VwGH Ra 2018/18/0177

VwGHRa 2018/18/017725.4.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie den Hofrat Mag. Nedwed und die Hofrätin MMag. Ginthör als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wech, über die Revision 1. des C A U, 2. der E I, 3. des mj. W U, alle vertreten durch Mag. Dr. Anton Karner, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Steyrergasse 103/2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. März 2018, Zlen. 1. I412 2177665- 1/13E, 2. I412 2177663-1/13E und 3. I412 2177668-1/11E, betreffend Asylangelegenheiten (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018180177.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Erstrevisionswerber und die Zweitrevisionswerberin sind Lebensgefährten und Eltern des minderjährigen Drittrevisionswerbers. Bei allen Revisionswerbern handelt es sich um Staatsangehörige Nigerias.

2 Der Erstrevisionswerber stellte im Jahr 2009 einen ersten und nach erneuter illegaler Einreise in das Bundesgebiet im Jahr 2013 einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, welche beide rechtskräftig gemäß § 5 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) als unzulässig zurückgewiesen wurden.

3 Am 23. Oktober 2015 stellte der Erstrevisionswerber den nunmehrigen Antrag auf internationalen Schutz. Die Zweitrevisionswerberin stellte am 13. Oktober 2015 für sich sowie am 1. Juli 2016 für ihren minderjährigen Sohn die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz.

4 Mit Bescheiden jeweils vom 24. Oktober 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) diese Anträge hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkte I. und II.), erteilte keine Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG 2005, erließ gegen die Revisionswerber Rückkehrentscheidungen und stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Nigeria zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Behörde hielt fest, dass den Revisionswerbern gemäß § 55 Abs. 1a Fremdenpolizeigesetz (FPG) keine Frist für die freiwillige Ausreise zur Verfügung stehe (Spruchpunkt IV.), und erkannte einer Beschwerde gegen die genannten Bescheide die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt V.).

5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden der Revisionswerber betreffend die Spruchpunkte I. bis IV. der Bescheide des BFA (nach vorangegangener Entscheidung über die Beschwerden betreffend Spruchpunkt V. der Bescheide des BFA) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit einer Maßgabeentscheidung ab. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

6 Das Verwaltungsgericht erachtete das Fluchtvorbringen der Revisionswerber für nicht glaubhaft. Das Bundesverwaltungsgericht begründete - soweit im Verfahren betreffend die vorliegende Revision entscheidungswesentlich - das angefochtene Erkenntnis dahingehend, dass (u.a. im Hinblick auf die mehrjährige Berufs- und Schulausbildung sowie die bisherige berufliche Tätigkeit des Erstrevisionswerbers und der Zweitrevisionswerberin in Nigeria sowie in Anbetracht des familiären Netzwerkes, auf welches die Revisionswerber in ihrem Herkunftsstaat zurückgreifen könnten) auch keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass den Revisionswerbern im Fall der Rückkehr nach Nigeria die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre. Der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe Art. 8 EMRK nicht entgegen.

7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der zur Zulässigkeit - zusammengefasst - vorgebracht wird, das Verwaltungsgericht sei im Hinblick auf die drohende Notlage verpflichtet gewesen, eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung sei unzulässig, weil die Gesamtdauer des Aufenthaltes der Revisionswerber im Bundesgebiet und nicht nur der seit Einbringung des gegenständlichen Asylantrags bestehende Aufenthalt maßgeblich sei. Die Revisionswerber seien zudem im Fall einer Rückkehr nach Nigeria einer existenziellen Notlage ausgesetzt, weil sie aufgrund der dort gegebenen wirtschaftlichen Situation keinerlei Verdienst- und Überlebensmöglichkeit hätten.

Die Revision erweist sich als nicht zulässig:

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

10 Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß § 34 Abs. 1a VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG danach nicht vor, ist die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

11 Vorauszuschicken ist, dass das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durchführte, in der den Revisionswerbern die Möglichkeit eingeräumt wurde, zu den mit der Ladung übermittelten Berichten betreffend die Situation in Nigeria Stellung zu nehmen. Die Revision, die sich in der Behauptung erschöpft, die Revisionswerber wären im Fall der Rückkehr nach Nigeria einer existentiellen Notlage ausgesetzt, ohne dies (unter Bezugnahme auf Länderberichte) durch ein entsprechend konkretisiertes Vorbringen zu untermauern, vermag nicht darzutun, dass die Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichts hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweichen würde.

12 Soweit sich die Revision gegen die Rückkehrentscheidung wendet, ist ihr entgegenzuhalten, dass die bei Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung vorgenommene Interessenabwägung im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel ist (VwGH 20.9.2017, Ra 2017/19/0276). Dass das Bundesverwaltungsgericht bei seiner Interessenabwägung höchstgerichtliche Leitlinien nicht beachtet hätte, ergibt sich im Lichte der Revision nicht.

13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 25. April 2018

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