Normen
B-VG Art133 Abs4;
GrStBefrG Vlbg 1974 §1 Abs1 lita;
GrStBefrG Vlbg 1974 §2 lite;
VwGG §34 Abs1;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018160083.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg im Instanzenzug einen Antrag des Revisionswerbers vom 8. Februar 2015 auf zeitliche Befreiung von der Grundsteuer für einen näher bezeichneten Neubau ab und sprach aus, dass seine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.
2 Der in Rede stehende Neubau (Einfamilienhaus) sei mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Z baubehördlich bewilligt worden. In diesem Haus seien nicht mehr als fünf Personen gemeldet. Das Wohnhaus bestehe aus einem Erd- und Obergeschoss und verfüge weder über ein Keller- noch über ein vollständiges Dachgeschoss. Laut den bewilligten Planunterlagen weise das Einfamilienhaus eine Nutzfläche von 136,5 m2 aus. Diese Nutzfläche umfasse auch den sogenannten "Technik-/Waschraum" im Ausmaß von 11,92 m2, der im weit überwiegenden Teil über dem anschließenden (Außen‑)Gelände liege. Dieser Raum werde über den zentralen Hausgang im Erdgeschoss begangen und verfüge über ein zweiflügeliges Fenster mit Strukturglas. In diesem Raum befänden sich insbesondere das Lüftungsgerät mit Zu- und Abluft, eine Anlage zur Wärmerückgewinnung, der Hauptsicherungskasten, eine Waschmaschine, ein Wärmetrockner, ein Wäscheabwurfschacht, eine Gastherme, ein Abgasrohr, ein Boiler und das Steuerungsgerät für die Solaranlage. Für das in Rede stehende Bauvorhaben sei Wohnbauförderung in Anspruch genommen worden.
3 Strittig sei im Revisionsfall, ob die in § 1 Abs. 1 lit. a des Vorarlberger Grundsteuerbefreiungsgesetzes vorgesehene Grenze der Nutzfläche von 130 m2 überschritten sei. Als Nutzfläche sei gemäß § 2 lit. e des Vorarlberger Grundsteuerbefreiungsgesetzes die gesamte Bodenfläche abzüglich der Wandstärken und der in deren Verlauf befindlichen Durchbrechungen anzusehen. Nicht zur Nutzfläche gehörten dabei ua Keller- und Dachbodenräume, soweit sie ihrer Ausstattung nach nicht für Wohnräume geeignet seien.
4 Da sich der in Rede stehende Technik-/Waschraum im Ausmaß von 11,92 m2, bei dessen Berücksichtigung die Nutzfläche des Wohnhauses 136,5 m2 betrage, weder im Keller noch im Dachboden befinde, sei bereits aus diesem Grund dessen Fläche in die Nutzfläche einzubeziehen.
5 Selbst wenn der in Frage stehende Technik-/Waschraum einen Keller- oder Dachbodenraum darstellen würde, wäre für den Revisionswerber jedoch nichts gewonnen. In diesem Raum befänden sich Vorrichtungen, wie eine Waschmaschine, ein Wäschetrockner und insbesondere ein Wäscheabwurfschacht, die der Entlastung des sonstigen Wohnraums und menschlichen Wohnzwecken dienten. Diesem Raum komme somit die Bedeutung zu, den sonstigen Wohnraum im engeren Sinn zu entlasten. Der Raum sei auch deshalb bei der Nutzflächenberechnung zu berücksichtigen.
6 Die dagegen erhobene außerordentliche Revision legte das Landesverwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.
7 Der Revisionswerber erachtet sich im Recht auf Befreiung von der Grundsteuer nach § 1 Abs. 1 lit. a des Vorarlberger Gesetzes über die zeitliche Befreiung von der Grundsteuer verletzt.
8 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden und hat er die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Gemäß § 1 Abs. 1 lit. a des Vorarlberger Gesetzes über die zeitliche Befreiung von der Grundsteuer (im Folgenden: Grundsteuerbefreiungsgesetz) sind Neu-, Zu- und Umbauten sowie Erneuerungen von Wohnraum, die nach näher angeführten Gesetzen gefördert wurden und deren Nutzfläche nicht mehr als 130 m2, bei mehr als fünf im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen oder bei Haushalten mit Rollstuhlfahrer nicht mehr als 150 m2 beträgt, von der Grundsteuer befreit.
11 § 2 lit. e des Grundsteuerbefreiungsgesetzes lautet:
"§ 2
Begriffe
Im Sinne dieses Gesetzes ist
...
e) Nutzfläche die gesamte Bodenfläche abzüglich der
Wandstärken und der in deren Verlauf befindlichen Durchbrechungen (Ausnehmungen); nicht zur Nutzfläche gehören Treppen, offene Balkone und Terrassen, Keller- und Dachbodenräume, soweit sie ihrer Ausstattung nach nicht für Wohnräume geeignet sind, für landwirtschaftliche oder gewerbliche Zwecke besonders ausgestattete Räume innerhalb der Wohnung, dem Zivilschutz dienende Räume sowie Bodenflächen, über denen die Raumhöhe geringer als 1,80 m ist (z.B. bei Dachräumen, Nischen u.dgl.)."
