VwGH Ra 2018/19/0007

VwGHRa 2018/19/00071.3.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie die Hofrätin Mag. Rossmeisel und den Hofrat Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Samonig, in der Revisionssache des G E in S, vertreten durch Mag. Dr. Bernhard Rosenkranz, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Plainstraße 23, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Dezember 2017, W189 2173906- 1/8E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §45 Abs2;
BFA-VG 2014 §21 Abs7;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018190007.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger der Mongolei, stellte am 11. Jänner 2017 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag mit Bescheid vom 27. September 2017 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung, erklärte die Abschiebung des Revisionswerber in die Mongolei für zulässig, legte keine Frist für die freiwillige Ausreise fest und erkannte der Beschwerde die aufschiebende Wirkung ab.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit seiner Revision vor, das Bundesverwaltungsgericht habe zu Unrecht von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen. Der Revisionswerber habe nach der Beschwerde eine Eingabe an das Bundesverwaltungsgericht gerichtet und darin in einer genauen, chronologischen Beschreibung sein Fluchtvorbringen konkretisiert und ergänzt. Das Bundesverwaltungsgericht sei in diesem Zusammenhang von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach eine Verletzung des Neuerungsverbotes nur unter der Voraussetzung der missbräuchlichen Verlängerung des Asylverfahrens anzunehmen sei, abgewichen. Soweit das Bundesverwaltungsgericht dem Revisionswerber den langen Zeitraum zwischen dem letzten seine Flucht auslösenden Vorfall im Mai 2016 und seiner Ausreise aus der Mongolei im Jänner 2017 vorhalte, sei es "auch von der Rechtsprechung in Bezug auf den zeitlichen Konnex zwischen dem Zeitpunkt der Flucht und den von ihm behaupteten Fluchtgründen abgewichen", weil dem Revisionswerber seit dem letzten Vorfall "bewusst gewesen" sei, dass "die äußerst intensiven Übergriffe gegen ihn und seine Familie auch in Zukunft weitergehen werden".

8 Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass zur Beurteilung, ob der Sachverhalt im Sinn des § 21 Abs. 7 BFA-VG geklärt erscheint und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach dieser Bestimmung unterbleiben kann, folgende Kriterien beachtlich sind:

9 Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen (vgl. grundlegend VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018; sowie aus der ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 15.11.2017, Ra 2017/18/0173; 10.8.2017, Ra 2016/20/0105).

10 Der Revisionswerber hat im vorliegenden Fall sein Fluchtvorbringen im Beschwerdeverfahren nochmals dargestellt und chronologisch gegliedert, dabei entgegen den Ausführungen in der Revision jedoch keine für die Entscheidung wesentlichen neuen Sachverhaltselemente vorgebracht. Das Bundesverwaltungsgericht durfte im vorliegenden Fall von einem geklärten Sachverhalt im Sinne des § 21 Abs. 7 BFA-VG ausgehen und war nach den oben genannten Kriterien nicht verpflichtet, eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Vor diesem Hintergrund kann fallbezogen dahingestellt bleiben, ob weiteres Vorbringen des Revisionswerbers - wie das Bundesverwaltungsgericht annimmt - auch gegen das Neuerungsverbot des § 20 BFA-VG verstoßen hätte.

11 Hinsichtlich des weiteren Vorbringens des Revisionswerbers in seiner Zulässigkeitsbegründung ist festzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, dass ein Revisionswerber, der - wie im vorliegenden Fall - ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes behauptet, konkret anzuführen hat, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht (vgl. etwa VwGH 19.6.2017, Ra 2017/19/0115, mwN). Da sich eine derartige Darstellung in den Ausführungen zur Zulässigkeit der gegenständlichen Revision nicht findet, gelingt es dem Revisionswerber auch mit diesem Vorbringen nicht das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darzutun.

12 Soweit der Revisionswerber sich mit diesem Vorbringen auch gegen die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts richtet, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu verweisen, wonach dieser - als Rechtsinstanz - zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen, soweit der Sachverhalt genügend erhoben ist und die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, nicht berufen ist. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung wäre nur dann gegeben, wenn das Verwaltungsgericht die Würdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. VwGH 14.11.2017, Ra 2017/20/0266, mwN). Dass dies im vorliegenden Fall gegeben wäre, zeigt die Revision nicht auf.

13 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 1. März 2018

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