VwGH Ra 2018/01/0239

VwGHRa 2018/01/02396.6.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und die Hofräte Dr. Kleiser sowie Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Strasser, über die Revision des R K in W, vertreten durch Rechtsanwalt Dörk Pätzold in 1010 Wien, Julius-Raab-Platz 4, dieser vertreten durch Mag. Armin Windhager, Rechtsanwalt in 1220 Wien, Breitenleerstraße 234/1/L1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Oktober 2017, Zl. W123 2162415- 1/6E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §11;
AsylG 2005 §8 Abs1;
EMRK Art3;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018010239.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 19. Mai 2017 wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Revisionswerbers, eines Staatsangehörigen Afghanistans und Angehörigen der Volksgruppe der Hazara, hinsichtlich der Zuerkennung des Status sowohl des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen, kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen, die Zulässigkeit der Abschiebung nach Afghanistan festgestellt und eine Frist für die freiwillige Ausreise gesetzt.

2 Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und sprach aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

3 Mit Beschluss vom 14. März 2018, E 3777/2017-10, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Beschwerde nach Art. 144 B-VG ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

4 Gegen das vorgenannte Erkenntnis des BVwG richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Die Zulässigkeit der Revision setzt neben einem eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufwerfenden Verfahrensmangel voraus, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann im Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird. Das heißt, dass dieser abstrakt geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen - für den Revisionswerber günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. VwGH 28.3.2018, Ra 2018/20/0126, mwN). Die bloße Behauptung der Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften reicht nicht aus (vgl. VwGH 8.2.2018, Ra 2017/01/0179-0181, mwN).

9 Soweit sich der Revisionswerber gegen das länderkundliche Gutachten des Sachverständigen Mag. M. wendet, ist ihm entgegenzuhalten, dass sich die im angefochtenen Erkenntnis getroffenen Länderfeststellungen, wie etwa zur Unterstützung unter anderem auch von Rückkehrern durch verschiedene Organisationen oder zu den Erhaltungskosten in Kabul nicht ausschließlich auf dieses Gutachten, sondern auf weitere näher bezeichnete Länderberichte stützen. Unabhängig davon wird im für die Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG allein maßgeblichen, dazu erstatteten Vorbringen nicht ansatzweise dargelegt, inwiefern dieses Gutachten in für den Verfahrensausgang relevanter Weise mangelhaft sei.

10 Nach der ständigen hg. Rechtsprechung haben die Asylbehörden bei den Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat als Grundlage für die Beurteilung des Vorbringens von Asylwerbern die zur Verfügung stehenden Informationsmöglichkeiten und insbesondere Berichte der mit Flüchtlingsfragen befassten Organisationen in die Entscheidung einzubeziehen. Das gilt gleichsam für von einem Verwaltungsgericht geführte Asylverfahren. Auch das BVwG hatte daher seinem Erkenntnis die zum Entscheidungszeitpunkt aktuellen Länderberichte zugrunde zu legen. Eine Verletzung dieser Vorgabe stellt einen Verfahrensmangel dar. Es reicht jedoch nicht aus, wie im Zulässigkeitsvorbringen der vorliegenden Revision lediglich die Heranziehung veralteter Länderberichte zu behaupten, ohne die Relevanz des geltend gemachten Verfahrensmangels darzulegen (vgl. VwGH 20.6.2017, Ra 2017/01/0076, mwN).

11 Den Anforderungen für die Darlegung der Relevanz eines behaupteten Verfahrensmangels wird ebenso wenig die weitere Zulässigkeitsbegründung des Revisionswerbers mit dem bloßen Vorwurf der Außerachtlassung nicht näher konkretisierter aktueller UNHCR-Berichte im angefochtenen Erkenntnis gerecht.

12 Schließlich vermag die Revision mit ihrem Zulässigkeitsbegründung zur Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative für den Revisionswerber insbesondere in Kabul im angefochtenen Erkenntnis nicht aufzuzeigen, dass das BVwG von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sei. Die Prüfung der Zumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative, bei der die allgemeinen Gegebenheiten im Herkunftsstaat und die persönlichen Umstände des Asylwerbers als anzuwendender Maßstab zu berücksichtigen sind, ist letztlich eine Entscheidung im Einzelfall, (vgl. VwGH 15.3.2018, Ra 2018/20/0096).

13 Im vorliegenden Fall ist die Einschätzung des BVwG, dass der Revisionswerber als 25-jähriger, mobiler, gesunder, anpassungs- und arbeitsfähiger Mann mit vierjähriger Schulausbildung und Berufserfahrung als gelernter Schneider aufgrund der aufgezeigten Umstände des Einzelfalls insbesondere in Kabul eine zumutbare innerstaatliche Flucht- und Schutzalternative vorfinde, nicht zu beanstanden.

14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen. Wien, am 6. Juni 2018

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