Normen
BauRallg;
ROG OÖ 1994 §22 Abs1;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018050056.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
4 Nach ständiger hg. Judikatur hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nur im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. etwa VwGH 23.1.2018, Ra 2018/05/0003, 0004, mwN).
5 Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde E. vom 22. September 2017 wurde der Revisionswerberin gemäß § 49 Abs. 6 Oö. Bauordnung 1994 - Oö. BauO 1994 aufgetragen, den auf ihrer Liegenschaft errichteten (näher dargestellten) Hühnerstall zu beseitigen, und weiters gemäß § 45 Abs. 2 und 3 Oö. Bautechnikgesetz 2013 - Oö. BauTG 2013 der Auftrag erteilt, die Haltung von Hühnern auf dieser Liegenschaft einzustellen, dies alles binnen zwei Wochen ab Rechtskraft des Bescheides oder ab Zustellung der Sachentscheidung über eine Beschwerde.
6 Die von der Revisionswerberin dagegen erhobene Beschwerde wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet abgewiesen.
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) legte dieser Entscheidung (u.a.) zugrunde, dass die genannte Liegenschaft der Revisionswerberin im hiefür maßgeblichen Flächenwidmungsplan der Stadtgemeinde E. als "Bauland-Wohngebiet" ausgewiesen ist und in einem (näher beschriebenen, mittels einer Einfriedung umschlossenen) Teil dieser Liegenschaft drei Haushühner gehalten werden sowie für diese ein Stall in Holzbauweise (bebaute Fläche ca. 1,5 m2, Maximalhöhe ca. 1,5 m) errichtet worden ist. In rechtlicher Hinsicht vertrat es (u.a.) unter Hinweis auf § 22 Abs. 1 Oö. Raumordnungsgesetz 1994 - Oö. ROG 1994 und auf hg. Judikatur die Auffassung, dass die gegenständliche Haltung von Hühnern und die Errichtung des genannten (nicht bewilligungspflichtigen) Hühnerstalles mit der Widmung "Wohngebiet" unvereinbar seien.
7 Die Revision bringt in ihrer Zulässigkeitsbegründung (§ 28 Abs. 3 VwGG) im Wesentlichen vor, es fehle Rechtsprechung zu der Frage, ob die Haltung von drei, weder zu gewerblichen noch zu hobbymäßigen Tierzuchtzwecken gehaltenen Hühnern und die Errichtung einer damit im Zusammenhang stehenden (nicht bewilligungspflichtigen) baulichen Anlage mit der Widmung "Wohngebiet" gemäß § 22 Abs. 1 Oö. ROG in Einklang stünden und damit die (aufgetragene) Entfernung der Hühner bzw. des Hühnerstalls rechtmäßig sei. Es sei ungeklärt, ob drei Hühner als Haustiere und Eierlieferanten für den bloßen Eigenbedarf im Wohngebiet zulässig seien, und der bisherigen Rechtsprechung könne nicht entnommen werden, wann Haustiere - wie Hühner, die lediglich der Eigenversorgung dienten und als Haus- und nicht als Nutztiere gehalten würden - im Wohngebiet als typisch anzusehen seien.
8 Mit diesem Zulässigkeitsvorbringen werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen es im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:
9 Gemäß § 22 Abs. 1 Oö. ROG 1994, LGBl. Nr. 114/1993, in der Fassung LGBl. Nr. 69/2015 sind als Wohngebiete solche Flächen vorzusehen, die für Wohngebäude bestimmt sind, die einem dauernden Wohnbedarf dienen; andere Bauwerke und sonstige Anlagen dürfen in Wohngebieten nur errichtet werden, wenn sie wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Bedürfnissen vorwiegend der Bewohnerinnen bzw. Bewohner dienen und ihre ordnungsgemäße Benützung keine Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Bewohnerinnen bzw. Bewohner mit sich bringt.
10 Gemäß § 45 Abs. 2 Oö. BauTG 2013, LGBl. Nr. 35, dürfen die unbebaut bleibenden Flächen des Bauplatzes oder des bebauten Grundstücks im Bauland nur einer der Art und der zulässigen Verwendung der baulichen Anlage entsprechenden Benützung zugeführt werden. Sie sind so zu gestalten und zu benützen, dass keine Störung des Orts- und Landschaftsbilds, keine Verunstaltung und keine schädlichen Umwelteinwirkungen eintreten; dies gilt sinngemäß für unbebaute Grundstücke im Bauland.
