Normen
32013R0604 Dublin-III Art18 Abs1 litb;
AsylG 2005 §5 Abs1;
AsylG 2005 §5 Abs3;
B-VG Art133 Abs4;
FrPolG 2005 §61 Abs1;
FrPolG 2005 §61 Abs2;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs1a;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber ist iranischer Staatsangehöriger und stellte am 30. Juni 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Da eine EURODAC-Abfrage ergab, dass der Revisionswerber am 7. Juni 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz in Bulgarien gestellt hatte, richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mit Schreiben vom 5. Juli 2016 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) gestütztes Aufnahmeersuchen an die zuständige bulgarische Behörde, welches unbeantwortet blieb.
2 Mit Bescheid vom 19. September 2016 wies das BFA den Antrag des Revisionswerbers gemäß § 5 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) als unzulässig zurück, sprach aus, dass gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b iVm Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO Bulgarien für die Prüfung des Antrages zuständig sei, ordnete gemäß § 61 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) die Außerlandesbringung an und stellte fest, dass gemäß § 61 Abs. 2 FPG die Abschiebung des Revisionswerbers nach Bulgarien zulässig sei.
3 Am 16. März 2017 wurde der Revisionswerber auf dem Luftweg nach Sofia (Bulgarien) überstellt.
4 Die gegen den Bescheid des BFA erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit Erkenntnis vom 3. April 2017 als unbegründet ab, stellte fest, dass gemäß § 21 Abs. 5 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) die Anordnung zur Außerlandesbringung zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheids rechtmäßig gewesen sei und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.
5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Zur Zulässigkeit wird vorgebracht, dass das BVwG von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sei, da verkannt worden sei, dass von amtswegen zu berücksichtigende Stellungnahmen des UNHCR und dessen Empfehlungen eine Indizwirkung auf das Asylverfahren aufwiesen. Überdies stelle sich die Rechtsfrage, ob von einer ausreichenden Begründung des Erkenntnisses ausgegangen werden könne, wenn keine ganzheitliche Bewertung der konkreten Gefahrenlage in Bulgarien vorgenommen worden sei. Der Revisionswerber habe in seiner Beschwerdeergänzung vom 30. September 2016 konkret näher bezeichnete Berichte vorgelegt, nach denen es in Bulgarien "Schutz nur auf dem Papier gebe". Auf die zitierte aktuelle deutsche Rechtsprechung werde überhaupt nicht eingegangen. Schon aufgrund der Unterlassung aktueller Ermittlungen und entsprechender Feststellungen im oben genannten Sinne weiche das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision ist - allein - ihre Zulässigkeitsbegründung maßgeblich (vgl. VwGH vom 10. Mai 2017, Ra 2017/11/0035).
10 Die Revision macht zu Recht geltend, dass Empfehlungen des UNHCR nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Beachtung zu schenken ist (vgl. zu dieser "Indizwirkung" etwa VwGH vom 16. Dezember 2010, 2006/01/0788, mwN). Sie zeigt aber nicht auf, dass das BVwG von dieser Rechtsprechung abgewichen wäre, zumal die Revision keine Empfehlung des UNHCR anzuführen vermag, die gegen eine Überstellung des Revisionswerbers, der keiner besonders schutzwürdigen Personengruppe angehört, nach Bulgarien sprechen würde.
11 Soweit die Revision moniert, das BVwG sei von den Erfordernissen der Begründungspflicht verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen in Bezug auf die Situation von Asylwerbern in Bulgarien abgewichen, sind dem die tragenden Ausführungen des Erkenntnisses des BVwG zum maßgeblichen Sachverhalt, zur Beweiswürdigung sowie zur rechtlichen Beurteilung entgegen zu halten. Danach besteht Schutz vor Verfolgung in Bulgarien - entgegen dem Vorbringen der Revision - nicht "nur auf dem Papier", wovon nach dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens unter den Mitgliedstaaten der Europäischen Union auch nicht ohne Weiteres ausgegangen werden kann (vgl. VwGH vom 20. Juni 2017, Ra 2016/01/0153, mwN). Für eine Widerlegung der Sicherheitsvermutung nach § 5 Abs. 3 AsylG 2005 reichte das Vorbringen des Revisionswerbers jedenfalls nicht aus, insbesondere, weil die in der Beschwerdeergänzung des Revisionswerbers zitierten Berichte zwar gehäufte polizeiliche Übergriffe auf Asylwerber beim Grenzübertritt nach Bulgarien dokumentieren, sie aber keine ausreichenden Hinweise dafür bieten, dass dem Revisionswerber bei Rücküberstellung im Dublin-Verfahren Derartiges drohen könnte. Dass das BVwG in seiner Begründung auf ein vom Revisionswerber zitiertes Urteil eines deutschen Verwaltungsgerichts nicht weiter einging, das sich mit der Lage subsidiär Schutzberechtigter in Bulgarien kritisch auseinandersetzte, ist fallbezogen nicht als relevanter Begründungsmangel zu erkennen.
12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
13 Die vorliegende Revision war daher nach § 34 Abs. 1 iVm Abs. 3 VwGG wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG mit Beschluss zurückzuweisen.
14 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 22. September 2017
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