12 Der Revisionswerber trägt zur Zulässigkeit seiner Revision vor, in jüngerer Zeit hätten Einfamilienhäuser ohne Keller größeren Einzug in Vorarlberg gehalten. Auch in solchen Bauten müssten naturgemäß technische Einrichtungen untergebracht werden. Es werde sohin in Kauf genommen, dass nutzbare Wohnfläche wegfällt, um die komplette Haustechnik unterzubringen. Im Sinne einer historischen Auslegung der Norm müsse sohin die Ausnahme für Keller- und Dachbodenräume, die ihrer Ausstattung nach nicht für Wohnräume geeignet seien, auf Technikräume in nicht unterkellerten Gebäuden ausgedehnt werden. Hätte der Gesetzgeber bedacht, dass selbiger Raum mangels Keller in gleicher Weise in einem anderen Geschoss ausgeführt werden müsste, hätte er diesen ebenfalls als Ausnahme von der Nutzfläche geregelt. Es liege daher eine planwidrige Unvollständigkeit der Ausnahmeregelung vor; diese Lücke sei durch Analogie zu schließen.
13 Das Landesverwaltungsgericht nimmt die Nutzfläche des in Rede stehenden Technikraumes nicht von der Nutzfläche des Wohnraumes im Sinne des § 2 lit. e des Grundsteuerbefreiungsgesetzes aus und begründet dies zunächst damit, dass sich der Raum weder im Keller noch im Dachgeschoss befinde. Dazu stellt sich die vom Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung aufgeworfene Rechtsfrage.
14 Alternativ dazu begründet das Landesverwaltungsgericht sein rechtliches Ergebnis damit, dass der in Rede stehende Raum im Sinne des § 2 lit. e des Grundsteuerbefreiungsgesetzes "für Wohnräume geeignet" sei.
15 Eine Revision hängt nicht von der Lösung einer Rechtsfrage ab, wenn das angefochtene Erkenntnis auf einer tragfähigen Alternativbegründung beruht, zu der sich diese aufgeworfene Rechtsfrage nicht stellt (vgl. etwa VwGH 20.3.2018, Ra 2016/16/0116, und VwGH 25.11.2015, Ra 2015/16/0114).
16 Der Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass Räume, die der Entlastung des Wohnraumes im engeren Sinn dienen (etwa Raum zur Aufbewahrung von Gegenständen) zur Nutzfläche zählen. So ist der Verwaltungsgerichtshof insbesondere davon ausgegangen, dass es sich bei Einrichtungen in Verbindung mit dem Schlafen, Kochen, Essen und der Unterbringung und Aufbewahrung von Kleidern und Wäsche um eine üblicherweise menschlichen Wohnzwecken dienende Einrichtung handelt, wodurch auch ein entsprechend ausgestatteter Raum eine gewisse Eignung zur Befriedigung menschlicher Wohnbedürfnisse gewinnt. Selbst dem Umstand, dass ein solcher Raum allenfalls über kein Tageslicht verfügt, kommt dabei keine Bedeutung zu, zumal auch sonst - im Wohnungsverband gelegene - (allenfalls fensterlose) Abstellräume bei der Nutzflächenberechnung zu berücksichtigen sind (vgl. VwGH 2.7.2015, 2013/16/0143). Werden in einem Raum neben Werkzeug, Ski und Putzmittel auf verschiedenen Regalen Schuhe, Lebensmittel, Getränke und Küchengeräte gelagert und befinden sich darin eine Waschmaschine, ein Wäschetrockner und ein Waschbecken, kommt einem solchen Raum die Bedeutung zu, den Wohnraum im engeren Sinn zu entlasten (vgl. VwGH 26.6.2014, 2011/16/0015).
17 Wenn solche Räume zu Wohnzwecken ausgestattet sind und - wie bei einem Einfamilienhaus - von nur einer Familie oder deren Gästen oder Mietern benützt werden, sind sie bei der Nutzfläche zu berücksichtigen (vgl. etwa neuerlich VwGH 2.7.2015, 2013/16/0143, sowie VwGH 24.1.2013, 2010/16/0091, und VwGH 21.3.2012, 2009/16/0323).
18 Gestützt auf seine unbekämpften Feststellungen, dass sich in dem in Rede stehenden Raum eine Waschmaschine, ein Wäschetrockner, eine Gastherme und ein Boiler befinden, somit Geräte, welche sich üblicherweise auch in unstrittigen Wohnräumen eines Einfamilienhauses oder einer Wohnung finden (wie etwa in einer Küche oder einem Badezimmer), hat das Verwaltungsgericht deshalb den Raum seiner Ausstattung nach als für Wohnräume geeignet betrachtet und damit vor dem Hintergrund der angeführten Rechtsprechung eine tragfähige Alternativbegründung geboten.
19 Im Rahmen dieser Alternativbegründung stellt sich die vom Revisionswerber aufgeworfene Frage jedoch nicht.
20 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG - durch einen gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat - ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 26. Juni 2018
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