11 In dem sowohl im angefochtenen Erkenntnis als auch in der Zulässigkeitsbegründung der Revision zitierten Erkenntnis VwGH 22.5.2001, 2000/05/0279, hat der Verwaltungsgerichtshof unter Bezugnahme auf das die Unzulässigkeit einer Kaninchenzucht im "Wohngebiet" (im Sinne des § 16 Abs. 3 O.ö. Raumordnungsgesetz 1972) betreffende Erkenntnis VwGH 24.9.1991, 91/05/0150, ausgeführt, dass eine Hundezucht in Widerspruch zur Flächenwidmung "Wohngebiet" im Sinne des § 22 Abs. 1 Oö. ROG 1994 steht, weil nicht gesagt werden kann, dass eine solche Zucht wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Bedürfnissen vorwiegend der Bewohner des Wohngebietes im Sinne dieser Gesetzesbestimmung dient, wofür es unerheblich ist, ob die Hundezucht gewerblich oder hobbymäßig ausgeübt wird. Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof etwa in seinem Erkenntnis VwGH 23.6.2015, 2013/05/0056, darauf hingewiesen, dass der klare Wortlaut des § 22 Abs. 1 Oö. ROG 1994 auf die Bedürfnisse "vorwiegend der Bewohner" des Wohngebietes und nicht nur auf die einzelner Eigentümer eines Grundstückes abstellt.
12 Der Gesetzgeber geht somit in dieser Gesetzesbestimmung von einem objektiven Maßstab bei der Beurteilung der Bedürfnisse der Bewohner eines Wohngebietes und nicht von individuellsubjektive Bedürfnissen eines einzelnen Bewohners in einem Wohngebiet aus (vgl. in diesem Zusammenhang auch das in der Zulässigkeitsbegründung der Revision genannte, u.a. zum NÖ ROG 1968 ergangene Erkenntnis VwGH 22.12.1992, 90/05/0031).
13 "Andere Bauwerke und sonstige Anlagen" im Sinne des § 22 Abs. 1 Oö. ROG 1994 sind daher im Wohngebiet nicht zulässig, wenn deren beabsichtigte Verwendung nur der Deckung der in dieser Gesetzesbestimmung angeführten Bedürfnisse einer Person (oder deren Familie und allenfalls deren im privaten Rahmen empfangenen Gäste) dient. Vielmehr ist hiebei auf die Deckung der beabsichtigten Bedürfnisse eines nennenswerten, jedenfalls über einen Privatgebrauch hinausgehenden Anteils von im betroffenen Wohngebiet ansässigen Bewohnern abzustellen (vgl. dazu etwa das Erkenntnis VwGH 31.3.2005, 2002/05/1109, mwN).
14 In diesem zuletzt genannten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof unter Bezugnahme auf § 22 Abs. 1 Oö. ROG 1994 und hg. Vorjudikatur auch ausgeführt, dass im Wohngebiet Nebenanlagen ("andere Bauwerke und sonstige Anlagen" im Sinne dieser Bestimmung) zulässig sind, welche für eine sinnvolle Nutzung eines Wohngebäudes notwendig sind bzw. typischerweise von der Wohnbevölkerung in solchen Wohngebieten errichtet werden, sowie dass zur Beurteilung der Frage, ob eine zulässige Nebenanlage im Zusammenhang mit einer Haltung von Tieren vorliegt, darauf abzustellen ist, ob solche Tiere typischerweise im Haushalt gehalten werden und daher üblicherweise derartige Baulichkeiten von der Wohnbevölkerung errichtet werden.
15 Demzufolge ist nach der hg. Judikatur (vgl. nochmals VwGH 22.12.1992, 90/05/0031) eine Hundehütte für die Haltung von ein oder allenfalls zwei Tieren als für ein Wohngebiet in diesem Sinne typisch anzusehen, während hingegen etwa Nebengebäude, die einer gewerblichen oder vereinsmäßig betriebenen Hundezucht dienen, keinesfalls als der Befriedigung der typischen Bedürfnisse der Wohnbevölkerung dienend beurteilt werden können, weil die bewusste Aufzucht von Tieren und der damit verbundene Tierbestand mit der üblichen Tierhaltung in einem Haushalt nicht verglichen werden können (vgl. dazu nochmals VwGH 31.3.20015, 2002/05/1109).
16 Auf dem Boden der zitierten Judikatur ist somit für die Beantwortung der Frage, ob bestimmte Tiere auf einer Liegenschaft mit der Widmung "Wohngebiet" gehalten und ob darauf bauliche Anlagen zum Zweck der Haltung solcher Tiere errichtet werden dürfen, von entscheidungswesentlicher Bedeutung, ob solche Tiere typischerweise in einem Haushalt im Wohngebiet gehalten werden, also eine übliche Tierhaltung im Haushalt vorliegt.
17 Die Auffassung des Verwaltungsgerichtes, dass Hühner nicht typischerweise im Haushalt gehalten und demnach bauliche Anlagen zur Haltung von Hühnern von der Wohnbevölkerung nicht üblicherweise errichtet würden, sodass die Haltung von drei Haushühnern und die Errichtung des genannten Hühnerstalles auf der Liegenschaft der Revisionswerberin mit der Widmung "Wohngebiet" (§ 22 Abs. 1 Oö. ROG 1994) unvereinbar und daher unzulässig seien, kann nicht als rechtswidrig erkannt werden und steht im Einklang mit den dargestellten Grundsätzen der hg. Judikatur.
18 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, weshalb jene gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen war.
Wien, am 24. April 2018
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