eine solche doch dazu, innerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen nach Maßgabe des § 7 Abs. 2 WaffG eine Waffe bei sich haben (vgl. etwa VwGH 26.6.2018, Ra 2018/03/0047; 21.12.2017, Ra 2017/03/0102). Mit dem pauschalen und spekulativen Vorbringen, die Sicherheitsverhältnisse im 16. und 17. Wiener Gemeindebezirk im Zusammenhalt mit der erhöhte Kriminalität und Gewaltbereitschaft hervorrufenden Bevölkerungsstruktur der Hauptkunden des Revisionswerbers erforderten unter Berücksichtigung der vom Revisionswerber ausgeübten Geschäftstätigkeit die Ausstellung eines Waffenpasses, wird keine einen Bedarf iSd § 22 Abs. 2 Z 1 WaffG begründende Gefährdung dargelegt.
19 In der Revision werden nach dem Gesagten keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 15. Jänner 2020
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)